Hallo Frank,
ich hab den Artikel erst heute gesehen, sorry für die späte Antwort:smile:
Die Fragen sind, wenn ich sie genau beantworten möchte, recht komplex. Erstmal ist es eine Frage, was du vergleichen willst: Vortrieb bei gleicher Segelfläche, bei gleichem Krängungsmoment, bei gleichen Kosten, bei gleichem Gewicht? Es gibt da eine Menge Möglichkeiten…
Der auffälligste Unterschied zwischen diesen drei Riggarten ist der Segelumriss, klar.
Hochtakelung: Wenn du dir heutige Fahrtenyachten mit Achterstag ansiehst, stellst du fest, dass kein Hersteller eine reine Dreiecksform für sein Großsegel anstrebt, sondern alle innerhalb des Achterstags maximale Ausstellung des Achterlieks (der Hinterkante) antreben. Das liegt daran, dass ein reines Dreieckssegel im obersten Drittel kaum noch richtig zieht, wegen der (vergleichsweise) starken Verwirbelung um die Spitze herum. Wenn das Achterliek ausgestellt ist, wird das sehr viel besser.
Wenn das Boot kein Achterstag hat (der Draht, der den Mast von der Oberkante direkt nach hinten festhält), dann sind die meisten Großsegel gleich sehr viel mehr ausgestellt, z.B. bei Jollen.
Dabei siehst du immer häufiger Segel mit durchgehenden Latten zur Versteifung. Das hat nicht nur den Vorteil, dass das Segel länger hält, weil das Tuch zwischen den Latten nicht so stark flattern kann, sondern auch den, dass du das Achterliek viel weiter ausstellen kannst. Ausstellen bedeutet, das Segel über die gerade Verbindung von Kopf (obere Ecke) zu Schothorn (hintere untere Ecke) hinaus zu schneiden. Ohne Versteifungslatten würde das Tuch dann sofort wegflattern. Je weiter du das Achterliek dann nach außen rund schneidest, desto steifer und länger müssen die Latten sein, um das Tuch zu halten. Irgendwann machen dann nur noch durchgehende Latten Sinn.
Ziel bei dieser Aktion ist ein Segel mit einem Umriss, der möglichst einer Ellipse entspricht, denn dabei ist (theoretisch) das Verhältnis von Vortrieb des Segels zu seinem Widerstand am günstigsten. Der Nachteil ist, dass das gewicht steigt.
Die Gaffel:
Da gibt es ganz unterschiedliche Konzepte, auch von Regattaseglern benutzte (50er, 60er Jahre). Es gab da Steilgaffeln, die fast senkrecht vom Mast nach oben führten in Kombination mit durchgelatteten Segeln. (z.B. H-Jollen, frühere Rennjollen Klassen wie J-, Z- Jolle) Diese Boote sind ganz sicher mehr Höhe am Wind gelaufen als 45 Grad!
Der Hauptgrund, weswegen dies heute kaum gebräuchlich ist liegt imho in Folgendem: Mit dem Aufkommen von Aluminium Masten wurde ein durchgehender Mast einfach praktischer, das Gewicht einer Mast/Steilgaffelkombination ist bei gleicher Vorliekslänge etwas höher und die Kombination ist nicht steif miteinander zu verbinden, so dass die Biegung des Mastes nicht homogen ist, das ist für Segelmacher sehr viel schwieriger zu handhaben, als ein konventioneller Mast.
Das Dschunkenrigg ist für sein Alter ernorm fortschrittlich, wenn du es vergleichst, bestehen erstaunliche Ähnlichkeiten zwischen modernen durchgelatteten Segeln und Dschunkenriggs früherer Jahre. Auch hier hast du wieder das Problem, dass du eine obere Spreizstange hoch im Mast fährst und da oben ist Gewicht immer schlecht. Da die Spreizstange immer in Lee am Mast vorbei nach vorn ragt, sind Wenden etwas komplizierter, da sie jedesmal erst etwas gefiert werden muss. Dafür ist aerodynamisch die Anströmung der wichtigen Leeseite des Segels auch immer vom Mast ungestört. Der Umriss ist wegen altmodischer Materialien meist niedriger als bei modernen Segeln, aber das ist kein Muss. Ich bin überzeugt, auch ein modrnes Dschunkenrigg würde eine sehr gute Höhe am Wind laufen.
Wenn du die Handhabung vergleichst, hat sich das Hochrigg mit durchgehenden Latten stark verbessert. Früher war das Bergen oder das Reffen des stark killenden Segels bei Wind oft recht schwierig. Das Gaffelsegel kommt immer von oben, da die Gaffel einiges wiegt, das Dschunkenrigg mit seinen durchgehenden Latten und der freien Vorderkante liess sich ideal immer von Latte zu Latte reffen. Aber mit den Durchgehenden Latten ist das für Hochriggs auch erheblich angenehmer und leichter geworden.
Insgesamt sind Gaffel- und Dschunkenrigg grundsätzlich der Hochtakelung kaum unterlegen, die Hochtakelung ist nur seit Jahrzehnten immer weiterentwickelt worden, einfacher und billiger zu bauen, für uns Segeler ein gewohnterer Anblick und vom Gewicht her etwas leichter. Das sind die ausschlaggebenden Gründe für die Serienboothersteller.
Aber ich bin ein Fan des modernen Gaffelriggs!
Ciao
Litorino