Körper, Geist und Seele im Christentum

Hallo,
ich bitte um Hinweise auf relevante Textstellen im www, an denen ich etwas über die „offizielle“ christliche Haltung zum Zusammenhang zwischen Körper, Geist und Seele in dem Sinn, wie die Begriffe heute gebraucht werden, nachlesen kann.
Bei bibelkommentare.de werde ich nicht richtig schlau daraus und kann nicht nachvollziehen, in wie weit dies eine „offizielle Stelle“ ist.
Danke im Voraus

MfG
Castiglio

Hallo Castiglio,
in der katholischen Kirche lautet die in dieser Beziehung zentrale Formel „corpore et anima unus“. Als Einstieg: die pastorale Konstitution ‚Gaudium et Spes‘, 14 sowie der Katechismus 362 ff. - die Überschrift dieses Abschnitts lautet übrigens im lateinischen Original „corpore et anima unus“, womit Du auch die offizielle Übersetzung der ‚Formel‘ hast: In Leib und Seele einer.

Freundliche Grüße,
Ralf

Bei bibelkommentare.de werde ich nicht richtig schlau daraus
und kann nicht nachvollziehen, in wie weit dies eine
„offizielle Stelle“ ist.

Die Betreiber gehören zu den „geschlossenen Brüdern“, die Webseite ist nur für diese repräsentativ.

Hallo,

ich bitte um Hinweise auf relevante Textstellen im www, an
denen ich etwas über die „offizielle“ christliche Haltung zum
Zusammenhang zwischen Körper, Geist und Seele in dem Sinn, wie
die Begriffe heute gebraucht werden, nachlesen kann.

Hier:
http://www.vatican.va/archive/DEU0035/_INDEX.HTM

Grüße
K.

Textquellen zu Körper, Geist, Seele im Christentum
Hallo Castiglio

die „offizielle“ christliche Haltung zum Zusammenhang zwischen Körper, Geist und Seele

Eine „offizielle“ heutige christliche Terminologie gibt es nicht. Es gibt aber offizielle römisch-katholische Formulierungen. Daß du die im KKK Teil I 2.1.1.§6.II = KKK 362-368 finden kannst, hat man dir ja schon geschrieben. Die letztlich kompetente vatikanische Formulierung in Latein gibt es hier.

Die Auffassungen der anderen Abzweigungen der lateinischen Kirchen (außer ZJ) unterschieden sich in diesen Auffassungen nicht wesentlich. Ebensowenig die orthodoxen Kirchen und die anderen ostkirchlichen Formationen. In damit zusammenhängenden eschatologischen Fragen dagegen schon eher.

Es kommt darauf an, wie genau du das wissen willst. Die Katechismus-Formulierungen sind natürlich auf den Laien zugeschnitten. Es sind Abkömmlinge der eigentlichen Lehrverkündigung der vatikanischen Kirche, die im (ebenfalls lateinisch verfaßten) → „Enchiridion Symbolorum“ gesammelt sind. Herausgegeben zuerst von Denzinger 1854. Dies enthält in zeitlicher Sukzession Formulierungen und Entscheidungen von Symposien und Konzilien/Synoden vom 2. Jhdt an bis kurz vor dem Vaticanum II. Die letzte (32.) Ausgabe davon ist von Denzinger-Schönmetzer 1963ff. Deshalb sind Zitate daraus mit „DS“ (plus §§) signiert, frühere Ausgaben dagegen mit „D“ (plus §§). Die jüngere zweisprachige Ausgabe lat.-dt. (Denzinger-Hünermann, „DH“) unterscheidet sich davon inhaltlich nicht ISBN 345137000X Buch anschauen

Eine frühere Versionvon „D“ (1953) gibt es auch im Inet: http://catho.org/9.php?d=g1
(Aber Achtung: Die Nummerierungen sind teilweise nicht dieselben wie bei der letzten Aufl.)

Deutschsprachige Ausschnitte aus DS plus Kommentierungen wiederum enthält - dito in mehreren Auflagen - der „Neuner-Roos“, der zusätzlich eine eigene Nummerierung der Aussagen hat. Die jüngste ist die 8. („NR-8“) von 1971ff ISBN 3791701193 Buch anschauen.

Bei bibelkommentare.de werde ich nicht richtig schlau daraus

Das verwundert nicht. Aber auch wenn diese Seite von einer sog. freikirchlichen Gruppe stammt, unterscheidet sie sich von röm.-kath. Formulierungen nicht wesentlich. Nur in ein wenig mehr privatisierender Ausdrucksweise. Der wahnwitzige Begriffswirrwarr ist aber gleichermaßen bereits im KKK vorhanden.

Und das hat seinen Grund darin, daß die überaus komplizierte und komplexe Begriffsgeschichte (die sich auch in der Geschichte der Konzilsstreitigkeiten wiederspiegelt) in diesen Texten auf heutigen umgangssprachlichen Wortgebrauch heruntergebrochen zu sein scheint , tatsächlich aber nicht ist.

Weder die Wortgebräuche „Geist“, „Seele“ (bzw. „Psyche“), „Person“, noch „Natur“ oder „Materie“, wie sie sich etwa im 19. und 20. Jhdt. in 1. Philosophie, 2. Psychologie, 3. Literatur/Poesie und 4. Umgangssprache entwickelt haben, haben auch nur annähernd etwas mit den antiken Begriffen gleichen oder ähnlichen Wortlauts zu tun.

Aber der KKK verwendet alle diese Begriffe rücksichtslos undifferenziert, auch ohne Rücksicht darauf, daß sie auch in der antiken Begriffsgeschichte bereits sehr unterschiedliche Konnotationen aufwiesen. Und dies nicht allein in der lateinsch sprechenden Konzilsgeschichte vom 5. Jhdt ab, sondern auch schon vorher, als man das Problem zu bewältigen hatte, griechische Vokabeln (psyche, pneuma, zoe, bios, sarx, soma, physis, ousia, hypostasis, nous, logos, um nur einige zu erwähnen) in adäquate lateinsiche zu übersetzen. Um auch hier nur einige zu erwähnen: anima, spiritus, caro, corpus, intellectus, mens, ratio, vita, persona, natura, substantia, von denen kein einziges mit ungefähr gleichlautenden (oder davon als Fremdwort hergeleiteten) heutigen deutschen Wörtern auch nur annähernd etwas zu tun hat.

Dazu kommt,daß eben auch diese antiken lateinischen Begriffe sich im Laufe der christlichen Philosophiegeschichte zwischen dem 5. und 16. Jhdt enorm verändert hatten.

Der KKK verwendet aber radikal eben diese Fremdwörter (vorzugsweise eben „Geist“ und „Seele“) in irgendeinem Sinn der vielen Etappen der antiken Begriffsgeschichte ungeachtet dieser Variationen und Entwicklungen.

So wird z.B. der einst wichtige Unterschied zwischen „anima spiritualis“ und „anima intellectualis“ bzw „anima rationalis“ verwurschtelt. Der problematische Widerspruch zwischen einerseits der radikalen Unterscheidung „Geist“ vs. „Materie“ (sogar mit Verfluchung Andersedenkender), andererseits die ebenso radikale „Einheit“ von „Köper“ und „Seele“ (der Körper von den Eltern geerbt, die Seele ad hoc und individuell von Gott geschaffen, wobei letztere sich im Tod vom Körper trennt - eine Vorstellung die von anderen Kulturen ins Christentum kam -, sich dann aber eschatologisch wieder mit einem „verklärten“ Leib vereint) … sowas wird im Katechismus unter den Teppich gekehrt.

Übrigens die 3-Teilung von Körper, Geist und Seele hat ihren Ursprung ebenfalls nicht im Christentum. Und in der Bibel schon gar nicht, trotz der im NT absolut singulären Textstelle 1. Thess.5.23), denn „Geist“ (griech.pneuma) hat im ntl. Kontext mehrere, aber alle ganz andere Bedeutungen als später und heute.

Ich hatte vielfach hier im Brett auf das eine oder andere Teilproblem in diesem Kontext etwas geschrieben. Z.B.
http://www.wer-weiss-was.de/religionswissenschaft/ti…
http://www.wer-weiss-was.de/religionswissenschaft/ha…

Aber wenn du deine Frage ein wenig präzisieren würdest (d.h. was genau macht dir an den Texten Probleme), kann ich gerne Näheres beitragen.

Gruß
Metapher

Hallo,
danke erstmal für die Antworten, bei einigen hätte der Hinweis auf das Internet genügt :wink:
Mein Problem ist die Seele, zu der ich schon einmal eine Frage gestellt hatte mit guter Antwort http://www.wer-weiss-was.de/religionswissenschaft/ti….

Jetzt wollte ich eigentlich wissen, wie die Christliche Kirche den Seelenbegriff besetzt hat und wo ich das nachlesen kann. Bei meiner angegebenen Quelle hatte ich den Eindruck, dass Geist und Seele irgendwie in einen Topf geworfen werden, daher habe ich die Frage entsprechend erweitert.
Da der kluge Volksmund ja weiss, dass der ganzheitliche Mensch aus Körper, Geist und Seele besteht, wollte ich also gerne wissen, wie die Christl. Kirche die Begriffe besetzt.
Ich habe nämlich in letzter Zeit den Eindruck bekommen, dass die Seele einen geringen Stellenwert einnimmt, obwohl die Aufgabe der Priester und Pfarrer ja die Seelsorge ist.
Um was wird sich da also gesorgt?

Gruß
Castiglio

Literatur: Körper, Geist, Seele im Christentum

danke erstmal für die Antworten, bei einigen hätte der Hinweis
auf das Internet genügt :wink:

Offenbar nicht, denn du hattest gefragt:

… Hinweise auf relevante Textstellen im www

Mein Problem ist die Seele, zu der ich schon einmal eine Frage gestellt hatte mit guter Antwort
http://www.wer-weiss-was.de/religionswissenschaft/ti….

Den Artikel hatte ich daher ja auch nochmal verlinkt - ohne zu wissen, daß DU „Luzie“ warst :wink:

Jetzt wollte ich eigentlich wissen, wie die Christliche Kirche den Seelenbegriff besetzt hat und wo ich das nachlesen kann.

Dazu hab ich dir doch explizit geantwortet:

  1. es gibt keine " die christliche Kirche". In der gröbsten Unterteilung der christlichen Religion gibt es die → lateinischen Kirch en und die → Ostkirch en. Wenn man in hiesigen Breitengraden von „die Kirche“ redet, ohne weiteres Attribut, ist meistens die röm.-kath. Kirche gemeint.
  2. Und Letztere ist die einzige , die bzgl. „Seele“ und die damit zusammenhängenden Termini und Konzeptionen in obligatorischen Lehrmeinungen (und zum Teil in Aussagen „de fide“ = die höchste dogmatische Relevanz-Stufe) zusammengestellt hat.
  3. Und diese Lehrmeinungen sind nachzulesen im KKK in den angegebenen §§.
  4. Diese sind aber nur für den Gebrauch des Laien kurzgefaßte Formulierungen aus der eigentlichen Zusammenstellung von Lehrmeinungen der römischen Kirche. Die explizite Form davon ist „DH“, d.h. das „Enchiridion symbolorum“. Und von diesem wiederum ist „Neuner-Roos“ ein (u.a. kommentierter) Extrakt in deutscher Übersetzung.

Was das Enchiridion aber ist, habe ich dir bereits erklärt. In diesem kannst du bei Bedarf die Geschichte der diversen Begriffsbildungen und theologischen Konzeptionen nachvollziehen, aus den Konzilien und anderen Textüberlieferungen von Auseinandersetzungen vom 2. Jhdt ab.

Das Ganze, insbesondere der KKK, ist bezüglich deines Themas aber lediglich ein dogmatischer Rahmen. Und er verschludert alle die komplexen Begriffsbildungen, die dem in der Geschichte der Theologie und Philosophie vorausgegangen waren. Deshalb kann man dem Genaueres über die Verständnisse der betreffenden Begriffe nicht entnehmen.

Aber : Genauere Differenzierungen (also die, um die du dich hier bemühst) sind daher auch gar nicht „kirchlich“ dogmatisch verpflichtend festgelegt! Deshalb regt sich kaum jemand darüber auf. Einem Begriffshistoriker dagegen kräuseln sich (ebenso wie dir) dabei die Fußnägel. Die Themen „Seele“, „Geist und Seele“, „Leib und Seele“ usw. sind vielmehr nach wie vor Gegenstand theologischer und (christlich) religionswissenschaftlicher Diskussion. Und diese Diskussion findet u.a. in Fachliteraturen statt.

Wenn du keine Mühe scheust, kannst du dir aber dennoch einen Einblick in den Stand der Diskussionen verschaffen. Nur halt leider nicht übers Internet: Neben einer immerhin recht guten Kurzfassung in der Wikipedia → Seele → Christentum → Neuzeit,
die du sicher kennst, hier einführende Literatur:

  1. Wilhelm Breuning (Hrg): Seele. Problembegriff christlicher Eschatologie ASIN: B00H4DVXEI [Artikel anschauen]
    Freiburg 1986
    mit Abhandlungen von sieben, für diese aktuelle Diskussion nicht unbedeutenden Autoren
  2. Heino Sonnemans: Seele. Unsterblichkeit - Auferstehung. Zur griechischen und christlichen Anthropologie und Eschatologie ISBN 3451202514 Buch anschauen
    Eine Habilitationsschrift, Freiburg 1984 (das Fundierteste, was darüber bisher verfaßt wurde)
  3. natürlich der für alle solche theologischen Fragen empfohlene Ausgangspunkt:
    TRE = die Theologische Realenzyklopädie. Hier mit dem Stichwort „Seele VI“ im Bd. 30. Diese Enzyklopädie ist aber nicht (bzw. nur in kurzen Abschnitten) im Internet zugänglich. Es sei denn du hast Zugang von einer Uni-Bibliothek aus, z.B. hier.

Einen Auszug von „Seele VI“ gibt es hier ab Seite 761.

Bei meiner angegebenen Quelle hatte ich den Eindruck, dass Geist und Seele irgendwie in einen Topf geworfen werden

So ist es. Und ich hab dir auch geschrieben, warum das so ist.

Gruß
Metapher

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Ich vergaß bei den Empfehlungen noch einen Link (also doch im Netz *g*) zum guten Eisler: → Stichwort „Seele - Scholastik“. Wobei bei ihm (das Lexikon hat er ja 1899-1904 verfaßt), mit „Scholastik“ nicht die philosphiegeschichtliche Epoche von Abaelard bis Suarez gemeint ist, sondern die gesamte Zeit der Kirchenlehrer, die im 2. Jhdt beginnt.

Er listet hier (kürzer geht’s nicht) die Autoren und Werke zusammen, und deren Kernaussagen, die für die Theologiegeschichte incl. die konziliaren Entscheidungen von Bedeutung waren.

Dabei haben, nebenbei erwähnt, Augustinus, Gregor v. Nyssa, Johannes (Scotus) Eriugena, Thomas v. Aquin, Meister Eckhart und Nikolaus v. Kues die Hauptrollen gespielt. Auch heutige theologische Gedankengänge kreisen im Wesentlichen um Grundlagen, die von ihnen (und den bei Eisler genannten) gelegt wurden, sofern es nicht um Zusammenspiele und Auseinandersetzung mit Psychologien des 19. und 20. Jhdts geht (was nochmal wieder ein ganz anderes Thema wäre).