Hallo,
was Aiwendil über die niederträchtigen „armen Teufel“ schreibt, kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen - in meiner Herkunftsfamilie gab es so jemand. Natürlich tritt keiner mit der bewußten Absicht auf, jetzt böse sein zu wollen, die Menschen in seiner Nähe unterdrücken zu wollen usw., und natürlich zeigen auch diese sich von einer liebenswerten Seite.
Wo Nähe ist, ist immer Bindung! Das ist ganz unabhängig davon, wie gut oder schlecht die Beziehung tatsächlich ist. Sich zu lösen ist in beiden Fällen gleich schwer.
Aber dennoch: solche Menschen stellen „das Böse“ im kleinen Kreis dar (und manchmal auch in größerem Rahmen)! Indem so jemand seinen Selbstwert durch Unterdrückung von Menschen erhöht, die ihm nahe sind. Oder sich stark fühlt, wenn er einen ihm nahestehenden Menschen schwächt.
Du hast sicherlich sehr starke Ressourcen, wie aus Deiner Beschreibung von Persönlichkeit Nr. 1 hervorgeht, und vielleicht hast Du auch deswegen eine Zeitlang das Problem unterschätzt und geglaubt, mit Überhören, zeitweiliger Distanz und mit Liebe könntest Du den Zustand bewältigen und zum Guten wenden. Das stimmt aber nicht. Was da über kurz oder lang stattfindet, ist nichts weniger als die Vernichtung Deiner Persönlichkeit (der ursprünglichen und starken Nr. 1) und Deiner Lebensfreude! Und zwar so schleichend, daß subjektiv lange die Hoffnung aufrecht bleibt, er könnte sich noch ändern und wieder derjenige werden, in den Du Dich verliebt hast. Bis Du resignierst und nichts mehr hoffst, aber auch keine Kraft mehr hast, um loszukommen.
So eine emotionale Bindung in einer schlechten Beziehung vergleiche ich gerne mit einer Sucht (nicht umsonst spricht man in bestimmten Fällen von Co-Abhängigkeit). Es treten in beiden Fällen Entzugssymptome auf, wie Du sie ja auch im anderen Posting beschreibst, diese Leere. Ich versichere Dich: die Leere geht vorüber, so wie die psychischen Entzugssymptome beim Ausstieg aus einer Sucht.
Dies schreibe ich, weil ich Dir Mut dazu machen möchte, daß Du die Kraft aufbringst, Dich aus dieser Bindung zu lösen, und auch durch eine Zeit der Entzugserscheinungen wie der inneren Leere hindurch zu gehen, um dann wieder die starke lebensfrohe Persönlichkeit Nr.1 zu sein. Dies wäre erwachsen, verglichen mit einer kindlichen Haltung wie etwa: er ist schon schlimm, manchmal auch lieb, ich häng halt so an ihm…
Zuletzt wollte ich, dass er/wir ein Psychologen aufsuchen…
Wir haben auch schon einen Termin, diesen muss ich jetzt wohl
alleine wahrnehmen, da er sich weigert mitzugehen!!!
Das macht aber nichts, schon gut, wenn Du alleine hingehst, denn es ist leicht möglich, daß Du diese Hilfe für Dich brauchst.
In meiner Herkunftsfamilie ist vornehmlich durch das Wirken einer ähnlich kranken Persönlichkeit niemand wirklich glücklich geworden. Ich bin nur eine schwache, schüchterne und im Kontakt verkrampfte (= selbstunsichere) Persönlichkeit geworden, wie Du sie als Nr. 2 beschreibst, und überlege meistens zu lange, bis ich etwas sage. Soviel zur Wirkung.
Alles Gute,
I.