Welche Kugel aus welcher Waffe?

Wie ist es eigentlich möglich, anhand einer am Tatort gefundenen Kugel herauszufinden, dass die entsprechende Pistole bereits bei einem früheren Verbrechen benutzt wurde? Ich weiss zwar (bzw. meine zu wissen), dass man dies an der Kugel aufgrund charakteristischer Schleifspuren durch den Pistolenlauf feststellen kann, aber meist schlagen die Kugeln ja irgendwo auf und verformen sich. Wie ist es trotzdem feststellbar, und wie lange dauert eine solche Untersuchung?

Danke… Marco

…und wie lange dauert eine solche Untersuchung?

Die dauert so lange, wie die Ballistiker in ihren überfüllten Labors eben dafür brauchen. :wink:
Nee, das ist manchmal nicht ganz einfach. Der Grad der Deformation ist häufig schon immens. Proben, Berechnungen, Gegenproben und neue Berechnungen - das dauert einfach alles seine Zeit. Und niemand will gerne für eine Tat zur Rechenschaft gezogen werden, die er nicht begangen hat. Genausowenig will der Ballistiker ein falsches Ergebnis an den Staatsanwalt weitergeben.

Die gezogenen Läufe der Schusswaffen haben im Innern sogenannte Züge und Felder. Die Züge sind die Vertiefungen (das herausgeschnittene Material, bei Polygonläufen eingehämmert), die Felder das stehengebliebene Material. Durch die spiralförmige Windung entlang der Innenseite des Laufes wird das Projektil zur Eigenrotation um seine Längsachse gezwungen. „Zwang“ ist der richtige Ausdruck, weil der nominelle Durchmesser des Projektils kleiner ist als der Laufdurchmesser (Nennkaliber der Waffe). Freiwillig würde das Geschoss niemals durch den Lauf flutschen. Es wird durch den Gasdruck mit purer Gewalt durchgetrieben.
Kein Lauf ist wie ein anderer. Geringste Unterschiede (Durchmesser, Riefen etc.) sind quasi der Fingerabdruck des Laufes. Selbst bei Waffen gleicher Bauart sind immer Unterschiede feststellbar. Und das hinterläßt am Projektil unverwechselbare Spuren. Nur selten ist ein Projektil derart verformt, daß nicht eine einzige Stelle unter dem Mikroskop ein deutliches Charakteristika der Waffen preisgeben würde. Besonders gilt das für die meist benutzen Hartmantelgeschosse, deren Verformungsgrad längst nicht den reiner Bleigeschosse erreicht.

Otto

Guten Abend, Otto!

Vielen Dank für Deine ausführlichen Erklärungen! Es gab einen bestimmten Grund, weshalb ich fragte. Am Dienstag gegen 20 Uhr wurde ja in Bologna Marco Biagi, ein Berater des italienischen Arbeitsministers, erschossen. Bereits am nächsten Tag erklärte man, Biagi wäre mit der gleichen Waffe erschossen worden, mit der bereits im Mai 1999 Massimo D’Antona getötet wurde. Es soll sich um eine Schusswaffe des Typs Makarov (Kal. 9mm) handeln. (Siehe u.a. http://www.stol.it/ger/dyn/artikel.asp?KatId=fb&ArtI…) Nicht nur, dass von offizieller Seite gleich darauf die Täter feststanden, sondern auch die schnellen Untersuchungen verwundern mich ein wenig.

Marco

Korrektur!
Der Fehlerteufel hat sich eingeschlichen.

…„Zwang“ ist der richtige Ausdruck, weil der nominelle
Durchmesser des Projektils kleiner größer
ist als der Laufdurchmesser (Nennkaliber der Waffe).

Otto

Kein Lauf ist wie ein anderer. Geringste Unterschiede
(Durchmesser, Riefen etc.) sind quasi der Fingerabdruck des
Laufes. Selbst bei Waffen gleicher Bauart sind immer
Unterschiede feststellbar. Und das hinterläßt am Projektil
unverwechselbare Spuren.

Hallo Otto,

ich habe über dieses Thema schon mit mehreren Leuten diskutiert.
Ich gehe davon aus, daß die Spuren in den Zügen vom Bearbeitungswerkzeug stammen. Jetzt werden aber Läufe nicht im Originalmass (z.B. 100 mm für einen Pistolenlauf) hergestellt sondern wesentlich längere Rohlinge. Macht man nun aus einem Rohling beispielsweise 10 Fertigläufe, dann dürften diese aufgrung des gleichen Werkzeugs schon sehr identisch sein.

Ich lasse mich gern eines Besseren belehren.

Gruß Hägar

Wir sprechen nicht über Welten…
…sondern über minimale Toleranzen. Und dabei geht es nicht nur um den Lauf. Das Gesamtverhalten der Waffe bestimmt die Optik des abgefeuerten Projektils.

Einige der Faktoren sind:

  • Sitz der Patrone im Patronenlager (Anpressdruck an die Außenwände und Abstand des Hülsenbodens von der Stoßfläche des Patronenlagers)
  • Abstand des Projektils vom Konus, welcher den Lauf unmittelbar nach dem Patronenlager auf das Maß des Kalibers verengt
  • Eintrittsgeschwindigkeit des Projektils in den Konus (abhängig von der Gasdichtigkeit zwischen Patronenhülse und Patronenlager > Gasverlust)
  • Maße des Konus
  • Formgebung der Züge und Felder (Werkzeugspuren)
  • Maße von Innenkaliber (Felder) und Außenkaliber (Züge)
    …und noch tausend andere Faktoren, von denen ich keine Ahnung habe.

Wie gesagt… alles keine Welten. Aber unter dem Mikroskop sind die Unterschiede sichtbar. Was nun genau welche Ursache hat, dürfte einen normalschaffenden Ballistiker kaum interessieren. Aber mit einer Schussprobe ist der Zusammenhang zwischen Waffe und Projektil eindeutig.

Otto

Hi Marco,
falls die Patronenhülsen am Tatort rumliegen gehts wesentlich schneller und sicherer, als wenn nur die Projektile untersucht werden können.
Das von Otto gesagte gilt auch für Patronenhülsen.
Gruss
Krischan

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hallo Otto,
das ist mir schon klar… nur was ist, wenn der Täter nach dem Mord den Lauf der Waffe mit geignetem werkzeug bearbeitet? Also alte Spuren wegpoliert und evtl. gar neue Charakteristika einschreift?
Dann dürfte diese Waffe nicht mehr erkennbar sein.
Oder?
grüße
Raimund

Läufe verändern sich
Wer nach dem Abfeuern der gesetzlosen Kugel seine Tat vertuschen will, kann gerne weitere Tausend Schuss durch den Lauf jagen und darauf hoffen, daß sich das Profil ändert. Es ist auch schon gelungen. Sich darauf zu verlassen, ist allerdings nicht sehr clever.
Aber bei automatischen und halbautomatischen Waffen ist dann auch dringend angeraten, die ausgeworfene Hülse wieder aufzusammeln und im Rhein zu versenken. Denn die Spuren an diesem Teil aus Messing oder Stahl lassen sich genauso (und sogar besser) der Tatwaffe zuordnen. Ein halbes Dutzend charakteristischer Merkmale lassen bei Übereinstimmung die mathematische Wahrscheinlichkeit, daß die benutzte Waffe vielleicht doch nicht die gesuchte ist, auf null rutschen.

Otto

hallo Otto,
meine Idee war eigentlich nicht ein paar tausend Schuß nach einem Mord zu tätigen (welcher Mörder macht das?), nein, ich meine mit speziellem Werkzeug den Lauf und die Züge so zu bearbeiten, dass die charakteristischen Merkmale nicht mehr zu erkennen sind. Dabei muss man nicht unbedingt gleich 1 mm abtragen! Außerdem wäre ja dadurch die Waffe unbrauchbar geworden. Nein, es reicht doch bestimmt, eine reine Oberflächenbehandlung. Da würde auch die liegengelassene Patronenhülse nichts mehr bringen.
Für so einen Auftragskiller ist das vermutlich die falsche Methode. Der vernichtet die Waffe und besorgt sich eine neue. Der „Kunde“ bezahlt ja dafür.
Grüße
Raimund

nein, ich meine mit speziellem Werkzeug den Lauf und die Züge
so zu bearbeiten, dass die charakteristischen Merkmale nicht
mehr zu erkennen sind.

Raimund, darf ich mal fragen, welchen Job Du zukünftig machen willst? :wink:))
Also 'ne Drahtbürste oder eine Reibahle oder sowas…
Hmmm, ich kann nicht sagen, ob das was bringt. Weiß Du, so viele Leute habe ich noch nicht umgelegt. :wink:

Aber die liegengelassene Patronenhülse bricht dem Meuchelmörder garantiert das Genick, weil sie die Charakteristika des Patronenlagers „eingestempelt“ bekommt. Im Zweifelsfall solltest Du also mindestens einen Revolver .357 Magnum benutzen, mit Weichbleigeschossen geladen.

Okay, ich glaube, jetzt haben wir das Brett genug mit off topics strapaziert.

Otto

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Hallo Otto

nein, ich meine mit speziellem Werkzeug den Lauf und die Züge
so zu bearbeiten, dass die charakteristischen Merkmale nicht
mehr zu erkennen sind.

Raimund, darf ich mal fragen, welchen Job Du zukünftig machen
willst? :wink:))

Vertragskiller!

Also 'ne Drahtbürste oder eine Reibahle oder sowas…

Nein, nicht so grobe Dinger. Stell Dir mal eine Drehbank vor mit Messingbürsten. (bin keine Dreher, weiß nicht, ob das so richtig ist)

Hmmm, ich kann nicht sagen, ob das was bringt. Weiß Du, so
viele Leute habe ich noch nicht umgelegt. :wink:

Ich auch erst so 5-6 :smile:. Doch zur Geschäftsausweiteung sollte man schon Fachmann werden.:smile:

Aber die liegengelassene Patronenhülse bricht dem
Meuchelmörder garantiert das Genick, weil sie die
Charakteristika des Patronenlagers „eingestempelt“ bekommt. Im
Zweifelsfall solltest Du also mindestens einen Revolver .357
Magnum benutzen, mit Weichbleigeschossen geladen.

Okay, ich glaube, jetzt haben wir das Brett genug mit off
topics strapaziert.

nein, ist zum Thema.Denn ich könnte mir vorstellen, dass so Profikiller über dieses Wissen verfügen.
Aber das mit dem Lager leutet mit ein. Denn das auch noch bearbeiten und Teile auswechseln… na, da dürfte eine neue Wumme billiger sein.
Grüße
Raimund