Jüdische Namen

Sorry, falls das folgende schon x-mal hier angefragt wurde. Vielleicht stell ich mich auch zu dämlich an, nach dem richtigen Stichwort im Archiv zu suchen *g

Sind die , häufig einer konkreten Bedeutung im heutigen Deutsch entsprechenden „typischen“ jüdischen Nachnamen ( Goldstein, Rotstein, Friedman(n), ein besonders groteskes Beispiel: Aaron Treppengeländer ( bgl. Name von Wolfgang Völz ) ) nun das Ergebnis einer exakten Übersetzung eines dem ursprünglichen Namens ähnlichen osteuropäischen ( meist poln., ukr. o.ä. ) Wortes der nach hier nach und nach eingewanderten Juden und/oder wurde das so willkürlich festgelegt, um sie kenntlich zu machen, wie schon einmal behauptet wurde ( was m.E. nat. Blödsinn wäre, den namen Goldmann zu haben , ist noch kein unumstößliches Indiz dafür, Jude zu sein ).
Weiß da jemand Genaueres oder exakte Quellen ?

Danke im Voraus !

HM

Liebe Expertinnen und Experten,

an einer verlaesslichen Quelle zu dem Thema waere ich ebenfalls
interessiert. So kenne ich auch nur die „Folklore“, die besagt,
dass manche ihre Namen selbst gewaehlt haben und einige wenige
sie zugeteilt kriegten. Wobei das Geruecht geht, dass die fuer
die Verteilung zustaendigen Beamten einfach die Substantive aus
der Tageszeitung als Namen vergeben haetten. So sind
moeglicherweise die Vorfahren von Wolfgang „Aaron
Treppengelaender“ Voelz zu ihrem Familiennamen gekommen.

Wenn die Leute tatsaechlich die „typischen“ wohlklingenden Namen
selbst gewaehlt haben, dann, Entschuldigung, waren sie ganz
schoen meschugge. Ich haette den Teufel getan und meine Familie
Saphirstein, Bernstein oder Rubinstein genannt, auch wenn das
noch so gut zum Family Business gepasst haette. Das exponiert
einen nur unnoetig. Und dass das nicht gut tut, das wussten die
Leut doch damals schon. Ich haette mich mit einem unauffaelligen
„Schulze“ unsichtbar gemacht …

Die Geschichte, dass die Leute die „typischen“ Namen
zwangsverbremst gekriegt haetten, eben um sie zu exponieren und
rauszukennen, hab ich vor -zig Jahren mal in der Schule gehoert.
Das muss aber deswegen nicht stimmen.

Selbst gewaehlt erscheinen mir die Namen, die aus dem
Hebraeischen bzw. aus dem religioesen Bereich stammen, wie z.B.
Levi oder Cohen.

Was auch naheliegend ist, wenn man sich einen Familiennamen
aussuchen muss: Den von der Herkunft abzuleiten: Wiener,
Oppenheimer, Mannheim(er), Kremser …

Oder man geht her und bildet sie von des Vaters Vornamen: Isaak,
Jacobsson, Abramovicz,

Die „laecherlichen“ Namen, siehe Treppengelaender, klingen nach
Zwangszuordnung aus der Tageszeitung

Und wo die auffallend schoenen Nachnamen Marke Bernstein,
Goldstein oder anderswie eindeutige wie Israel oder Jerusalem
etc.wirklich herkommen, *das* wuerde ich auch gerne wissen.

LG
Edith

Hallo allseits!

an einer verlaesslichen Quelle zu dem Thema waere ich
ebenfalls interessiert.

Das gilt für mich auch.

Die Herkunfts- oder auch die Berufsbezeichnung ist allerdings auch anderswo üblich. So gibt’s den deutschstämmigen Nemec oder Nemetschek in Tschechien, und dafür den slawischstämmigen Böhm bei uns.

Aber so eindeutig ist die Herkunft dann auch wieder nicht.
Ein Herr „Rosenberg“ war ein Chefideologe der Nazis.

Grüße
Barney

Ja, Barney, kein System ist perfekt. Den Ideologen Rosenberg hab
ich weiland auch mit Verblueffung zur Kenntnis genommen.

Dass sich Nachnamen von der geographischen Herkunft ableiten,
das gibt’s in der Tat so gut wie ueberall. Aufm Dorf tragen die
Leut den Ortsnamen des Nachbarkaffs mit -er hinten als
Nachnamen. Da hat halt vor Urzeiten mal einer von jenseits des
Waldes reingeheiratet.Schwab, Hess, Boehm, Bayer … auch alles
bekannt.

Aber je groesser die Stadt, nach der einer heisst, desto heisser
wird’s.

Dass jemand nach seinem Beruf benamst wurde, ist auch nicht
ungewoehnlich: Schmied (Schmidt), Bauer, Mueller, Wagner,
B(a)ecker, Boettcher … Aber bis zu Rubinstein ist es da noch
ein weiter Weg. Das ganze Goldschmied-Arbeitsmaterial hat mit
den alten „Urberufen“ nix zu tun. Diese Namen *muessen* spaeter
und vielleicht auch auf andere Weise entstanden sein als
Mueller-Maier-Schmidt.

Ob wir mit unserer Frage im Geschichts-Brett besser aufgehoben
waeren? Das hier hat ja mit Etymologie, Grammatik und
Rechtschreibung nix zu tun.

Hi

wir hatten es davon kürzlich mal davon und haben auf http://www.uscj.org/seabd/arlingaf/jnames.htm was dazugefunden (ist eine Seite von einer konservativen jüdischen Gemeinde in Virginia)

Zusammenfassung für nicht-englisch-lesende: 1787 hat Joseph II damit angefangen, den Juden Nachnamen zu gewähren, andere herrscher folgten, 1845 war die Namensgebung auch in russland abgeschlossen. Die Namensgebung hatte freundliche Gründe, z.b. im Zusammenhang mit Hochschulzulassungen, oder eher nützliche, wie Erfassung für Militär und Steuern.
Innerhalb der jüdischen Gemeinden war es seit jeher üblich, jemanden, wie im Talmud geraten, nach seinem Vater zu benennen, „Isaak ben David“

Die Wohlklingenden Namen konnten mancherorts tatsächlich gekauft werden (eine kulturelle Minderheit, die sich versteckt und tarnt ist schnell in der Mehrheit aufgegangen und verschwunden, selbstbewusste Minderheiten stehen zu ihrer Herkunft! Deshalb war es für viele Juden kein Problem, solch „jüdischen Namen“ zu wählen).
Wer nicht zahlen konnte, konnte sich halt den Namen nicht aussuchen und sadistische Beamte gabs auch damals schon.

Andere Möglichkeiten, an einen Namen zu kommen, die wohl weniger mit „Bearbeitungsgebühren“ zu tun haben:

Die Kaste der Kohanin (ist eine Art Siegrist in der Synagoge und darf nur von bestimmten Familien ausgeübt werden) führte zu Cohn, Kahn, Katz, Kaplan etc.

Levi in allen seinen Formen: Levine, Levinski, Levitt (Levi ist ein Stamm Israels, ich weiss nicht, aber ev. gehören die Aschkenazy zum Stamm Levi)

Die jüdischen Dörfer hatten natürlich auch Müller, Brenner, Schächter, Wechsler, Kramer, Bäcker etc. (ich habe mal gelesen, Miller sei nach Cohn und Levi in den USA der häufigste Name bei Juden).

In Ungarn hat es den Namensgebern gefallen, die Juden in vier Gruppen einzuteilen: Gross, Klein, Schwarz und Weiss.

Ganz einfach war es natürlich die „Sohn“ Endung nach dem Vater (gel. auch der Mutter) zu benennen. Je nach Sprache mit der Endung -son, -kin oder -witz: Levinson, Abramowitz, Rivkin.

Ebenfalls einfach nach der Herkunft der Vorfahren Frankfurter, Holländer, Ausländer, Schwab, Berlin

In der Zeit vor den Hausnummern waren Symbole auf dem Haus z.B. Sterne, Blumen, Bäume, Spiegel oder Rothschild. Auch Nichtjuden haben viele Namen von dem symbol auf ihren Häusern

Hebräische Vornamen konnten auch übersetzt werden: Salomon = Shalom = Friede = Friedmann

Manche Namen sind auch Abkürzungen von hebräischen Texten oder wichtigen Gelehrten: Wallach hat nichts mit Pferden zu tun, sondern ist der erste Buchstabe eines Hebräischen satzes „liebe deinen Nächsten wie dich selbst“

Das ist jetzt doch eine lange Übersetzung geworden…
Vielleicht reicht das ja zur Beantwortung der Frage.

Viele Grüsse, Nicola

kohen, levi
hallo!

ein paar zusatzinfos möchte ich noch loswerden:

Die Kaste der Kohanin (ist eine Art Siegrist in der Synagoge
und darf nur von bestimmten Familien ausgeübt werden) führte
zu Cohn, Kahn, Katz, Kaplan etc.

kohanim heißen „priester“. sie haben bestimmte aufgaben in der synagoge (was ist ein siegrist?). der status des kohen geht vom vater auf den sohn über. eine kaste ist es aber nicht. was ist eine kaste? erinnert mich an indien.

aber ev. gehören die
Aschkenazy zum Stamm Levi)

nee die leviten sind neben kohanim und israelim eine der drei kultischen gruppen von juden. auch der levi-status geht vom vater auf den sohn über. alle anderen sind israelim.

aschkenasim und sefardim haben damit nichts zu tun. das sind zwei geografisch-kulturelle gruppen von juden. aschkenas ist deutschland (dazu gehört das ganze osteurop. judentum), sfarad ist spanien (dazu gehört das südeurop. und nordafrikanisch-arabische judentum). die beiden gruppen unterscheiden sich in sprache, gebräuchen, religiösen feinheiten usw.

eigenartigerweise sind die träger des nachnamens aschkenasi meistens sfardisch… warum weiß ich nicht. über den status kohen, levi, israel sagt das aber nichts aus.

übrigens sind auch nicht alle Kohns kohen und alle Löws leviten.

grüße
L.

2 Like

Hi Lehi,

Ein Sigrist (ein Helvetismus, in Deutschland heisst das Küster)erfüllt Aufgaben in der Kirche, ist aber kein Pfarrer, sondern ein Kirchendiener, bereitet den Gottesdienst vor und kümmert sich um die Kirche, Weihnachtsschmuck etc.).

Den Ausdruck Kaste habe ich dem Text von der amerikanischen konservativen jüd. Gemeinde übernommen, ist sicher im übertragenen Sinne gemeint. Ich kenne Kaste auch nur aus Indien, da gibts ja eine Priesterkaste (Brahmanen), ist auch ererbt.

Da habe ich wohl ein Durcheinander mit dem Stamm Levi und Leviten, Cohanim und Israelim gemacht…ich habe das mal irgendwo gehört, weiss aber nicht mehr wo (schlimmstenfalls in einem Krimi von Faye Kellerman, au Backe…) wobei ich mit Leviten (ich kenne nur die, die man jemanden liest…) und Israelim gerade nichts anfangen kann. Wer sind die?

Da habe ich gleich noch eine Frage: Kann sich ein Jude/eine Jüdin auch auf einen der Stämme berufen, z.B. „ich stamme aus der Familie Gad“ oder ist das nicht üblich / möglich? Oder ist dieser „Stammesdünkel“ gar etwas, das von ahnungslosen Christen geprägt wurde und gar keine Rolle spielt?

Das mit den Aschkenazy vom Stamm Levi war ja nur eine Vermutung von mir…

Hast du eigentlich eine Möglichkeit gefunden, die Zeit anzuhalten oder wie schaffst du es soooo viele Postings in so vielen Foren zu machen??? Verrat sie mir doch, ich brauch Stunden um einen nur kleinen Text zu schreiben!

Viele Grüsse, Nicola

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Selbstbewusste Minderheit
Liebe Nicola,

in Deutschland koennen einem aber so Ferz wie das Selbsbewusstsein einer Minderheit ganz schnell vergehen. Mein Mann hat einen dieser wunderschoenen Familiennamen, und wir kriegen manchmal ganz entzueckende Post nach Haus. Anonym, natuerlich.

Da hat man schon gelegentlich Sehnsucht nach einem Maier-Mueller-Schulze-Schmidt-Namen.

LG
Edith

hallo!

kenne Kaste auch nur aus
Indien, da gibts ja eine Priesterkaste (Brahmanen), ist auch
ererbt.

stimmt, das wort kaste stand wirklich in der seite. fand ich eigenartig.

wobei ich mit
Leviten (ich kenne nur die, die man jemanden liest…) und
Israelim gerade nichts anfangen kann. Wer sind die?

die leviten sind tempeldiener. früher war das ihr einziger job. der stamm levi stammt von moses bruder aaron ab. die kohanim (priester) stammen auch aus dem stamm levi. aaron war der erste hohepriester. der rest heißt einfach israelim. so ergibt sich eine art hierarchie, kohen levi israel. heute gibts keinen tempel mehr, aber diese hierarchie spielt in der synagoge eine rolle. kohen und levi haben bestimmte aufgaben.

auf die schnelle war das jetzt. wenn du willst, gucke ich nochmal nach spezifischen webseiten, büchern.

Da habe ich gleich noch eine Frage: Kann sich ein Jude/eine
Jüdin auch auf einen der Stämme berufen, z.B. „ich stamme aus
der Familie Gad“ oder ist das nicht üblich / möglich?

nein das ist nicht möglich. das weiß keiner mehr. außerdem sagt man, daß 10 stämme verlorengegangen sind. im laufe der zeit haben sich die stämme aufgelöst, vermischt, neue menschen kamen hinzu usw. nur levi und kohen wissen meistens, daß sie es sind.

Oder ist
dieser „Stammesdünkel“ gar etwas, das von ahnungslosen
Christen geprägt wurde und gar keine Rolle spielt?

nee *lol*, die stämme gehören schon zum judentum dazu. das ist nicht christlich. übrigens: mit kasten, adel und höherstellung haben diese stämme nix zu tun. das waren einfach familien.

Hast du eigentlich eine Möglichkeit gefunden, die Zeit
anzuhalten oder wie schaffst du es soooo viele Postings in so
vielen Foren zu machen??? Verrat sie mir doch, ich brauch
Stunden um einen nur kleinen Text zu schreiben!

als alte chatterin schreibe ich schneller als ich spreche. deswegen auch die kleinschreibung :wink:

grüße
L.

DANKE euch allen …
…für die Beleuchtung des Thema´s ! Jetzt bin ich schon schlauer. Interessante Sache !

Im Übrigen gab es in der Nachbarstadt einen älteren Herren namens „Salomon“. Keine jüdische Abstammung, nix. Kann mir aber vorstellen, dass eine gewisse Epoche in der Geschichte auch nicht gerade lustig war.

Ciao, und eine Schöne Woche,

HM

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Vielen Dank und Grüsse (OWT)

Sigrist = Küster = Mesmer …
Hallo, und nur am Rande bemerkt …

Ein Sigrist (ein Helvetismus, in Deutschland heisst das
Küster)…

Ich würde ergänzen: In manchen Teilen Deutschlands heißt das Küster, hier bei uns in Oberschwaben heißt das schriftsprachlich (!) „Mesner“ und mundartlich gesprochen „Mesmer“.

Gruß
Ludwig