'Schwulitäten'

Hallo,
es gibt ja den Ausdruck „sich in Schwulitäten bringen“, womit man eigentlich nur Schwierigkeiten meint, oder? Hat dieses Wort denn irgendetwas mit „schwul“ (im Sinne von homosexuell) zu tun? Ich kann’s mir eigentlich nicht vorstellen, da es so viele Leute total unbefangen verwenden. Und was haben die beiden Wörter für einen etymologischen Ursprung? Der Herkunfts-Duden hilft mir hier leider kaum weiter.

  • André

es gibt ja den Ausdruck „sich in Schwulitäten bringen“, womit
man eigentlich nur Schwierigkeiten meint, oder? :- André

Hallo, André,

vielleicht kann Grimm zum Verständnis beitragen:

Aus dem Artikel zu „schwul“ /“schwül“ (Auszug):

meist nur im übertragenen sinne: es ist mir ganz schwul, mir ist heisz oder bänglich SCHMID 489; vgl. schwul, ängstlich, bange (Pfalz) KLEIN prov.-wb. 2, 150. SARTORIUS 115 (Würzburg); nd. swool, drückend heisz: swool weder; übertragen: em was dar swool bi to mode, das herz war dabei beklemmt, er war voller angst DÄHNERT 480b; swool, heisz wie bei gewitterluft brem. wörterb. 4, 1127; vergl. TEN DOORNKAAT KOOLMAN 3, 385a; daneben swûl: da wurr he swuul, da ward ihm bänglich SCHÜTZE 4, 240; in der swûlen arbeid, in der heiszen arbeit SCHAMBACH 223a, vgl. DANNEIL 219b. WOESTE 266b; in umgelauteter form swöl DANNEIL a. a. o.; vergl. schwele bei LIESENBERG Stieger mundart 212;

_SCHWULITÄT, f. scherzhafte bildung mit lat. endung (wie schwulibus), beklemmung, verlegenheit, zunächst der studentensprache angehörig, seit der zweiten hälfte des vorigen jahrhunderts üblich, s. KLUGE studentenspr. 38:

wer nur den lieben gott läszt walten
und hofft auf ihn bei bier und kusz,
den thut er wundersam erhalten
in allen schwulitatibus.
KEIL studentenlieder 156;

kein armer verbrecher fühlt mehr schwulität,
der vor hochnotpeinlichem halsgericht steht.
BÜRGER der kaiser und der abt.
Bd. 15, Sp. 2751
in die volkssprache übergegangen: in schwulletäten, in verlegenheit KLEEMANN 21a, schwuletät JECHT 103a. HERTEL thür. sprachschatz 226. SARTORIUS 115; nd. he sitt in swulitäten, seine umstände sind schlecht SCHÜTZE 4, 240._

Gruß
Kreszenz

Ist doch ein Fortschritt, wenn wir dieses Wort so unbefangen benutzen, auch im eigentlich nicht gemeinten Sinn…Vielleicht gewöhnen wir Menschen uns an das Wort schwul wie auch an die mögliche Bedeutung …
trägt zum Weltfrieden bei.

Gruß
Karin

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Ist doch ein Fortschritt, wenn wir dieses Wort so unbefangen
benutzen, auch im eigentlich nicht gemeinten Sinn…Vielleicht
gewöhnen wir Menschen uns an das Wort schwul wie auch an die
mögliche Bedeutung …
trägt zum Weltfrieden bei.

Hallo !

Was meinst Du da denn mit??? Dass Schwule friedlich sind?

Ist doch wohl ein Mißverständnis von mir! Oder von Dir??

Gruß Max

If you tolerate this, …
Hi!

Was meinst Du da denn mit??? Dass Schwule friedlich sind?

Wer – beispielsweise – Schwuler (oder Wichser oder … oder …) nicht mehr als Beleidigung verwendet, kann mit Sicherheit auch andere Dinge differenzierter, toleranter und gelassener betrachten. Ich würde mich als Schwuler solange mangelhaft akzeptiert fühlen, wie eine schlichte Zustandsbeschreibung meiner sexuellen Orientierung jeden Tag tausendfach zur Herabsetzung eben nicht schwuler Leute gebraucht wird.

Ist doch wohl ein Mißverständnis von mir! Oder von Dir??

Ich habe nicht den Eindruck, dass Karin eine Aussage darüber machen wollte, wie friedlich oder unfriedlich Schwule sind. Um die ging’s auch nicht direkt.

Gruß!
Christopher

Schimpfwörter

Ich würde mich als Schwuler solange mangelhaft
akzeptiert fühlen, wie eine schlichte Zustandsbeschreibung
meiner sexuellen Orientierung jeden Tag tausendfach zur
Herabsetzung eben nicht schwuler Leute gebraucht wird.

huh? in meinem sprachgebrauch ist schwul ein schimpfwort. wer es nett ausdrücken will, der möge doch homosexuell sagen.

ebenso könnte ich sagen: „weib“ ist eine zustandsbeschreibung meiner sexuellen identität. das wort „weib“ wird aber täglich tausendfach zur herabsetzung von frauen benutzt. wie bitte? weib ist aber trotzdem ein schimpfwort (heute, war es nicht immer). was soll also dieser einwand?

gruß
datafox

Hallo !

Wieso antwortest Du für sie? Schon merk würdig!

Gruß Max

Illusion
Hi!

huh? in meinem sprachgebrauch ist schwul ein schimpfwort. wer
es nett ausdrücken will, der möge doch homosexuell sagen.

Der Einwand hatte offensichtlich seine Berechtigung. Dein Sprachgebrauch ist hoffentlich kein Maßstab in dieser Sache, da er mich an das Beleidigungs-Register Frühpubertärer erinnert, in dem so ziemlich jedes Wort zum Schimpfwort werden kann. Deine Verwendung des Wortes deckt sich nicht mit den Wünschen der Benannten, die man durchaus berücksichtigen sollte, und mit dem DUDEN-Eintrag. Der DUDEN verzeichnet keine wertende Färbung des Begriffs. Vor allem aber bezeichnen sich die Schwulen, die ich kenne bzw. von denen ich höre, exakt auf diese Weise, wenn das Gespräch überhaupt einmal speziell darauf kommt. Sie empfinden diesen Begriff auch nicht so, wie sich „Weib“ (abwertend) zu „Frau“ (neutral) verhält. Oder wie ein Kollege von mir einmal sagte: „Nee, ich bin nicht homosexuell. Ich bin schwul!“

Gruß!
Christopher

Es ist äußerst angenehm, sich bei Abwesenheit
gut vertreten zu wissen!! :wink:

Gruß
Karin

Hallo !

Wieso antwortest Du für sie? Schon merk würdig!

Gruß Max

Der DUDEN verzeichnet keine
wertende Färbung des Begriffs.

hi,

dann präzisiere ich: „schwul“ gehört nicht zur schriftsprache. es ist umgangssprache, slang, und meistens abwertend gemeint, auch wenn duden und political correctness das tausendmal bestreiten.

gruß
datafox

Exklusiv
Hi!

dann präzisiere ich: „schwul“ gehört nicht zur schriftsprache.
es ist umgangssprache, slang, und meistens abwertend gemeint,

Deine Präzision in allen Ehren, aber ohne Quellenangabe ist sie keinen roten Heller wert – abgesehen davon, dass ich wir uns hier vom Ausgangsproblem wegbewegen. Für den Sprachgebrauch 13-Jähriger kannst Du auch die Begriffe „Wurst“, „Otter“ oder „Baum“ als abwertend kennzeichnen.

auch wenn duden und political correctness das tausendmal bestreiten.

Ich sehe, dass Du einmal mehr dem Problem nicht recht folgen kannst. Genauso wie Freunde und Bekannte Dich mit Sicherheit so nennen, wie Du es möchtest, mache ich es auch.

Noch einmal drei Quellenangaben für meine Ansichten:
Das Wort „schwul“ wird vor allem unter Jugendlichen noch immer abwertend und häufig als unreflektiert gebrauchtes Schimpfwort zur Demütigung, Beleidigung und Provokation benutzt. Und dies, obwohl in unserer Gesellschaft Homosexualität verstärkt öffentlich diskutiert und viel offener wahrgenommen wird.
(Quelle: http://www.gay-tip.com/de/100119/100175/coming%20out…; Hervorhebung von mir)_Homosexuelle Männer werden auch als schwul […] bezeichnet. Ursprünglich abwertend gebraucht, wurden diese Bezeichnungen später im Rahmen der Emanzipationsbewegung von der Homosexuellenszene selbst – auch als politischer Kampfbegriff – übernommen und damit die abwertende Bedeutung immer mehr zurückgedrängt. _
(Quelle: http://wikipedia.t-st.de/data/Homosexualit%E4t; Hervorhebung von mir)_Der Begriff „schwul“ wird von Schwulen lieber gebraucht als „homosexuell“ , weil er eine ganze Wesensart beschreibt, statt die Person allein über die sexuelle Ausrichtung zu definieren. Andere Namen für Homosexuell: Warmer Bruder, jemand vom anderen Ufer. Abwertend: Schwuchtel. _
(Quelle: http://www.sex-lexikon.net/alphabet/h.htm; Hervorhebung von mir)

Gruß!
Christopher

2 Like

teils MODal
Diese Begriffsdifferenzierungen könnt ihr sicher auch privat zu Ende brinegn, oder nicht?
FritzMOD

Zu Datafox und „Weib“.

Meine Mutter und Großmutter, und so noch einige Generationen zurück und alle in ländlicher Umgebung, haben von sich stets und nur als „Weib/Weiber“ gesprochen.
„Frauen“ gehörten einer anderen Gesellschaftssicht an.

Und es gab ein deutliches Unterscheidungsmerkmal: Weiber tragen auch sonntags ein Kopftuch, freilich ein besseres; Frauen tragen Hüte.

Ganz mittelalterliche Verhältnisse bis ins 20. Jhdt. :wink:

Fritz

Hallo Fritz!

Meine Mutter und Großmutter, und so noch einige Generationen
zurück und alle in ländlicher Umgebung, haben von sich stets
und nur als „Weib/Weiber“ gesprochen.

Selbst heutzutage ist im Raum Osttirol der Begriff „die Weibischen“ alltäglich, erscheint mir dort keineswegs abwertend und wird auch von den Frauen benützt.

Ganz mittelalterliche Verhältnisse bis ins 20. Jhdt. :wink:

Tjal im heiligen Land Tirol auch bis ins 21.Jhdt. :wink:)

Gruß
Barney

hi,

Meine Mutter und Großmutter, und so noch einige Generationen
zurück und alle in ländlicher Umgebung, haben von sich stets
und nur als „Weib/Weiber“ gesprochen.

ja, meine großmutter tut das immer noch. es wird immer fälschlicherweise als „sie setzt sich selbst als frau herab“ interpretiert.

deswegen schrieb ich ja, daß „weib“ nur heute ein schimpfwort ist.

gruß
datafox

später im Rahmen der Emanzipationsbewegung von
der Homosexuellenszene selbst – auch als politischer
Kampfbegriff – übernommen

hi,

und was habe ich anderes gesagt? „schwul“ als schriftsprachliches wort zu gebrauchen oder dieses zu forcieren ist eine politische message, ein „kampfbegriff“ eben. zitate von seiten wie „gay-tip“ können wohl nicht als kompetent in sachen deskriptivem sprachgebrauch gelten.

gruß
datafox

Wortklaubereien
Hi!

Ich denke, wir sollten jetzt zum Ende kommen.

und was habe ich anderes gesagt?

Dass „schwul“ im allgemeinen Sprachgebrauch „meistens abwertend gemeint“ ist. Darauf, dass sich diese Aussage anhand zweier recht bis sehr zuverlässiger (Wikipedia, DUDEN) und zweier mäßig zuverlässiger Quellen (Sexlexikon, Gay-Tip) in Luft aufgelöst hat, scheinst Du nicht mehr eingehen zu wollen. Wer möchte, kann „schwul“ als „politischen Kampfbegriff“ ansehen, was aber keine Aussage darüber macht, ob der Begriff umgangssprachlich oder schriftsprachlich ist. Übrigens halte ich persönlich die Anmerkung, dass „schwul“ keine Beschreibung, sondern eine politische Aussage ist, bereits für überholt.

zitate von seiten wie „gay-tip“ können wohl nicht als
kompetent in sachen deskriptivem sprachgebrauch gelten.

Du hast keine einzige Quelle genannt. Im Zweifel sehe ich eine Bitte der Bezeichneten, wie sie genannt werden möchten, ob diese jetzt von meinen Bekannten oder von „Gay-Tip“ kommt, als bindender an als Deine privaten Sprachphantasien.

Gruß!
Christopher
(mein letztes Posting zu dieser Sache, ganz ruhig, Fritz :wink:

Hallo, der Umstand, daß die Frage nach der Bedeutung des Ausdrucks „in Schwulitäten bringen“ zu einer Debatte über „Schwule“ führt, erklärt mir, weshalb der Ausdruck kaum noch gebraucht wird. Es heißt eigentlich, daß man in die Enge getrieben wird, daß einem daher unangenehm heiß, schwül, wird.

Früher nannte man Homosexuelle „warme Brüder“. „Warme, schwule, schwülstige Brüder“ dieser Ausdruck ist doch negativ vom Ursprung her, da kann man darum herumreden, solange man will. Eine nicht abwertende Bezeichnung ist „homosexuell“ oder „gleichgeschlechtlich“. Nicht abwertend wäre somit die umgangssprachliche Form „Homos“ für Homosexuelle. Finde ich jedenfalls.
Gruß Dascha

Hallo Datafox,

ja, meine großmutter tut das immer noch. es wird immer
fälschlicherweise als „sie setzt sich selbst als frau herab“
interpretiert.

deswegen schrieb ich ja, daß „weib“ nur heute ein schimpfwort
ist.

Wenn du diese sprachliche Entwicklung vom normalen Wort zum
Schimpfwort akzeptierst, warum dann nicht eine Entwicklung in
umgekehrter Richtung (vom Schimpfwort zum akzeptierten und
bevorzugten Wort) fuer „schwul“?
Analog dazu ist durchaus auch das engliche ‚gay‘ zu sehen:
urspruenglich meinte es ‚heiter, lustig, froehlich‘, wurde dann
zum Schimpfwort fuer Homosexuelle, die das Wort wiederum fuer
sich vereinnahmten und es ist heute ein wertneutrales Synonym fuer
homosexuell. Eine Ausnahme bildet der Gebrauch in der Kinder- und
Jugendsprache: „gay“ hat als Schimpfwort auf dem Spielplatz Einzug
gehalten, wobei es dort ohne sexuelle Konnotation benutzt wird.
Jemand oder oefter noch ein Ding, das als „gay“ bezeichnet wird,
ist einfach ‚total uncool‘.

Gruesse, Elke

Mein Mann benutzt den Begriff „Weib“ heut noch mit der allergrößten Selbstverständlichkeit als Synonym für Frau, ohne das je abwertend gemeint zu haben. Was aber außerhalb des schwäbisch-bairischen Sprachgebrauchs schon mal zu Missverständissen führt. Wenn er am Telefon sagt: „Moment, da geb ich Ihne g’schwind mei Weib“, ist manch ein Gesprächspartner von weiters weg schwer entsetzt. :wink:

LG
Edith