Indianer und Schmerz

Hallo,

jeder kennt die Redensart: „Ein Indianer kennt keinen Schmerz.“
Wo liegt der Ursprung dieser Redensart? Ist es eine Aussage, die von Indianern
selbst stammt (so nach dem Motto: Ein Krieger darf keinen Schmerz, keien Schwäche
zeigen, sonst hat er gegen den Feind schon verloren) – oder ist es als eine
Beobachtung aus unserer Welt zu verstehen (hat vielleicht jemand wie Karl May
sowas mal geschrieben oder so …)?

Wer weiß was?

Danke,
Bolo2L

Hallo,

ich habe den Eindruck, dass diese Redensart unter dem Einfluss der Karl-May Romane entstanden ist.

Gruß,

Myriam

Danke, aber …
… mir geht es in diesem Falle wirklich um Wissen, nicht um den Eindruck, also
um die eigentliche Quelle.

Danke trotzdem

Bolo2L

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… mir geht es in diesem Falle wirklich um Wissen, nicht um
den Eindruck, also
um die eigentliche Quelle.

Solange bis jemand vorbeikommt, der sie kennt, kann ich Dir ja mal den Ursprung meines Eindruckes erläutern:

Die Redensart hat ja tatsächlich einen gewissen wahren Kern (Sonnentanzritual, wenn Dir das was sagt). Trotzdem gibt es keine Entsprechung dieser Redensart im Englischen. Wenn es also um echte Indianer ginge, sollte man annehmen, dass die Redensart aus dem englischen Sprachraum zu uns kam, das tat sie also wohl nicht. Das führt mich zu der Schlussfolgerung, dass die deutsche Redensart ihren Ursprung bei Karl May haben müsste.

Gruß,

Myriam

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Hallo Bolo.

um die eigentliche Quelle.

Band und Seitenzahl kann ich Dir auch nicht sagen. Aber fast alles Wissen, und das meiste davon ziemlich fundiert, das wir über die Indianervölker haben, wurde von Karl May in seinen Romanen verbreitet.
Auch J.F.Cooper ist hier zu erwähnen.
Und K.May beschreibt an verschiedenen Stellen die Rituale bei der Behandlung von gefangenen Feinden am Marterpfahl. Dazu gehörte die Marter (Folter), um dem Feind Wehklagen zu entlocken. Zu höchstem Ansehen brachte es ein gemarterter Feind, wenn er die schlimmsten Torturen über sich ergehen ließ, ohne einen Laut von sich zu geben oder eine Miene zu verziehen. Und das brachten, nach K. May, hauptsächlich nur Indianer selbst fertig.
Und seit dem sagen Väter zu ihren spielenden Kindern, die hingefallen sind und laut weinend mit Tomahawk und Federschmuck dastehen:„Was bist denn Du für ein Indianer? Ein Indianer kennt keinen Schnerz, Hugh!!“
Und das wirkt Wunder!!!
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Berresheim

Hallo Myriam,

das überzeugt mich wirklich. Diese bestechende Logik ist ja fast schon ein
Beweis!

Danke!
Bolo2L

Danke, Alexander,

die Szenerie erhellt sich mehr und mehr … :smile:

Indianergruß
Bolo

Hallo,

Wenn es
also um echte Indianer ginge, sollte man annehmen, dass die
Redensart aus dem englischen Sprachraum zu uns kam, das tat
sie also wohl nicht.

das trifft sicher zu, siehe auch z. B.

…Interessant war, zu erfahren, daß es in Deutschland die Redewendung gibt »Ein Indianer kennt keinen Schmerz!« Das ist natürlich sehr schmeichelhaft, wenn man es genau bedenkt, aber natürlich nicht wahr. Vielleicht ist diese Vorstellung entstanden, weil Bilder über die Sonnentanzzeremonie verbreitet wurden. Bei dieser Zeremonie werden Haut und Muskeln durchbohrt, um die eigene Fähigkeit unter Beweis zu stellen, sich über die physische Realität zu erheben und auf einer spirituellen Ebene zu kommunizieren…
http://www.ikg.rt.bw.schule.de/virkla/names/schuels/…

und

http://web.archive.org/web/20040316002334/http://use…

Das führt mich zu der Schlussfolgerung,
dass die deutsche Redensart ihren Ursprung bei Karl May haben
müsste.

Er hat auf jeden Fall erheblich zur Verbreitung dieses Stereotyps beigetragen:

…Ein Indianer wird von frühester Kindheit an in dem Ertragen körperlicher Schmerzen geübt. Er gelangt dadurch so weit, daß er die größten Qualen ertragen kann, ohne mit der Wimper zu zucken. Vielleicht sind die Nerven des Roten auch weniger empfindlich als diejenigen des Weißen. Wenn der Indianer gefangen wird und am Marterpfahle stirbt, so erträgt er die ihm zugefügten Schmerzen mit lächelndem Munde, singt mit lauter Stimme sein Todeslied und unterbricht dasselbe nur hie und da, um seine Peiniger zu schmähen und zu verlachen. Ein jammernder Mann am Marterpfahle ist bei den Roten eine Unmöglichkeit…
[aus: „Der Schatz im Silbersee“]
http://www.karl-may-werke.de/auf_tod_und_leben_m9075…

Gruß
Kreszenz

2 Like

Hallo Bolo,

ich erinnere mich, in einem einigermaßen seriösen Buch (dessen Titel ich aber vergesen habe) von einem Initiationsritus bei den Prärieindianern gelesen zu haben, der es in sich hatte.
Angefangen von Schlafentzug über sich steigernde körperliche Schmerzen, die im Abhacken des letzten Kingergliedes des linken kleinen Fingers gipfelten.
Der tiefere Sinn soll wohl darin gelegen haben, daß die Indianer Meister der Folter waren (Marterpfahl) und ein Krieger seine Ehre verlor, wenn er bei diesen Martern seinen Schmerz zeigte.

Gandalf

Aber sowas wie einen Marterpfahl gab es doch überhaupt nicht. Den hatte sich doch Karl May ausgedacht. Aber Schmerzertragungs- und brutal wirkende Initiationsrituale sind ja bei vielen Völkern bekannt, von daher kann das durchaus zutreffen und die Stereotype (sagt man so?) daher rühren, dass so etwas viele „zivilisierte“ Europäer geschockt und zum Staunen gebracht hat.

Gruß,

  • André

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Danke für diese tollen Ergänzungen.

Zusätzlich möchte ich noch erwähnen, dass im Winnetou I, wo Old Shatterhand ja von den Apachen gefangen genommen wird, ziemlich sicher auch auf diese Sache mit dem „keine Reaktion auf Schmerz zeigen“ eingegangen wird. Die genaue Stelle liegt mir leider nicht vor.

Gruß,

Myriam

Hallo Gandalf

«DIE Indianer» ist etwa so präzise wie «die Neger»!

Es waren hunderte von teilweise recht kleinen
Voksgruppen, die unterschiedlichsten Lebensformen und
Kulturen, völlig verschiedene Sprachen …

Grüsse
Rolf

Hallo Rolf,

«DIE Indianer» ist etwa so präzise wie «die Neger»!

Es waren hunderte von teilweise recht kleinen
Voksgruppen, die unterschiedlichsten Lebensformen und
Kulturen, völlig verschiedene Sprachen …

es stimmt schon was Du schreibst, aber zum einen habe ich geschrieben ‚Prärieindianer‘ was zugegebenerweise auch noch recht unpräzise ist und ich schrieb, daß es eine Erinnerung ist, die noch nicht mal den genauenTitel des Buches liefert.

Ich hoffe, das findet Gnade vor Deinen Augen :wink:

Gandalf

Hm. Sieht so aus als hätte ich mich jetzt vertan. Zumindest Wikipedia schreibt, dass es den Marterpfahl doch in einigen wenigen Stämmen gab…

Aber da war doch irgendwas, was der gute Herr May nur erfunden hatte — was war es dann?

Gruß,

  • André

Danke allen! (owT)