Narzistische Persönlichkeitsstörung

Hallo Wissende,

wer kann mir grob erklären, was eine narzistische Persönlichkeitsstörung ist ?

Wie wirkt sich so etwas in Beziehungen aus ?

Gibt es gute Literatur (links, Bücher etc.) die das so erklärt, dass man das auch als Laie versteht ?

Danke für eure Mühe
Marion

Hi Marion

Die (normierte) Grundlage für die Psychodiagnostik der n.P. findest du hier im ICD 10

http://www.informatik.fh-luebeck.de/icdger/narcissi.htm

Das ist aus dem DSM III R abgeleitet, aus dem ich dir noch ein paar Sätze hier exzerpiere:

„… ein durchgängiges Muster von Großartigkeit (in Phantasie oder Verhalten), von Überempfindlichkeit gegenüber der Einschätzung durch andere und von Mangel an Einfühlungsvermögen“

Das letztere ist vor allem der Punkt, der für bestimmte Beziehungskontexte von Bedeutung ist, in denen es sehr darauf ankommt, daß die Partner wechselweise erkennen, was im anderen vorgeht. Das DSM gibt ein Beispiel: Ein (narzißtisch gestörter) Betroffener ist entsetzt und beleidigt (bis zum Aufkündigen der Freundschaft) darüber, daß jemand seine Einladung zu einer Fete absagt, „nur“ weil dessen Vater gestorben sei (ich geb das etwas deutlicher wieder als es der Text schreibt). Es ist nicht nur eine (ggf. als Mangel erlebte) Unfähigkeit, sich in den anderen hineinzuversetzen, sondern eine regelrechte Verweigerung. Das kann in einer „Beziehung“ geradezu gefährlich werden…

„Das Selbstwertgefühl ist fast immer sehr instabil, der Betroffene ist meist sehr darum besorgt, [zu ergänzen: „daß alle mitkriegen“ M.] wie gut er funktioniert und [„zu erfahren“ M.] was andere von ihm denken. Dies nimmt häufig die Form eines fast exhibistionistischen Verlangens nach ständiger Aufmerksamkeit und Bewunderung an [!] … Auf Kritik kann der Betroffene mit Wut, Scham oder Demütigung reagieren…“ [Das letztere ist natürlich falsch ausgedrückt: Es muß „Sich-Gedemütigtfühlen“ heißen]

Und noch einige charakteristische Punkte:
„… sind in übertriebenen Maße von ihrer eigenen Bedeutung überzeugt. Sie übertreiben … ihre Fähigkeiten und Begabungen und erwarten daher, selbst ohne Leistung als etwas Besonderes Beachtung zu finden [zu ergänzen: „und fühlen sich - mit heftigen Reaktionen - entsprechend erniedrigt, wenn diese Beachtung ausbleibt“ M.]. Sie sind häufig der Ansicht, daß ihre Probleme aufgrund ihrer eigenen Besonderheit einzigartig sind und daß sie nur von anderen besonderen Menschen verstanden werden können.“

„Häufig wechselt das übertriebene Selbstwertgefühl mit Empfindungen besonderer Wertlosigkeit.“ Das führt zu Ausrasten, wenn Kritik geübt wird oder auch schon, wenn eine Leistung nicht als optimal anerkannt wird. Die Folge ist entweder ein Versinken in Wertlosigkeitsgefühlen oder ein aggressives Runterputzen des Kritisierenden.

Dazu kommt, daß in Beziehungen der Partner als Objekt „benutzt“ wird, um das eigene Selbstwertgefühl zu stärken. Dies kann - da oft unbewußt - zum Mißlingen geeigneter Partnerwahl (wegen völlig überzogener Ansprüche) beitragen, bzw. zu sehr schnellen Enttäuschungen, für die aber dem Partner die Schuld zugeschrieben wird.

Daß diese Eigenschaften in bestimmten Arten von Beziehungen geradezu gefährlich für den Partner werden können, dürfte so auf der Hand liegen. Übrigens können Partner, die sich in einer solchen Beziehung wohlfühlen und sich dem (meist dominiernden Verhalten) des anderen bewußt oder „darunter leidend“ unterordnen, ebenfalls narzißtisch gestörte Persönlichkeiten sein.

Das sagt übrigens nicht unbedingt etwas aus über Beziehungskontexte, in denen diese Eigenschaften per Verabredung inszeniert werden… und doch ist es für deren Verständnis wichtig.

An Literatur wären die Klassiker zu empfehlen:
Heinz Kohut: Narzißmus
Heinz Kohut: Die Heikung des Selbst
Alice Miller: Das Drama des begabten Kindes

Liebe Grüße und b.a.W.

Metapher

Salût Pendragon!

„…haben sie die zarteste Empfindlichkeit gegen jedes, was auch nur auf die entfernteste und indirekte Weise ihre kleinliche Eitelkeit verletzen oder irgendwie nachteilig auf ihr höchst pretioses Selbst reflektieren könnte.“ Arthur Schopenhauer

Das grob als Einleitung zu dieser Störung…

Die NP ist eine Störung der Beziehungsfähigkeit, die durch Selbstbezogenheit, eine hohe Empfindlichkeit gegenüber der Einschätzung durch andere und durch einen Mangel an Einfühlungsvermögen bestimmt ist.

Folgende diagnostischen Kriterien nach den DSM-IV machen eine solche Störung aus:

Ein durchgängiges Muster von Großartigkeit (in Phantasie oder Verhalten), ein Bedürfnis nach Bewunderung und ein Mangel an Einfühlungsvermögen; der Beginn liegt im frühen Erwachsenenalter, und die Srörung manifestiert sich in den verschiedenen Lebensbereichen; FÜNF oder MEHR der folgenden Kriterien müssen erfällt sein (um diese Störung diagnostizieren zu können):

  1. zeigt ein übertriebenes Selbstwertgefühl (übertreibt z.B. die eigenen Fähigkeiten und Talente und erwartet, selbst ohne besondere Leistung als „etwas Besonderes“ Beachtung zu finden);

  2. beschäftigt sich ständig mit Phantasien grenzenlosen Erfolges, Macht, Glanz, Schönheit oder idealer Liebe;

  3. ist der Ansicht, daß er oder sie besonders einzigartig ist und daß er oder sie nur von besonderen Menschen (mit höherem Status oder in besonderen Institutionen) verstanden werden oder nur mit sochen verkehren könne;

  4. verlangt ständig nach Bewunderung;

  5. legt ein Anspruchsdenken an den Tag, stellt bspw. Ansprüche an eine bevorzugte Behandlung oder unmittelbare Zustimmung zu den eigenen Erwartungen;

  6. nützt zwischenmenschliche Beziehungen aus, um mit Hilfe anderer die eigenen Ziele zu erreichen;

  7. zeigt ein Mangel an Einfühlungsvermögen: kann z.B. nicht erkennen und nachempfinden, wie andere fühlen und welche Bedürfnisse diese haben;

  8. ist häufig neidisch auf andere oder glaubt, daß andere auf sie oder ihn neidisch seien;

  9. zeigt ein arrogantes, überhebliches Verhalten oder hat entsprechende Einstellungen.

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Wichtig bei allen 12 Persönlichkeitsstörungen ist, daß das einleitende Muster und mind. 5 der genannten Items seit 6 Monaten überdauernd vorliegt und daß der Patient oder Mensch KEINE Krankheitseinsicht hat. Der Leidensdruck entsteht sekundär, nicht primär aus den 9 genannten Punkten (sekundär = Ablehnug und Unbeliebtheit, Erfolglosigkeit, Kündigung, soziale Probleme usw.)

Da meist kein Leidensdruck vorhanden ist, gehen diese Menschen auch nicht zum Arzt/Psychiater, um sich helfen zu lassen. Sondern erst viel später, wenn die sekundären Items einen Leidensdruck auslösen (können, aber nicht müssen!).

Differentialdiagnostisch muß eine depressive Verstimmung mit einer manischen oder hypomanischen Phase, sowie die Borderline Persönlichkeitsstörung, die dissoziale Persönlichkeit und die Histrionische Persönlichkeitsstörung ausgeschlossen werden (u.a.)

________________________________________________

Zu Deiner Frage, wie sich das in Beziehungen auswirken kann:

Trotz ihres Charmes, des möglicherweise vorteilhaften ersten Eindrucks und ihres Kreises angesehener Bekannschaften können diese Menschen nur selten stabile, langfristige Beziehungen aufrecht erhalten.

In ihrem anmaßendem Gehabe sind narzißtische Perönlichkeiten selten empfämglich für die Gefühle anderer. Sie zeigen im allgemeinen einen Mangel an Empathie, also Unfähigkeit oder Unwilligkeit, die Gedanken und Bedürfnisse anderer anzuerkennen und sich damit zu identifizieren. Viele nutzen andere für die Erreichung ihrer Ziele aus.

Auf Kritik oder Frustration können sie hinter der Fassade ihrer Grandiosität mit Wut, Scham und Demütigungen reagieren. In ihrer Überempfindlichkeit für die Bewertung durch andere können sie in wahre Rage geraten, wenn sie ein Verletzung des Selbstwertgefühls wahrnehmen.

Andererseits können manche Betroffene auch mit kalter Gleichgültigkeit reagieren und wieder andere werden extrem pessimistisch und überwältigt von dem Gefühl der Leere und Depression.

_______________________________

Menschen mit dieser Störung springen von allen Persönlichkeitsstörungen mit dieser am schwersten auf eine therapeutische Behandlung an. Sie versuchen oft, den Therapeuten so zu manipulieren, daß er ihre Grandiosität unterstützt und versuchen zum Ausdruck zu bringen, daß sie Anspruch auf eine besondere Behandlung haben.

Hoffe, es ist Dir nicht zu lang geworden…:smile:

Liebe Grüße und eine längere Nacht diesmal … wünscht Dir

Bettina

PS: Außer den Fachbüchern kenne ich leider keine weitere Literatur zu dem Thema.

addendum
vergaß die ISBN:

Heinz Kohut: Narzißmus
ISBN 351827757X Buch anschauen
Heinz Kohut: Die Heikung des Selbst
ISBN 3518279734 Buch anschauen
Alice Miller: Das Drama des begabten Kindes
ISBN 3518374508 Buch anschauen

Das klingt ja überhaupt nicht gut.

Weiß man, grob, wodurch diese narzistische Persönlichkeitsstörung ausgelöst wird ?

Beunruhigt, Ecke

Ätiologie der Störung
Guten Abend Ecke!

´Tschuldige, wenn erstmal ein *g* kommt…wieso „klingt das überhaupt nicht gut“…?

Also gut, hier eine grobe Ätiologie (Entstehungsmöglichkeit) der genannten Störung (aber nur in Stichworten angesichts der fortgeschrittenen Zeit, okay?):

Psychodynamische Theorie:

  1. Kalte und ablehnende Eltern gehen mit ihrem Kind lieblos um. Diese fühlen sich unbefriedigt, zurückgewiesen und wertlos, fangen an, der Welt zu mißtrauen. Einige Kinder wehren diese Gefühle ihr Leben lang ab, indem sie sich sagen, sie seien vollkommen und begehrenswert, und streben so immer nach Bewunderung anderer.

  2. Diese negative Behandlung störe einen wichtigen Bindungsprozeß zwischen Kind und Eltern und führt so zu einem verzerrten Selbstbild. D.h., daß Kind entwickelt ein grandioses Selbstbild, daß ihm hilft, Illusionen von Autarkie und Freiheit von Abhängigkeit aufrechtzuerhalten.

  3. Da seine Eltern es ignorieren und ablehnen, reagiert das Kind mit Wut. Das fehlende Einfühlungsvermögen und die ständigen Neidgefühle des Narzißten sollen auf unbewußter Wut auf alle, die potentielle Quellen von Befriedigung und Abhängigkeit basieren, gründen. (steht da so…)
    __________________________________
    Noch ein psychodyn. Ansatz:

  4. Ablehnende Eltern spiegeln ihre Kinder nicht das angeborene Gefühl von Energie und Einzigartigkeit. Dieses ist aber ein wichtiger Prozeß zur Entwicklung eines gesunden Selbstwertgefühls. Infolgedessen bleibt das „Größen-Selbst“ und das „realistische Selbst“, die normalerweise verschmelzen würden, das ganze Leben lang gespalten. Das Größen-Selbst, daß ein übergesteigertes Gefühl von Attraktivität und Macht erzeugt, wird dominant.

Die Forschung bestätigt diesen psychodynamischen Ansatz mit dem Befund, daß mißbrauchte Kinder, deren Mutter od. Vater gestorben sind od. sie zur Adoption frei gegeben haben, ein größeres Risiko für eine NP tragen.
_______________________________________________________

Behavioristischer (verhaltenstherapeutisch) und kognitiver Ansatz:

  1. Person wurde in den ersten Lebensjahren zu POSITIV statt zu negativ behandelt. Angeblich würde die NP entstehen, wenn Eltern ihr Kind bewundern, abgöttisch lieben, es vorziehen oder gar idealisieren. Es also immer wieder lehren, seinen Selbstwert überzubewerten.
    _______________________________________________________

Soziokultureller Ansatz:

  1. Periodische, gesellschaftliche Umbrüche in der Familienstruktur und in sozialen und politischen Idealen können Generationen von Jugendliche erzeugen, die sich durch Selbstzentriertheit, Unfähigkeit zu Befriedigungsaufschub, kurze Aufmerksamkeitsspanne und materialistische Einstellung auszeichnen.
    _______________________________________________________

Du siehst, man ist genau so schlau wie immer: Man weiß es nicht genau. Sicherlich ist es zu 50% so wie oben zu erklären. Die anderen 50% sitzen in dem Individuum selber. Entweder/und durch eine genetische Disposition (vererbt !!!) oder/und im geisteswissenschaftlichen Sinne mit dem „Karma“ (was bringt ein Mensch für seelische Stärken mit in dieses Leben), wie stark ist die eigene geistige Disposition bei der Geburt.

Nicht verzweifeln…es gibt ja Hilfe!

Liebe Grüße von

Bettina

Diesen Zusatz

Es ist nicht nur eine (ggf. als Mangel erlebte) Unfähigkeit,
sich in den anderen hineinzuversetzen, sondern eine regelrechte
Verweigerung.

((bzgl. Zitat aus DSM: „Mangel an Einfühlungsvermögen“))

finde ich enorm wichtig! Denn eine Empathie- Unfähigkeit gehört auch meiner Erfahrung nach keineswegs zur narzißtischen Persönlichkeit, schon eher in den Bereich Psychose. Das „nur“ oben würde ich daher lieber ganz weglassen.

Das kann in einer „Beziehung“ geradezu gefährlich werden…

Zumindest in Beziehungen, wo der Partner geradu penetrant darunter leidet, ohne Konsequenzen in seinem Verhalten. Daß bei dem dann (aber das deutest du ja irgendwo unten auch an) sicher auch ein Narzißmusproblem vorliegt, dürfte dann wahrscheinlich sein.

Das sagt übrigens nicht unbedingt etwas aus
über Beziehungskontexte, in denen diese Eigenschaften per
Verabredung inszeniert werden… und doch ist es für deren
Verständnis wichtig.

Gehe ich recht in der Annahme, daß du dich hier auf „D/s“-Beziehungen beziehst?
Da melde ich Bedenken an. Natürlich ist „D/s“ im Normalfall keineswegs pathologisch, sondern eine sinnvolle Erweiterung der Erotik. Ich bezweifle aber, daß Persönlichkeiten ohne jeden narzißtischen touch überhaupt über Vanilla hinausdenken, nicht einmal in der Phantasie. Schließlich reicht der Intensitätsgrad der narzißtischen Anteile vom Pathologischen bis in die stabile „gesunde“ Persönlichkeit hinein. Und gänzlich ohne narz. Anteile wäre jemand (sozial) wahrscheinlich eh gar nicht überlebensfähig.

Aber ich weiß, das ist „ein weites Feld“

Animaly

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Weitere Fragen
Erstmal danke an Metapher, Bettina und Animaly für ihre Erläuterungen. Aus dem Gelesenen ergeben sich für mich aber noch weitere Fragen, die glaub ich hier ganz gut hinpassen. Fühlt euch also bitte alle angesprochen :smile:

Es ist nicht nur eine (ggf. als Mangel erlebte) Unfähigkeit,
sich in den anderen hineinzuversetzen, sondern eine regelrechte
Verweigerung.

((bzgl. Zitat aus DSM: „Mangel an Einfühlungsvermögen“))

finde ich enorm wichtig! Denn eine Empathie- Unfähigkeit
gehört auch meiner Erfahrung nach keineswegs zur narzißtischen
Persönlichkeit, schon eher in den Bereich Psychose. Das „nur“
oben würde ich daher lieber ganz weglassen.

Heisst das also, jemand der unter einer narz. St. leidet weigert sich absichtlich, sich in einen anderen hineinzuversetzen ? Er könnte aber schon, wenn er wollte ? Und er ist sich dessen auch bewußt ? (und warum macht er das ?)

Das kann in einer „Beziehung“ geradezu gefährlich werden…

Zumindest in Beziehungen, wo der Partner geradu penetrant
darunter leidet, ohne Konsequenzen in seinem Verhalten. Daß
bei dem dann (aber das deutest du ja irgendwo unten auch an)
sicher auch ein Narzißmusproblem vorliegt, dürfte dann
wahrscheinlich sein.

Wie muss denn der Partner eines narz. gest. Menschen aussehen, also quasi das Pendant ? Gibt es dafür auch ein Bezeichnung für ein Krankheitsbild ? Wie passen den zwei narz. gest. Menschen zueinander ? Nach der Beschreibung von Bettina und Metapher würde ich eher denken, dass zwei solche Menschen nun gar nicht zusammen passen.

Das sagt übrigens nicht unbedingt etwas aus
über Beziehungskontexte, in denen diese Eigenschaften per
Verabredung inszeniert werden… und doch ist es für deren
Verständnis wichtig.

Gehe ich recht in der Annahme, daß du dich hier auf
„D/s“-Beziehungen beziehst?
Da melde ich Bedenken an. Natürlich ist „D/s“ im Normalfall
keineswegs pathologisch, sondern eine sinnvolle Erweiterung
der Erotik. Ich bezweifle aber, daß Persönlichkeiten
ohne jeden narzißtischen touch überhaupt über Vanilla
hinausdenken, nicht einmal in der Phantasie. Schließlich
reicht der Intensitätsgrad der narzißtischen Anteile vom
Pathologischen bis in die stabile „gesunde“ Persönlichkeit
hinein. Und gänzlich ohne narz. Anteile wäre jemand (sozial)
wahrscheinlich eh gar nicht überlebensfähig.

Und ab wann kippt das deiner Meinung nach ins pathologische ? Kannst man das an igendwelchen Kriterien festmachen ?

Gruss
Marion

Hi Marion

Heisst das also, jemand der unter einer narz. St. leidet
weigert sich absichtlich, sich in einen anderen
hineinzuversetzen ? Er könnte aber schon, wenn er wollte ? Und
er ist sich dessen auch bewußt ? (und warum macht er das ?)

Interessante Fragen, aber leider nicht easy zu beantworten. Denn die Diskussion um die genauere Bestimmung dieser Persönlichkeitsstruktur ist noch immer voll im Gang. Zunächst läßt sich sicher sagen, daß selten eine person, auf die diese Charakteristik zutrifft, darunter leidet: Selten sucht deshalb jmd psychoitherapeutische Beratung, eher schon wegen Folgerscheinungen z.B. Beziehungskonflikte. Aber auch das ist unwahrscheinlich, weil die Schuld für eine problematische Beziehung beim Partner liegt :smile:))

Zur Empathie: Manche Autoren vermuten, daß die n.P. eher situationsbedingt ist und weniger als generelle Persönlichkeitsstruktur aufgefaßt werden sollte. So kann es durchaus Situationen geben, in denen der „Narziß“ sogar hervorragende Empathiefähigkeit zeigt, falls es sich um vom ihm favorisierte Personen handelt. In anderen Situationen (wie das Beispiel mit der Einladung zeigt), wird überhaupt nicht in Erwägung gezogen, daß der andere eine Erlebniswelt haben könnte, die sich von der eigenen unterscheidet.

Ob das bewußt geschieht oder nicht, ist dabei ziemlich irrelevant: es fällt einfach durch das Sieb eines egomanischen Bewertungssystems.

Wie muss denn der Partner eines narz. gest. Menschen aussehen, also quasi das Pendant ?

z.B. wie der „Idiot“ bei Dostojewski
z.B. wie in dem Posting „femme fatale“ im L&L angedeutet
z.B. jemand, der darauf steht, seine(n) Partner(in) gnadenlos zu bewundern und zugleich unter seiner Egozentrik bis zum geht nicht mehr leidet (wie Animaly schreibt), ohne auf die Idee zu kommen, das Weite zu suchen.

Gibt es dafür auch ein Bezeichnung für ein Krankheitsbild ?

Meiner Meinung nach versteckt sich darin ebenfalls die n.P., wenn auch mit einer etwas komplizierteren Psychodynamik…
Es wird aber so meines Wissens bisher nicht beschrieben. Hier wird die eigene Grandiosität ersetzt bzw. realisiert durch die des verehrten Objektes… Aber das würde jetzt zu sehr in Fachsimpelei ausarten - am einfachsten ist es, das kommunikative Verhalten solcher Personen zu beschreiben.

Auch ein blind-fanatischer Verehrer eines Stars oder einer (politischen oder religiösen) Führerpersönlichkeit oder einer Ideologie läßt sich auch mit der Charakteristik der n.P. beschreiben

Aber n.P. ist keinesfalls Krankheitsbild! Es ist eine Persönlichkeitsstruktur. Fast alle Persönlichkeitsstörungen sind nicht eigentlich eine „Krankheit“, sie (zer)stören aber das Gelingen der personalen Interaktion mit anderen.

Wie passen den zwei narz. gest. Menschen zueinander ?

Ganz sicher wird es höllisch nach Schwefel riechen!
So, als Jeanne Moreau und Brigitte Bardot „Viva Maria“ drehten oder
Isabel Adjani und Sharon Stone „Diabolique“ :smile:)

Grüße

Metapher

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Da melde ich Bedenken an. Natürlich ist „D/s“ im Normalfall
keineswegs pathologisch, sondern eine sinnvolle Erweiterung
der Erotik. Ich bezweifle aber, daß Persönlichkeiten
ohne jeden narzißtischen touch überhaupt über Vanilla
hinausdenken, nicht einmal in der Phantasie. Schließlich
reicht der Intensitätsgrad der narzißtischen Anteile vom
Pathologischen bis in die stabile „gesunde“ Persönlichkeit
hinein. Und gänzlich ohne narz. Anteile wäre jemand (sozial)
wahrscheinlich eh gar nicht überlebensfähig.

Und ab wann kippt das deiner Meinung nach ins pathologische ?
Kannst man das an igendwelchen Kriterien festmachen ?

Es wurde ja schon gesagt, daß speziell die narzißtische Persönlichkeit therapeutisch gar nicht relevant ist. Soll heißen: Sie erlebt sich deswegen nicht therapiebedürftig. Diese „Störung“ zeigt sich nicht subjektiv, sondern als ein Mißlingen der zwischenmenschlichen Beziehungen.

Ein Indikator für eine PSt ist beispielsweise, wenn das Gespräch mit der Person irgendwie schwierig und kompliziert ist. Wenn sie sich nicht auf dein Thema einläßt (es interessiert sie nicht, weil nicht sie selbst es gewählt hat oder hat Assoziationen, die ihr nicht behagen, die sie aber auch nicht zur Sprache bringen will), wenn sie plötzlich und kontextlos ausrastet bei bestimmten Äußerungen, wenn sie sachliche Inhalte unverhofft auf sich persönlich bezieht, wenn sie ohne Konsens mit dir das Gespräch überhaupt beendet, wenn sie sich gelangweilt oder ungehalten zeigt, wenn du von dir selbst erzählen möchtest. Bei einer narzißtischen PSt wirst du auf jedenfall erleben, daß sie dir gnadenlos ihr eigenes Thema aufzwingt, und wenn du dich weigerst wird sie sich beleidigt, gekränkt, gedemütigt zeigen und dir mangelndes Interesse für sie vorwerfen.

Aber soetwas ist nicht schon eine Diagnose. Die PSt hängen alle irgenwie miteinander zusammen. Deshalb sind die Differenzierungen auch fast alle noch strittig. Die Verhaltensweisen oben etwa wirst du z.B. auch bei der Borderline-Persönlichkeit (auch eine PSt) finden.

Im Zusammenhang mit „D/s“ besteht die Gefahr, daß einer sich nicht an Verabredungen oder erklärte Tabus hält, daß er savewords nicht respektiert, daß er willkürlich, weil es ihm gerade paßt, aus dem Spiel aussteigt. Das meine ich dann mit „pathologisch“. Viele PSt sind generell, und die n.PSt speziell, rigoros egozentrisch, unkommunikativ und grenzüberschreitend. Das hängt auch mit der Genese zusammen, nach der unten gefragt wurde: Diese Person halt nicht gelernt, oder wurde daran gehindert es zu lernen, sich selbst passiv abzugrenzen und aktiv Grenzen des anderen zu respektieren.

Metapher hat ja geschrieben, daß PSt. sich nicht durchgängig zeigen, sondern „situativ“. Ich würde ergänzen, daß sie sich meist an Auslösern aktualisieren. Die Auslöser sind aber vom Partner meistens nicht überschaubar. Diese Eigenschaften sind daher in einer Beziehung oder Partnerschaft schwierig zu erkennen. Bei der Wahl eines D/s-Partners ist daher Vorsicht die Mutter der Porzellankiste, sozusagen :smile:

Animaly

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Frage

Was versteht man unter D/s

ecke

Was versteht man unter D/s

D/s = Dominance/submission oder Dominant/submissive
impliziert meistens auf SM = sado/maso
eine internationale Insider-Abk
bezieht sich allerdings ausschließlich auf den erotischen Kontext, nicht auf Eigenschaften/Verhaltensweisen im Alltagsleben.

Metapher

Hi Animaly

Diese „Störung“ zeigt sich nicht subjektiv, sondern als ein Mißlingen der zwischenmenschlichen Beziehungen.

Stimmt - man könnte sogar sagen, daß Persönlichkeitsstörungen überhaupt Störungen im Interaktionsverhalten sind. Daher wäre die Bezeichnung dieser ganzen Gruppe als „Störungen der Beziehungsfähigkeit“ oder „Störungen der personalen Interaktion“ IMHO viel zutreffender als „Persönlichkeitsstörungen“. Aber wenn man sie als Störungen der Persönlichkeits_entwicklung_ auffaßt, dann stimmt die Bezeichnung wieder.

Im Übrigen volle Zustimmung :smile:

Bei der Wahl eines D/s-Partners ist daher Vorsicht die Mutter der Porzellankiste, sozusagen :smile:

Porzellankiste - haha
Wenn man den Zusammenhang bedenkt - Könnte man ja glatt auf neue Ideen kommen *ggg*

Gruß

Metapher

Gibt es gute Literatur (links, Bücher etc.) die das so
erklärt, dass man das auch als Laie versteht

Hallo marion,
habe die vorigen antworten großteils gelesen und stimme da zu, kann vielleicht noch etwas ergänzen:
man sollte auch beachten, was eine persönlichkeitsstörung eigentlich ist -eine sehr ernste diagnose, das hat nichts mit wiederkehrenden verhaltensauffälligkeiten zu tun sondern ist als schwerwiegende beinträchtigung der persönlichkeit zu werten, die durchgehend von jugend an besteht.
narzissten gehören zu den schwierigsten patienten überhaupt, in meiner psychotherapeutischen praxis sehe ich sie selten, weil sie meist nur zu den berühmtesten experten gehen und alles durchschnittliche ablehnen.
es gibt ausgezeichnete literatur, hierzulande kaum bekannt und nicht auf deutsch erhältlich: von Jeffrey Young, verschiedene werke über „personality disorders“, alle in new york herausgekommen. ich kenne ihn persönlich von seminaren, er hat sich auf narzissmus spezialisiert und behandelt das mit besten erfolgen, ich habe zu diesem thema ein dickes skriptum von ihm in meiner praxis.
eine der gründe für den entwicklung dieser störung ist tiefe einsamkeit in der kindheit und jugend.
nachlesen bei young lohnt sich.
viele grüsse
margret

Ergänzungen/Bestätigungen
Hi Marion,

Ein Posting dieses Themas mit hallo Wissende zu beginnen, war schon recht interessant. Die Chance unter den Antwortenden Menschen mit eben dieser Thematik zu finden, erachte ich als besonders groß, mich natürlich eingeschlossen.

Ich bin ein bekennender und ausgewachsener Narzißt. Was bedeutet, daß ich mich als narzißtisch angehauchten( gestörten) Menschen erlebe.

Menschen, wie Jürgen Bartsch( Essener Kindermörder in den 60-zigern) werden als hochgradig gestörte Narzißten beschrieben.

Das Buch von Alice Miller möchte ich vorrangig Einsteigern in die Thematik empfehlen, da sehr leicht und einfühlsam beschrieben.

Sehr vereinfachend geschrieben und daher leicht verständlich ist das Buch von Fritz Riemann Grundformen der Angst. Er nennt die Narzißten - schizoide Persönlichkeiten. Der Pendant zum narzißten wäre laut Riemann die depressive Persönlichkeit oder wie bereits erwähnt ebenfalls ein Narzißt, der die depressiven Anteile lebt.

Für Leute die sich tiefer und komplexer in die Materie einlassen wollen, würde dich das Buch von Karin Asper mit dem Titel Verlassenheit und Selbstentfremdung empfehlen.

An einem Austausch über die Verbindung von Narzißmus und SM bin ich sehr interessiert und bitte die Leute, welche ebenfalls interesse haben sich bei mir zu melden.

MfG Harald

Bestätigungen

Ich bin ein bekennender und ausgewachsener Narzißt. Was
bedeutet, daß ich mich als narzißtisch angehauchten(
gestörten) Menschen erlebe.

Ich hab das Gefühl, daß bisher in diesem Thread noch kein Nicht-Narzißt gepostet hat :wink:

An einem Austausch über die Verbindung von Narzißmus und SM
bin ich sehr interessiert und bitte die Leute, welche
ebenfalls interesse haben sich bei mir zu melden.

Warum?
Laß uns doch hier darüber austauschen. Ich bin sicher, daß es auf viele viele offene und auch auf voyeuristische Ohren treffen wird.

Also raus mit den Fragen!

-)

Animaly

SM
Hi Animaly,

Ja dann, herzlich willkommen im Club! :wink:

Ich habe festgestellt, daß es im Netz eine Menge Seiten gibt, die sich mit SM beschäftigen. Es gibt Selbstdarstellungsseiten, Stammtische, die informieren, Vereine, Mailingslisten und Foren. Es wird gefragt, sich ausgetauscht, aber wenn nur ansatzweise die Rede auf Therapie, Ursachenforschung oder desgleichen kommt, wird dieses Thema einfach tot geschwiegen, der Fragesteller moralisch unter Druck gesetzt oder einfach mit dem Satz, der Genießer genießt und schweigt, abgespeist. Mir ist das häufiger passiert und auch anderen, wo ich die Postings verfolgt habe.

Meine These wäre folgende: Der dominante Part wird von einem narzißtisch geprägtenen Menschen wahrgenommen und der devote, sich unterwerfende Part von einem depressiven Menschen. Depressive Persönlichkeit meine ich im tiefenpsychologischen Sinne, also nicht als psychiatrische Diagnose.

Denkbar ist auch, daß narzißtische Menschen den devoten Part übernehmen um ihre depressiven Anteile zu leben.

MfG Harald

moin Margret,

es gibt ausgezeichnete literatur, hierzulande kaum bekannt und
nicht auf deutsch erhältlich: von Jeffrey Young, verschiedene
werke über „personality disorders“, alle in new york
herausgekommen.

Erstmal vielen Dank für den Tip mit Young. Ich hab jetzt hier zwei Werke von ihm auf dem Tisch liegen. Ist schon faszinierend, aber immer noch nicht ganz das, was ich gesucht hab. Kannst du eines seiner Bücher speziell empfehlen ?

Zieht er irgendwo eine Verbindung zwischen narz. Pers. und BDSM ?

Gruss
Marion

Moin Animaly,

Und ab wann kippt das deiner Meinung nach ins pathologische ?
Kannst man das an igendwelchen Kriterien festmachen ?

Es wurde ja schon gesagt, daß speziell die narzißtische
Persönlichkeit therapeutisch gar nicht relevant ist. Soll
heißen: Sie erlebt sich deswegen nicht
therapiebedürftig. Diese „Störung“ zeigt sich nicht subjektiv,
sondern als ein Mißlingen der zwischenmenschlichen
Beziehungen.

Nun ja, ich denke, dies Mißlingen zwischenmenschlicher Beziehungen sollte doch auch einem Menschen mit einer narzißtischen Persönlichkeit bewußtsein sein und zu Unzufriedenheit und evtl. Konsequenzen in seinem Handeln führen, oder nicht ?

Aber soetwas ist nicht schon eine Diagnose. Die PSt hängen
alle irgenwie miteinander zusammen. Deshalb sind die
Differenzierungen auch fast alle noch strittig. Die
Verhaltensweisen oben etwa wirst du z.B. auch bei der
Borderline-Persönlichkeit (auch eine PSt) finden.

Mir gehts auch gar nicht so sehr um eine konkrete Diagnose. Ich bin ja kein Psychologe und will auch niemanden therapieren. Mir geht es eher darum, wie ich zum einen als Otto Normalverbraucher mit solchen Leuten umgehen kann, wenn sie in meinem Freundeskreis (nicht in meiner Beziehung) sind, und zum anderen auch immer um Selbstreflektion. Gibt es grade was den Umgang angeht irgendwelche Tipps ?

Gruss
Marion

Moin Metapher,

auch dir nochmal vielen Dank.
Ich werde mich jetzt erstmal durch ein Hügelchen Literatur wühlen. Ich bin sicher, dabei werden wieder jede Menge neue Fragen auftauchen :smile:

Immerhin hab ich jetzt schomal einen Anfang und eine grobe Richtung.

Wie passen den zwei narz. gest. Menschen zueinander ?

Ganz sicher wird es höllisch nach Schwefel riechen!

uppps
*schnell die Streichhölzer verschwinden lass*

lieben Gruss
Marion