Hallo alle,
weiter unten im Thread „Wohl in brauner Kutte zur Heiligsprechung…“ war die Frage nach der Definition des Begriffs „heilig" aufgetaucht - hier kommt meine Antwort. Was meint Ihr dazu?
Hallo Alexander
die Definition ist doch eigentlich trivial:
Ein Mensch der im ursprünglich christlichen Sinne Mensch ist
und den typisch menschlichen Versuchungen dennoch widerstanden
hatViele Grüße
Peter
Hallo Peter,
dies mag vielleicht die Definition der katholischen Kirche sein, aber nach der Bibel ist die Definition des Begriffs „heilig“ nicht ganz so trivial. In der Bibel werden hauptsächlich 3 Aspekte der Heiligkeit genannt: Die Heiligkeit Gottes, Israel als heiliges Volk und Heiligkeit in Neuen Testament. Aus Platzgründen will ich nur mal was zu den letzten beiden Punkten sagen:
Israel als Heiliges Volk:
Gott hat sich Israel als heiliges Volk erwählt (sie hatten also keinerlei Verdienste vorzuweisen!). Israel soll dieser Berufung würdig leben, mit Gott eng verbunden sein, rituelle Reinheit praktizieren (Waschungen), aber auch sittliche Reinheit (Gesetz). Gott stellt sich sein Volk als Priester vor; nicht nur die Berufspriester sollen sich um Einhaltung des Gesetzes, des Opfers, der Speise- und Reinigungsvorschriften kümmern, sondern das ganze Volk ist dazu berufen. Durch Gottes Gegenwart konnten auch bestimmte Orte (Berge, Tempel usw.) und Zeiten (Sabbat, Feste usw.) heilig sein. Die Anbetung der Heiligkeit Gottes war eine weitere Aufgabe. Man sieht also, dass ZUERST die Berufung durch Gott stattfand und erst dann die praktischen Vorschriften kamen. Israel hat sich nicht aus irgendwelchen „sittlichen“ Vorstellungen heraus von sich aus für Gott entschieden!
Heiligkeit im Neuen Testament:
Schon zu Beginn des Neuen Testaments wird von der Anbetung der Heiligkeit Gottes berichtet (Engel in Bethlehem). Ganz besonders wird nun Jesus als der „Heilige Gottes“ bezeichnet. Er hat die priesterliche Aufgabe übernommen, zwischen der Heiligkeit Gottes und den „unheiligen“ Menschen aller Völker zu vermitteln. Dafür hat er sich selbst als heiliges Opfer dargebracht (Tod am Kreuz). Durch diesen Opfertod werden alle Menschen, die dieses Opfer für sich in Anspruch nehmen (Bekehrung und Taufe), geheiligt, das heißt, dass sie ab sofort mit Gott eins sind. Auch hier hat also Heiligkeit überhaupt nichts mit eigener Anstrengung oder eigenem Willen zu tun, sondern Gott selbst hat die Initiative ergriffen. Erst unter diesen Vorzeichen (Beziehung zu Gott) soll ein heiliger und reiner Lebenswandel stattfinden.
Jetzt kann man natürlich die Frage stellen, auf welches Kriterium die katholische Kirche mit ihren Heiligsprechungen mehr Wert legt: Auf die vorhandene Beziehung zu Gott oder auf den Lebenswandel? Da man bei einem verstorbenen Menschen nicht mehr nach seinem Verhältnis zu Gott fragen kann, wird hier wohl nur der Lebenswandel als Kriterium herangezogen – ganz im Gegensatz zur Bibel, wo automatisch alle als „heilig“ bezeichnet werden, die eine persönliche Beziehung zu Gott haben. Eine „Heiligsprechung“ durch Menschen (und der Papst ist ein Mensch) ist nach biblischer Sicht also völlig unnötig.
Herzliche Grüße
Alex