Femegericht

hallo geschichtsinteressierte,

im „götz von berlichingen“ wird ein femegericht erwähnt.
wie weit läßt sich das femegericht historisch zurück verfolgen.
gibt es historisch relevante fälle.
aus welcher zeit stammt der letzte bekannte fall.
gab es feste regeln für ein femegericht?

für eure mühe bedanke ich mich sehr
gespannt wartend
felicitas

Hallo Felicitas,

gibt es historisch relevante fälle.

ob relevant oder nicht, weiß ich nicht. Zum Studium der immer noch ständigen Übung schau mal ins Brett „Religion und Ethik“, Thread „Zeugen Jehovas“…

Mit Grausen grüßt

MM

lieber martin,

hab mir das grade mal reingezogen.
„seufz“
ohne jemand zu nahe treten zu wollen, …die aussagen der zj über
gott, menschen und weltreligionen verursachen mir genauso viel unbehagen, wie die aussagen der großkirchen zu gott, menschen und sekten.
kenne auf beiden seiten fragwürdige und liebenswerte zeitgenossen.
lehne vor allem die bevormundung der menschen durch jedwede geistigen führer ab.
niemand sollte seinen verstand an der kirchentür abgeben.
der christ ist in erster linie seinem gewissen verantwortlich.
diese verantwortung darf er sich von keinen „don’ts und dos“ irgendeiner amtskirche abnehmen lassen.

aber eigentlich habe ich mit meiner frage etwas anderes erfahren wollen.
zumindest glaube ich, daß der begriff femegericht anders einzuordnen ist. er steht ja auch in zusammenhang mit den urteilen und deren vollstreckung…den fememorden.

für deinen hinweis bedanke ich mich ganz herzlich, und ich hoffe auch verstanden zu haben, was du andeuten wolltest und werde wohl noch ne ganze weile im kopf damit beschäftigt sein.

liebe grüße
felicitas

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Hallo,
hier ist was dazu:
http://www.netz-glossar.de/glossar/feme.html
Gruss
Rainer

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Hallo,
hier ist was dazu:
http://www.netz-glossar.de/glossar/feme.html
Gruss
Rainer

vielen dank,
leider hats nicht geklappt, versuche es gleich noch mal…
was meinte „guru google“ denn?

neugierigst
felicitas

Hallo, Die von Ihnen gesuchte Seite wurde auf unserem Server leider nicht gefunden!

Sollten Sie einem Link (z.B. von Google) gefolgt sein, ist die Ursache vermutlich, dass die letzte Restru…

Hallo !

Hier etwas aus dem Brockhaus von 1838 :

Femgerichte, auch Freigerichte oder Freiding, waren Gerichtshöfe eigentümlicher Art, welche sich im Mittelalter allmälig in ganz Deutschland einen bedeutenden Teil der richterlichen Gewalt, namentlich der Strafrechtspflege , angemaßt hatten.
Über die Entstehung und Verfassung ist von Historikern und Rechtsgelehrten viel gestritten worden.

Nach Auflösung der altdeutschen Gauverfassung, wodurch Deutschland ein gemeinsames Oberhaupt und eine Anzahl mehr oder weniger selbständiger Fürsten erhielt, ging auch die richterliche Gewalt an die Landesherren über.
Nur in Westfalen, dem alten Herzogtum Sachsen, hatten sich bei der allgemeinen Verwirrung, welche namentlich nach dem Sturz Heinrichs des Löwen (1179) herrschte, viele freie Gemeinden so unabhängig zu erhalten gewußt, dass sie die obere Gerichtsbarkeit (die niedere wurde auch hier von landesherrlichen Beamten ausgeübt) nicht durch die vom Landesherrn bestellten Beamten (die Gografen), sondern durch selbstgewählte höhere Richter (die so genannten Freigrafen) ganz nach alter Sitte ausüben ließen. Nur insofern waren sie oft vom Landesherrn abhängig, als dieser das Bestätigungsrecht oder die so genannte Stuhlherrschaft über sie hatte… Der Erzbischof von Köln suchte im 13. Jahrhundert über sämtliche Freigerichte in ganz Engern und Westfalen eine solche Stuhlherrschaft zu erlangen und der Kaiser, welcher immer als oberster so genannter Stuhlherr betrachtet wurde, gestand ihm auch so viel zu, dass kein Freigraf in diesem Distrikt seine richterliche Gewalt ausüben dürfe, wenn er nicht zuvor vom Erzbischof von Köln geprüft und bestätigt worden sei und dass kein Freigericht ohne seine Einwilligung angelegt werden solle.
Dieses oberste Aufsichtsrecht machte es den Erzbischöfen möglich, in die innere Verfassung der Freigerichte manches hineinzubringen, was ihnen ursprünglich fremd gewesen war, und dadurch scheinen sie im 13. Jahrh. zu so genannten Stillgerichten (heimlichen Gerichten) geworden zu sein, während sie früher, wie das altdeutsche gerichtliche Verfahren überhaupt, öffentlich waren.
Seit dieser Zeit finden wir auch den Ausdruck Fem- oder Vehmgericht häufiger gebraucht, welcher indeß nichts anderes bedeutet als oberes (Fahm heißt das Oberste) oder Blutgericht, was gleichbedeutend ist.
Doch war das Verfahren bei diesen gerichten immer nur teilweise heimlich, nämlich dann, wenn es sich um todeswürdige Verbrechen handelte. Aber auch hierbei wurde immer noch unterschieden, ob der Verbrecher zu den Wissenden (sciti, Femgenossen vemenoti), d.i. Schöffen, welche in das geheime Verfahren eingeweiht waren, deren Anzahl sich mit der Zeit sehr vergrößerte, gehörte oder nicht.
Gegen Nichtwissende konnte ein heimliches Verfahren nur dann stattfinden, wenn sie auf gehörige Anklage, die in einem heimlichen Gericht geschehen zu sein scheint, vor ein offenes Freigericht ge laden worden waren und in dem gesetzlichen Termin von sechs Wochen und drei Tagen nicht erschienen oder die Klage zu entkräften nicht im Stande gewesen waren oder die Sache von ihrem ordentlichen Gericht nicht abgefordert war. Dann wurde das heimliche Verfahren eingeleitet, der Kläger führte den Beweis der Klage mit sechs Eideshelfern, d.h. er beschwor mit noch sechs anderen Männern, welche aber alle Freischöffen oder Wissende sein mußten, dass seine Anklage in der Wahrheit beruhe und der Beklagte wurde in die heimliche Acht verurteilt (verfemt, verführt). Das Urteil wurde durch die Freischöffen selbst vollzogen, wobei jeder Freischöffe, der durch eidliche Versicherung andere Femgenossen von der Verfemung unterrichtet wurde, Hilfe zu leisten verpflichtet war.
Gegen Wissende war das ganze Verfahren heimlich. Sie konnten aber erst nach dreimaliger Vorladung, deren Termine jeder wenigstens sechs Wochen und drei Tage voneinander entfernt sein mußten, verfemt werden.
Erschienen sie aber, so konnten sie durch einen Eid ihre Unschuld beschwören. Diesen Eid konnte zwar der Ankläger durch einen Eid mit drei Eideshelfern entkräften, allein dann stand dem Angeklagten eine weitere Verteidigung mit sechs Eideshelfern und wenn auch diese mit 14 Personen widerlegt wurde, die Verteidigung mit 21 Eideshelfern zu, welches das höchste Zeugnis war und die Freisprechung ohne weiteres bewirkte.
Wurde der Verbrecher bei einem vor die Femgerichte gehörenden Verbrechen (Femwroge) auf frischer Tat (mit hebender Hand und gichtigem Mund) von drei oder vier Freischöffen ertappt, so konnten ihn diese sofort richten.
Jeder Freischöffe war verpflichtet in der heimlichen Acht alle ihm bekannt gewordenen Femwrogen anzuzeigen.
Vor dem Femgericht zu klagen war nur erlaubt, wenn vor dem ordentlichen Gericht des Klägers kein Recht zu erlangen war. Von der Gerichtsbarkeit der heimlichen Gerichte waren alle Geistlichen, reichsunmittelbare Personen, welche die vollständige Landeshoheit besassen und vielleicht auch Juden und Frauen frei.
Nur auf roter westfälischer Erde, konnten, vermöge der kaiserl. Privilegien, durch welche die Freigerichte begnadigt waren, Femgerichte gehalten werden. Doch dehnten sie ihre Macht über ganz Deutschland aus und mißbrauchten dieselbe häufig zu Verbrechen und Gewalttaten.
Daher kam es, dass beim Kaiser häufig Beschwerden über sie einliefen und Befreiung von ihrer Gerichtsbarkeit an ganze Städte und Bezirke erteilt wurde.
Ausdrücklich aufgehoben sind sie indess nie, sie kamen aber durch die im 16. Jahrh. gänzlich umgestaltete Kriminalgesetzgebung und nach dem Westfäl. Frieden außer Gebrauch.

Gruß Max

lieber max,

wow!!!

das ist ja wirklich superinformativ.
vielen herzlichen dank.
dieser beitrag ist so gut,
daß ich ihn zu meinen festen unterlagen packe…freu!

viele grüße
felicitas

Hallo, Felicitas,
versuch mal diesen Link: http://www.netz-glossar.de/glossar/feme.php
(reicht natürlich, weil reiner Lexikon-Eintrag, bei weitem nicht an Max’ Beitrag heran :smile:
Grüße
Eckard

hallo eckart,

dieser link hat grade funktioniert…freu!!!

doch, das lesen solcher links bringt trotz hervorragendem lexikonartickel eine menge.

der lexikon-eintrag wird dadurch von verschiedenen seiten aus beleuchtet und erweitert.
habe mindestens drei neue anhaltspunkte , die ich weiterverfolgen möchte, daraus gewonnen.

es gibt im alten rechtswesen viele dinge, die mich sehr interessieren.
das „den stab brechen“ oder „an den bettelstab bringen“ z. b.
aber vorerst möchte ich erst mal alles zur feme zusammentragen.

vielen dank für deine mühe
gruß
felicitas

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Hallo Diskutanten,

Brockhaus 1997 äußert sich im Detail geringfügig abweichend:

Femgerichte im 13. und Beginn 14. Jhdt bloß in Westfalen, Stuhlherr ist der Freigraf (also an Gebietsherrschaft gebunden und erst später als selbständiges Lehen „durchfeudalisiert“ - Anm. MM). Öffentliche Tagung = „echtes Ding“ für gewöhnliche Rechtssachen des eigenen Sprengels, Geheime Tagung = „gebotenes Ding“ für gebietsfremde Angelegenheiten und als Blutgericht. „Verfemung“ = Vogelfreiheit, i.d.R. mit Todesfolge, für Angeklagte, die der Ladung vor das F. nicht Folge leisten. Ab 14. Jhdt. Bedeutung auch für den Rest Deutschlands als „Berufungsinstanz“ für Fälle der Rechtsverweigerung und -verzögerung. Frankfurter Reichstagsabschied 1442 führt zu einer „gewissen reichsrechtlichen Anerkennung“ der F. Noch im 15. Jhdt. Einfluss der F. durch Abwehrbündnisse der Städte und Landesherrren gebrochen. Später „bedeutungslose Bauerngerichte“ (Anm. MM: als - für heutige Begriffe - Schöffengericht und somit „rechtsstaatliches“ Element Fremdkörper in der feudalen Verfassung). Ebenfalls Anm. MM: Wenn keine formale Aufhebung der F. belegt, wäre diese mit Reichsdeputationshauptschluß 1803 anzunehmen, weil damit die Reichsverfassung insgesamt formal aufgehoben).

Quellen lt. Brockhaus: USENER, Die frei- und heimlichen Gerichte Westfalens (1832); LINDNER, Die Veme (1896); SCHNETTLER, Die Veme (1933); SCHERER Die westfälischen Femegerichte und die Eidgenossenschaft (Aarau 1941).

Mir scheint aus dem von Max zitierten ausführlichen Brockhaus-Artikel und diesem Exzerpt aus einem neueren Brockhaus jedenfalls hervorzugehen, daß Fememorde des 20. Jhdts. (Erzberger, Rathenau durch Freicorpsoffiziere ermordet, Ku Klux Klan bis heute in dieser Materie aktiv) nicht mit der deutschen Femegerichtsbarkeit in Verbindung gebracht werden können, obwohl dieses von ihren Urhebern postuliert wird. Insbesondere scheint mir das vor-feudale Prinzip des öffentlich tagenden Schöffengerichtes (freilich nicht in allen Angelegenheiten) bemerkenswert als ein noch lange in die Fürstenwirtschaft hinen erhalten gebliebenes Element des früh- und hochmittelalterlichen Freibauerntums.

Schöne Grüße

MM

1 Like

lieber martin,

super, daß du auf die idee gekommen bist, das nochmal nachzuverfolgen.

gibt es eigentlich aus der älteren zeit bekannte fälle,oder schriftliche zeugnisse?

weiß jemand, ob es in anderen ländern vergleichbares gibt?

ich würde zu gerne mehr über dieses thema erfahren.

vielen dank für deine nachforschungen!

liebe grüße
felicitas