danke für die sehr ausführliche antwort. echt klasse!
Gerne!
ich hatte das buch von balzert auch schon in der hand, aber
irgendwie nicht gesehen, dass es da auch um projektmanagement
geht… jetzt muss er wohl doch den weg in meinen schrank
finden.
Mit Projektmanagement hat das Buch (zumindest der erste Band) nur zum Teil zu tun: Balzert geht es darum, den kompletten Softwareentwicklungsprozess von der Planung bis zur Wartung zu beschreiben und dem Entwickler die richtigen Methoden und Werkzeuge an die Hand zu geben… (wie beschreibe ich Funktionalität bzgl. Daten, Funktionen, Benutzerführung: Datenflussdiagramme, Zustandsdiagramme, objektorientierte Ansätze, …) Damit habe ich den Weg, wie ich ein Produkt (oder die fertige kundenspezifische Lösung) bekomme.
Projektmanagement geht noch weiter: Wie stelle ich das Produkt mit allen seinen Funktionen in der geforderten Qualität fertig, und halte dabei Kosten- und Terminrahmen ein. Hier geht’s also um Management: Wie zerlege ich das Projekt, so dass es möglichst effizient abgewickelt werden kann, wann brauche ich wieviele Mitarbeiter, wie stelle ich die Kommunikation zwischen den Mitarbeitern und zum Kunden sicher, wann brauche ich welche Ressourcen (Testsysteme, Netz, etc.), wie erkenne ich möglichst frühzeitig, wenn eines meiner Ziele gefährdet ist: Produkt wird nicht so, wie es sein sollte, der Terminrahmen wird überzogen, das Budget gesprengt. Was mache ich, wenn das Kind in den Brunnen zu fallen droht…
Bei kleinen Projekten ist ein professionelles Projektmanagement nicht notwendig: Bitte keinen unnützen Wasserkopf aufbauen (alle sind Manager, keiner macht die Arbeit…), man kriegt die meisten Sachen mit gesundem Menschenverstand und 'ner guten Portion Einsatz und Engagement gebacken.
aber nochmal zum lastenheft/pflichtenheft:
findest du es sinnvoll auch eine website wie ein
software-projekt zu planen? ich meine: im prinzip ist sie
nichts anderes als eine gui, oder?
Genau. Eine website IST ein Software-Projekt:
- Es ist Software
- nichts zum anfassen, als Ergebnis liegt Code vor
- Prototyp geht schnell, die website fertig zu machen kostet noch viel Arbeit, ohne dass der Kunde die Fortschritte deutlich sieht („aber das ging doch alles schon letzte Woche“, „im Prinzip ja, aber jetzt funktioniert’s sauber…“)
- gute Grundkonzeption ist extrem wichtig für das Gelingen
- der Kunde hat von der fachlichen Seite keine Ahnung… (bei der Autoinspektion kann ich mir wenigstens vorstellen, was die machen: Ölwechsel, Ventilspiel einstellen, ja das braucht alles seine Zeit…)
- es ist ein Projekt
- jeder Kunde will seine individuelle site mit individuellen Spezialwünschen
wir haben wir nämlich den fall, dass dem kunden immer mehr
einfällt, was er gerne hätte (das ist bei unseren
datenbank-kunden genauso). und wenn wir dann sagen, es
übersteigt das vereinbarte, wird er pampig. ich denke, um
solchen sachen vorzubeugen, ist es schon wichtig, auch ein
pflichtenheft zu machen.
Das kenne ich, passiert mir auch immer wieder! Klar, am Anfang sind Kunden wie Entwickler begeistert: „Geil, machen wir…“ Dem Entwickler fällt dann auf, dass manche Sachen doch komplizierter sind als gedacht, dem Kunden fällt auf, dass er noch was vergessen hat… Somit hat jeder bereits seinen „Kulanzrahmen“ ausgeschöpft, und dann gibt’s Gejammer…
Da hilft nur, die Funktionalität so genau wie möglich und sinnvoll bereits im Vorfeld zu definieren. Am besten am „lebenden Objekt“: Mit dem Kunden bereits implementierte Software-Lösungen oder websites durchgehen und durchsprechen, was er bekommt und WAS ER NICHT BEKOMMT (zumindest nicht für dieses Geld!)
Kaufen und Verkaufen ist aber immer Vertrauenssache, also auf ein gutes Verhältnis und eine gute Kommunikation hinarbeiten. Wenn man sich auf eine Sache geeinigt hat und auch jeder die Konsequenzen dieser Einigung versteht, dann mein Tipp: schriftliches Protokoll und zu den Projektakten. Was man schwarz auf weiß hat, kann man nicht „versehentlich“ vergessen. Auf der anderen Seite heißt das aber auch, dass es als Entwickler durchmogeln à la „dass ich ihm dieses eklige Spezialfeature versprochen habe hat der doch sicher schon vergessen…“ auch nicht mehr gibt - schade
Noch viel Spaß und Erfolg bei deinen Projekten!
Bernhard