Warum 'finsteres' Mittelalter

Hallo,
nachdem ich mich neben den Sagen nun auch mit der echten Geschichte beschäftige, frage ich mich, warum es als „finster“ bezeichnet wurde.
Gleichzeitig hat dieser damit bezeichnete lange Zeitabschnitt sehr unterschiedliche Entwicklungsstufen aufzuweisen, so dass er höchstens als waffentechnische Entwicklung zusammenzufassen wäre - und auch das nur oberflächlich.

Fragen also:

  • Wer hat wann den Begriff Mittelalter geprägt und warum?
  • Wer hat wann den Begriff „finster“ hinzugefügt und warum?
  • Warum konnte sich das „finster“ durchsetzen?

Naja, die letzte Frage ich wohl eher nur halb zu beantworten, aber ich bin trotzdem gespannt.

Viele Grüsse,

Michael

nur ein allgemeine Antwort
Hallo,

zu deinen Fragen weiß ich im Moment auch keine genaue Antwort, aber der Begriff des „finsteren“ Mittelalters ist - nach meiner Erinnerung aus dem Studium - erst im Zeitalter der „Aufklärung“ entstanden. Der englische Begriff „Enlightment“ macht das deutlich. Licht gegen Dunkel. Soweit mich die Erinnerung nicht trügt, ist dieser Gegenbegriff polemisch verwendet worden, um in der Aufklärung, also etwa um 1750, die beiden Pole der Reformation in Beziehung zueinander zu setzen, also Erasmus als Vertreter des alten und Luther als Vertreter des neuen Zeitalters. Ich habe im Moment keine Unterlagen greifbar, aber ich bleibe an der Frage dran.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hallo !

Mittelalter,
Abk. MA. (lat. medium aevum), der Zeitraum zw. Altertum und Neuzeit in der europ. Geschichte. Den Begriff Mittelalter prägten die Humanisten des 15./16.Jh. für die Zeit zw. dem Ende der Antike, der ihrer Ansicht nach eine Epoche des allg. Verfalls der lat. Sprache und Bildung folgte, und der Renaissance (Wiedergeburt antiker Gelehrsamkeit). Während die Aufklärung das »finstere Mittelalter« missachtete, verklärte die Romantik diese Epoche als Idealzeit der gläubigen, ritterl. Gemeinschaft des christl. Abendlandes. Trotz grundsätzl. Bedenken aus universalhistor. Sicht hat sich die Epochenbez. Mittelalter in der modernen Geschichtsschreibung behauptet. Als problematisch erweist sich sowohl die Abgrenzung des Mittelalters von Antike und Neuzeit als auch die Periodisierung innerhalb des Mittelalters Ein eindeutiger Beginn des Mittelalters lässt sich nicht festlegen, die Spanne entsprechender Datierungen reicht von der Krise des Röm. Reiches im 3.Jh. über den Untergang Westroms (476) bis zur Kaiserkrönung Karls d.Gr. (800). Als Übergang von der Antike zum Mittelalter gilt die Zeit der Völkerwanderung (4.6.Jh.), in der durch die Begegnung von Antike, Germanentum und Christentum wesentl. Grundlagen der frühmittelalterl. Gesellschaft entstanden. Als Zäsur wird auch das Vordringen des Islams in den Mittelmeerraum ab dem 7.Jh. angesehen. Im Ergebnis von Völkerwanderung und islam. Expansion bildete sich bis zur Mitte des 8.Jh. das Mächtesystem heraus, in dem Byzanz, das Reich der Kalifen und das aufstrebende Fränk. Reich die dominierenden Faktoren darstellten. Später hatten v.a. das Hl. Röm. Reich und (seit dem 13.Jh.) Frankreich eine Vormachtstellung im Abendland. Das Ende des Mittelalters wird v.a. mit dem Beginn des Zeitalters der großen Entdeckungen (1492 Landung von C.Kolumbus in Amerika) bzw. mit dem Einsetzen der Reformation (1517), auch mit der Entfaltung des Humanismus verbunden. Teilabschnitte des Mittelalters sind Frühmittelalter (5./6.Jh. bis etwa 10./11.Jh.), Hochmittelalter (11.Jh. bis etwa Mitte des 13.Jh.), Spätmittelalter (13.Jh. bis Ende 15.Jh./Anfang 16.Jh.). Im Verlauf des Mittelalters vollzog sich ein allmähl. Wandel von der naturalwirtsch. Adels- und Grundherrschaft des Frühmittelalters über die Blüte des Rittertums und Lehnswesens im Hochmittelalter (Zeitalter der Kreuzzüge) bis zum Aufstieg des Bürgertums, Städtewesens und der Geldwirtschaft im Spätmittelalter. Trotz der Kämpfe zw. Papsttum und Kaisertum und verschiedenen häretischen Bewegungen konnte die lat. Kirche die Glaubens- und Kultureinheit bewahren. Bei allen national unterschiedl. Ausprägungen zeigte das Mittelalter gemeinsame Grundzüge in der ständisch geordneten Gesellschaft, in der religiösen Geisteshaltung, Kunst, Literatur und Wissenschaft, die es zu einer eigenständigen Kulturepoche werden ließen.

Gruß Max

Hallo Michael
Ich habe im Studium mal gelernt, dass der Ausdruck vom „Finsteren Mittelalter“ mit der sehr schlechten Quellenlage für die Zeit von 500 - etwa 1000 zu tun hat. Wenige Leute konnten schreiben und lesen, entsprechend fehlen Aufzeichnungen und Inschriften. Die gesamte Infrastruktur war weniger entwickelt wie in der klassischen Antike.
Carsten

Hallo Michael

Meines Wissens war Goethe der Erste, der das Wort „Mittelalter“ für das „Mittlere Alter“ gebrauchte.

Die Humanisten waren die Ersten, die das MA mit allerhand verächtlich machenden Namen belegten, unter denen stand die Metapher der Finsternis an erster Stelle.
Die Reformation sah im MA ein Zeitalter der religiösen Verfinsterung. Für die Folgezeit war das MA auch noch das Zeitalter des kulturellen Verfalls.
Die Aufklärung bezog die „Verfinsterung“ auf die im MA gebräuchliche Staatsform. Stellung der Kirche!
Ein Historiker meinte 1784: Barbarei, elendes Staatsrecht, Aberglaube, Dummheit, Abgeschmacktheit und elende Sitten in dieser Zeit erlauben es, von der Finsternis der mittleren Zeiten zu reden.
Auch wegen der mageren Quellenlage wird das MA als „finster“ (=dunkel!) bezeichnet.

Für sprichwörtliche Redensarten: Lexikon der…ISBN 3-451-4400-5

Gruss + gute Woche
Mäni

Literaturhinweis
Leider habe ich es im Moment nicht zur Hand, aber ich meine in diesem Buch gibt es mehrere Artikel zur Geschichte der Mittelalterrezepzion und die verschiedenen Beurteilungen (u.a. eben auch das Finstere Mittelalter):

Die Deutschen und ihr Mittelalter. Themen und Funktionen moderner Geschichtsbilder vom Mittelalter, hg. v. Gerd Althoff, Darmstadt 1992.

Vielleicht hilft es Dir weiter