Do Re Mi Fa So usw. Wozu?

Hallo,

in manchen Teilen der Welt werden, obwohl das Notensystem mit Notennamen C, D, E, F, G usw. bekannt ist, die Notennamen Do, Re, Mi usw. verwendet. Warum eigentlich? Woher stammen diese Notennamen und wozu sind sie gut? Warum gibt es dann auch noch die anderen Notennamen?

Man hat mich manchmal ganz schön verwirrt mit Notenbezeichnungen wie „Re mayor“ (spanisch für Dis), denn das klingt nach einem Akkordnamen. Gibt es Bezeichnungen wie Cis, Es usw. eigentlich nur im Deutschen? Denn auch im Englischen ist ja ein Cis ein C major, oder?

Gruß
Uwe

Hallo Uwe,

der Ursprung von „do re mi fa sol la“ ist der Hymnus

„UT queant laxis
REsonare fibris
MIra gestorum
FAmuli tuorum
SOLve polluti
LAbii reatum“

in dem die jeweiligen Tonhöhen am Beginn der Zeilen sowohl in der Tonhöhe erklingen als auch als Silbe gesungen werden (später wurde dann das UT wegen der besseren Singbarkeit durch DO ersetzt).

in manchen Teilen der Welt werden, obwohl das Notensystem mit
Notennamen C, D, E, F, G usw. bekannt ist, die Notennamen Do,
Re, Mi usw. verwendet. Warum eigentlich?

Aus DO ist später C und aus RE D usw. geworden (1571 Zarlino), weil sich die Reihe sozusagen nach unten verschob. Das ist etwas schwierig zu erklären. Früher fing die Tonartenreihe mit A (äolischer Modus, heutiges Moll) an, später mit C (ionischer Modus, heutiges Dur), wohl in den Vorwehen des Stilwandels von der Polyphonie zur Monodie um 1600.

Woher stammen diese Notennamen und wozu sind sie gut?

Guido von Arezzo (gest. 1050) führte mit die „Guidonische Hand“ als Merkhilfe für die Tonhilfen ein (Hier: http://www.stoa.org/tinctoris/expositio_manus/em_tra… findest du eine Abbildung). Von ihm (oder von einem seiner Schüler) stammt auch die Melodie zum Vers „Ut queant laxis“. Der Vers selbst stammt meiner Erinnerung nach aus dem Lukasevangelium.

Warum gibt es dann auch noch die anderen Notennamen?

Naja, an manchen Stellen haben sie sich erhalten (z. B. Kirchenmusik, Italien, Musikunterricht), an anderen Stellen ist es einfacher, die Buchstaben zu verwenden (Harmonielehre).

Man hat mich manchmal ganz schön verwirrt mit
Notenbezeichnungen wie „Re mayor“ (spanisch für Dis), denn das
klingt nach einem Akkordnamen. Gibt es Bezeichnungen wie Cis,
Es usw. eigentlich nur im Deutschen? Denn auch im Englischen
ist ja ein Cis ein C major, oder?

C major ist ein C-Dur-Akkord mit großer Septime, also C E G H.
Cis heißt im Englischen C sharp, As beispielsweise A flat (franz. bémol, eial. bemolle).

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Ergänzungen und Nachfrage
Hallo Thomas, hallo Uwe,

ein paar kleine Ergänzungen zur Systematisierung und eine Nachfrage:

in manchen Teilen der Welt werden, obwohl das Notensystem mit
Notennamen C, D, E, F, G usw. bekannt ist, die Notennamen Do,
Re, Mi usw. verwendet. Warum eigentlich?

So formuliert, ist das eigentlich falsch.
Besser: in manchen Teilen der Welt lauten die Notennamen CDEFGAH (deutsch) bzw. CDEFGAB (englisch), in anderen Teilen der Welt heißen sie Do Re Mi Fa Sol La Si (italienisch) bzw. Ut Re Mi Fa Sol La Si (französisch).

Aus DO ist später C und aus RE D usw. geworden (1571 Zarlino),

Das ist der Punkt, der mich irritiert.
Meines Wissens ist das Buchstabensystem älter als das Do-Re-Mi-System. Ersteres gab es schon in der griechischen Antike. Auch in den alten Choralhandschriften sind zwischen die Neumen Buchstaben zur Kennzeichnung der absoluten Tonhöhe eingeschoben.
Wo siehst du in diesem Zusammenhang Zarlinos Beitrag?

Man hat mich manchmal ganz schön verwirrt mit
Notenbezeichnungen wie „Re mayor“ (spanisch für Dis), denn das
klingt nach einem Akkordnamen.

Re mayor ist im Spanischen „D-Dur“.
„Dis“ ist spanisch re sostenido, „Des“ ist re bemol.
„Cis-Dur“ z.B. ist demnach do sostenido mayor.

C major ist ein C-Dur-Akkord mit großer Septime, also C E G H.

Einspruch!
Englisch C major ist der einfache C-Dur-Akkord (major triad = Durakkord). major ohne Zusatz eines Intervalls bezieht sich immer auf die Terz. Entsprechend natürlich minor für die kleine Terz bzw. Moll.
Der große Septakkord heißt engl. _C major 7 _.

Schöne Grüße
Wolfgang

Ut queant laxis
Hallo Thomas,

der Ursprung von „do re mi fa sol la“ ist der Hymnus

„UT queant laxis
REsonare fibris
MIra gestorum
FAmuli tuorum
SOLve polluti
LAbii reatum“

Guido von Arezzo (gest. 1050) […]
Von ihm (oder von einem seiner
Schüler) stammt auch die Melodie zum Vers „Ut queant laxis“.
Der Vers selbst stammt meiner Erinnerung nach aus dem
Lukasevangelium.

Der Text stammt aus dem 8. Jh. und ist ein Hymnus an Johannes den Täufer.
http://en2.wikipedia.org/wiki/Ut_queant_laxis

Grüße
Wolfgang

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Hallo Wolfgang,

So formuliert, ist das eigentlich falsch.

nicht falsch, sondern unvollständig. :smile:

Aus DO ist später C und aus RE D usw. geworden (1571 Zarlino),

Das ist der Punkt, der mich irritiert.
Meines Wissens ist das Buchstabensystem älter als das
Do-Re-Mi-System. Ersteres gab es schon in der griechischen
Antike. Auch in den alten Choralhandschriften sind zwischen
die Neumen Buchstaben zur Kennzeichnung der absoluten Tonhöhe
eingeschoben.

Diese Zusammenhänge befinden sich meiner Kenntnis nach gerade in einem Forschungsprojekt zur gregorianischen Moduslehre revidiert. Nach meiner Erinnerung (ich suche das gerne einmal für dich heraus, wenn ich dazu komme und es finden kann, aber du kannst Hinweise auch im New Grove unter „Modi“ finden, glaube ich) hat es in den Jahren um das Jahr 1000 (?) eine Verwechslung der Modi gegeben, die zur Verschiebung geführt haben. Genaues weiß ich im Moment da nicht.

Wo siehst du in diesem Zusammenhang Zarlinos Beitrag?

Ich habe noch einmal nachgesehen, vielleicht ist es auch Vincenzo Galilei („Dialogo della musica antica e della moderna“, 1581) gewesen.
Zarlino ist der erste Theoretiker, bei dem die Reihe auf „C“ beginnt und nicht mehr auf A.

Englisch C major ist der einfache C-Dur-Akkord …

Stimmt, ich habe nicht genau gelesen.

Herzliche Grüße

Thomas

Hallo Thomas,

so langsam dämmert mir, worauf du hinauswillst. Aber dennoch …

Diese Zusammenhänge befinden sich meiner Kenntnis nach gerade
in einem Forschungsprojekt zur gregorianischen Moduslehre
revidiert.

Interessant. Hast du irgendwelche Hinweise dazu? Wo arbeitet man daran bzw. wer?

[…] hat es in den Jahren um das Jahr 1000 (?) eine
Verwechslung der Modi gegeben, die zur Verschiebung geführt
haben.

Ich weiß, auch wenn das wohl etwas früher war (9./10. Jh. lt. dtv-Atlas Musik, S. 189).

Meiner Ansicht nach dürfte das aber von der Nutzung der Buchstaben als Tonnamen unabhängig sein. Natürlich muss da irgendwann eine Übertragung vom griechischen ins lateinische Alphabet stattgefunden haben, was evtl. den Übertragungsfehler erklärt.

Aber dass das griechische Dorisch E-E zum mittelalterlichen Dorisch D-D wurde, ändert doch nichts daran, dass die Tonbezeichnungen C, D, E usw. selbst konstant blieben. Oder sehe ich das falsch?

Aber ich stöber mal im Groove, vielleicht kommt mir die Erleuchtung.

Ich habe noch einmal nachgesehen, vielleicht ist es auch
Vincenzo Galilei („Dialogo della musica antica e della
moderna“, 1581) gewesen.
Zarlino ist der erste Theoretiker, bei dem die Reihe auf „C“
beginnt und nicht mehr auf A.

Oder war es doch Glarean („Dodekachordon“, 1547)? Na, nicht so wichtig, um diese Zeit herum entwickelte sich jedenfalls die Dur-Moll-Tonalität, da haben einige Theoretiker dazu beigetragen.

Schöne Grüße
Wolfgang

Hallo Wolfgang,

Hast du irgendwelche Hinweise dazu? Wo arbeitet:man daran bzw. wer?

im New Grove sind m. E. Literaturhinweise etc. zu dieser Frage speziell vermerkt. Ich kann meine Unterlagen dazu im Moment nicht heraussuchen, weil sie in einem von vielen Papierstapeln irgendwo ungeordnet im Regal liegen, es würde Stunden dauern. Ich bin mit dieser Frage auch erst vor einigen Jahren in Kontakt gekommen, habe dann aber das Ganze nicht in extenso verfolgt.

Ich weiß, auch wenn das wohl etwas früher war (9./10. Jh. lt.
dtv-Atlas Musik, S. 189).

Ja, aber im dtv-Atlas ist das Problem nur erwähnt, es wird aber meiner Erinnerung nach in der Fachwelt noch erörtert. Im Moment bin ich da aber nicht ganz auf dem Laufenden.

Meiner Ansicht nach dürfte das aber von der Nutzung der
Buchstaben als Tonnamen unabhängig sein. Natürlich muss da
irgendwann eine Übertragung vom griechischen ins lateinische
Alphabet stattgefunden haben, was evtl. den Übertragungsfehler
erklärt.

Das ist schon gut möglich. Es war nur eine Vermutung.

Aber dass das griechische Dorisch E-E zum mittelalterlichen
Dorisch D-D wurde, ändert doch nichts daran, dass die
Tonbezeichnungen C, D, E usw. selbst konstant blieben. Oder
sehe ich das falsch?

Ich bin mir da nicht sicher.

Aber ich stöber mal im Groove, vielleicht kommt mir die
Erleuchtung.

Lass mich an deinem Ergebnis teilhaben! :smile:

Oder war es doch Glarean („Dodekachordon“, 1547)?

Nein, Glarean war es mit Sicherheit nicht, wie man hier:
http://www.music.indiana.edu/tml/16th/GLADOD1_01GF.gif
sehen kann.

Diese Seiten sind übrigens sehr (!) ergiebig. Es handelt sich um eine Sammlung musiktheoretischer Werke bis zum 17. Jahrhundert:
http://www.music.indiana.edu/tml/start.html (falls du das noch nicht kennen solltest, was ich mir nicht vorstellen kann). Glarean findet sich natürlich unter „16th century“.

Herzliche Grüße

Thomas

BTW: http://www.bautz.de/bbkl/g/glareanus.shtml - falls es dich interessiert.

Danke! (owT)
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