Hallo Rainer,
ich fürchte es wird Dir kein Trost sein, aber Deine Situation scheint mir ein Ergebnis eines Trends unserer Zeit zu sein mit immer weniger Leuten immer schnellere Ergebnisse in immer kürzerer Zeit liefern zu wollen. So als Ideen zur Lösung würde mir einfallen:
Kauf Dir ein einfaches liniertes oder kariertes Buch (gebunden, so dass Du keine Seiten rausreissen kannst) und dort schreibst Du ALLE anfallenden Aufgaben rein. Also sowas wie „Rückruf Herr Meier Tel 0123 456 789“ und „Bericht an Firma x fertig machen“, „Meeting mit y vorbereiten“, „Angebot Firma z einholen“ etc. Wichtig ist, dass das eher kleine Einheiten sind (keine Aufgabe sollte länger als 2 Stunden dauern, sonst aufteilen) und dass wirklich alles aufgeschrieben wird. Und wenn eine Aufgabe erledigt ist, hakst Du sie ab. Wenn eine Aufgabe auf jemanden wartet wird sie entsprechend markiert. Wenn eine Aufgabe äusserst dringend ist, wird sie rot markiert etc. Achja, Buch statt Zettel deswegen, weil das Buch auch beim nächsten Windstoss in Ordnung bleibt und weil es nur eines gibt (so ähnlich wie Highlander) und Du auch irgendwie alles dokumentiert hast. Und das Teil schleppst Du immer mit Dir rum, Aufgaben die sich in Meetings ergeben kommen da genauso rein wie Telefonprotokolle. Einzig das Laborbuch würde ich davon trennen.
So, als nächstes ist es ungeheuer hilfreich, wenn Du immer nur eine Sache gleichzeitig machst. Das geht natürlich nicht immer, aber oft. Sprich, wenn Du ein Mail beantwortest und zwischendurch fällt Dir ein, dass noch x zu erledigen ist und Kollege y bittet Dich „mal kurz zu schauen, ob…“ bleibst Du wenn möglich trotzdem beim Mail, notierst Dir aber Aufgabe x und die Bitte von Kollegen y in Dein schlaues Buch. Und wenn das notieren fast länger dauert als das Erledigen, mach’s trotzdem
Denn nur so kannst Du mit Deinem Kopf bei dem Mail bleiben und das dann getrost als erledigt betrachten.
Klar, man kann schlecht ausschliesslich auf einen Rückruf warten, aber sicherlich findest Du in Deinem schlauen Buch entweder eine sehr kurze Aufgabe oder was, was man unkritisch unterbrechen kann, wenn das Telefon klingelt (vielleicht Schrottmails löschen oder so)
Sodele, oftmals hilft es auch, wenn Du mit Deinem Chef darüber redest, allerdings kommt es - gerade wenn Euer Verhältnis nicht das beste ist - schwer drauf an, dass Du den richtigen Moment und die richtigen Worte findest. Klug wäre es auch, wenn Du Lösungsideen hättest. Nun weiss ich ja nix über Deinen Job, aber vielleicht gibt es Teilbereiche, die man an einen Praktikanten/Diplomanden abgeben kann? Irgendwas was die Teamsekretärin Dir abnehmen kann? Notfalls hilft auch immer eine Prioritätenliste, die mit Cheffe abgestimmt ist.
Zum Abschalten „zwischendurch“ und nach Feierabend hast Du ja schon ein paar sehr schlaue Tips bekommen. Da musst Du halt rausfinden, was für Dich das geeignete ist, ob Du Dich eher auspowern musst, ob Rennen in frischer Luft hilft oder ob Dir eine Entspannungsgymnastik den notwendigen Abstand verschafft.
Alle anderen Alternativen (Medikamente, Kur etc.) halte ich eigentlich nur für „erste Hilfe“, die nichts an der Ursache ändert. Auch das mit Jobwechsel scheint mir - wenn Deine ViKa stimmt - tendenziell eher vom Regen in die Traufe zu führen als wirklich zu helfen. Klar, bevor Du jetzt und hier und auf der Stelle zusammenklappst ist es sicher besser, wenn Du Dir mal 2 Wochen Auszeit nimmst, aber damit packst Du das Übel halt nicht an der Wurzel und alles kann nach einigen Wochen wieder genauso elend sein.
Eventuell wäre es noch eine Möglichkeit, äusserst antizyklisch zu arbeiten. Sprich, dass Du zu Zeiten da bist, wo sonst kaum jemand da ist. Das hat dann den Vorteil, dass Du während dieser Zeit wirklich in Ruhe arbeiten kannst und mit dem Kopf bei der aktuellen Aufgabe bleiben kannst. So wäre es vielleicht möglich, dass Du extrem früh anfängst oder eben sehr spät abends arbeitest. Oder auch „Samstag statt Montag“ oder sowas. Wichtig halt, dass es zu Deinem Biorythmus passt 
Vielleicht wäre auch eine Reduzierung Deiner Arbeitszeit möglich? Klar, die Arbeit wird nicht weniger wenn Du nur 80% arbeitest, aber Du hast als „Anker“ einen freien Tag in der Woche.
Wie gesagt, alles nur so Ideen, was für Dich passend ist, musst Du selber rausfinden.
Viel Erfolg und halt die Ohren steif!
*wink*
Petzi