Anwalt verklagt Wirt - eure Meinung

Hallo allerseits,

ich bin auf diesen Artikel ( http://www.sueddeutsche.de/muenchen/774/499057/text/ ) gestoßen, ein Münchner Anwalt verklagt einen Wirt auf Schadensersatz und Unterlassen, weil dieser nach Angaben des Anwalts vom Türsteher mit dem Hinweis, er „müsse darauf achten, dass nicht so viele Männer rein kommen“ am Eingang abgewiesen wurde und beruft sich auf das AGG.

Ich persönlich fände dies, sollte der Anwalt Recht bekommen, einen doch sehr starken Eingriff in die Selbstbestimmung des Einzelnen, der Wirt sollte, abgesehen vom Minderjährigenschutz und ähnlichem frei darüber entscheiden, ob und mit wem er einen Vertrag schließt. Bei Arbeitsverhältnissen finde ich diese Einschränkung der Privatautonomie gerechtfertigt, aber auch bei einem Lokalbesuch? Was könnte man parallel dazu dann ebenfalls torpedieren? Den Frauentag in der Sauna?

Nun interessiert mich eure Meinung dazu!

Hallo!

Was könnte man parallel dazu dann
ebenfalls torpedieren? Den Frauentag in der Sauna?

Wenn Du den Text in der SZ gelesen hast, dann hast Du dort ja auch gelesen, daß es eine sogenannte zulässige Ungleichbehandlung gibt, festgeschrieben in § 20 AGG:

http://bundesrecht.juris.de/agg/__20.html

Der Frauentag in der Sauna dürfte nach Absatz 1, Pumnkt 2 unstrittig zulässig sein. Die juristische Streitfrage ist also lediglich, ob der Kneipenwirt in diesem Fall ein Recht auf Ungleichbehandlung nach § 20 AGG geltend machen kann oder nicht.

Gruß,
Max

Wenn Du den Text in der SZ gelesen hast, dann hast Du dort ja
auch gelesen, daß es eine sogenannte zulässige
Ungleichbehandlung gibt, festgeschrieben in § 20 AGG:

Der Frauentag in der Sauna dürfte nach Absatz 1, Pumnkt 2
unstrittig zulässig sein.

Hallo,

das habe ich schon gelesen, meine Frage zielte eher darauf ab, dass es meistens nur einen Frauentag, jedoch keinen Männertag gibt. Über § 20 I Nr. 1 Alt. 1 AGG ließe sich doch genauso ein Männertag rechtfertigen, daher müsste es doch, um die Gleichbehandlung zu gewähren, entweder beide oder keinen geschlechtsspezifischen Tag geben?!

Ich könnte mir vorstellen, die Einrichtung lediglich eines Frauentags eventuell über § 20 I Nr. 4 AGG mit der möglichen Diskriminierung von muslimischen Mitbürgerinnen, denen dadurch der Zugang unmöglich gemacht würde, zu rechtfertigen.

Grüße

Über § 20 I Nr. 1 Alt. 1 AGG ließe sich doch genauso ein
Männertag rechtfertigen

Ja.

daher müsste es doch, um die
Gleichbehandlung zu gewähren

Der Paragraf ist überschrieben „Zulässige unterschiedliche Behandlung“. Das heißt, eine unterschiedliche Behandlung ist unter bestimmten Umständen zulässig. Das heißt, ich muß keine Gleichbehandlung gewährleisten. Das heißt, es gibt keinerlei Verpflichtung, einen Männertag einzuführen.

Ich könnte mir vorstellen, die Einrichtung lediglich eines
Frauentags eventuell über § 20 I Nr. 4 AGG mit der möglichen
Diskriminierung von muslimischen Mitbürgerinnen, denen dadurch
der Zugang unmöglich gemacht würde, zu rechtfertigen.

So wie ich den Paragraphen verstehe, geht es darin um Religionsgemeinschaften und Einrichtungen von Religionsgemeinschaften - kurz gesagt: Man darf Andersgläubige des Bethauses verweisen. Oder täusche ich mich da? Wie willst Du damit einen Frauentag in der Sauna rechtfertigen?

Man kann es drehen und wenden: Viele der angeblichen kuriosen Folgen, die das AGG haben soll, lösen sich bei näherer Betrachtung in Luft auf. Ob der Münchner Anwalt Recht bekommt, hängt jetzt wohl davon ab, ob die Richter einen sachlichen Grund nach 20 AGG gegeben sehen oder nicht. Vorhersagen kann man das nicht, denn der Paragraph stützt sich doch auf sehr unbestimmte Merkmale, die der Auslegung bedürfen. Ich würde als Laie eher gegen den Anwalt entscheiden, aber habe das mir auch nicht bis in die letzte Konsequenz durchdacht.

Gruß,
Max

So wie ich den Paragraphen verstehe, geht es darin um
Religionsgemeinschaften und Einrichtungen von
Religionsgemeinschaften - kurz gesagt: Man darf Andersgläubige
des Bethauses verweisen. Oder täusche ich mich da? Wie willst
Du damit einen Frauentag in der Sauna rechtfertigen?

Ich würde diesen Titel auch so verstehen, dass dadurch eine Ungleichbehandlung zur freien Ausübung der Religion gerechtfertigt ist.

„an die Religion eines Menschen anknüpft und im Hinblick auf die Ausübung der Religionsfreiheit […] unter Beachtung des jeweiligen Selbstverständnisses gerechtfertigt ist.“

Eine Frau, die aufgrund Ihrer Religion sich nicht unbekleidet anderen Männern zeigen möchte, müsste sich durch eine durchgehend gemischte Sauna zwischen dem Saunabesuch und der korrekten Ausübung Ihrer Religion entscheiden, würde daher wegen Ihrer Religion vom Saunabesuch ausgeschlossen?!

Ich wollte hier auch nicht unbedingt eine Diskussion zum Thema Frauentag in der Sauna vom Zaun brechen, sondern eher darüber wie weit man mit der Gleichberechtigung etwa die Privatautonomie oder die Berufsfreiheit, alles durch die Verfassung geschützte Grundrechte, einschränken darf. bzw. soll…

Grüße

Hallo!

Eine Frau, die aufgrund Ihrer Religion sich nicht unbekleidet
anderen Männern zeigen möchte, müsste sich durch eine
durchgehend gemischte Sauna zwischen dem Saunabesuch und der
korrekten Ausübung Ihrer Religion entscheiden, würde daher
wegen Ihrer Religion vom Saunabesuch ausgeschlossen?!

Nein, bestenfalls schließt sich selbst aus - nicht der Saunabesitzer verbietet es ihr, sondern ihre Entscheidung, sich an die Regeln ihrer Religion zu halten. Daraus einen Verstoß gegen das AGG zu machen, ist mE an den Haaren herbeigezogen.

Ich wollte hier auch nicht unbedingt eine Diskussion zum Thema
Frauentag in der Sauna vom Zaun brechen, sondern eher darüber
wie weit man mit der Gleichberechtigung etwa die
Privatautonomie oder die Berufsfreiheit, alles durch die
Verfassung geschützte Grundrechte, einschränken darf. bzw.
soll …

Wie ich schon sagte: Die meisten angeblichen Konsequenzen des AGG lösen sich in Luft auf. Das AGG schränkt mE weitaus weniger ein als allgemein angenommen.

Ich finde es halt merkwürdig, über Einschränkungen durch das AGG zu diskutieren mit Beispielen, wo das AGG nichts einschränkt oder regelt.

Lg,
M.

Ach, die Demokratie hier :smile:
Es vergeht doch kein Tag an dem die Poltiker diese nicht mit neuen Gesetzen beschneiden. Jeder Bereich wird reguliert.
Der Wirt darf ja auch nicht entscheiden, ob in seinem eigenen Haus geraucht werden darf oder nicht.
…man darf gespannt sein was noch alles kommt.
Just my 2 cents

elmore

Mahlzeit,

nach meiner Laienmeinung: keine Chance für den Winkeladv…ähm…Anwalt (nicht zufällig Sy*****s oder v*n Gra*******h?).

IMO dürfte §20 AGG hier den §19 überwiegen, wenn der Argumentation des Wirtes gefolgt wird (momentaner Männeranteil unter den Gästen) - allein um das Lokal und die bereits vorhandenen Gäste zu schützen.

Blöd war’s vom Türsteher natürlich - hätte er das mit den Männern nicht erwähnt sondern nur etwas gesagt wie: „Sie kommen jetzt hier nicht rein, kommen Sie später wieder.“ wäre die Sache gegessen gewesen - der Türsteher hätte das Hausrecht des Wirtes ausgeführt und kann sich somit frei aussuchen, wen er einläßt und wen nicht.

Gruß
Christian (IANAL)