Bewertung Arbeitszeugnis

Hallo ihr Lieben!

Ich bin Steuerfachangestellte und war nun fast sieben Jahre bei einem Arbeitgeber beschäftigt. Nun zieht es mich aufgrund beruflicher Weiterentwicklung woanders hin und ich habe gekündigt. Ich habe natürlich auch ein Arbeitszeugnis bekommen, wobei ich euch herzlichst bitten möchte, einmal drüber zu sehen und mir zu sagen, welche Bewertung mein Arbeitgeber mir gegeben hat, damit ich beurteilen kann, ob diese Bewertung der Wahrheit entspricht.

Folgendes Arbeitszeugnis habe ich erhalten:

>> Frau (…), geboren am (…) in (…), war vom 01.08.2006 bis 31.05.2013 in meiner Steuerkanzlei in (…) als Steuerfachangestellte tätig.

Das Aufgabengebiet von Frau (…) umfasste folgende Tätigkeiten:

  • das Erstellen von handels- und steuerrechtlichen Jahresabschlüssen und Gewinnermittlungen nach §4 III EStG für Unternehmen jeder Rechtsform.
  • die Erstellung von betrieblichen und privaten Steuererklärungen.
  • die Erledigung von Finanzbuchhaltungen sowie
  • die Korrespondenz mit den Finanzämtern und Mandanten.

Frau (…) verfügt über gute Fachkenntnisse und erledigte ihre Aufgaben selbständig, sorgfältig und gewissenhaft. Sie war auch starkem Arbeitsanfall jederzeit gewachsen. Sie überzeugte durch ihre sehr hohe Zuverlässigkeit, ihren Fleiß und Ehrgeiz. Frau (…) hat die ihr zugeteilten Aufgaben stets zur vollen Zufriedenheit erledigt.

Das persönliche Verhalten von Frau (…) gegenüber Vorgesetzten und Mandanten war einwandfrei. Sie kam mit allen Ansprechpartnern gut zurecht und begegnete ihnen mit ihrer freundlichen und aufgeschlossenen Art.

Frau (…) scheidet zum 31.05.2013 auf eigenen Wunsch aus meiner Steuerkanzlei aus. Ich bedanke mich für die gute Zusammenarbeit und wünsche ihr für ihren weiteren Lebens- und Berufsweg alles Gute.

Hi!

Du warst 7 (in Worten SIEBEN) Jahre dort, und bis auf ein paar Standardfloskeln fällt denen nix ein?!

Sorry, aber da fehlt viel, um nicht zu sagen fast alles.

  • WIE hast Du die Aufgaben erledigt? Gab es fachspezifische Software, oder hast Du alles per Hand gemacht?

  • Wie sind Deine spezifischen Kenntnisse?

  • Hattest Du niemals irgendeinen erwähnenswerten Erfolg?

  • Gab es keine besonderen Fort- oder Weiterbildungen?

  • In SIEBEN Jahren muss es doch was geben!

Zum Enthaltenen:

  • Da tauchen nur 4 Punkte in der Tätigkeitsbeschreibung auf, die superglobal (und das erkenne ich als Fachfremder!) gehalten sind.

  • Zu Deinen „herausragenden“ Eigenschaften wird erwähnt, dass Du selbständig, sorgfältig und gewissenhaft warst (übrigens schreibt man selbst st ändig mit zweimal „st“) und überzeugt hast durch Zuverlässigkeit, ihren Fleiß und Ehrgeiz.
    Als Personaler entlockt mir das ein langes ausgiebiges GÄHN. Das ist komplett absolut selbsverständlich und wird erwartet - es gehört in dieser Form nur dann in ein Zeugnis, wenn es tatsächlich nichts gibt, was man irgendwie herausheben könnte.

  • Hattest Du keine Kollegen, oder hast Du sie erschossen? Oder warum taucht da nix auf?

  • Über die Reihenfolge von Vorgesetzten und Mandanten kann man vermutlich noch streiten (besser ist, wenn der Kunde/Mandant, also das Wichtigste auch zuerst genannt wird - oder halt in einem Extrasatz).
    Dass Du aber „nur gut“ zurecht kamst und durch Deine Begegnungen der freundlichen und aufgeschlossenen Art (statt etwa durch großartige Kompetenz gepaart mit dem Ergebnis der totalen Zufriedenheit) aufgefallen bist, ist nicht wirklich das, was man als potenzieller Neuarbeitgeber lesen will …

  • Dass am Ende kein Bedauern ausgesprochen wird und auch nichts von Erfolgswüschen (vielleicht sogar von weiterhin geltenden) dort steht, macht das absolut bescheidene Zeugnis komplett!

Sorry, aber da hat sich entweder jemand versucht, der keine Ahnung hat (dann soll er wenigstens den hier nutzen), oder Dein Ex-Chef ist angepi**t, dass Du ihn verlässt …

VG
Guido

Zusatz zu Guido
Hallo Dragonheart,

da ich selber Buchhalterin bin und jahrelang in einer Kanzlei gearbeitet habe, noch ein paar kleine Anmerkungen:

Folgendes Arbeitszeugnis habe ich erhalten:

>> Frau (…), geboren am (…) in (…), war vom 01.08.2006
bis 31.05.2013 in meiner Steuerkanzlei in (…) als
Steuerfachangestellte tätig.

Das Aufgabengebiet von Frau (…) umfasste folgende
Tätigkeiten:

  • das Erstellen von handels- und steuerrechtlichen
    Jahresabschlüssen und Gewinnermittlungen nach §4 III EStG für
    Unternehmen jeder Rechtsform.

Was ist mit Bilanzen, nicht mal Mithilfe?

  • die Erstellung von betrieblichen und privaten
    Steuererklärungen.
  • die Erledigung von Finanzbuchhaltungen sowie

Lohn- und Gehalt???

  • die Korrespondenz mit den Finanzämtern und Mandanten.

Also für mich hört sich das so an, als ob du „nur“ Schuhkartonbuchhaltungen gemacht hast, die man mal „eben“ in den Computer kloppt

Mit welchem Programm habt ihr denn gearbeitet?

Frau (…) verfügt über gute Fachkenntnisse

mehr nicht, nur gute Fachkenntnisse?

Keine Weiterbildung o.Ä.?

und erledigte ihre

Aufgaben selbständig, sorgfältig und gewissenhaft. Sie war
auch starkem Arbeitsanfall jederzeit gewachsen. Sie überzeugte
durch ihre sehr hohe Zuverlässigkeit, ihren Fleiß und Ehrgeiz.

Dazu hat ja Guido schon was geschrieben.

Frau (…) hat die ihr zugeteilten Aufgaben stets zur vollen
Zufriedenheit erledigt.

Der Zeugnisgenerator lässt grüßen.

Das persönliche Verhalten von Frau (…) gegenüber
Vorgesetzten und Mandanten war einwandfrei. Sie kam mit allen
Ansprechpartnern gut zurecht und begegnete ihnen mit ihrer
freundlichen und aufgeschlossenen Art.

Frau (…) scheidet zum 31.05.2013 auf eigenen Wunsch aus
meiner Steuerkanzlei aus.

Ich bedanke mich für die gute

Zusammenarbeit und wünsche ihr für ihren weiteren Lebens- und
Berufsweg alles Gute.

Hallo Guido!

Vielen Dank für deine schnelle Antwort! Dein Fazit bestätigt das, was bisher alle vermutet haben, die mein Arbeitszeugnis gelesen haben: entweder hat mein Chef keine Ahnung oder er wollte mir „absichtlich“ einen Hieb für die Zukunft verpassen, weil er einfach „angep…“ war, dass ich gekündigt habe. Letzteres könnte ich mir am ehesten vorstellen, weil ich mir zum Schluss vorkam wie eine billige Arbeitskraft, die aber letztlich alle Arbeiten und Aufträge, die so reingeflattert kamen, erledigt und abgearbeitet habe (und wie mir meine beiden Kolleginnen - jawohl, ich hatte tatsächlich welche um nicht zu sagen wirklich besonders nette, mit denen ich auch richtig gut auskam - bestätigten, wohl auch in einer überragenden Geschwindigkeit). Deine Ausführungen dazu, was im Grunde noch alles im Arbeitszeugnis nach so langer Zeit drin stehen sollte bzw. was anders zu schreiben wäre, waren sehr hilfreich. Ich werde in jedem Fall hier nochmal tätig werden müssen gegen meinen ehem. Arbeitgeber, weil ich das natürlich so nicht hinnehmen kann.

Vielen Dank für deine absolut hilfreiche Antwort! :smile:

Liebe Grüße!

Hallo Gesine!

Vielen Dank auch dir für die schnelle Antwort!

Also zu den Tätigkeitsbereichen hatte ich nun gedacht, dass das passen würde, da die handels- und steuerrechtlichen Jahresabschlüsse ja die Bilanzen sind jetzt. Zumindest liefen die Bilanzen alle unter dieser Bezeichnung. Also ich habe auf alle Fälle genügend Bilanzen erstellt. Das war in jedem Fall wesentlich mehr als „nur“ reine Mithilfe.

Mit Lohn und Gehalt hatte ich tatsächlich in dieser Kanzlei nichts zu tun, da dies eine meiner Kolleginnen komplett gemacht hat. Das war hier etwas anders aufgeteilt. Allerdings habe ich auch in der neuen Kanzlei nun mit Lohn und Gehalt nichts zu tun laut meiner zukünftigen Chefin. Ich habe allerdings schon im Vorstellungsgespräch angeboten, dass ich mich natürlich auch in diesen Bereich sehr gerne wieder einarbeiten lasse und Löhne übernehmen würde.

Buchhaltungen waren die laufenden Arbeiten, die ich quasi jeden Monat/Quartal regelmäßig erledigt habe. Die haben aber bei weitem nicht allzuviel Zeit in Anspruch genommen. Die restliche Zeit ist auf die Erstellung von Bilanzen, Steuererklärungen aller Art und Gewinnermittlungen entfallen. Ich kann mich da sehr schlecht einordnen, weil ich die einzige Vollzeitkraft dort war, aber vielleicht kannst du mir ja sagen, ob das gut ist oder nicht, wenn man neben den zehn bis fünfzehn Buchhaltungen pro Monat im Jahr noch zwischen siebzig und neunzig Steuererklärungen und Abschlüsse (alle Arten eingeschlossen) bearbeitet und fertig stellt. Ist natürlich klar, dass man auch darauf abstellen muss, wie groß die einzelnen Arbeiten waren. Aber es waren ALLE Steuern und Abschlüsse, die reinkamen.

In Sachen Weiterbildung gibt es letztlich nur die eine zum Steuerfachwirt, aber die hätte ich zunächst einmal selber bezahlen müssen (was bei meinem Gehalt dort einfach nicht möglich war) und noch dazu habe ich mich dort unter dem Chef einfach so gefühlt, als würde ich nichts können. Er hat letztlich von mir erwartet, dass ich arbeite wie ein Steuerberater, aber bezahlt hat er mich (wie ich im Nachhinein rausgefunden habe) nicht einmal wie eine richtige Steuerfachangestellte. Da kann man sich über die Jahre auch selber nicht einordnen, ob man für sich gut genug ist, eine Weiterbildung anzustreben (die steht allerdings jetzt auf alle Fälle an, da ich ja jetzt mehr oder weniger weiß, was ich kann).

Dein Kommentar „ich bedauere es total, dass meine beste Kraft das Schiff verlässt“, kann durchaus zutreffend sein, da mein Chef im Kündigungsgespräch nämlich sehr überschwenglich reagiert hat, wie zufrieden er doch war und wie sorgfältig und zuverlässig und dass er das ja gerne so hätte weiterlaufen lassen wollen, weil ich ja alles so toll in der Hand hatte und mich mit allen und jedem so super verstanden habe. Auch deshalb wollte ich nun wissen, was andere so zu meinem Zeugnis sagen, weil ich das einfach nicht glauben konnte, was da drin stand.

Vielen Dank auch dir für deine sehr hilfreiche Antwort!

Liebe Grüße!

Bilanzen
Hallo Dragonheart,

von Bilanzen steht aber nichts im Zeugnis. Ich habe extra noch mal gelesen, da steht ganz klar §4 III EStg, und der regelt nun mal „nur“ die EÜR.

Dass du überwiegend Bilanzen inkl. aller Meldungen (USt., ESt. ZM, GewSt., gesonderte Feststellung usw.) gemacht hast, muss unbedingt mit rein. Wie sieht es denn mit speziellen Buchhaltungen (z.B. Autohaus) aus? Welche® Kontenrahmen?

Du siehst, da fehlt eigentlich alles.

Schade, dass ihr euch so trennt (mit Hickhack), aber so ein Zeugnis würde ich nicht an potentielle AG schicken.

Viele Grüße,

Gesine

Hallo Gesine,

ja das stimmt, das steht nicht richtig drin. Da kommt mal auf, WAS im Grunde alles in einem Arbeitszeugnis mit drin stehen muss, damit das wirklich ordentliche Aussagekraft hat. Ich schätze, ich brauche da fachkundige Aufklärung und natürlich werde ich gegen dieses Arbeitszeugnis vorgehen.

Ich finde es auch schade, dass es solche Schwierigkeiten nun gibt. Mir wäre es auch anders lieber gewesen. Und vor allem ärgert es mich, dass mein Chef nicht den Schneid hatte, mir offen zu sagen, dass ihn das richtig ärgert, dass ich weggehe (vielleicht schickt sich das aber in der Chefetage auch einfach nicht). Es hat sich am Ende beschränkt auf Höflichkeits- und Freundlichkeitsgetue (Blumenstrauß zum Abschied und alle guten Wünsche) und immer ein Lächeln im Gesicht, aber insgeheim hat er sich wohl gedacht, „du wirst schon noch sehen, was du davon hast“.

Na ja, vielen Dank auf alle Fälle, für deine Hilfe! Ich weiß jetzt in jedem Fall, was ich zu tun habe.

LG

=HALLO()

  • das Erstellen von handels- und steuerrechtlichen
    Jahresabschlüssen und Gewinnermittlungen nach §4 III EStG für
    Unternehmen jeder Rechtsform.

Was ist mit Bilanzen, nicht mal Mithilfe?

Jahresabschluss = Bilanz, Gewinnermittlung = Einnahme-Überschuss. Jemand vom Fach versteht das.

=TSCHÜSS()

Oje
du hast natürlich recht. Ich habe wohl zu schnell gelesen und nur 4/3 gesehen. Vielleicht war es auch schon zu spät.

Viele Grüße

Gesine

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