Dämonen im Markusevangelium

die Dämonen der Synoptiker
Hi Spirit,

zur Zeit der Abfassung der Evangelien gab es im ganzen Mittelmeerraum den Glauben, daß es „Dämonen“ gibt, also immaterielle Wesen, die (unter anderem) vom Menschen Besitz ergreifen können und ihn entweder körperlich schädigen durch Krankheit, Gebrechen, oder psychisch („Depressionen“ - übrigens ein ursprünglich dämonologischer Audruck - verschiedene Formen des „Wahnsinns“ …) usw. oder ihn moralisch destruieren.

Es gab unendliche Varianten von Dämonenglauben natürlich immer schon und außerdem in allen Kulturen der Welt. Auch die Kunst, mit ihnen umzugehen, war weltweit in den Grundzügen dieselbe. Der heute verbreitete Ausdruck „Dämon“ kommt aus dem Griechischen.

Im Palästina dieser Zeit waren die Dämonenvorstellungen bereits aus verschiedenen Kulturen des vorderasiatischen Raumes zusammengesetzt: babylonische, assyrische, persische und griechische. Außerdem waren die jüdischen ja selbst Varianten der früheren israelitischen, und die wiederum waren Erben früherer anderer semitischer Vorgaben, vor allem aber der babylonischen.

Ganz ohne Zweifel ist der Jesus der Synoptiker (Markus, Maathäus, Lukas) ebenfalls als jemand dargestellt, der die Existenz von Dämonen voraussetzt. Und: Er beherrschte die Kunst, Menschen von Dämonen zu befreien. Die Dämonen der Synoptiker sind (im Unterschied zum Johannes-Ev.) alle solchen Typs, wie man sie aus babylonischen Traditionen kennt, und wie sie im Babylonischen Talmut überliefert sind - im sog. „Alten Testament“ ebenfalls, aber nicht so zahlreich erwähnt und beschrieben.

Die Kunst, mit ihnen umzugehen - d.h. sie zu beherrschen, ihnen befehlen zu können - war in Babylon noch jedem Priester zugeordnet. Bei den nachexilischen Juden aber lag die einzige Hilfe und Abwehr gegen dämonischen Einfluß (sei es gesundheitlisch oder moralisch) in der Treue gegenüber dem Gott. Daher kam übrigens die Schlußfolgerung, daß jemand, der Krankheiten oder Gebrechen hatte (auch solche von Geburt an), sich auf irgendeine Weise gegen den Gott vergangen haben müsse. Denn Krankheit und Leid jeder Art war immer dämonischer Einfluß.

Es versuchten sich wohl viele in der Kunst des Exorzismus (Wenn jemand über sie Macht hat, dann kann es nur der „Sohn des höchsten Gottes“ (5.7) oder der „Heilige Gottes“ (1.24) sein. Und da diese Zwischenwesen alles Wissen haben, sind sie also die überzeugendsten „Beweise“, wer dieser Mensch ist, der die Macht hat, sie zu zerstören.

Die synoptischen Dämonen bringen körperliche und psychische Krankheit. Die im Joh.-Ev. verderben aber den Menschen moralisch (den Judas z.B.). Deshalb sieht die Rolle im Kampf mit ihnen (speziell mit dem „archon tou kosmou“, dem Herrscher dieser Welt, das war die damals kursierende Konzeption des „Satan“, der als der Anführer aller Dämonen galt - das ist nicht mehr der Satan, wie er z.B. im Hiob auftritt) etwas anders aus: Es ist bei Joh. ein kosmologisches Geschehen, nicht mehr eines an einzelnen Menschen.

Der Autor des Markus-Ev. war übrigens in der damaligen Dämonologie nicht ganz versiert. Er hätte sonst einen massiven Fehler nicht unkorrigiert gelassen: in 5.7 läßt er den Dämon sagen „ich beschwöre dich [die Dämonen benutzen dieselbe Sprache wie der Exorzist] bei Gott …“. Das ist aber ganz unmöglich, daß jemand bei seinem ärgsten Feind beschwört. Der Formel des Dämons könnte nur „bei Satan“ gelautet haben. Dieser Spruch könnte so umgekehrt nur vom Exorzisten gesagt worden sein. Apg 19.13 dagegen zeigt die (in dieser Denktradition) korrekte Formel „ich beschwöre dich bei Jesus …“ sagt vielmehr der Exorzist (hier allerdings hatte er Pech gehabt :smile:

Wenn du weitergehende Fragen hast - bitte, gerne. Ich bitte aber, diesen Text religionswissenschaftlich zu nehmen und nicht den Schluß zu ziehzen, daß ich an Dämonen glaube *smile*

Gruß

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