Das nicht nur (?) hessische 'als'

Liebe Gemeinde,

mein Kollege aus dem Hessischen flicht manchmal in seine Rede ein ganz unvermutet auftretendes „als“ ein, Bsp.: „Da sind wir als zu ihm gegangen.“ Im Sinne von: dann, damals, doch, irgendwie, zufĂ€lligerweise,

Kann mir jemand bitte erklÀren, wo das herkommt?

Ich sagÂŽ als Danke! Zerni

Lieber Zerni,

nicht nur im Hessischen, auch im Badischen, ElsĂ€ssischen und SchwĂ€bischen gibt es dieses „als“.
Es dĂŒrfte eine Zusammenziehung von „allemals“ = „immer wieder, in regelmĂ€ĂŸigen AbstĂ€nden, sehr oft, bisweilen, hin und wieder, je und je“ sein.

Ich beantworte als solche Fragen gern.

Fritz

Ich Hesse meine: Das ist die AbkĂŒrzung fĂŒr „alsdann“ (passt immer :smile:)
Anja

Oh, Anja, fĂŒrchte ich, dass du Hessin nicht ganz richtig liegst. :wink:

= also dann.

FĂŒr werden auch „immer, immerfort, allezeit, bestĂ€ndig, unaufhörlich, fortwĂ€hrend“ angegeben im „Eschweger Wörterbuch“ von Werner MĂŒller.

– Wohlgemerkt nicht: Eschwegener Wörterbuch!

Dort finden sich noch:
alst, alszuu, alstzuu, alszuzuu, alsfort, alsdroff, alszuu droff, alszuzuu droff

Beste GrĂŒĂŸe
Fritz

Guten Morgen Fritz,

wenn Du einmal vermutest, und nicht aus Deinem unerschöpflichen Fundus eine Quelle bietest: Sollten wir bei „als“ mit dieser Bedeutung tatsĂ€chlich ein weißes Fleckchen mit bis dato ungeklĂ€rter Etymologie vor uns haben?

In diesem Fall biete ich von der schwĂ€bisch-alemannischen Sprachgrenze im Kisslegger Raum (wo sie am schönsten ist, Du bekommst Post von mir) an: „allat“ mit einem mir ganz merkwĂŒrdigen Auslaut auf -t, der grundsĂ€tzlich ins -s von „als“ hineingezogen auch noch drinstecken könnte? Was es allerdings nicht besser erklĂ€rt.

Redensart dazu: „Numme gobat allat“ = Jemand hĂŒtet immer das Haus.

Schöne GrĂŒĂŸe

MM

Oh, Anja, fĂŒrchte ich, dass du
Hessin nicht ganz richtig liegst. :wink:

= also dann.

FĂŒr werden auch „immer, immerfort, allezeit,
bestĂ€ndig, unaufhörlich, fortwĂ€hrend“ angegeben im „Eschweger
Wörterbuch“ von Werner MĂŒller.

Lieber Lehrer Fritz,
immer wieder sind Deine AufklĂ€rungen sehr willkommen. Ich rede nur vom tĂ€glichen Erleben, und der Umgangssprache ist ein „Eschweger Wörterbuch“ ziemlich egal, oder?
Respektvoll verneigende GrĂŒĂŸe,
Anja

Ă€lz
Hallo Fritz,

auch bei uns kennt man natĂŒrlich das „Àlz“. Aber was mich so verwundert: Es hat
fast gegensĂ€tzliche Bedeutungen. Es kann „immer“ heißen (Dao gangat S’ Ă€lz
gradaus! - Gehen Sie nur immer geradeaus), aber auch „nur selten, ab und zu“ (Dao
bene frier Ă€lz ao na’komma - Da bin ich frĂŒher auch ab und zu hin gekommen).
Woran kann das liegen?
Gruß
Bolo

Da kann ich nur zustimmen, ich komm aus der schwÀbischen Gegend
 :wink:

Hallo Anja, hallo Fritz,

Sprachgefuehl hin oder her, auch hin und her,
trotzdem trifft ‚alsdann‘ das ‚als‘ einfach nicht.

Ich zitier nun das „Woinemer Woerterbuch“ (das
der Fritz auch hat, wie ich wohl weiss :wink: ):

– abgesehen davon, dass in diesem Woerterbuch
‚als‘ als pfaelzische Besonderheit bezeichnet wird,
was ja erwiesenermassen nicht stimmt -

„Es bezeichnet das Gewohnheitsmaessige einer Taetigkeit.
Die Bedeutung von oft, immer wieder, jedesmal stecken drin,
treffen es aber alle nicht genau. Am ehesten laesst es
sich mit pflegen umschreiben. Sunndags geh mer als in
de Wald
heisst also: Wir pflegen sonntags in den
Wald zu gehen. Es gibt auch Zusammensetzungen mit als.
Alsemal heisst manchmal, ab und zu.“

Gruesse, Elke

Die dem Fritz soi Erklaerunge als gern liest
und meischtens glaabt.

nochn Versuch
Ich habe jetzt nochmals gesucht und bin auf das Folgende gestoßen.
Unter „all“ findet sich in Fischers „SchwĂ€bischem Handwörterbuch“ als dritte Bedeutung folgendes:

_ III. Adverbium

1. all. Als Adverb gebraucht, = ganz, vollstÀndig.

a. fĂŒr sich allein: immer, bestĂ€ndig. Er schimpft Ă€ll.

b. Zu einer nachfolgenden Bestimmung gehörend, deren Inhalt durch all in seiner TotalitĂ€t bezeichnet wird, z. B. all eins: ÂŽs ischmr Ă€ll ois = einerlei; - allfort: = immerfort, unaufhörlich, - allgemach = langsam, gemĂ€chlich, all noch Ă€l nĂŽ: = immer noch, all stĂ€ts: = immer langsam: all stĂ€ts an laufe: = langsam, aber gleichmĂ€ĂŸig weitergehen.

2. alles, als, els. = immer, hÀufig, öfters.

a) fĂŒr sich allein stehend; wobei, wenn das Wort betont steht, die Bedeutung mehr, „immerwĂ€hrend“ oder „bei jedem einzelnen Fall“ ist, wenn tonlos, mehr „hĂ€ufig“, „öfters“.
I glaub als = Ich glaube immer. (Eine Vermutung wird zur Gewissheit.)
Er kommt als zu mir. = Er kommt gewohnheitsmĂ€ĂŸig, öfters.

b) Zu einer nachfolgenden Bestimmung gehörend, z. B. allsfort immerfort, wie allfort (s. o.) auch alsofort. – allsherum = ringsum. Alls hinab. – allsmittels = inzwischen, einstweilen. – Alls nicht = immer nicht. – Alls noch: = noch immer. – alls gschtĂ€t, alls stĂ€ts = langsam, (s. o.)
Diese alls ist beliebt wie Aufforderungen: nur, immerzu! Alls zu! Alls weiter!_

Bei Fischer findet sich auch:

_ allet , im AllgĂ€u und Tirol alat. Adverb: = immer, dem sonst ĂŒblichen alls (s. o.)im Gebrauch entsprechend, aber beschrĂ€nkt auf den SĂŒdteil von Oberschwaben. Fahr allet rechts._

Es scheint somit nicht nötig zu sein, eine Kombination mit „alles“ und einem Zusatzwort anzunehmen, um die Bedeutung „immer wieder“ fĂŒr „als/Ă€ls/els“ zu begrĂŒnden

Gruß Fritz

Hallo, Freunde und Froinde der deutschen Sprache und der anderen doitschen Sprachen, main langes Schwaigen auf diesen Brettern fĂŒr ainen Moment brechend, möchte ich doch ein Ainbeziehen des Wörtchens „halt“ hier anregen.
Ich bin halt ain Unbeleerbarer, nÂŽest-ce pas? Or aint i not?
Spaß baisaite und Ernst komm wieder rein:
Hat nicht „halt“, das wohl weniger im norddeutschen Raum anzutreffen ist, vielleicht eine etymologische Beziehung zu dem Ă€hnlich vielfĂ€ltig „einsetzbaren“ alsÂŽ (Ă€lzÂŽ/all) ???
Habt ihr vielleicht da schon drĂŒber nachgedacht, oder gibt es vielleicht im Archiv schon
was zu haltÂŽ, ick meen: giff datt viellĂ€icht in dat Archiv ALL watt dröber? NatĂŒrlich taucht dies "all" im Sinne von schonÂŽ (aber eben auch schonschon,...ÂŽ) auch im englischen alreadyÂŽ auf, wobei ja dies `alreadyÂŽ halt eigentlich doppeltgemoppelt ist, und „Are you already ready“ dann auch noch „bist du all fertig/bereit mit fertig/bereit“ bedeutete.
Oder eben: „bist du SCHON fertig fertig?“
Watt simmer wieder alle fertich!!!

Liebe Elke:
"Sunndags geh mer als in de Wald "
Sagt man nicht auch im höheren Deutsch gelegentlich:
„Im Winter gehen wir all/also (immer) aufs Eis“ ???
Und wenn (auch) die Kommissarin feststellt: „Sie wollen also ihren Mann nicht umgebracht haben?!!!“, um eine bestimmte Logik/Folgerichtigkeit/ImmergĂŒltigkeit zumindest nahezulegen, so will sie vielleicht auch nur (mehr oder weniger bewußt) andeuten, daß sie (eigentlich schon lĂ€ngst) mehr/alles wissen, nur nicht verraten tut.
In gewisserweise scheinen mir diese „FĂŒllwörter“ ein fades Abgleiten in die Bedeutungslosigkeit des „alltĂ€glichen Fadens“ verhindern zu wollen.
Ich mach mir halt so meine Gedanken.
Habt ihr SCHON darĂŒber nachgedacht? Nein? „Aber ihr solltet vielleicht
!“
„Wir haben das all erledigt, denn viel wichtiger ist ja zu tun/die eigentliche Bedeutung ist ja
“
oder halt so Àhnlich

Lieber KrĂŒsse, Moinmoin, Manni (die allwedder da iss)

ErgÀnzung: alsderzu

Gruß
Karin

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachtrÀglich automatisiert entfernt]

halt
Sie erstaunen mich immer wieder, diese Metamorphosen! :wink:

Hat nicht „halt“, das wohl weniger im norddeutschen Raum
anzutreffen ist, vielleicht eine etymologische Beziehung zu
dem Ă€hnlich vielfĂ€ltig „einsetzbaren“ alsÂŽ (Ă€lzÂŽ/all) ???

Nein, das ist mit „Halde“ = Schiefe verwandt.

Dazu:

_ halt [mhd., ahd. halt = mehr, vielmehr, Komp. zu ahd. halto = sehr, ursprĂŒnglich vielleicht = geneigt und verwandt mit unter Halde* genanntem germanischem Adjektiv] (bes. sĂŒdd., österr., schweiz.):

  1. (= eben): das ist halt so.

  2. (=> eben): ich meine halt, da mĂŒssten wir unbedingt helfen; du musst dich halt wehren.**

*Hal|de, die; -, -n [mhd. halde, ahd. halda = Abhang, Substantivbildung zu einem germanischen Adjektiv mit der Bedeutung »geneigt, schief, schrÀg« und eigentlich.= die Schiefe]:

**eben – II.

  1. verstÀrkt eine [resignierte] Feststellung, fasst bestÀtigend Vorangegangenes zusammen: er ist e. zu nichts zu gebrauchen; das ist eben so; du hÀttest ihn eben nicht Àrgern sollen.

  2. verstÀrkt eine Aussage, eine Behauptung;

© Duden - Deutsches Universalwörterbuch 2001_

Habt ihr vielleicht da schon drĂŒber nachgedacht, oder gibt es
vielleicht im Archiv schon
was zu `halt®, ick meen: giff
datt viellÀicht in dat Archiv ALL watt dröber?

Nachgedacht schon, aber im Archiv gibt es - glaub ich - noch nichts. D. h. ab jetzt schon.

Gruß Fritz

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