Das Säbelrasseln wird lauter

Kein Problem. Verschiedene Einschätzung sind ja durchaus erlaubt. Vor einigen Jahren teilte ich Deine Einschätzung auch noch, aber mit der massiven Aufrüstung der Chinesen zweifle ich zunehmend daran, daß sich die USA auf einen bewaffneten Konflikt mit China einlassen, wenn ihr eigenes Territorium nicht unmittelbar bedroht ist. Hinzu kommt, daß mit Russland bzw. der Sowjetunion ein relativ eingespieltes Verfahren hinsichtlich Provokation, Reaktion, Re-Reaktion, Deeskalation vorhanden war, das m.E. mit den Chinesen so nicht existiert und die Mentalitäten unterschiedlich sind, d.h. die USA wissen nicht, wie auf eine bestimmte Reaktion reagiert wird, während es die Chinesen inzwischen selbstbewußt sind wahrscheinlich auch das Verhalten der USA besser einschätzen können.

Ich glaube aber auch nicht, daß ein Angriff auf Taiwan unmittelbar bevorsteht. Ich gehe davon aus, daß die Chinesen das Spiel der kleinen Provokationen und „Landgewinne“ weitertreiben werden - vielleicht bis hin zu einer Blockade Taiwans, der Besetzung einer unbedeutenden Insel, z.B. einer der Penghu-Inseln und dann immer weiter kleine Schritte. Demütigend und eskalierend genug, um Taiwan wissen zu lassen, was man anstrebt, aber nicht hinreichend genug, um Waffeneinsatz seitens Taiwans oder gar der USA zu provozieren.

Ich setze mal fort:


Und sowas macht man nicht über Nacht, da gibt es mindestens ein Jahr Vorlauf bis zur Einweihungsparty.

Du erinnerst dich jedenfalls nicht mehr an das Versprechen der NATO, sich aus den Ex-Warschauer-Pakt-Staaten rauszuhalten? Ich schon.

Man kann sowas vergessen, aber man sollte trotzdem nicht einfach so alles vom Tisch wischen, wenn sich jemand anders dran erinnert. Gedächtnislücken sind keine Entschuldigung, auch wenn das ein Kanzler-in-spe allen Ernstes glaubt. Und eine EU-Komissarin auch. Und ein Haufen anderer korrupter Politiker. Fühlst du dich wohl in diesem Kreis von Scheinargumentation?

Es gibt einen Grund, wieso ich den Konjunktiv verwendet hab.

Hab nie behauptet, dass die Situation Rußlands und Chinas identisch wäre. Aus den beiden potentiellen Konfliktpotentialen gibt es aber einen Interaktionseffekt - was in der Praxis bedeutet, dass die USA weder mit Rußland noch mit China eine militärische Auseinandersetzung riskieren würden, weil sich die beiden Länder verbünden könnten.

Dann scheint dich deine Erinnerung zu trügen. Ich lasse mich aber gerne von entsprechenden Dokumenten vom Gegenteil überzeugen.

Was @C_Punkt in seiner charmant saloppen Art sagen wollte: Selbst Gorbatschow verneint, dass es eine entsprechende Zusage mit der NATO gegeben hätte:
https://www.zeit.de/politik/ausland/2014-11/nato-osterweiterung-gorbatschow

Der frühere sowjetische Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow hat der Darstellung widersprochen, ihm sei in Gesprächen über die deutsche Vereinigung ein Verzicht auf eine Ost-Erweiterung der Nato zugesagt worden. Bei den Verhandlungen 1990 sei dies kein Thema gewesen, sagte Gorbatschow dem heute-journal im ZDF. Er fügte hinzu: „Der Warschauer Pakt existierte doch noch. Die Frage stellte sich damals gar nicht.“
[…]
Auf die Frage, ob es also ein Mythos ist, dass er vom Westen betrogen worden sei, antwortet Gorbatschow: „Ja, das ist tatsächlich ein Mythos. Da hat die Presse ihre Hand im Spiel gehabt.“

Wie Gorbatschow hier selber sagt, wäre so eine Zusage völlig absurd gewesen, da der Warschauer Pakt noch existierte und kein Mensch mit seinem Zerfall rechnen konnte.

Im Übrigen habe ich dir diesen Artikel schon einmal verlinkt. Glaubst du Gorbatschow nicht? Oder nimmst du es einfach nicht zur Kenntnis?

Bei was? Beim Angriff auf Taiwan, beim Angriff auf die Ukraine oder beim Angriff auf das Festland der USA? Die ersten beiden Varianten machen null Sinn, weil China kein Interesse an der Ukraine hat und Russland keines an Taiwan. Ein Krieg um die Ukraine würde primär ein auf dem Land geführter Krieg werden und ein Krieg um Taiwan einer zur See und in der Luft. Ein Angriff auf die USA würde für beide Länder und uns alle das Ende der Zivilisation bedeuten.

Es gibt also kein Szenario, in dem beide Länder gemeinsam Krieg gegen die USA führen könnten und zwei gleichzeitige Kriege in der Ukraine und um Taiwan könnten die USA führen, weil es sich um verschiedene Regionen und um schwerpunktmäßig unterschiedliche Waffengattungen handelt.

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Wobei man sich natürlich auch fragen muss, ob die US Verbündeten einfach zusehen würden. Im Fall der Ukraine wäre das die NATO und bei Taiwan eben Japan und SK. Und mit Belarus bzw. NK haben sowohl Russland als auch China eine völlig abhängige Marionette in der jeweiligen Region, was einen Konflikt noch mehr verschärfen würde.

Bei Russland ist es auch so, dass ein Angriff auf die Ukraine in jedem Fall wirtschaftliche Konsequenzen hätte, die das Land (oder zumindest Putin) imho nicht überleben würde. Daher halte ich so einen Angriff auch für nicht wirklich wahrscheinlich.

Keineswegs.


Ich habe keine Ahnung, warum Gorbatschov sich im ZDF-Interview anders geäußert hat.

Völlig richtig. Nur zweifle ich daran, daß es für den Ausgang des Konflikts eine große Rolle spielt, ob sich Südkorea und Japan daran beteiligen. Südkoreas Streitkräfte sind auf einen Krieg gegen Nordkorea ausgerichtet und verfügen deswegen über einen großen Anteil Landstreitkräfte, die Luftwaffe besteht vor allem aus Jägern und Jagdbombern mit mittleren Reichweiten (Tankflugzeuge sind gem. Wikipedia zwar bestellt, aber eben nicht da) und die Marine ist auf küstennahe Kriegsführung ausgerichtet. Bei den Japanern sieht es nicht viel besser aus.

Und ob sich die NATO in einen Krieg zwischen der Ukraine und Russland hineinziehen lassen würde… Keine Ahnung. Ich habe daran Zweifel, weil die Sorge vor einem Putin, der mit dem Rücken zur Wand steht und dann zu Atomwaffen greift, m.E. zu groß ist.

Das ist übrigens meine Hauptsorge: mit Putin und Xi sind zwei Leute am Ruder, die sehr großen Erwartungen in der Bevölkerung (Putin) und in der Partei (Xi) ausgesetzt sind und dementsprechend liefern wollen bzw. müssen. Xi ist nun überragender Führer und hat selber das Thema Taiwan aufgebracht. Mit Taiwans Heimkehr ins Reich will er seinen Platz in den Geschichtsbüchern zementieren. Sein Gesicht dadurch zu verlieren, daß Taiwan am Ende seiner Zeit immer noch selbständig, ist für ihn sicher undenkbar. Das macht ihn in der Hinsicht sehr gefährlich.

Bei Putin ist es ähnlich. Er ist doch nur noch an der Macht, weil er genug Leuten erfolgreich verkaufen kann, daß (nur) er Russland wieder zu sowjetischer Stärke führen kann. Auch der kann beim Thema Ukraine nicht klein beigeben. Hinzu kommt eben die geostrategische Rolle, die die Ukraine spielt. Auch das ist ein Grund, warum die Ukraine aus seiner Sicht nie Teil der NATO werden darf.

Und Schewardnadse (aus deinem ersten Artikel):

Schewardnadse dagegen sagte vor ein paar Jahren, es habe schon deshalb keine Zusage für eine Nichtausdehnung der Nato über die Oder hinaus geben können, da im Februar 1990 eine Auflösung des Warschauer Paktes, des damals noch bestehenden Gegenbündnisses zur Nato, „außerhalb unserer Vorstellungswelt“ lag. Die Führung in Moskau konnte und wollte zu diesem Zeitpunkt nicht an den Zerfall des Warschauer Paktes denken, der bald darauf einsetzen sollte.

Ebenfalls aus deinem ersten Artikel:

Zudem wusste Genscher genau wie Gorbatschow, dass in der Schlussakte der KSZE-Konferenz von Helsinki 1975 allen Unterzeichnerstaaten das Recht auf freie Bündniswahl zugestanden wurde. Auf dieses Recht berief sich Bonn für das wiedervereinigte Deutschland, und hätte es den Warschauer-Pakt-Staaten darum schlecht verweigern können, indem es ihre Nato-Mitgliedschaft von vornherein ausschloss.

Und:

Niemals wird laut den Quellen in jener entscheidenden Verhandlungsphase aber die Nichterweiterung der Nato nach Osten erwähnt. Wenn Gorbatschow sich wirklich auf die Gespräche hierzu vom Februar verlassen hätte, dann hätte er das Thema in dieser Zeit noch einmal vorbringen müssen. Er tat es nicht.

Kannst du mir vielleicht die Stelle in den Artikeln zeigen, wo die NATO irgendein Versprechen gegeben haben soll? Ich finde nämlich nichts.

Dann werden Zitate auch nichts nützen.

Versuch es mal. Kann ja sein, dass wir eine Stelle unterschiedlich verstehen bzw. bewerten.

Ist doch völlig klar: Die Krim muß zurück an die Ostgoten. Oder die Mongolen, oder die Türken (Osmanen).