Erkennen und Fühlen - (Un)vereinbar
…Naturwissenschaft macht atheistisch
Naturwissenschaften haben in der Tat den Hang dazu z.B. den christlichen Glauben gewaltig zu ärgern. Erzählt mal einem Hamburger Physikprofessor etwas vom christlichen Glauben! Ich bin mir sicher, dass er mit einigen religiösen Vorstellungen seine Probleme haben wird.
Jedoch sollten wir bedenken, dass die Bibel keinen Anspruch auf Wahrheit macht, wie es die neuen Wissenschaften gerne hätten. Leicht erkennbar ist es schon daran, dass es zwei unterschiedliche Schöpfungsberichte in der Genesis gibt und diese sogar hintereinander stellt wurden. Es war zweitrangig, ob die Geschichte (hier: story) der Schöpfung wirklich so ablief oder nicht! Der erste Schöpfungsbericht war eine Vorbereitung für viele weitere religiöse Handlungen.
Was ich damit sagen möchte: Es ist in meinen Augen gar nicht notwendig Naturwissenschaften und Glauben miteinander im Einklang zu bringen oder gegenseitig ausspielen zu lassen. Es sind zwei völlig verschiedene Disziplinen, die zwei völlig unterschiedliche Grundbedürfnisse des Menschen befriedigen. Das „Bedürfnis nach Erkenntnis“ wird z.B. mit den Naturwissenschaften befriedigt (Schleiermacher sprach von der Metaphysik im Allgemeinen) und das „Bedürfnis nach Anschauung und Gefühl“ wird durch die jeweilige Religiosität befriedigt (bitte nicht mit Kirche oder Theologie verwechseln). Es gibt noch ein drittes Bedürfnis, das des „Handelns“ -damit beschäftigt sich dann die Moral.
Wie wir jetzt erkennen basieren Naturwissenschaften und Religiosität auf zwei unterschiedlichen Grundbedürfnissen, daher ist es auch gar nicht notwendig beide miteinander vereinen zu müssen.
Was uns Naturwissenschaftlern (ich studiere Bio und Reli) hin und wieder „atheistisch“ macht, sind so manche Geschichten in der Bibel. Es ist schwer für einen Mediziner die Heilung eines Lahmen durch Jesu nachzuvollziehen. Wenn wir aber den medizinischen Aspekt etwas zurückstecken und uns einmal überlegen, wo WIR in unserem Leben/Handeln gelähmt sind und was dies für positive bzw. negative Auswirkungen auf uns hat oder wie wir gewisse Lähmungen ablegen können, dann kommen wir, so glaube ich, dem Willen Jesu sehr nahe. (moralischer Teil der christlichen Theologie)
aber auf dem Grund des
Bechers wartet Gott".
Das ist eine wunderschöne Metapher und weist uns noch einmal auf die unterschiedlichen Grundbedürfnisse des Menschen hin: Ich benutze mal anstatt des Bechers die Blume. Als Biologe würde ich, beim Betrachten einer Blume sagen, sie hat eine Wurzel, Stengel, Blätter, Blüte u.s.w. oder ich sage als religiöser Mensch: „Die Blume ist schön!“
Als Biologe erkenne sozusagen den endlichen Teil der Blume, aber als religiöser Mensch sehe ich das Unendliche hinter dem Endlichen. Schönheit ist Unendlich, die Anatomie der Blume nicht. Ich erkenne also im Endlichen die Unendlichkeit. Das Endliche als ein Abdruck des Unendlichen. Wenn sich Naturwissenschaftler nur halb soviel für das Unendliche, wie für die materiellen Erscheinungen der Welt begeistern würden, wären sie Gott auf dem Grund des Bechers schon sehr nahe.
Schöne Grüße
Kevin