Der geteilte mensch

Es muss in der Philosophie eine Geschichte geben-- von Platon???- bei der ursprünglich der Mensch ein Wesen mit 2 Köpfen und 4 Armen und 4 Beinen gewesen ist.
Durch die Verspottung der Götter- wurde dieses Wesen geteilt-- und so kommt man auf die Verbindung von 2 Teilen, die zusammengehören…sozusagen dem Gedanken, daß es immer 2 Menschen gibt, die zusammen die Einheitlichkeit bilden!

Mich würde interessieren, wie sich diese Mythologie mit richtigem Namen nennt- von wem sie ist-- wo man sie dann mal richtig und komplett nachlesen kann!

Vielleicht kann mir dazu ja jemand was schreiben!??

Danke im voraus
Kitty

Diese Geschichte, beste Kitty, erzählt in Platons „Symposion“ der Komödienschreiber Aristophanes.

=> http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=2459&kapitel=7…

Vielleicht kann mir dazu ja jemand was schreiben!??

Was darf es sein?

Hier ein Auszug:

Allerdings, habe also Aristophanes gesagt, habe ich im Sinne ganz anders zu reden als ihr beide du und Pausanias gesprochen habt. Denn mir scheinen die Menschen durchaus die wahre Kraft des Eros nicht inne geworden zu sein. Denn wären sie es: so würden sie ihm die herrlichsten Heiligtümer und Altäre errichten und die größten Opfer bereiten, und es würde nicht wie jetzt gar nichts dergleichen für ihn geschehen, dem es doch ganz vorzüglich geschehen sollte. Denn er ist der menschenfreundlichste unter den Göttern, da er der Menschen Beistand und Arzt ist in demjenigen aus dessen Heilung die größte Glückseligkeit für das menschliche Geschlecht erwachsen würde. Ich also will versuchen Euch seine Kraft zu erklären und ihr sollt dann die Lehrer der übrigen sein. Zuerst aber müßt ihr die menschliche Natur und deren Begegnisse recht kennen lernen. Nämlich unsere ehemalige Natur war nicht dieselbige wie jetzt, sondern ganz eine andere. Denn erstlich gab es drei Geschlechter von Menschen, nicht wie jetzt nur zwei männliches und weibliches, sondern es gab noch ein drittes dazu welches das gemeinschaftliche war von diesen beiden, dessen Name auch noch übrig ist, es selbst aber ist verschwunden. Mannweiblich nämlich war damals das eine, Gestalt und Benennung zusammengesetzt aus jenen beiden, dem männlichen und weiblichen, jetzt aber ist es nur noch ein Name der zum Schimpf gebraucht wird. Ferner war die ganze Gestalt eines jeden Menschen rund, so daß Rücken und Brust im Kreise herumgingen. Und vier Hände hatte jeder und Schenkel eben so viel als Hände, und zwei Angesichter auf einem kreisrunden Halse einander genau ähnlich, und einen (190) gemeinschaftlichen Kopf für beide einander gegenüberstehende Angesichter, und vier Ohren, auch zweifache Schamteile, und alles übrige wie es sich hieraus ein Jeder weiter ausbilden kann. Er ging auch nicht nur aufrecht wie jetzt, nach welcher Seite er wollte, sondern auch wenn er schnell wohin strebte, so konnte er, wie die Radschlagenden jetzt noch indem sie die Beine gerade im Kreise herumdrehen das Rad schlagen, eben so auf seine acht Gliedmaßen gestützt sich sehr schnell im Kreise fortbewegen. Diese drei Geschlechter gab es aber deshalb weil das männliche ursprünglich der Sonne Ausgeburt war, und das weibliche der Erde, das an beidem teilhabende aber des Mondes, der ja auch selbst an beiden Teil hat. Und kreisförmig waren sie selbst und ihr Gang, um ihren Erzeugern ähnlich zu sein. An Kraft und Stärke nun waren sie gewaltig und hatten, auch große Gedanken, und was Homeros vom Ephialtes und Otos sagt, das ist von ihnen zu verstehen, daß sie sich einen Zugang zum Himmel bahnen wollten um die Götter anzugreifen. Zeus also und die anderen Götter ratschlagten, was sie ihnen tun sollten, und wußten nicht was. Denn es war weder tunlich sie zu töten, und wie die Giganten sie niederdonnernd das ganze Geschlecht wegzuschaffen, denn so wären ihnen auch die Ehrenbezeugungen und die Opfer der Menschen mit weggeschafft worden, noch konnten sie sie lassen weiter freveln. Mit Mühe endlich hatte sich Zeus etwas ersonnen und sagte, Ich glaube nun ein Mittel zu haben wie es noch weiter Menschen geben kann, und sie doch aufhören müssen mit ihrer Ausgelassenheit, wenn sie nämlich schwächer geworden sind. Denn jetzt, sprach er, will ich sie jeden in zwei Hälften zerschneiden, so werden sie schwächer sein, und doch zugleich uns nützlicher, weil ihrer mehr geworden sind, und aufrecht sollen sie gehn auf zwei Beinen. Sollte ich aber merken, daß sie noch weiter freveln und nicht Ruhe halten wollen, so will ich sie, sprach er, noch einmal zerschneiden, und sie mögen dann auf einem Beine fortkommen wie Kreisel. Dies gesagt zerschnitt er die Menschen in zwei Hälften, wie wenn man Früchte zerschneidet um sie einzumachen, oder wenn sie Eier mit Haaren zerschneiden. Sobald er aber einen zerschnitten hatte befahl er dem Apollon ihm das Gesicht und den halben Hals herumzudrehen nach dem Schnitte hin, damit der Mensch seine Zerschnittenheit vor Augen habend sittsamer würde, und das übrige befahl er ihm auch zu teilen. Dieser also drehte ihm das Gesicht herum, zog ihm die Haut von allen Seiten über das was wir jetzt den Bauch nennen herüber, und wie wenn man einen Beutel zusammenzieht faßte er es in eine Mündung zusammen, und band sie mitten auf dem Bauche ab, was wir jetzt den Nabel nennen.

Gruß Fritz

Hallo Fritz,

Diese Geschichte, beste Kitty, erzählt in Platons „Symposion“
der Komödienschreiber Aristophanes.

=>
http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=2459&kapitel=7…

Vielleicht kann mir dazu ja jemand was schreiben!??

Was darf es sein?

Hier ein Auszug:

Allerdings, habe also Aristophanes gesagt, …

Also ich hätte ja mit meinem Auszug erst da angefangen, wo du aufhörtest:

Jeder von uns ist also ein Stück von einem Menschen, da wir ja zerschnitten, wie die Schollen, aus einem zwei geworden sind. Also sucht nun immer jedes sein anderes Stück. Welche Männer nun von einem solchen gemeinschaftlichen ein Schnitt sind, was damals Mannweib hieß, die sind weiberliebend und die meisten Ehebrecher gehören zu diesem Geschlecht, und so auch welche Weiber männerliebend sind und ehebrecherisch, die kommen aus diesem Geschlecht. Welche Weiber aber Abschnitte eines Weibes sind, die kümmern sich nicht viel um die Männer, sondern sind mehr den Weibern zugewendet und die Tribaden kommen aus diesem Geschlecht; die aber Schnitte eines Mannes sind suchen das männliche auf, und so lange sie noch Knaben sind, lieben sie als Schnittstücke des Mannes die Männer, und bei Männern zu liegen und sich (192) mit ihnen zu umschlingen ergötzt sie, und dies sind die trefflichsten unter den Knaben und heranwachsenden Jünglingen, weil sie die männlichsten sind von Natur.

Ich halte aber nicht viel von solchen „Bessere-Hälfte-Weltbildern”:

Auch Platon malt hier das Bild der als Selbstzweck anzustrebenden monogamen Zweierkiste.

Es ist ihm allerdings hoch anzurechnen, dass er auf diese Weise Hetero- und Homosexualität gleichberechtigt nebeneinanderstellt. Das tut die biblische Schöpfungsgeschichte mit der Männin als der Rippe aus dem Mann ja nicht, mit der Folge, dass sich darin schwule Männer von vornherein genauso wenig wiederfinden können wie moderne Frauen gleich welcher sexuellen Orientierung.

http://www.bibleserver.com/act.php?search_context=10…
(1. Mose 21-24)
(21) Da ließ Gott der HERR einen tiefen Schlaf fallen auf den Menschen, und er schlief ein. Und er nahm eine seiner Rippen und schloss die Stelle mit Fleisch.
(22) Und Gott der HERR baute eine Frau aus der Rippe, die er von dem Menschen nahm, und brachte sie zu ihm.
(23) Da sprach der Mensch: Das ist doch Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch; man wird sie Männin nennen, weil sie vom Manne genommen ist.
(24) Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und sie werden sein „ein“ Fleisch.

Eine modernere Sichtweise der Sexualität ist doch, dass es sich einfach um ein Mittel sozialer Kommunikation, auch in der Gruppe handelt. http://de.wikipedia.org/wiki/Hominisation#Evolution_…

Zwergschimpansen haben das schon lange für sich herausgefunden und ganz ohne Philosophie bleiben sie da auch ziemlich unverfälscht. Erst seit ein paar Jahrzehnten kommen Menschen nun auch bewusst auf den Trichter.

Gruß Gernot

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Nachtrag

die biblische
Schöpfungsgeschichte mit der Männin als der
Rippe aus dem Mann

Interessant sind in diesem Zusammenhang auch die Etymologien der englischen Wörter woman und wife:
http://www.etymonline.com/index.php?search=woman&sea…
http://www.etymonline.com/index.php?term=wife

… oder auch die kölsche Bezeichnung für Frau:
http://ksh.wikipedia.org/wiki/Frauminsch

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Hallo Gernot,

Es ist ihm allerdings hoch anzurechnen, dass er auf diese
Weise Hetero- und Homosexualität gleichberechtigt
nebeneinanderstellt.

Das tut Platon gerade nicht. Platonische Liebe bedeutet frei übersetzt „Wahre Liebe gibt es nur zwischen Männern“. „Die Sache“ mit den Frauen, nun ja, wenn es einen überkam, und natürlich um die junge Brut zu sicher… Aber nichts heres, gutes…

Das tut die biblische
Schöpfungsgeschichte mit der Männin als der
Rippe aus dem Mann ja nicht, mit der Folge,
dass sich darin schwule Männer von vornherein genauso wenig
wiederfinden können wie moderne Frauen gleich welcher
sexuellen Orientierung.

Wenn wir Pinkas Lapide glauben dürfen, und an seiner philologischen Kompetenz besteht kein Zweifel, müsste man den hebräischen Urtext so übersetzen, dass Gott die Frau aus des Mannes Seite schuf. Gleiche Augenhöhe gewissermaßen. Nicht Kopf (Athene!), nicht Erde (Babylon).

Homosexualität kommt darin allerdings auch nicht vor, wie es einige Stellen später im AT ja ausdrücklich heißt: „Als Mann und Frau schuf er ihn [den Menschen]“.

Gruß,
Andreas

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Es ist ihm allerdings hoch anzurechnen, dass er auf diese
Weise Hetero- und Homosexualität gleichberechtigt
nebeneinanderstellt.

Das tut Platon gerade nicht.

Hallo,

Andreas!

Würdest du mir bitte für diese Behauptung eine konkrete Belegstelle bei Platon nennen!
Gruß!
hannes

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Hallo Hannes,

vor allem Sokrates’ Rede im Symposion, z.B. „Des Mannes und Weibes Gemeinschaft nämlich ist Erzeugung.“ (in Schleiermachers Übersetzung, Symposion 206c)

Gruß,
Andreas

vor allem Sokrates’ Rede im Symposion, z.B. „Des Mannes und
Weibes Gemeinschaft nämlich ist Erzeugung.“ (in
Schleiermachers Übersetzung, Symposion 206c)

Hallo,

Andreas!

Freilich!
Und seltsam: Dieser Satz steht unbestritten bei Platon, er fehlt aber in meiner Schleiermacher-Übersetzung (rororo Klassiker Bd. 14).
Ich übersetze die Stelle ein bisschen weiter: „Dies, Empfängnis und Zeugung, ist aber etwas Göttliches und ist etwas Unsterbliches in dem Lebewesen, das sterblich ist.“
Und vorher heißt es: „Alle Menschen sind leiblich ebenso wie seelisch fruchtbar.“
Hier wird also die Begründung für die sog. platonische Liebe (die für ein Hervorbringen fruchtbare Seele) nicht auf die Männer [sondern: „alle Menschen“] beschränkt.
Und weil in diesem Teil seiner Rede Sokrates eine Rede der Priesterin Diotíma aus Mantineia* wiedergibt, interpretiere ich das so, dass diese Ausführungen über den seelischen Eros nicht nur auf die Männer zu beziehen sind. Platons Hochachtung für Sappho passt da ja ganz gut dazu.
[Etwas außerhalb des Themas: Dass heterosexuelle platonische Liebe möglich war, dafür lassen sich wohl auch Beispiele finden aus dem Milieu der Priesterinnen und der hochgebildeten Hetären und aller anderen Frauen, die unverheiratet zu sein hatten, mit denen die synoysia (um das Wort aus Symp. 206 c zu benutzen) dennoch zu einem (geistigen) „Erzeugen“ führte.]
Vielleicht hat Hölderlin diese Stelle ganz gut begriffen, der den Namen seiner Diotíma aus dem Symposium entlehnte.
Aber natürlich kann man das alles auch anders sehen.
* Warum aus Mantineia? Vielleicht wählte Platon diese Herkunft, weil
die Mantineer den Ruf hatten, „unter den besten Gesetzen“ (eunomótatoi) zu leben.
Chaire!
Hannes
Ps: Natürlich kenne ich den Rest dieser Rede und habe ihn mitbedacht, so dass ich auf das darin Gesagte nicht hingewiesen zu werden brauche.

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Respekt, Hannes! Das war mal eine kompetente Replik. Kann nicht (mehr) jeder. Auf die humanistische Bildung!

Andreas