Entwicklung von Modellen

Hallo,

Huch! Ich bin etwas überrascht, dass Du das nicht wusstest,
aber die Rotverschiebung hat mit dem Doppler-Effekt nichts zu
tun. Das weiß man aber nicht erst seit gestern. Sie wird über
die Expansion des Raums erklärt.

Ich kann dich beruhigen, denn das ist mir schon bewusst. Ich dachte nur, dass der Betrag der Rotverschiebung für eine bestimmte Expansionsgeschwindigkeit und der Betrag der Rotverschiebung für eine gleich hohe reale Geschwindigkeit doch gleich ist, oder liege ich da falsch?

Und davon ganz unabhängig: Wie soll das - wenn sich das Universum nicht ausdehnen sollte - damit zusammenpassen, dass wir sehen, dass die Galaxien früher enger zusammenstanden und dass zeitliche Abläufe genau so durch die Zeitdilatation gedehnt sind, wie man das aufgrund der beobachteten Expansionsrate erwarten würde. Mir scheint die Idee, dass dies einfach nur ein scheinbarer Effekt ist, völlig unplausibel zu sein.

Die Entfernung zwischen sehr fernen Glaxien und uns wächst schneller
als mit Lichtgeschwindigkeit.

Aber doch nicht beim Zeitpunkt, als das Licht dort abgeschickt wurde, oder nicht? Von daher wird doch dann gar nichts imaginär.

Vielleicht kommt irgendwann ein genialer Physiker auf die
Welt, der feststellt, dass das Universum sich gar nicht
ausdehnt, sondern dass es nur so aussieht als ob.

Das ist doch ein Totschlagargument. Das kannst du immer und
bei jeder Theorie sagen, dass alles „nur so aussieht“ als ob
das so sei und in „Wirklichkeit“ ganz anders ist.

Stimmt, das kann man bei jeder Theorie sagen. Warum soll das
also plötzlich bei der Dunklen Energie nicht gelten?

Sicher könnte es gelten. Aber ich sehe keinen Grund dafür, denn ein Totschlagargument kann man ja immer benutzen, völlig grundlos. Und ich sehe hier keinen Grund.

vg,
d.

Seid Ihr der Meinung, dass in den genannten Beispielen eine
bestehende Theorie durch etwas grundlegend Neues ersetzt
wurde, oder dass die alte Theorie als integraler Bestandteil
in eine neue, umfassendere Theorie aufgenommen wurde?

In einigen schon, in anderen nicht:

geozentrisches Weltbild → heliozentrisches Weltbild

Aus heutiger Sicht ist das nichts Neues. Es wurde ja nur ein anderes Bezugssystem verwendet. Aus damaliger Sicht mag es trotzdem revolutionär gewesen sein.

galileische Kinematik, newtonsche Dynamik → spezielle Relativitätstheorie

Ich weiß nicht, was Du mit „galileischer Kinematik“ meinst. Wenn damit die Galilei-Transformation gemein sein sollte, dann ist die Ablösung derselben durch die Lorentz-Transformation tatsächlich etwas revolutionär Neues. Die Newtonsche Dynamik bleibt dabei allerdings uneingeschränkt gültig.

Newtonsches Gravitationsgesetz → allgemeine Relativitätstheorie

Das ist etwas neues. Zwar bleibt das Newtonsche Gravitationsgesetz phänomenologisch noch als Grenzfall gültig, aber es unterscheidet sich fundamental von der ART (z.B. Gravitation als Fernwirkungskraft vs. Raumzeitkrümmung)

Punktmechanik → Quantenmechanik

Obwohl die QM z.B. in Form des Welle-Teilchen-Dualismus Teile der klassischen Mechanik beinhaltet, ist sie etwas grundlegend Neues. Um in der QM zurecht zu kommen, muss man sich sogar abgewöhnen, klassisch zu denken. Und da man heute noch nicht einmal sicher sagen kann, unter welchen Bedingungen die Quantenwelt in die klassische maktroskopische Welt übergeht, habe ich sogar Schwierigkeiten, die klassische Mechanik als Grenzbereich der QM anzusehen.

Bohrsches Atommodell → Orbitalmodell

Bohrsches Atommodell? Was’n das? Ganz ehrlich: Man sollte so tun, als hätte es diese didaktische Katastrophe nie gegeben.

Wellentheorie des Lichts → Quantenelektrodynamik

Das ist im Grunde so wie mit Punktmechanik und Quantenmechanik. Allerdings geht die Quantenelektrodynamik in die klassische Elektrodynamik über, solange keine Quantensprünge auftreten. Wenn ein Photon beispielsweise nicht gerade absorbiert oder emittiert wird, kann man es als klassische elektromagnetische Welle beschreiben. Deshalb würde ich hier eher von einer Erweiterung einer bestehenden Theorie sprechen.

Hallo!

Danke für Deine Einschätzung. Sie deckt sich im Wesentlichen mit meiner. Ein paar Anmerkungen:

geozentrisches Weltbild → heliozentrisches Weltbild

Aus heutiger Sicht ist das nichts Neues. Es wurde ja nur ein
anderes Bezugssystem verwendet. Aus damaliger Sicht mag es
trotzdem revolutionär gewesen sein.

Tycho Brahes geozentrisches Weltbild geht tatsächlich durch Koordinatentransformation aus dem Weltbild des Kopernikus hervor und umgekehrt. Beim ursprünglichen Epizyklen-Modell funktioniert das aber nicht. Dort ist z. B. Mars von der Erde immer weiter weg als die Venus.

galileische Kinematik, newtonsche Dynamik → spezielle Relativitätstheorie

Ich weiß nicht, was Du mit „galileischer Kinematik“ meinst.

Mir ist kein passender Begriff eingefallen. Ich meinte einfach die klassische Mechanik des starren Körpers. Manches gilt bei Einstein uneingeschränkt (z. B. die Dynamik), anderes nicht (z. B. Galilei-Trafo, Energiesatz in der klassischen Formulierung, …)

Bohrsches Atommodell → Orbitalmodell

Bohrsches Atommodell? Was’n das? Ganz ehrlich: Man sollte so
tun, als hätte es diese didaktische Katastrophe nie gegeben.

Ich finde, es hat in der Wissenschaftsgeschichte schon seine Daseinsberechtigung. In der Experimentalphysik und der Theoretischen Physik freilich nicht.

Wellentheorie des Lichts → Quantenelektrodynamik

Das ist im Grunde so wie mit Punktmechanik und
Quantenmechanik. Allerdings geht die Quantenelektrodynamik in
die klassische Elektrodynamik über, solange keine
Quantensprünge auftreten. Wenn ein Photon beispielsweise nicht
gerade absorbiert oder emittiert wird, kann man es als
klassische elektromagnetische Welle beschreiben. Deshalb würde
ich hier eher von einer Erweiterung einer bestehenden Theorie
sprechen.

Bei der Erwähnung der QED dachte ich insgeheim an Feynman-Diagramme, Pfadintegrale und dergleichen, die mit der Maxwellschen Elektrodynamik nicht sehr viel gemeinsam haben.

Ob das Photon als lokalisierbares Objekt existiert oder nicht, wenn es gerade nicht lokalisiert wird, ist letztendlich eine Abwandlung des Problems von Schrödingers Katze. Insofern verstehe ich Deinen Punkt. Die mathematische Beschreibung der Hertz-Maxwellschen EM-Welle ist ja identisch mit der quantenmechanischen Teilchenwelle. Allerdings ist der philosophische Unterbau natürlich ganz ein anderer.

Michael