Frauenseele in der kath. kirche

liebe Mitwisser/Innen-
wer kann mir sagen (oder weiterhelfen dabei), wann die katholische Kirche den Frauen auch eine Seele zugestanden hat? Meines Wissens war die Hexenverfolgung ja deshalb unproblematisch, weil dabei keine beseelten Wesen zu Schaden kamen, waren ja nur Frauen
Wann (zumindest ungefähr) hat der Vatikan seine Meinung geändert (bzw. sich den Notwenigkeiten der weltlichen Realität gebeugt)
Gibt es hier jemanden, der mehr darüber weiß?
Danke!
Anette

Hallo Anette,

zu früheren Auffassungen der Kirche kann ich aus dem „Lamäng“ nichts beitragen, wohl aber zur gegenwärtigen, und zur Geschichte der Hexenverfolgung.

Gegenwärtig maßgeblich für das, was Katholiken glauben (sollen), ist der Katechismus. Und der äußert sich so:
http://www.vatican.va/archive/DEU0035/_P8A.HTM

Entscheidend ist also die Stelle aus der Genesis, dass Gott den Menschen als sein Abbild „als Mann und Frau“ schuf. Wenn man dann noch die bekannte Schöpfungsgeschichte richtig übersetzt, so wurde Eva aus der „Seite“ (nicht aus der Rippe, aus dem Haupt (wie Athene) oder aus dem Staub (wie bei Gilgamesch)) erschaffen. Daraus ergibt sich klar die Gleichwertigkeit.

Zur Geschichte der Hexenverfolgung empfehle ich Dir die Archivsuche in den Brettern Geschichte und Mittelalter. Nochmal: Korrekterweise spricht man von einer HexeN/R-Verfolgung. Es gibt keine Berechtigung von einer spezifisch weiblichen Opferrolle zu sprechen.
Insbesondere aber ist es weder ein mittelalterliches noch ein spezifisch katholisches (Stichwort Inquisition) Phänomen.

Da die Forschung dazu im Fluss ist, kann ich den einschlägigen Wikipedia-Artikel nur als Anregung und Einführung empfehlen.

Gruß,
Andreas

Hallo Anette,

liebe Mitwisser/Innen-
wer kann mir sagen (oder weiterhelfen dabei), wann die
katholische Kirche den Frauen auch eine Seele zugestanden hat?

kannst Du mir weiterhelfen und mir sagen,wann (wo)die kath.Kirche
den Frauen eine Seele abgesprochen hat ?
Danke.
Gruß VIKTOR

Hallo Anette,

wer kann mir sagen (oder weiterhelfen dabei), wann die
katholische Kirche den Frauen auch eine Seele zugestanden hat?

Gegenfrage: wann hast Du aufgehört, Deine Kinder zu verprügeln?

Mal im Ernst - die katholische Kirche bzw. diverse Kirchenväter und sonstige Autoritäten haben im Laufe der Geschichte so einiges in Bezug auf die Minderwertigket des „niedrig gewachsenen, schmalschultrigen, breithüftigen und kurzbeinigen Geschlechts“ (A. Schopenhauer) verzapft. Nicht jedoch, sie seien seelenlos. Derartiger Blödsinn wird im Internet, wie mir eine kurze Recherche gezeigt hat, gelegentlich dem Kirchenvater Thomas von Aquin zugeschrieben - von Leuten, die offensichtlich nicht die geringste Ahnung von Thomas (auf Aristoteles beruhender) Seelenlehre haben, aber dafür um so fleißiger voneinander abschreiben.

Meines Wissens war die Hexenverfolgung ja deshalb
unproblematisch, weil dabei keine beseelten Wesen zu Schaden
kamen, waren ja nur Frauen

Wo hast Du denn nur diesen kompletten Kokolores her? Mal davon abgesehen, dass den Hexenverfolgungen zwar mehrheitlich, aber durchaus nicht ausschließlich Frauen zum Opfer fielen, so ist ein Kernbegriff des Hexenglaubens der sog. Teufelsbund / Teufelspakt, bei dem es ja gerade um die Seele als ‚Vertragsobjekt‘ gehen sollte. Das findest du im Formicarius des Johannes Nider und natürlich auch im Malleus maleficarum. Ohne Seele kein Teufelspakt, ohne Teufelspakt keine Hexerei.

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo Andreas,

Wenn
man dann noch die bekannte Schöpfungsgeschichte richtig
übersetzt, so wurde Eva aus der „Seite“ (nicht aus der Rippe,
aus dem Haupt (wie Athene) oder aus dem Staub (wie bei
Gilgamesch)) erschaffen. Daraus ergibt sich klar die
Gleichwertigkeit.

schön und flott zurechtgeschwindelt. Umgekehrt wird aus Schuh draus. Ob nun Seite oder Rippe - weil die Frau in Abhängigkeit vom Mann erschaffen wurde, ist sie eben nicht „gleichwertig“. Schon im Korintherbrief des Paulus nachzulesen - „Denn der Mann ist nicht vom Weibe, sondern das Weib ist vom Manne“.

Ambrosius bestreitet sogar die ‚Ebenbildlichkeit‘ der Frau und wenn auch Thomas von Aquin nicht so weit geht, so ist bei ihm die Frau doch eine im Vergleich zum Mann mangelhafte und minderwertige Schöpfung. Um nur zwei - die mit Augustinus bedeutendsten - Kirchenväter zu nennen.

Und nun sage nicht, das sei Geschichte - genau aus diesem Grund wird Frauen in der katholischen Kirche noch heute das Sakrament der Weihe verweigert. Findest Du auch im Katechismus - einfach mal etwas zurückblättern, Art. 1536 ff.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Hallo Ralf,

„geschwindelt“? Ich beziehe mich auf Pinchas Lapide. Der allerdings kein katholischer Theologe ist.

Gruß
Andreas

Androgynität von Jahwe und Adam
Hi Ralf.

Umgekehrt wird aus Schuh draus. Ob nun Seite oder Rippe - weil die Frau in Abhängigkeit vom Mann erschaffen wurde, ist sie eben nicht „gleichwertig“.

Da darf ich widersprechen, denn das Wort „Adam“ bedeutet „Mensch“, und zwar als Gattungsbezeichnung. Das Wort leitet sich her vom hebräischen „ada-mah“, was Erde heißt. „Gott“ schuf also einen „Menschen“ als Abbild seiner selbst:

Gen 1, 27: „Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie einen Mann und ein Weib.“

Daraus folgt zweierlei: 1) Der Mensch ist ursprünglich zweigeschlechtlich und wird erst nachträglich in Mann und Frau getrennt, und 2) Gott ist zweigeschlechtlich, denn er schuf den zweigeschlechtlichen Menschen nach seinem Bild.

Adam, der androgyne Mensch, wird in Gen 2, 21-22 dann auf präzisere Weise in Mann und Frau geteilt. Es heißt, übersetzerisch irreführend:

„21 Da ließ Gott der HERR einen tiefen Schlaf fallen auf den Menschen, und er schlief ein. Und er nahm seiner Rippen eine und schloß die Stätte zu mit Fleisch. 22 Und Gott der HERR baute ein Weib aus der Rippe, die er vom Menschen nahm, und brachte sie zu ihm.“

Was hier mit „Rippe“ übersetzt wird (hebr. zela), wird an allen anderen Stellen in der hebräischen Bibel, wo von „zela“ die Rede ist, mit „Seite“ übersetzt. Der Ausdruck „Rippe“ ist also entweder willkürlich gewählt oder, was wahrscheinlicher ist, aus frauenverachtenden Gründen.

Aus all dem folgt, dass der Ursprungsmythos zunächst die Frau nicht diskriminiert. Adam ist ein androgyner Mensch, aus dem der männliche und der weibliche Teil hervorgehen.

Wenn es dann aber heißt (und hier entsteht das eigentliche Problem):

„23 Da sprach der Mensch: Das ist doch Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch; man wird sie Männin heißen, darum daß sie vom Manne genommen ist“

…dann sollte man das nicht als logische Glanzleistung des Verfassers werten, die Formulierung ist nämlich irreführend. Vor allem, dass die „Männin“ vom „Mann“ genommen wurde, ist falsch, sie wurde vielmehr vom „Menschen“ genommen. Die Person, die hier „vom Manne“ als von sich selbst spricht, ist bereits der „Mann“ und nicht der vorherige ganzheitliche Mensch. Er kann also gar nicht sagen, dass die Frau von ihm genommen wurde. Das ergibt sich logisch aus dem vorangehenden Konzept des androgynen Menschen. Es liegt in Gen 2, 23 also an dieser Stelle eine Überblendung von „Mensch“ und „Mann“ vor, die über Jahrtausende hinweg für erheblichen psychosozialen Schaden gesorgt hat.

Ich denke, das lässt sich alles auch ohne Hebräischkenntnisse und unter alleinigem Bezug auf Sekundärliteratur (auch Jörg Sieger…) sowie auf der Basis der Interlinearübersetzung von Hans Zimmermann so sagen, wo „zela“ aber konventionell mit „Rippe“ rübergebracht wird.

(http://12koerbe.de/arche/genesis.htm)

Beste Grüße und sorry für meine unsachlichen Angriffe von damals

Chan

Hallo Chan,
da Metapher, der für eine Antwort auf diese schräge These zweifellos deutlich qualifizierter wäre als ich, die Grenzen seiner Geduld wohl nicht weiter austesten möchte, werde ich selbst einmal wieder eine Tasse in dieses Danaidenfass kippen. Nicht, um Deine These zu diskutieren - es wird bei diesem einen Posting bleiben - sondern weil hier exemplarisch deutlich wird, was bei Deinen Diskussionsbeiträgen - entschuldige - so nervt.

Zunächst einmal geht Dein Einwurf völlig am Thema vorbei; das Thema selbst dient Dir nur wieder einmal dazu, hier ungefragt eine Deiner Thesen in den Raum zu stellen. Es geht hier in diesem Thread um die Stellung der Frau in der Lehre der katholischen Kirche - nicht darum, ob diese sich zu Recht oder zu Unrecht dabei auf die Bibel beruft. Eine ‚Entscheidung‘ in dieser Frage ist weder möglich noch sinnvoll - es geht hier um exegetische Fragen, nicht um philologische. Für letztere wären auch die genannten Ambrosius und Thomas von Aquin zumindest in einer Hinsicht nicht qualifizierter als Du oder ich - sie beherrschten beide kein Hebräisch. Was aber, wie gesagt, hier nichts zur Sache tut.

Um nun trotzdem auf Deine These einer „Androgynität von Jahwe und Adam“ einzugehen - diese ist in mehrerer Hinsicht völlig abwegig.

1.) Deine These beruht wesentlich darauf, dass Du schlicht ignorierst, dass in Gen 1,1-2,4a und Gen 2,4b-24 zwei unterschiedliche (aus verschiedenen Quellen stammende) und einander widersprechende Schöpfungsmythen vorliegen, der jahwistische und der priesterschriftliche. Wenn die (zugegeben angreifbare) Datierung der Quellen des Pentateuch einigermaßen zutreffend ist, dann besteht zwischen den Quellen der beiden Schöpfungsmythen auch ein zeitlicher Abstand von etwa vier Jahrhunderten. Du hingegen vermengst die beiden miteinander und interpretierst den einen Bericht auf Grundlage des anderen. Genauer: aufgrund des 400 Jahre älteren jahwistischen Berichtes interpretierst Du die priesterschriftliche Aussage Gen 1, 1,27 („Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; männlich und weiblich schuf er sie (sic! - Mehrzahl)“) so, als seien da nicht Mann und Frau sondern ein Zwitter erschaffen worden, der dann später geteilt wurde. Das ist absurd.

Nun ist eine ‚Zusammenschau‘ von Texten unterschiedlicher Herkunft und die exegetische Aufhebung offensichtlicher Widersprüche zwischen ihnen im Rahmen religiöser Lehraussagen durchaus legitim (wenn auch nicht notwendig plausibel). Man muss sich natürlich bewusst sein, dass dies unter dem Postulat der göttlichen Inspiriertheit biblischer Texte geschieht - was wiederum implizit deren Wahrhaftigkeit und damit wechselseitige Widerspruchsfreiheit zur Folge hat. Da Du ein solches Postulat nicht in Anspruch nimmst, kannst Du auch nicht von einem einzigen, in sich widerspruchsfreien Schöpfungsbericht ausgehen. Deine Interpretation ist dann eben nicht legitim, sie muss vielmehr historisch-kritischen Ansprüchen genügen. Was sie so wenig tut wie traditionelle, konservative Bibelexegese.

Übrigens - in solchen Fragen ist es durchaus hilfreich, den hier kürzlich ideologischer Voreingenommenheit verdächtigten Jörg Sieger heranzuziehen.

2.) Kommen wir zu ‚Rippe‘ und ‚Seite‘. Wie schon gesagt, habe ich von Hebräisch keine Ahnung - aber ich habe mir von jemandem, bei dem das der Fall ist, sagen lassen, dass beide Übersetzungen zulässig sind. Mythengeschichtlich ist ‚Rippe‘ die wohl sinnvollere Übersetzung; die Tradition, die ‚Seite‘ vorzieht, beruft sich auf die griechische Septuaginta, in der der Begriff mit ‚pleura‘ wiedergegeben ist. Nun gilt für pleura dasselbe wie für ‚zela‘, es kann für ‚Seite‘ stehen oder für ‚Rippe‘. In der Septuaginta freilich steht ‚pleura‘ im Dual (pleuron), und da Adam sicher zwei Seiten hatte, aber deutlich mehr als nur zwei Rippen, haben die Übersetzer der Septuaginta offensichtlich ‚zela‘ mit ‚Seite‘ interpretiert.

Nun ist Seite aber nicht Hälfte. Wenn man ‚zela‘ oder ‚pleura‘ als ‚Seite‘ liest, dann ist damit eine Seite des Körperrumpfes gemeint - ohne Arm, ohne Bein, selbstverständlich ohne Kopf oder auch nur einen Teil davon. Dann wird auch klar, dass der Unterschied hier zwischen ‚Seite‘ und ‚Rippe‘ gar nicht so groß ist, wie es vielleicht scheinen mag. Offensichtlich sah der angebliche androgyne Adam vor seiner Zerteilung doch ganz anders aus als das von dem Witzbold Aristophanes in Platos ‚Symposion‘ geschilderte Monster. Also auch im Detail - von der bemühten Vermengung der Schöpfungberichte abgesehen - kein Hinweis auf einen Mythos eines androgynen ‚Ur-Adam‘.

3.) Was nun gar die angebliche Androgynität Jahwes angeht, so beruht sie natürlich auf derselben unplausiblen Vermengung der beiden Schöpfungsberichte. Ganz konkret steht diese These (von fehlenden stützenden Belegen einmal abgesehen) im Widerspruch zu der epigraphisch belegten Assoziierung Jahwes mit einer Aschera als weiblichem Pendant in der vorexilischen Zeit, in den Elephantine-Texten sogar noch im 5./6. Jahrhundert (Yaho und Anath).

Freundliche Grüße,
Ralf

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Die Rippchen-Frage
Hallo Ralf,

bezüglich zela würde ich deinen Ausführungen gern etwas hinzufügen.

1.: einen Artikel von mir zu genau diesem Thema
/t/die-erschaffung-der-menschen/2694118/3

2.:

… dass beide Übersetzungen zulässig sind. Mythengeschichtlich ist ‚Rippe‘ …

Ich kann es selbst nicht nachprüfen, aber soweit ich von Kundigen höre und lese, sind Gen. 2.21-22 die einzigen beiden Sätze im Tanach, wo צלע zela Rippe heißen könnte, an den anderen Stellen aber nicht. Ansonsten hat צלע eine recht umfangreiche Extension: Seite, (Berg-)Hang, (Pflanzen-)Blatt, (Schiffs-)Planke, (Seiten-)Kammer usw., und eben auch Rippe.

Von daher sehe ich keinen Grund für die Annahme, der hebräische Leser würde „Seite“ der LXX wegen bevorzugen.

die Tradition, die ‚Seite‘ vorzieht, beruft sich auf die griechische Septuaginta, in der der Begriff mit ‚pleura‘ wiedergegeben ist.

Abgesehen davon, daß eben griech. pleura ebenfalls, genau wie hebr. zela, auch Rippe heißt!

In der Septuaginta freilich steht ‚pleura‘ im Dual (pleuron)

Ich sehe da meinerseits keinen Dual. Aber vielleicht kann Hannes etwas dazu sagen. Es gibt sowohl pleura als auch pleuron mit gleicher Bedeutung. In
2.21 steht τῶν πλευρῶν = Gen. Plur. von pleura oder pleuron
2.22 steht τὴν πλευράν = Akk. Sing. von pleura

Ein Dual aber hätte
in 21 Genitiv τοιν πλευραιν
in 22 Akkusativ τω πλευρα

Gruß
Metapher

addendum est …
… daß ich mit deinen anderen Ausführungen natürlich 1:1 übereinstimme.

Das vergaß ich hizuzufügen. Sorry.

M.

Hallo,

hier eine Sammlung…
http://www.kreudenstein-online.de/Helauluja/inspirat…

Der „Frau“ wurde anscheinend nicht die Seele abgesprochen, aber sie galt bei manchen „gelehrten“ Männern, die des Schreibens mächtig waren und uns daher bis heute mit ihrer Weisheit beglücken, wohl als sehr willensschwach; wenn man nun bedenkt, dass diese Männer sich aufgrund ihres Bildes vom Mann als solche „stark“ fanden auch im Geistigen, so wurde dem „anderen Geschlecht“ eben das Gegenteil zugeschrieben.

Gruß
Istiden

Ist eine rabbinische These ´schräg´und ´absurd´?
Hi Ralf.

da Metapher, der für eine Antwort auf diese schräge These zweifellos deutlich qualifizierter wäre als ich, die Grenzen seiner Geduld wohl nicht weiter austesten möchte, werde ich selbst einmal wieder eine Tasse in dieses Danaidenfass kippen.

Es zeigt einen menschlichen Zug, dass auch die Top-Experten dieses Bretts nicht über alles informiert sind und auf Kontrahenten bzw. deren Thesen allzu gerne mit Schimpfwörtern werfen.

Besagte „schräge“ These wird nämlich, was Adam als androgynen Mensch betrifft, vor allem in der jüdischen Talmud-Tradition vertreten. Dass sich daraus aufgrund der Ebenbildhaftigkeit auch die Androgynität „Gottes“ ergibt, ist wohl klar.

Du scheinst „Adam“ für ein Neutrum zu halten. Daraus würde aufgrund der Spiegelbildlichkeit folgen, dass „Gott“ auch ein Neutrum ist, was religionsgeschichtlich, um dein Wort zu gebrauchen, absurd ist. Jene Zeit kannte keine geschlechtslosen Götter. Dass Adam zunächst auch kein Mann war, ist andererseits auch klar.

Was bleibt übrig?

Logisch folgt aus deinem Kommentar jedenfalls, dass du die These auch unter dem Gesichtspunkt ihrer rabbinischen Herkunft als „schräg“ abqualifizieren würdest. Zur möglichen Androgynität „Gottes“ verlinke ich ganz unten eine jüdische Internetseite.

Einführendes Zitat:

„But if we read the text as a mystic might, paying extremely close attention and assuming that the biblical text conceals more than it reveals, we may find hints regarding God’s androgynous nature.“

Da du unmotiviert bist, diese Debatte fortzuführen, verzichte ich auf weitere und nähere Hinweise.

Um nun trotzdem auf Deine These einer „Androgynität von Jahwe und Adam“ einzugehen - diese ist in mehrerer Hinsicht völlig abwegig.

Da bin ich gespannt.

1.)Deine These beruht wesentlich darauf, dass Du schlicht ignorierst, dass in Gen 1,1-2,4a und Gen 2,4b-24 zwei unterschiedliche (aus verschiedenen Quellen stammende) und einander widersprechende Schöpfungsmythen vorliegen, der jahwistische und der priesterschriftliche.

Weiß ich. Ich befasse mit Datierungsfragen, was dir, solltest du auch nur zwei oder drei meiner neueren Artikel gelesen haben, bekannt sein sollte.

Wenn die (zugegeben angreifbare) Datierung der Quellen des Pentateuch einigermaßen zutreffend ist, dann besteht zwischen den Quellen der beiden Schöpfungsmythen auch ein zeitlicher Abstand von etwa vier Jahrhunderten.

Da darf ich dich auf einen aktuelleren Stand bringen. Mittlerweile werden von manchen Forschern beide Texte in das 6. Jahrhundert v.u.Z. datiert, also in die Zeit während und nach dem Exil, als Bedarf nach einem „heiligen Text“ bestand.

Genauer: aufgrund des 400 Jahre älteren jahwistischen Berichtes interpretierst Du die priesterschriftliche Aussage Gen 1, 1,27 („Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; männlich und weiblich schuf er sie (sic! - Mehrzahl)“) so, als seien da nicht Mann und Frau sondern ein Zwitter erschaffen worden, der dann später geteilt wurde. Das ist absurd.

Diese „absurde“ Interpretation geht auf talmudische Rabbiner wie z.B. Rabbi Eliesar zurück. Diese Interpretation spricht Adam zwei Gesichter und Körperhälften zu, die eine männlich, die andere weiblich.

Ich werde Rabbi Eliesar und Co. dein Kompliment ausrichten, wenn ich sie mal sehe.

3.)Was nun gar die angebliche Androgynität Jahwes angeht, so beruht sie natürlich auf derselben unplausiblen Vermengung der beiden Schöpfungsberichte. Ganz konkret steht diese These (von fehlenden stützenden Belegen einmal abgesehen) im Widerspruch zu der epigraphisch belegten Assoziierung Jahwes mit einer Aschera als weiblichem Pendant in der vorexilischen Zeit, in den Elephantine-Texten sogar noch im 5./6. Jahrhundert (Yaho und Anath).

Ich war es übrigens, der Aschera hier im Brett als religionsgeschichtlich relevanten Faktor ins Spiel brachte, don´t forget please.

Was dein Argument betrifft, wäre es hinfällig, wenn tatsächlich beide Genesis-Texte erst im 6. Jahrhundert entstanden, da zu dieser Zeit die Aschera- und Baal-Kulte definitiv auf der Abschussliste der babylonischen Exilanten standen, welche den Jahwe-allein-Kult propagierten und auch durchsetzten. Sollte der eine Genesis-Text aber doch ins 9. oder gar 10. Jahrhundert fallen, dann weist nichts darauf hin, dass damals und im Umfeld des anonymen Verfasser ein Jahwe-Aschera-Kult praktiziert wurde.

Es geht auch nicht nur darum, was auf der Textoberfläche steht, sondern in den darunter liegenden Bedeutungsschichten. Ältere Überlieferungen wurden im Hinblick auf ein monotheistisches Dogma überarbeitet, da kann und muss es wohl zu seltsamen logischen Brüchen gekommen sein, wie mehrere Genesis-Textstellen zeigen. In den Brüchen könnte dann eine ältere Bedeutungsschicht hindurch schimmern. Ein solcher Bruch ist der unlogische Übergang von „Mensch“ zu „Mann“, auf den ich hingewiesen hatte und was du ignorierst.

Aschera dürfte für Eva Pate gestanden haben, worauf z.B. ihr göttlicher Titel „Mutter alles Lebendigen“ (Chawa = Eva) hinweist, den auch Aschera trug. Aber das ist ein spezielles Thema.

Gruß

Chan

http://reformjudaismmag.org/Articles/index.cfm?id=1433

Bibellexikon über die rabbinische Androgyn-These
Zitat aus

http://www.bibelwissenschaft.de/nc/wibilex/das-bibel…

„Die Abfolge von Gen 1 und Gen 2 ist nach einem bei den Rabbinen erwogenen Verständnis so zu verstehen, dass in Gen 1 ein einziger androgyner Urmensch geschaffen wird (Babylonischer Talmud, Traktate Eruvim 18a und Ketubbot 8a; Text Talmud 2), der dann in Gen 2 von Gott in Mann und Frau geteilt wird (vgl. Babylonischer Talmud, Traktat Berakhot 61a und Eruvim 18a.b).“

Chan

Danke!
Liebe Leute,
ich habe offenbar zu bereitwillig meinem Mann helfen wollen, der selbst nach o.g. Antwort suchte. Ich hätte wahrscheinlich erst lange recherchieren müssen, ob denn die Seele der Frau überhaupt jemals, von wem vielleicht (das schreibt der dann auch sicher so hin)…usw.
Da mein Mann der Mensch in meinem Bekanntenkreis mit dem umfassendsten Wissen über Religion, Bibel etc ist, sah ich keinen Grund, an seiner Fragestellung an sich zu zweifeln.
Danke an die unter Euch, die mir geantwortet haben, ohne den Oberlehrer hervorzukehren und mich ob meiner Nachlässigkeit zu tadeln.
Wenn man jeden möglichen Zweifel erstmal so lange wegrecherchieren muss, bis man die Antwort sowieso alleine 'raus hat, wozu dient dann dieses Forum, bitte?
Anette

Nun ist eine ‚Zusammenschau‘ von Texten unterschiedlicher Herkunft und die exegetische Aufhebung offensichtlicher Widersprüche zwischen ihnen im Rahmen religiöser Lehraussagen durchaus legitim (wenn auch nicht notwendig plausibel). Man muss sich natürlich bewusst sein, dass dies unter dem Postulat der göttlichen Inspiriertheit biblischer Texte geschieht - was wiederum implizit deren Wahrhaftigkeit und damit wechselseitige Widerspruchsfreiheit zur Folge hat. Da Du ein solches Postulat nicht in Anspruch nimmst, kannst Du auch nicht von einem einzigen, in sich widerspruchsfreien Schöpfungsbericht ausgehen. Deine Interpretation ist dann eben nicht legitim, sie muss vielmehr historisch-kritischen Ansprüchen genügen. Was sie so wenig tut wie traditionelle, konservative Bibelexegese.