Hallo Christian,
vorweg: unter Diplomaten darf gern gelästert werden, ich finde es auch grundsätzlich ok, sich ein Bild über sein Gegenüber zu machen, aber wenn es dabei um Fragen geht, die eben nicht nur die beiden betroffenen Personen angehen, sollen diejenigen ruhig damit leben lernen, dass diese Gespräche aufgedeckt werden könnten. Umgekehrte Disziplinierung qua Transparenz.
An einer Stelle möchte ich dir also grundsätzlich widersprechen:
Die Berichte spiegeln auch nicht die Sichtweise der USA oder
der US-Regierung wieder. Derartiges passiert tatsächlich
täglich millionenfach, wenn z.B. sich Mitarbeiter vor einer
Besprechung über Teilnehmer austauschen oder in der
Mittagspause über ihre Vorgesetzten und Kollegen unterhalten.
Das hat dann tunlichst auch nicht in der
Mitarbeiterzeitschrift zu erscheinen.
Der wesentiche Unterschied ist aber doch, dass diese Gespräche gesamtgesellschaftlich irrelevant sind. Aber wenn hinter verschlossenen Türen etwas besprochen wird, das letztendlich alle mehr oder minder tangiert, ist das sehr wohl vom (öffentlichen) Interesse.
Meldungen wie diese fand ich beispielsweise wichtig zu erfahren:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,731604,…
http://www.stern.de/politik/ausland/wikileaks-enthue…
Interessant ist die letzte Meldung im Hinblick darauf, dass spezielle Machenschaften - nennen wir sie doch Kriegskooperationen - damit etwas transparenter geworden sind. Wenn sie uns demnächst alle erzählen, dass es um Kampf gegen den Terrorismus oder um die Einführung einer Demokratie in den betroffenen Staaten ginge, dürften hoffentlich mehr Menschen als zuvor daran zweifeln und ihre Unterstützung verweigern, indem sie sich nicht mehr zur Verfügung stellen sei es durch eine Weigerung, die herrschende Propaganda mit Legitimationen zu versehen, sich selbst als Menschenmaterial zu opfern oder auch nur dadurch, nicht mehr die Partei zu wählen, die zu den Kriegstreibern gehören.
Dass jetzt versucht wird, so zu tun, als sei erst jetzt das höchste Gut der Diplomatie zerstört worden - Vertrauen - ist doch lächerlich. Gegenseitiges Misstrauen prägt die Beziehungen seit jeher, das bezeugen nicht zuletzt die Depeschen. Wenn vom verletzten Vertrauen die Rede ist, wird aber offenbar übersehen, dass das Vertrauen schon vorher angekratzt gewesen ist und nicht erst seit den Veröffentlichungen.
Abgesehen davon: Vorausgesetzt, derartige Depeschen seien „üblich“ und enthalten keine brisanten Details: warum diese wirklich peinlich anrührende Repressionswelle gegen wikileaks?
http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,73…
Gruß
menschine