Moin,
gerade in den USA gilt, dass materieller Erfolg attraktiv macht - vor allem, wenn dieser Erfolg in Konkurrenz zu Anderen erzielt wird. Die Nase beim Spendensammeln vorne zu haben, gilt als Ausweis von Tüchtigkeit - sowohl des Kandidaten als auch seiner Gefolgschaft. Es ist eine Vorentscheidung, bei der sich die Unterschiede zwischen den Kandidaten in eindeutiger und für jeden verständliche Weise quantifizieren und bewerten lassen: in Dollar. Und natürlich soll der Tüchtigste gewinnen. Nichts ist erfolgreicher als der Erfolg.
Dass kräftiges Sponsoring nicht nur etwas mit ‚Tüchtigkeit‘ der Spendensammler zu tun hat sondern auch mit den Interessen, die zukünftig vertreten werden sollen (und den finanziellen Möglichkeiten derjenigen, die ihre Interessen vertreten sehen möchten) - das wird dabei von der Masse der Wähler allzu häufig übersehen. Um die politischen Inhalte machen sich nur wenige Gedanken - was natürlich in ‚old Urrp‘ auch nicht anders ist. Gewählt wird das richtige Image - wobei in den USA eben teilweise andere Dinge für ein positives Image sorgen als in Europa.
Der hohe Stellenwert und die positive Wertung materiellen Erfolgs in der us-amerikanischen Kultur bei gleichzeitigem Desinteresse daran, wie und wofür solche Erfolge erzielt werden (nicht zufällig ist Börsenspekulation fast ein Volkssport), ist für Europäer häufig irritierend. Als ich das erste Mal in einem Barnes&Noble-Laden war (das ist eine Art Supermarkt von Massa-Ausmaßen für Bücher) war ich recht amüsiert von den Riesenpostern diverser literarischer Heroen, die da in Werbeplakatgröße die Wände zierten. Edgar Allan Poe, T.S. Eliot, Shakespeare - und Stephen King. Auf die augenzwinkernde Frage, wie denn der Knabe da in diese illustre Gesellschaft geraten sei, die völlig verständnislose und entwaffnend offene Antwort: „Well that’s Stephen King … he makes a lot of money, y’know …“. Es war eine wichtige Lektion, die ich über Amerika und amerikanische Kultur lernte.
Bert Brecht hat diese Eigenheit (auf die die USA beileibe kein Monopol haben, die man aber selten so ausgeprägt erfahren kann wie dort) in „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ sehr schön exemplarisch dargestellt und sie griffig formuliert: „Geld macht sinnlich“.
Freundliche Grüße,
Ralf