Geld sammeln im US-Wahlkampf

Moin,

es gibt in letzter Zeit ja immer mal wieder Meldungen, welcher US-Präsidentschaftskandidat die aktuell meisten „Spenden“ zusammengerafft hat. Dabei sind auch immer wieder Hinweise enthalten, dass eben dieser Kandidat dann auch die größten Chancen habe, die Wahl zu gewinnen.

Obwohl ich selbst in den USA gelebt hab, habe ich dieses System zwischen „Geld zusammenraffen“ und „Wahl gewinnen“ nie verstanden und es ist mir in der Art auch aus keiner Demokratie bekannt. Kann mich jemand erhellen, wie das zusammenhängt?

Gruß
Marion

Hallo,

[„Spenden“ zusammengerafft]

Obwohl ich selbst in den USA gelebt hab, habe ich dieses
System zwischen „Geld zusammenraffen“ und „Wahl gewinnen“
nie verstanden und es ist mir in der Art auch aus keiner
Demokratie bekannt. Kann mich jemand erhellen, wie das
zusammenhängt?

Ich hab auch nur kurz in den USA gelebt, weiss nix
allzu genaues, denke aber, dass es konkrete
philosophische bzw mathematische Gründe gibt.

Diese Gründe liegen in der zweidimensionalen Geometrie,
die Lokationen der Wahlkampf-„Veranstaltungen“ (Du wirst
sicher auf der einen oder anderen gewesen sein) liegen
in einer 2D-Ebene und so steigt der Aufwand (Ressourcen,
Wahlkampfhelfer, Spesen etc.) der „Volksbelustigung“ mit
der Kantenlänge des Wahlkampfsektors zum Quadrat.

Auch wenn es sich um Wahl-„Kreise“ handelt, steigt der
finanzielle Aufwand quadratisch zum Radius. Das impliziert
natürlich die Hypothese, dass das Wählervolk den wählt,
der ihnen einen Wohlstand nach der Wahl auch damit
verspricht, dass er auch großflächig „Wahlkampf-Wohlstand“
zelebriert.

Wer weiss.

Grüße

CMБ

Hallo, Marion

Obwohl ich selbst in den USA gelebt hab, habe ich dieses
System zwischen „Geld zusammenraffen“ und „Wahl gewinnen“ nie
verstanden und es ist mir in der Art auch aus keiner
Demokratie bekannt. Kann mich jemand erhellen, wie das
zusammenhängt?

ich finde, hier ist es gut erklärt:
http://www.kas.de/publikationen/2002/187_dokument.html

Gruß
karin

Das ist doch ganz simpel: wer den besten finanziellen Background hat, kann die besten Shows abliefern-und das zählt eben in den USA. Wenn auch diverse Lobbies noch mit im Boot sind, umso besser, dann kann eigentlich (fast) nichts mehr schief gehen. Dazu noch eine gehörige Prise Patriotismus! LOL

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Moin,
gerade in den USA gilt, dass materieller Erfolg attraktiv macht - vor allem, wenn dieser Erfolg in Konkurrenz zu Anderen erzielt wird. Die Nase beim Spendensammeln vorne zu haben, gilt als Ausweis von Tüchtigkeit - sowohl des Kandidaten als auch seiner Gefolgschaft. Es ist eine Vorentscheidung, bei der sich die Unterschiede zwischen den Kandidaten in eindeutiger und für jeden verständliche Weise quantifizieren und bewerten lassen: in Dollar. Und natürlich soll der Tüchtigste gewinnen. Nichts ist erfolgreicher als der Erfolg.

Dass kräftiges Sponsoring nicht nur etwas mit ‚Tüchtigkeit‘ der Spendensammler zu tun hat sondern auch mit den Interessen, die zukünftig vertreten werden sollen (und den finanziellen Möglichkeiten derjenigen, die ihre Interessen vertreten sehen möchten) - das wird dabei von der Masse der Wähler allzu häufig übersehen. Um die politischen Inhalte machen sich nur wenige Gedanken - was natürlich in ‚old Urrp‘ auch nicht anders ist. Gewählt wird das richtige Image - wobei in den USA eben teilweise andere Dinge für ein positives Image sorgen als in Europa.

Der hohe Stellenwert und die positive Wertung materiellen Erfolgs in der us-amerikanischen Kultur bei gleichzeitigem Desinteresse daran, wie und wofür solche Erfolge erzielt werden (nicht zufällig ist Börsenspekulation fast ein Volkssport), ist für Europäer häufig irritierend. Als ich das erste Mal in einem Barnes&Noble-Laden war (das ist eine Art Supermarkt von Massa-Ausmaßen für Bücher) war ich recht amüsiert von den Riesenpostern diverser literarischer Heroen, die da in Werbeplakatgröße die Wände zierten. Edgar Allan Poe, T.S. Eliot, Shakespeare - und Stephen King. Auf die augenzwinkernde Frage, wie denn der Knabe da in diese illustre Gesellschaft geraten sei, die völlig verständnislose und entwaffnend offene Antwort: „Well that’s Stephen King … he makes a lot of money, y’know …“. Es war eine wichtige Lektion, die ich über Amerika und amerikanische Kultur lernte.

Bert Brecht hat diese Eigenheit (auf die die USA beileibe kein Monopol haben, die man aber selten so ausgeprägt erfahren kann wie dort) in „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ sehr schön exemplarisch dargestellt und sie griffig formuliert: „Geld macht sinnlich“.

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo!
Da fällt mir der Kabarettist Karl Farkas (1893-1971) ein, der schon vor einigen Jahrzehnten meinte: „Politik ist die Kunst, Geld von den Reichen und Wählerstimmen von den Armen zu ergattern, unter dem Vorwand, jeden der beiden vor dem anderen zu schützen.“ Daran hat sich nichts geändert.
Grüße, Peter