Hartz 4 - Bedarfsgemeinschaft?

Hallo,
ich hätte mal eine Frage zu euren Erfahrungen mit Hartz 4. Ich muss mich damit jetzt auseinandersetzen, weil mein Freund voraussichtlich demnächst Hartz 4 beantragen muss. Und jetzt schlage ich mich mit Begriffen wie Haushaltsgemeinschaft und Bedarfsgemeinschaft usw usf herum.

Die Frage ist, ob wirklich seine Zahlungen reduziert werden, weil er mit mir zusammenwohnt. Ich bin auch nur Azubi, mein Gehalt ist nicht besonders hoch und ich hab keine Ahnung, wie ich für uns beide aufkommen soll.
Hier https://www.hartz4.de/bedarfsgemeinschaft/#Gesetzliche-Vermutung-Wann-das-Jobcenter-von-einer-Bedarfsgemeinschaft-ausgeht steht jetzt, dass das Jobcenter erst davon ausgeht, dass man eine Bedarfsgemeinschaft ist, wenn man „länger als ein Jahr zusammenlebt“.

Wir wohnen jetzt seit fast 10 Monaten zusammen, ich frage mich, wie das vom Jobcenter bewertet wird.

Habt ihr Erfahrungen mit dem Sachverhalt „Bedarfsgemeinschaft“? Ich möchte ja, dass es ihm gut geht und will ihm auch unter die Arme greifen, aber das ist nur begrenzt möglich.

Es geht ihm bestimmt besser, wenn er seinen vollen Hartz-4-Satz bekommt und er nicht auf dich angewiesen ist.

Wie das genau gehandhabt wird, weiß ich nicht, es ist vielleicht auch von Stadt zu Stadt unterschiedlich. Es ist aber grundsätzlich so, wie du es da gefunden hast.

Wenn man die Sache dann laufen lässt, läuft es darauf hinaus, dass ihr als Bedarfsgemeinschaft gesehen werdet und beide euer Einkommen und alles offenlegen müsst. Ihr seid dann praktisch beide bei Hartz 4. Dann wird euer Bedarf festgestellt, und sofern dein Einkommen nicht für beide ausreicht, bekommt ihr aufstockend Hartz 4.

Es ist ja aber so, dass du nicht für ihn unterhaltspflichtig bist. Er könnte also gar nicht von dir verlangen, dass du auch nur irgendwas für ihn bezahlst.
Du kannst das auch abzulehnen und klar stellen, dass ihr keine Bedarfsgemeinschaft seid und nicht bereit seid, füreinander einzustehen. Wenn er dich nicht als ‚Lebensgefährtin‘ oder ähnliches angibt, sondern als ‚Mitbewohnerin‘ müsste das eigentlich gehen. Es wäre nur wichtig, dabei zu bleiben und sich nichts anderes einreden lassen. - Und nicht ausfragen lassen, ob man das Bett teilt! Das geht das Amt nichts an! Wichtig ist nur, dass man keine gemeinsame Kasse hat.

Ich denke einfach, dass es für eine Beziehung eine große Belastung ist, wenn einer durch den anderen in die Mühlen der Gesetze gerät. Viele solche Paare leben in getrennten Wohnungen, um diesen Problemen auszuweichen.

Ich denke nicht, dass der Staat einen großen finanziellen Verlust davonträgt, wenn er dich nicht zu Zahlungen für deinen Freund heranzieht. Ich kann mir aber vorstellen, dass eure Beziehung darunter leiden könnte, wenn er das tut. - Obwohl, ich kenne eure Beziehung ja gar nicht …

Du weißt schon, was du hier gerade sagst?
Wenn die Beiden zusammenleben, ist es eine Bedarfsgemeinschaft. Punkt.
Ich bin gerade echt sauer. Ich bezahle gern Steuern, ja das meine ich ernst. Verdiene ich doch soviel Geld, um überhaupt Steuern zu bezahlen.
Du solltest dich ernsthaft damit auseinander setzen, wofür Hartz 4 gedacht ist. Es ist dafür gedacht, Menschen, die in Not geraten sind, ein halbwegs anständiges Leben führen zu lassen und ein großer Teil der Solidargemeinschaft. Das ganze kostet ein Heidengeld, deine Steuern, so du denn welche zahlst, übrigens auch. Es ist nicht dazu gedacht, die Solidargemeinschaft mit halbseidenen Konstrukten zu schädigen. Und dazu gehört dein Vorschlag defintiv. Übrigens sind die Mitarbeiter in den Jobcentern auch nicht auf der Wurstsuppe hergeschwommen. „Nur“ bestätigen, dass die UP die Mitbewohnerin ist, reicht für solche Geschichten nicht aus.
Wenn du nächstes Jahr mehr Steuern bezahlen musst, ist es genau solcher Mist, der mit daran Schuld ist.
Und komm mir nicht mit dem Berliner Flughafen oder der Elbphilharmonie. Die sind ein Fliegenschiss im Gegensatz zu tausendfach versuchtem Beschiss von Jobcentern, Arbeitsagenturen und Finanzämtern.

Soon

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Ne, das ist so nicht richtig. Das sind sie, wenn sie es wollen, sonst nicht. Darüber gibt es auch Gerichtsurteile.

Ich finde diese Vorschrift mit der Bedarfsgemeinschaft bei unverheirateten Paaren ziemlich halbseiden. Denn einen Anspruch hat der Alg-II-Empfänger keinen auf Unterstützung durch den Partner. Der könnte das nicht einklagen.

Und die ist in der Ausbildung, ich nehme an, dass die sowieso nichts oder kaum was zahlen müsste, sie hätte aber einen Riesen-Aufwand deswegen.

Hi
also: wenn ihr zusammen wohnt und zusammen (also aus einer Tasche) wirtschaftet, dann bildet ihr eine Bedarfsgemeinschaft; d.h. es wird ein gemeinsamer Bedarf ausgerechnet (1x Grundsicherung für „Haushaltsvorstand“ + 1xGrundsicherung für Haushaltsmitglied +Kaltmiete + + + (was auch sonst noch dazu kommt))
Davon wird dann dein Einkommen abgezogen - und der Rest steht euch als Grundsicherung zu.
d.h.: spätestens, wenn der Freund ALG2 beantragt, solltest du - gleichzeitig - eine eine ergänzende Grundsicherung beantragen - vielleicht springt ja auch was für dich raus - ist kein Almosen sondern eine zustehende Leistung.

Oder ihr geht mal zu einer örtlichen Beratungsstelle und lasst euch die Ansprüche mal durchrechnen.

AUF KEINEN FALL solltet ihr mit der Angabe (Wohngemeinschaft - Haushaltsgemeinschaft - eheähnliches Verhältnis) schummeln - das wäre eine Straftat und kommt (über kurz oder lang) raus.

Das kannst du sicherlich belegen.

Armes Mädchen. Das Eine willste, das Andere musste. Du hast dir übrigens gerade ins Knie geschossen. Wenn dieser Aufwand nicht betrieben würde, hätten diese Ratschläge (von dir) noch mehr Erfolg. Es geht hier um „notwendige“ Hilfe.

Soon

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https://www.anwalt.de/rechtstipps/hartz-iv-bedarfsgemeinschaft-oder-nicht_001098.html

Mal ganz davon abgesehen, dass der Link 12! Jahre alt ist, ging es doch hier um etwas gänzlich anderes.

Ein Langzeitarbeitsloser, der sich im Insolvenzverfahren befand, übertrug seiner Vermieterin mit einer Kontovollmacht die Verwaltung seiner Finanzen, weil er nach seiner Meinung nicht mit Geld umgehen könne. Er konnte mit der Bankkarte lediglich Kontoauszüge ausdrucken, die Vermieterin teilte ihm sein Einkommen zu. Die Agentur für Arbeit nahm zwischen Vermieterin und Mieter eine Bedarfsgemeinschaft an und lehnte die Leistung unter Anrechnung des Einkommens der Vermieterin ab. Der Mann klagte dagegen und hatte Erfolg. Die Sozialrichter gaben ihm Recht. Die Wohnsituation zwischen Mieter und Vermieter sei nicht mit einer Bedarfsgemeinschaft vergleichbar.

Ich weiß, dass du es gut meinst, aber gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Vor allem, wenn es so grundsätzliche Dinge wie die Sozialgesetzgebung geht.

Soon

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Ich wollte sicherlich niemanden vor den Kopf stoßen mit meiner Frage, ich mache mir nur Sorgen darüber, welche (finanziellen) Probleme auf mich zukommen mit dieser neuen Situation.

Auf jeden Fall vielen Dank für eure Mühen und Ratschläge! Wir werden uns tatsächlich erstmal beraten lassen und uns die ganze Sache vorrechnen lassen.

Ich meinte eher diesen Teil des Artikels:

… als Bedarfsgemeinschaft zu qualifizieren, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: Erstens muss eine Wohngemeinschaft bestehen, die Personen also zusammenleben. Zweitens muss zwischen ihnen eine Wirtschaftsgemeinschaft vorliegen, d.h. sie müssen sich Einnahmen und Ausgaben teilen. Als Drittes wird vorausgesetzt, dass die Personen in einer Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft miteinander verbunden sind, also füreinander auch mit dem Einkommen oder Vermögen einstehen und ihren Lebensunterhalt sichern wollen. Und schließlich muss diese Gemeinschaft auf Dauer angelegt sein und mindestens etwa ein Jahr bestehen.

Gut, von 2007, darauf habe ich nicht geachtet, aber am entscheidenden Punkt hat sich wohl nichts geändert. Nur hat sich mittlerweile herauskristallisiert, dass der Hilfeempfänger ggf. nachweisen muss, dass keine Bedarfsgemeinschaft besteht.

Bei Wikipedia steht unter anderem dies:
Das Sozialgericht Düsseldorf stellte fest, dass es nicht angehen könne, dass ein Hilfebedürftiger auf Leistungen eines Dritten verwiesen werde, die dieser tatsächlich nicht erbringe und auch rechtlich nicht erbringen müsse. Die Antragstellerin habe keinen Rechtsanspruch auf Unterhaltsleistungen ihres Partners und könne solche schon gar nicht einklagen. Vor diesem Hintergrund[21] stellte das Gericht fest, dass zur Beurteilung der Frage, ob eine „eheähnliche Gemeinschaft“ bestehe, den Stellungnahmen der Partner entscheidende Bedeutung zukomme.

An die Fragestellerin: Den Wikipediaartikel zu ‚Bedarfsgemeinschaft‘ würde ich mir ggf. durchlesen.

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