Kann diese lateinische Übersetzung richtig sein?

Im Monostichos 183 von Menandros lautet die richtige Übersetzung: ‚Leichtgläubig ist der Missgeschick und Kummer erleidende Mensch.‘ Gottwein setzt dieser Übersetzung den lateinischen Satz: ‚Concinnat luctus suspicacem et miseria‘ als gleichbedeutend hinzu, den ich wie folgt übersetze: ‚Betrübnis und Leid schafft Argwohn‘,
also das genaue Gegenteil. Wer kann diesen Widerspruch aufklären? Wer mir helfen möchte, den bitte ich um eine Antwort.
Danke

Servus,

achte darauf, wo das Akkusativobjekt steht!

Schöne Grüße

MM

Hallo, Aprilfisch,
ich danke für Deine Antwort, stehe aber immer noch auf dem Schlauch! Der einzige Akkusativ ist suspicacem. Wenn ich ihn als substantiviertes Adjektiv sehe, dann steht er in Beziehung zu concinnat, nämlich concinnat suspicacem =
es schafft Argwohn. Dadurch komme ich zurück auf die Übersetzung: Betrübnis und Leid schafft Argwohn.
Wenn es einen Fehler gibt, wo liegt er??
Mit freundlichen Grüßen
Manfred

Hallo,

zunächst:

Es ist keineswegs Gottwein, der die lateinische Transposition (in seiner Edition 2004 ff) hinzusetzt. Sie stammt vielmehr aus der Übersetzung von Wilhelm DindorfAristophanis comoediae, Menandri et Philemonis fragmenta“, Paris, 1884.

Dort gibt Dindorf
Εὔπειστον ἀνὴρ δυστυχὴς καὶ λυπούμενος (Dindorf hat hier „Εὔπιστον“, aber das ist nur eine andere Schreibweise)
wieder mit
Concinnat luctus suspicacem et miseria, was du nach meiner Einschätzung richtig übersetzt: concinnare „jmd. machen zu …“, suspex „verdächtig, Argwohn erzeugend“. Also „… macht jmd. verdächtig.“

Unklar ist mir allerdings der griech. Satz aus den Γνῶμαι μονόστιχοι: εὔπειστον ist ja akk. mask. oder nom. neutr. oder akk. neutr, Somit kann die Gottwein-Übersetzung, die „ist“ als Prädikat annimmt, nicht richtig sein (ἀνὴρ ist ja mask.). Die Ellipse dürfte vielmehr „erzeugt“ oder „bewirkt“ heißen (wie lat. cincinnat). Also: Der unglückliche und betrübte Mann (macht ihn zu einem) εὔπ(ε)ιστον.

Es kommt aber hinzu, daß εὔπειστος, εὔπειστον zwar „vertrauensselig, leichtgläubig“ heißt, allerdings aber auch „vertrauenswürdig“! Aber auf keinen Fall „suspex“, „verdächtig“. Es könnte also sein, daß Dindorf „leichtgläubig“ weiterinterpretiert hat: Einem Leichtgläubigem sollte man Argwohn entgegenbringen.

Gottwein übersetzt deutsch jedenfalls (m.M.n. fragwürdig) den griech. Satz, nicht den lat. von Dindorf. Interessant wäre, wie die ältere lat. Übersetzung der Μονόστιχοι in der Stephanus-Ausgabe „Comicorum Graecorum Sententiae“ (Genf, 1569) lautet. Vielleicht hast du Gelegenheit, dort mal reinzuschauen (für mich wäre es zu umständlich).

Gruß
Metapher

Hallo, Metapher
Deine ausführliche Antwort hat mir sehr geholfen
Multas gratias ago
Manfred

Hallo M.,

passt nicht recht.

Der „… spex“ ist jemand, der (aktiv) schaut, vgl. haruspex. Somit „suspex“ = jemand, der etwas beargwöhnt, argwöhnisch. Wenn jemand beargwöhnt wird, ist er (passiv) suspectus, wie man das auch aus dem Deutschen und anderen Legionärsdialekten kennt.

Das Verb concinnare ist einigermaßen vertrackt, weil es auch ausbessern, verbessern, richtig zusammenfügen bedeuten kann und nicht nur bilden, herausbilden usw.

Im vorgelegten Satz sind „luctus et miseria“ Subjekt - ich frage mich, warum das Prädikat concinnat im Singular steht und halte das verlorene n für einen Kopierfehler. Der argwöhnische Mensch ist das Objekt, das luctus und miseria „richtig zusammensetzen“. Wenn man (übertriebenen) Argwohn jetzt als etwas Verkehrtes ansieht, ist concinnare das Verbessern dieser Eigenschaft, und mein Vorschlag für die Übersetzung ist:

Trauer und Unglück sorgen dafür, dass ein argwöhnischer Mensch Zutrauen fasst.

Diese ginge abgesehen von der Wertung in eine zumindest änliche Richtung.

Das richtet sich natürlich auch an Dich, Manfred - ich hatte diese Sache aus den Augen verloren, entschuldige bitte.

Schöne Grüße

MM

1 Like

Hallo, MM,
bitte entschuldige, dass ich offenbar eine Antwort des Teilnehmers ‚Aprilfisch‘ mit Deiner Antwort vermengt habe!
Für Deine ergänzenden Zeilen nochmals vielen Dank. Darüber hinaus freut es mich, einen kompetenten Teilnehmer gefunden zu haben, an den ich mich auch künftig wenden darf.
Ich wünsche einen schönen Tag !
Manfred

Hallo, MM,
bitte entschuldige, dass ich offenbar eine Antwort des Teilnehmers ‚Aprilfisch‘ mit Deiner Antwort vermengt habe!
Für Deine ergänzenden Zeilen nochmals vielen Dank. Darüber hinaus freut es mich, einen kompetenten Teilnehmer gefunden zu haben, an den ich mich auch künftig wenden darf.
Ich wünsche einen schönen Tag !
Manfred