Guten Abend.
Ich habe mir lange überlegt, ob ich antworten sollte.
Nein, ich weiß nicht wie ein Schaltkasten von innen aussieht und wie man einen Generatorläufer zusammenbaut.
Mindestens 75% der Jungingenieure wissen das heutzutage auch nicht, weil im Bildungsweg der Studenten die polytechnische Schulbildung fehlt.
Doch zurück zu Deinen Erläuterungen insgesamt.
Deine Ausführungen haben einen entscheidenden Fehler: Naivität.
Elektroenergie ist kein Handelsgut, Elektroenergie ist eine strategische Ressource. Die Privatisierung und Liberalisierung damals ist einer der größten strukturpolitischen Fehler der BRD gewesen seit der katastrophalen Abwicklung der ostdeutschen Wirtschaft nach 1990.
Energietechnikingenieuren kommt die kalte Kotze hoch, wenn „Strom“, „Börse“ und „Markt“ in einem Satz vorkommen. „Strommarkt“ ist der Gipfelpunkt des Irrsinns. Schalte die Elektroenergieerzeuger ab und die moderne Gesellschaft erstarrt. Kaffeemaschine, Tram, Eisenbahn, Mobiltelephon, Internet et cetera, et cetera. Wo dort die Berechtigung zum Geld verdienen und handeln mit Elektroenergie sein soll, erkennt vermutlich nur das elende BWL-Gesockse.
Der Preis für Elektroenergie ist seit der Liberalisierung explodiert, es gibt schöne Graphiken dazu. Das liegt einerseits daran, daß die Energiebörse dysfunktional ist und es andererseits keinen funktionierenden Markt gibt. Die großen Vier agieren wie ein Syndikat, ohne sich selbstverständlich für juristisches Vorgehen zuweit zu exponieren.
Um annähernd Wettbewerb hervorzubringen, müßten Vattenfall, EON, RWE und die EnBW in möglichst viele Unternehmen zerschlagen werden. Standard Oil läßt grüßen.
Nach ein paar Jahren würden sich jedoch vermutlich wieder Zusammenballungen bilden und der Kladderadatsch ginge von vorne los.
Die Alternative ist die Verstaatlichung und ein progressiver, elektrotechnisch ausgebildeter Minister für Eenergieversorgung. Halbstaatliche Betriebe, eine Prise demokratische Kontrolle und eine entsprechende Ingenieurriege für die fachliche Beratung würden spielend zielführendere Ergebnisse erreichen als der völlig verkorkste „Strommarkt“.
Diese uralten Drecksbuden, die euphemistisch noch mit „AKW“ bezeichnet werden, müßten auf Grund der Gefährlichkeit der Atomenergie lange vom Netz sein.
Wenn der Staat ansatzweise soviel Geld in die erneuerbaren Energien investieren würde, wie einst in die Urbarmachung der Atomkraft, hätten wir die „Energiewende“ längst einleiten können.
Ich bekomme tagtäglich mit, was für Projekte und Veröffentlichungen über den Schreibtisch des Professors gehen… dort könnte noch viel mehr geschehen, wenn der Staat endlich Geld in die Hand nehmen würde und Mut für Modellgroßprojekte aufbrächte, z.B. in einem Bundesland die Elektroenergieversorgung vollständig zu dezentralisieren und im Verkehrswesen ausschließlich Elektroantrieb zuzulassen und entsprechende Technologien lokal außerordentlich zu forcieren.
Auf diese Weise könnte die BRD in Sachen Standardisierung und Applikation Staaten wie China oder den USA zuvorkommen - hier schlummern gewaltige Potentiale. (Wettbewerbsvorteile, Technologieführerschaft, Lebensqualität)
Wie der Staat sich zudem die Lagerung der abgebrannten Elemente aufladen konnte, erinnert an die Schachtanlage Asse und die Küngelei und Korruption. Atomenergie ist nämlich eigentlich sehr teuer, wenn sämtliche Kosten in den Betrieb eines „AKW“ eingehen würden - energietechnisch betrachtet ist Atomenergie daher bestenfalls eine Übergangstechnologie (ähnlich wie die Hybridantriebe in der Antriebstechnik). Nebenbei könnten wir die Energie günstiger aus dem Ausland kaufen, Frankreich bspw. liefert gerne. Dort können wir ohnehin nicht bestimmen, ob die Franzosen Atomkraftwerke betreiben oder nicht, weswegen wir auf unsere Schrottmühlen leicht verzichten können, während wir neue Technologien in der Energieanlagentechnik vorantreiben.
Noch etwas: Kohlekraftwerke fahren in Deutschland Grundlast, teilweise Mittellast. Die laufen (in Ostdeutschland) immer.
reinerlein