Möglichkeit der Todesstrafe

Guten Abend!

Angenommen die Partei XYZ hat mit mehreren anderen Parteien eine Koalition und besetzt im Bundestag eine 2/3 mehrheit.
Wenn diese Partei nun die Todesstrafe wieder einführen will, was müsste sie dann alles machen? (z.B. Art. 1 GG abändern) Und dürfte sie einfach so die Verfassung ändern?

Gruß

  1. Die Artikel 1 bis 20 dürfen in ihrem Wesensinhalt nicht angetastet werden.
  2. Ausserdem würde die Wiedereinführung der Todesstrafe gegen div. internationale Verträge verstossen.

LG
Mike

ich dachte wir hätten noch nen bundespräsidenten, der des alles regelt. wer auch immer das ist

Hallo Michael,

der „Ewigkeitsartikel“ besagt:

  1. Die Artikel 1 UND(!) 20 dürfen in ihrem Wesensinhalt nicht
    angetastet werden.

Ein wichtiger Unterschied!

Gruß,
Andreas

ich dachte wir hätten noch nen bundespräsidenten, der des
alles regelt. wer auch immer das ist

??Wie meinen?

Elke

Hallo

  1. Die Artikel 1 UND(!) 20 …

Ein wichtiger Unterschied!

Aber mit Artikel 1 käme man ja in diesem Falle hin.

Viele Grüße

Servus,

also das GG kann eig. nicht geändert werden, sondern nur verbessert werden. Das heisst, die Artikel müssen so umgeschrieben werden, dass der eig. Sinn noch erhalten bleibt.

Nunja, die Todesstrafe wieder einführen würde aber trotzdem nicht so einfach sein, da Deutschland eine Menge Verträge unterschrieben und manche sogar ratifiziert hat, indem eindeutig drin steht, dass die Todesstrafe abgeschafft wird/ist. Somit würde man sich keine Freunde machen. Achso, so nebenbei, in Hessen igbt es die Todesstrafe noch, aber das Bundesgesetz geht über das landesgesetz.

mfg,

Hanzo

Hallo Andreas,

siehe Art 19.2:
„In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.“

Die Grundrechte sind die Art 1-19

Gruß
Eva

Hallo,

Art. 102 GG kann durch 2/3-Mehrheit abgeschafft werden, ist aber m.E. nur deklatorisch. Das Verbot der Todesstrafe ergibt sich wohl auch aus den Grundrechten. Ich selbst sehe Art. 1 GG zwar nicht verletzt; aber eine Einschränkung von Art. 2 GG dürfte hier kaum verfassungsrechtlich zu rechtfertigen sein. Denn welches legitime Ziel könnte man denn erforderlicherweise mit der Todesstrafe erreichen? Wenn es nicht schon an der Notwendigkeit mangelt, dann spätestens an der Angemessenheit.

Mevius

Art 1 GG
Hallo

Ich selbst sehe Art. 1 GG zwar nicht verletzt;

Wieso?
„2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.“

Gehört zu den Menschenrechten nicht das Recht auf Leben? Und wenn dieses Recht unverletztlich und unveräußerlich ist?

Viele Grüße

Nein, wenn Art. 1 GG das Recht auf Leben umfassen würde, würde es nicht in Art. 2 GG noch einmal erwähnt. In Art. 2 GG steht es aber drin, und Art. 2 GG ist (wie alle Grundrechte bis auf Art. 1 GG) einschränkbar.

Von den verschiedenen Formeln für den Begriff Menschenwürde greife ich meist auf diese zurück: Die Menschenwürde ist verletzt, wenn eine Person zum Objekt staatlichen Handels degradiert wird. Das ist bei der Todesstrafe aber nun überhaupt nicht der Fall. Wieso sollte das so sein, wo es doch bei Gefängnisstrafen offenkundig auch nicht so ist?

Wie man Art 1 GG ändert:
Hallo,

lass dir nichts einreden, JEDE Verfassung ist änderbar.
Schnapp dir ein paar Kumpels. Gründe eine offiziell legale Partei, mach parallel auf der Straße Randale und wenn genug mitmachen ist die Verfassung bald ganz weg und Du kannst eine neue erlassen.

Unser GG gibt es gerade mal 61 Jahre, nicht mal ein Menschenleben lang. Manche hier glauben es wird ewig halten.

Ich denke wir alle sind aufgefordert es täglich zu verteidigen es ist nämlich ganz gut so wie es ist (bei aller berechtigten Kritik an ihren Repräsentanten).

Gruß, Joshi

Ich selbst sehe Art. 1 GG
zwar nicht verletzt;

Wieso nicht? Kann man einen Menschen auf drastischere Art zum Objekt staatlichen Handelns machen, als durch planvolle, staatlich angeordnete und durchgeführte Tötung? Aus meiner Sicht berührt die Todesstrafe den Kern der Menschenwürde.

siehe Art 19.2:
„In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt
angetastet werden.“

Nein, die Regelung gilt für Grundrechtseinschränkungen durch die nachrangige Rechtsordnung, nicht für Verfassungsänderungen. Für letztere ist allein Art. 79 Abs. 3 GG maßgeblich und der schützt nur die Grundsätze der Art. 1 und 20. (Soweit allerdings die Grundrechte ihrerseits den Kernbereich der Menschenwürde schützen, sind sie natürlich mittelbar über Art. 79 Abs. 3 ebenfalls der Verfassungsänderung entzogen).

lass dir nichts einreden, JEDE Verfassung ist änderbar.
Schnapp dir ein paar Kumpels. Gründe eine offiziell legale
Partei, mach parallel auf der Straße Randale und wenn genug
mitmachen ist die Verfassung bald ganz weg und Du kannst eine
neue erlassen.

Wenn ich mir die Bereitschaft unseres Souveräns (das ist das Volk, falls das jemand noch nicht realisiert haben sollte) anschaue, in den letzten Jahren (Jahrzehnten?) den politischen Prozeß aktiv mitzugestalten - etwa durch Teilnahme an Wahlen oder Volksentscheiden oder Gründung neuer Parteien - muß man sich definitiv keine Sorgen machen, dass unsere Verfassung „bald weg“ sein könnte …

Das Problem des Art. 1 GG liegt glaube ich an anderer Stelle.

Mag man auch davon ausgehen, dass die Durchführung der Todesstrafe, also der staatliche Tötungsakt selbst, nicht unter Art. 1 GG fällt (ich selbst sehe das zwar anders und halte Art. 1 GG bereits hier nach der Objektformel für verletzt - so man der Annahme folgt, Art. 102 GG sei nicht lex specailis -, aber das ist nicht wirklich relevant), scheitert diese dennoch an Art. 1 GG, weil sie die vom BVerfG in ständiger Rechtsprechung geforderte Möglichkeit einer Rehabilitation nicht mehr zulässit (ebenso, wie die „wirklich“ lebenslängliche Freiheitsstrafe), vgl. M/D Art. 102 Rdn. 11 m.w.N.

Gruß
Dea

Hallo,

das verstehe ich nicht.
Nachrangige Rechtsordnung, nicht für Verfassungsänderungen? Wo steht das denn?

„In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt
angetastet werden.“

ist doch eigentlich mehr als eindeutig. Da steht kein Wort von nachrangiger Rechtsordnung o.ä.
Ein Grundrecht darf nicht angetastet werden, egal durch was.

Noch ne Frage: Man könnte doch zuerst Art. 79 GG abschaffen, da der ja durch nichts geschützt ist.

Gruß Eva

ist doch eigentlich mehr als eindeutig. Da steht kein Wort von
nachrangiger Rechtsordnung o.ä.
Ein Grundrecht darf nicht angetastet werden, egal durch was.

Das ist auch richtig so. Denn der Wesensgehaltsschutz gilt auch innerhalb der Verfassung (sog. Prinzip des verfasssungswidrigen Verfassungsrechts). Dieser kann nicht durch ein anderes Verfassungsrecht ausgehebelt werden.

Diese Frage stellt sich jedoch letztlich nicht, denn der Wesensgehaltsschutz gilt primäer für Gesetze und ein verfassungsänderndes Gesetz ist ein solches. Dieses würde als ggf. bereits daran scheitern.

Noch ne Frage: Man könnte doch zuerst Art. 79 GG abschaffen,
da der ja durch nichts geschützt ist.

Nein. Es steht zwar nicht im Wortlaut so im GG, aber aus der systematischen Funktion des Art. 79 GG wird zugleich geschlossen, dass diese ebenfalls selbst mit geschützt ist, da sie sonst faktisch leerlaufen würde.

Gruß
Dea

Eine objektiv richtige oder falsche Antwort gibt es natürlich hier nicht. Aber im Strafverfahren wird der Beschuldigte ja nicht wie ein Objekt behandelt, auch nicht bei der Bestrafung. Ich wüsste nicht, wieso das bei der Todesstrafe anders sein sollte (und das, obwohl ich ganz entschiedener Gegner davon bin). Man kann es so oder so sehen, aber mit dem Begriff Menschenwürde im verfassungsrechtlichen Sinn kommt man hier jedenfalls m.E. nicht unbedingt weiter. Wenn, dann bräuchte man dazu eine andere Definition von Menschenwürde.

Ein kluger Gedanke, allerdings überzeugt er mich nicht. Das BVerfG geht eben nicht davon aus, dass es ausnahmslos immer noch Resozialisierung geben muss. Es gibt Menschen, die man schlicht und ergreifend für immer einsperrt.

Ich müsste mir noch mal die anderen Definitionen von Menschenwürde ansehen, vielleicht käme ich dann auf eine Verletzung von Art. 1 GG. Im Übrigen denke ich, dass es auf diese Frage nicht ankommt, weil mir Art. 2 GG weiterhilft.