NPD und LINKE weiter überwacht

Hi,

Wie findet ihr die Entscheidung?

in Ordnung. Politiker müssen sich gefallen lassen, daß ihre Aktivitäten überprüft werden.

Mich wundert nur, daß andere Parteien davon nicht betroffen sind. Taten sind deutlich schädlicher als Propaganda und bei einigen Gesetzesvorlagen der FDP habe ich doch erhebliche Zweifel, ob die nicht gegen den Geist und Artikel des Grundgesetzes gerichtet sind. Wenn es die Verfassung zu schützen gilt, dann doch zuerst vor aktiven Angriffen, erst dann vor rein verbalen.

Angriffe auf die verfassung gibt es nicht nur von Rechtsextremen und Linksextremen, auch von rechts, von der FDP wird die Verfassung permanent angegriffen. Die FDP hat als Regierungspartei auch noch die Möglichkeit dazu, deshalb sehe ich da die größere Gefahr.

Gruß Rainer

Moin,
ich finde es hier wichtig festzustellen, dass das Gericht nichts dergleichen festgestellt hat, denn in Deutschland entscheiden Gerichte nicht darüber „dass jemand überwacht wird“.

Das ist eine Exekutive Maßnahme, keine der Judikative.
Was das Gericht gemacht hat, ist zu überprüfen, ob eine solche Überwachung und im Widerspruch zu geltendem Recht steht und ggf. angemessen ist.

Ich hoffe die Richter haben das gründlich geprüft. Da das Urteil aber m. W. in allen Instanzen bislang gleich lautete, bezweifle ich das nicht und sehe keinen Grund hier irgend einen Polit-Skandal zu vermuten.

Gruß
Werner

Politiker haften für extremistische Randgruppen
Hallo,

Die Schlagzeilen von heute künden, dass das
Bundesverfassungsgericht gerade entschied, dass die LINKE
weiter überwacht wird.

das ist So nicht korrekt:
http://www.123recht.net/article.asp?a=71039&ccheck=1

„Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf weiter Informationen über Bundes- und Landtagsabgeordnete der Linkspartei sammeln. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wies ine Klage des früheren Bundestagsabgeordneten und heutigen Vorsitzenden der Linksfraktion im Thüringer Landtag, Bodo Ramelow, ab.“

Wie findet ihr die Entscheidung?

Erbärmlich.

Die Linkspartei ist eine demokratisch legitimierte Partei. Ihre Mitglieder verfassungsrechtlich zu überwachen ohne im Mindesten stichhaltige Anhaltspunkte für verfassungsrelevante Strafrechtsbestandteile vorweisen zu können, weisst darauf hin, dass im Strafrecht reine Willkür zu herrschen scheint.

Gruß
Spatzi

Hallo nochmal,

welche Wikiseite meinst Du?

Gruß,
Andreas

Moin

Die Linkspartei ist eine demokratisch legitimierte Partei.

Dasselbe gilt für die NPD.
Formal sind beide demokratisch legitimiert. Da die Beziehung der LINKEn zur SED eine direkte ist, steht bei ihr allerdings logischerweise der Aspekt der Verfassungstreue noch mehr in Frage als bei der NPD, die keine direkte Verbindung zur NSDAP hat.
Gruß,
Branden

Hi,

Das hast du in den völlig falschen Hals bekommen.

Hab ich wohl, entschuldigung, wenn ich etwas harsch geworden bin. Aber ganz ehrlich, bei der Meinungsäußerung in deinem Posting („man müsse aufpassen, wenn Angehörige von verbotenen Organisation, wie der FDJ, heute Kanzler werden können“) war es mir leicht, polemisierende Tendenzen rauszulesen. War da Ironie im Spiel? Ich werd aus deiner Intention noch nicht ganz schlau.

Trotzdem sorry, ich neige zu kampfhundartigen Reflexen bei bestimmten Phrasen^^

Grüße,
digger

Hallo Werner,

Da das Urteil aber m. W. in allen Instanzen bislang gleich lautete

mitnichten! Ich zitiere aus http://www.tagesspiegel.de/politik/verfassungsschutz… :
„Vor den Vorinstanzen – dem Verwaltungsgericht Köln und dem Oberverwaltungsgericht Münster – hatte Ramelow mit seinen Klagen weitgehend Recht bekommen. Das Gericht in Münster hatte zwar verfassungsfeindliche Bestrebungen von Zusammenschlüssen in der Partei festgestellt. Zugleich ordnete es aber an, das gesammelte Material über Ramelow zu löschen, der „außerhalb dieser Personenzusammenschlüsse steht“.“
Es ist daher schon als kleiner Politskandal zu verstehen, denn es wurde im Leipziger Urteil ausdrücklich betont, dass eine Beobachtung von Spitzenfunktionären auch ohne Verdacht zulässig ist, um die „wehrhafte Demokratie“ zu stärken und die Beobachtung der gesamten Partei zu erleichtern.

Ich schließe mich der Meinung der meisten Kommentatoren hier an: Entweder alle oder nichts. Entweder es werden alle Parteien des politischen Spektrums durchgehend offen (und vorurteilsfrei) beobachtet, oder eben keine (ohne Verdachtsmoment). Die Kommunistische Plattform als Begründung für die Beobachtung Bodo Ramelows heranzuziehen, ist gelinde gesagt hahnebüchener Schwachsinn.

Grüße,
digger

Hallo Werner,

Da das Urteil aber m. W. in allen Instanzen bislang gleich lautete

mitnichten!

Wenn Herr Ramelow in den Vorinstanzen Recht bekommen hätte, wogegen klagt er dann weiter? Wie legt man den Berufung oder Revision gegen ein Urteil wenn man gewonnen hat?
Danke aber für den Hinweis, dass teile der Maßnahmen in Bezug auf den Kläger von Vorinstanzen verworfen wurden. Ich höre dabei mit Genugtuung, dass unsere Gerichte anscheinend genau differenzieren und die Exekutivmaßnahmen detailliert würdigen.
Darauf vertraue ich weiterhin und sehe weiterhin keinen Skandal, nachdem die Maßnahmen nun zum wiederholten Male geprüft und nicht grundsätzlich verworfen wurden.

Epigonen faschistischer oder faschistoider Systeme und Ideologien müssen einfach damit leben, dass sie für sich die „Unschuldsvermutung“ nicht in gleicher Weise in Anspruch nehmen können wie Andere. Bei ihnen ist ein Anfangsverdacht im Grunde immer gegeben.

Gruß
Werner

Hallo Werner,

Da das Urteil aber m. W. in allen Instanzen bislang gleich lautete

mitnichten!

Wenn Herr Ramelow in den Vorinstanzen Recht bekommen hätte,
wogegen klagt er dann weiter? Wie legt man den Berufung oder
Revision gegen ein Urteil wenn man gewonnen hat?

Hallo Werner,

bei einer Klage gibt es Kläger und Beklagten. Und ähnlich wie beim Fußball gilt: Mal gewinnt der eine, und mal verliert der andere. Und der, der verloren hat, der hat hier die Revision beim BVerwG eingelegt.

Da könntest Du als Lehrer aber doch auch selber drauf kommen können :wink:

Viele Grüße

Trobi.

Hallo Werner

Epigonen faschistischer oder faschistoider Systeme und
Ideologien müssen einfach damit leben, dass sie für sich die
„Unschuldsvermutung“ nicht in gleicher Weise in Anspruch
nehmen können wie Andere. Bei ihnen ist ein Anfangsverdacht im
Grunde immer gegeben.

Ich glaube, das ist der wesentliche Punkt. Es ist ja kein Zufall, dass es jemanden aus dieser Partei trifft.
Gruß,
Branden

Hi Branden,

Es ist ja kein Zufall, dass es jemanden aus dieser Partei trifft.

das hätte ich gern von dir näher erläutert. Bist du der Meinung, es ist richtig, das es ausgerechnet die Linke trifft, oder glaubst du, es ist Absicht der „herrschenden politischen Klasse“ (ein leider etwas aus der Mode gekommener Begriff, ich weiß^^), genau diese Partei auf den Kiecker zu nehmen?

Ich fühle mich bei diesem Urteil dezent an meinen Geschichtsunterricht zur Weimarer Republik zurückerinnert. Da gab es schöne Statistiken dazu, wie krass die zweierlei Maß, mit denen linke und rechte Straftaten bemessen wurden, doch auseinander lagen. Heute sind es zweierlei Maß zwischen der Partei „Die Linke“ und anderen Parteien der vermeintlichen politischen Mitte. Warum gilt für jeden Politiker der Linken ein Anfangsverdacht, während andere sich in ihrer Unschuldsvermutung wälzen können? Ich glaube das ist die entscheidende Frage des Themas…

Grüße,
digger

Hi digger

Bist du der
Meinung, es ist richtig, das es ausgerechnet die Linke trifft,
oder glaubst du, es ist Absicht der „herrschenden politischen
Klasse“ (ein leider etwas aus der Mode gekommener Begriff, ich
weiß^^), genau diese Partei auf den Kiecker zu nehmen?

Beides, aber insbesondere ersteres. Da sich die LINKE (ich schreibe es bewusst groß, weil ich die Partei meine und nicht die Linke als Bewegung) aus der SED entwickelt hat, ohne deren Fundamente adäquat aufzuarbeiten oder gar aufzugeben, halt ich es für mehr als verständlich, diese Partei verschärft zu beobachten. Das SED-Regime hat so vielen Menschen entsetzliches Leid zugefügt durch Ermordungen, Folter und Gesinnungsschnüffelei, das selbst das beste Programm dieses Unrecht nicht tilgen kann.
Gruß,
Branden

Hi Branden,

Da sich die LINKE (…) aus der SED entwickelt hat, ohne deren Fundamente adäquat aufzuarbeiten oder gar aufzugeben

Es ist immer der selbe polemische Schleim, der einem an dieser Stelle aufgetischt wird. Ja, die LINKE ist juristisch die selbe Person wie die SED, weil es eine Reihe von Namensumbenennungen war, die dahin geführt hat. Mehr aber auch nicht. Es wurde schon 1989/90 fast das gesamte Führungsgremium der SED aus der Partei geworfen, anschließend das Programm in all seinen Punkten grundlegend verändert, von der Verurteilung der SED-Diktatur über das Scheitern des Sozialismus ohne demokratische Basis bis hin zur unumschränkten Anerkennung des Grundgesetzes.
Wenn man sich mal kurz in das damalige Gebilde einer monstös aufgeblasenen Massenpartei hineinversetzt, ist auch nur zu gut verständlich, warum es einer „Nachfolgepartei“ bedarf: 44.000 hauptamtliche Beschäftigte, 9 Milliarden DDR-Mark Parteivermögen (von dem am Ende die PDS keine einzige verwendet hat), über 2 Millionen Mitglieder noch im Oktober 1989; das alles kann man nicht einfach so über Nacht auf die Straße setzen, das muss anständig abgewickelt werden. Und genau darin bestand zunächst die Hauptaufgabe der SED-PDS und später nur noch PDS. Es gab keine Alternative zur Übernahme, denn eine Auflösung der SED und gleichzeitige Neugründung der PDS (faktisch mit denselben Köpfen) wäre schlicht organisatorisch nicht zu stemmen gewesen. Von den rechtlichen Schwierigkeiten (Parteivermögen und -besitz etc.) mal ganz abgesehen.
Es gibt übrigens seit Anfang der 90er bis heute eine ständige historische Kommission in der linken Partei (welchen Namen sie auch immer trug), die sich mit der Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit beschäftigt, und zwar von der KPD bis zur SED. Andere Parteien tun sich zum Teil erheblich schwerer mit „ihren Altlasten“.
Oftmals wird verlangt, jedes ehemalige Mitglied der SED oder des MfS radikal auszuschließen. Dagegen sprechen mehrere Gründe:

  1. Jeder siebente Bürger der ehemaligen DDR war Mitglied in der SED. Vielen ging es nur darum, in Ruhe gelassen zu werden oder sie waren durch ihre gesellschaftlich/berufliche Funktion gezwungen worden, Parteimitglied zu werden. Das war Alltag. Wenn man jeden dieser Menschen a priori vom politischen Handeln ausschließen will, hat man zum einen eine ganze Menge kluger Köpfe weniger im öffentlichen Diskurs und zum anderen eine wunderbare pauschale Vorverurteilung, wie sie einer Demokratie so richtig würdig wäre…
  2. Ob man Mitarbeiter im MfS war, konnte man sich z.T. nicht raussuchen, denn man wurde nicht gefragt. Es sind immer wieder Leute mit ihren Stasi-Akten konfrontiert worden und waren verblüfft, dass sie mit ihren Äußerungen tatsächlich als IM bezeichnet wurden. Natürlich gab es auch „schwarze Schafe“ die bereitwillig Verwandte und Bekannte verpfiffen haben, natürlich gab es auch offizielle Mitarbeiter des MfS mit fast schon böswillig zu nennenden Absichten. Aber in beiden Fällen sind das absolute Minderheiten, die es sauber von der breiten Masse der unbeteiligt/unschuldigen DDR-Bürger zu trennen gilt. Ein Generalverdacht bis ans Lebensende ist wenig hilfreich.
  3. Für eine rechtsstaatliche Demokratie sollte es selbstverständlich sein, Menschen die Möglichkeit zur Besserung einzuräumen. Vor allem jetzt, wo über 20 Jahre in´s Land gegangen sind und sich viele der damalig Aktiven in der Politiklandschaft der BRD positiv und konstruktiv mit eingebracht haben, sehe ich keinen Grund, ihnen mangelnde Abgrenzung zur DDR und/oder zur SED vorzuwerfen. Und wenn das für die Personen im einzelnen nicht gilt, warum soll es für die Partei gelten, deren ganzer Inhalt doch nur durch ihre Mitglieder geprägt wird?

Trotzdem bin ich gespannt auf deinen Vorschlag: Wie stellst du dir eine praktikable Möglichkeit vor, eine linke Partei im deutschen Parteiengefüge zu installieren, ohne ihre Verbindungen zu SED und DDR ständig wieder zu thematisieren? Dabei sei zu bedenken: Auch wenn du eine völlig neue Partei mit entsprechendem Programm gründest, wird sie immer wieder Mitglieder anziehen, die damals in irgend einer Form eine Rolle gespielt haben, einfach aus der inhaltlichen Nähe zueinander.

Grüße,
digger

Danke für die Argumentation! :wink:
Moin nochmal

Wenn man sich mal kurz in das damalige Gebilde einer monstös
aufgeblasenen Massenpartei hineinversetzt, ist auch nur zu gut
verständlich, warum es einer „Nachfolgepartei“ bedarf: 44.000
hauptamtliche Beschäftigte, 9 Milliarden DDR-Mark
Parteivermögen (von dem am Ende die PDS keine einzige
verwendet hat), über 2 Millionen Mitglieder noch im Oktober
1989; das alles kann man nicht einfach so über Nacht auf die
Straße setzen, das muss anständig abgewickelt werden.

Na, da hast du mir doch jetzt aber eine wundervolle Vorlage gegeben. Mit der hätte ich unsereinen ins WM-Finale geschossen, wenn ich denn ein Fuballfan wäre.
Genau dieses Argument: „Wir müssen doch die Knete unserer Funktionäre und MItglieder mit rüber retten ins kapitalistische System“ ist ja der Knaller.
Moralisch hätte ich es genannt, wenn die SED sich selbst total aufgelöst hätte und ihre gesamten Rücklagen den überlebenden Opfern des SED-Terrors gesopendet hätte. Ich hätte da schon einige Leute gewusst, nicht zuletzt Patienten von mir, die vom SED-Regime kaputt gemacht wurden.

Es gab keine Alternative zur Übernahme,
denn eine Auflösung der SED und gleichzeitige Neugründung der
PDS (faktisch mit denselben Köpfen) wäre schlicht
organisatorisch nicht zu stemmen gewesen.

Was ist los? Andere Parteien gründen sich auch neu! Siehe nur die GRÜNEN! Stell dir vor, die NSDAP hätte 1945 gesagt: Hallo Leute, wir können doch nicht einfach so ne neue rechte Partei gründen ohne die Knete der NSDAP.

Trotzdem bin ich gespannt auf deinen Vorschlag: Wie stellst du
dir eine praktikable Möglichkeit vor, eine linke Partei
im deutschen Parteiengefüge zu installieren, ohne ihre
Verbindungen zu SED und DDR ständig wieder zu thematisieren?

Entschuldige mal, aber in meiner Generationn haben sich zwischen Euro-Kommunistischen Parteien und grün-alternativen Parteien viele neue Parteien in D, in Italien und F gegründet. Dutschke zählte 1979 zu den Mitgründern der Grünen.

Dabei sei zu bedenken: Auch wenn du eine völlig neue Partei
mit entsprechendem Programm gründest, wird sie immer wieder
Mitglieder anziehen, die damals in irgend einer Form eine
Rolle gespielt haben, einfach aus der inhaltlichen Nähe
zueinander.

Dagegen hab ich nix. Ich finde auch Leute wie Petra Pau angenehm, es geht um die Gesamtgeschichte der SED.
Gruß,
Branden

nichts zu danken :wink:
hi,

Na, da hast du mir doch jetzt aber eine wundervolle Vorlage gegeben. Mit der hätte ich unsereinen ins WM-Finale geschossen, wenn ich denn ein Fuballfan wäre.
Genau dieses Argument: „Wir müssen doch die Knete unserer Funktionäre und MItglieder mit rüber retten ins kapitalistische System“ ist ja der Knaller.

Ich wusste oder hätte wissen müssen, dass das kommt. Aber genau das war doch nicht der Fall, wie auch die Einlassung in Klammern schon angedeutet hat. Die PDS hat de facto keinen Pfennig aus SED-Vermögen für parteieigene Zwecke ausgegeben. Der größte Teil wurde dem Staat als „nicht materiell-rechtsstaatlich erworbenes Vermögen“ ausgehändigt. Viel ist im Treuhand-Fond aufgelöst worden. Vom Rest wurden noch ein paar Gehälter der ehemaligen Parteiangestellten gezahlt (bis zur Kündigung, nehme ich an). Alles in allem war es nur eine Frage der Zeit, bis eben soviel Geld abgewickelt werden konnte. Wer weiß, welcher ominöse Politiker sich sonst mit zwei Koffern außer Landes gemacht hätte?!
Nachzulesen ist die Geschichte des SED-Parteivermögens übrigens auch hier:

Moralisch hätte ich es genannt, wenn die SED sich selbst total aufgelöst hätte und ihre gesamten Rücklagen den überlebenden Opfern des SED-Terrors gesopendet hätte.

Dass das Geld nicht der PDS zu Gute gekommen ist, wurde dargelegt. Aber was ist moralisch daran, einfach alles fallen zu lassen und die Segel zu streichen? Kann die Verantwortung der Aufarbeitung nicht viel besser wahrgenommen werden, wenn man sich ihr kritisch stellt? Und was ist moralisch daran, soviele Mitglieder und nicht zuletzt Angestellte einfach im Stich zu lassen? Die hatten eine geregelte Abwicklung verdient, genau wie jeder Arbeitnehmer in den neuen Bundesländern, der durch die Wende seinen Job verloren hat (die meisten davon wurden allerdings tatsächlich von heute auf morgen auf die Straße gesetzt. Ein bitterer und sehr unterbelichteter Abschnitt der Wiedervereinigung…)

Was ist los? Andere Parteien gründen sich auch neu! Siehe nur die GRÜNEN! Stell dir vor, die NSDAP hätte 1945 gesagt: Hallo Leute, wir können doch nicht einfach so ne neue rechte Partei gründen ohne die Knete der NSDAP.

Gegen eine Neugründung spricht nichts. Die Grünen gingen m.W. aber nicht aus einer 2,4 Millionen starken Partei hervor. Weil es nichts vergleichbares gab, war eine Neugründung zwangsläufig. Und der Vergleich zwischen SED 1989/90 und NSDAP 1945 hinkt an vielen Stellen so gewaltig, dass ich hoffe, du hast es wenigstens halb lustig gemeint.

Entschuldige mal, aber in meiner Generationn haben sich zwischen Euro-Kommunistischen Parteien und grün-alternativen Parteien viele neue Parteien in D, in Italien und F gegründet. Dutschke zählte 1979 zu den Mitgründern der Grünen.

Ich rede nicht von deiner Generation, sondern von hier, heute und Deutschland. Und bitte nochmal um einen vernünftigen Vorschlag zur Etablierung einer linken Partei, ohne den Vorwurf der Verbindung zur ehemaligen DDR und SED. Wie gesagt wirst du nicht verhindern können, das Mitglieder beider Institutionen auch in deiner neuen Partei wieder Fuß fassen.

es geht um die Gesamtgeschichte der SED.

und die muss man aufarbeiten, keine Frage! Ich wäre der letzte, der die SED oder die DDR in rosaroten Farben ausmalen möchte oder hier irgendwas herunterspielen will. Die Aufarbeitung findet ja aber statt und ich wünschte mir, es würde irgendwann der Vorwurf leiser werden, die LINKE ist 100%SED und damit eine Organisation von Verbrechern. Die Gründe für die damalige Lösung, juristisch aus der SED hervorzugehen, habe ich dargelegt, inhaltlich wurde jedoch gründlich getrennt.

Um das noch weiter zu verdeutlichen ein sehr anschauliches Beispiel:
Die Staatsfrage nach 1945, ob und wenn ja in welcher Form das sog. 3.Reich weitergeführt oder aufgelöst werden sollte, beschäftigte ganze Kolonnen von Politikern, Historikern und Wissenschaftlern. Am Ende wurde beschlossen, dass die BRD die Nachfolge bzw. das juristische Erbe des Deutschen Reiches antritt. Die Gründe waren vielfältig, dabei ging es u.a. um die Aufarbeitung und Wiedergutmachung (als souveräner, neuer Staat hätte man sich leichter lossagen können von vergangenen Verbrechen!), aber auch um staatliche Organsisation und nicht zuletzt um Geld (vor allem Schulden, aber auch staatliches Vermögen in Kunst und Rohstoffen). Dazu folgende Passage:
„Mit der Errichtung der Bundesrepublik Deutschland wurde nicht ein neuer westdeutscher Staat gegründet, sondern ein Teil Deutschlands neu organisiert […]. Die Bundesrepublik Deutschland ist also nicht „Rechtsnachfolger“ des Deutschen Reiches, sondern als Staat identisch mit dem Staat „Deutsches Reich““ (aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsches_Reich#Begriff…, zitiert wird das Urteil vom Bundesverfassungsgericht 2 BvF 1/73; BVerfGE 36, 1)
Ich finde das eine sehr gute Parallele. Natürlich darf und muss man auch heute noch über Verbrechen, Schuld und Sühne der Deutschen in der Zeit zwischen 1933-45 reden. Dass wir als Bürger der BRD dafür direkt verantwortlich gemacht werden, ist aber nicht daraus abzuleiten, dass die BRD „identisch mit dem Staat ‚Deutsches Reich‘“ ist. Genauso verhält es sich m.E. mit der Partei die LINKE: Selbstverständlich sollte weiterhin kritisch die Partei SED betrachtet und ihre Taten aufgearbeitet werden, auch und gerade durch die LINKE (diesem Anspruch wird sie gerecht). Aber aus der juristischen Einheit von SED und LINKE abzuleiten, dass jeder Angehörige dieser Partei oder die Partei als ganzes für die damaligen Verbrechen verantwortlich ist, geht zu weit.

Ich hoffe, ich konnte meine Meinung ausführlich darlegen :wink:

Grüße, digger

Differenzierung
Hi nochmal, digger

Und was ist moralisch daran,
soviele Mitglieder und nicht zuletzt Angestellte einfach im
Stich zu lassen? Die hatten eine geregelte Abwicklung
verdient, genau wie jeder Arbeitnehmer in den neuen
Bundesländern, der durch die Wende seinen Job verloren hat

Nein, ich finde nicht, dass z.B. die Verantwortlichen und Funktionäre der SED genauso eine geregelte Abwicklung verdient haben wie jeder andere Arbeitnehmer in den neuen Bundesländern. Du würdest ja wohl auch nicht die (zurecht) Angeklagten des Nürnberger Prozesses genauso behandeln wie Leute, die nicht in der NSDAP verantwortliche Stellungen innehatten, oder?

Und der Vergleich zwischen SED 1989/90 und NSDAP
1945 hinkt an vielen Stellen so gewaltig, dass ich hoffe, du
hast es wenigstens halb lustig gemeint.

Der Vergleich mag noch so hinken - die Übereinstimmungen bleiben allzu augenfällig. Beide Unrechtsysteme haben nach deren Auflösung (und Befreiung der Menschen) eine gerechte Unterscheidung zwischen Tätern und Opfern verdient.

Und bitte nochmal um einen vernünftigen
Vorschlag zur Etablierung einer linken Partei, ohne den
Vorwurf der Verbindung zur ehemaligen DDR und SED.

Eine linke Regierung, wie sie sich jetzt z.B. mit rot-grün wieder in NRW erneuert, hat genügend Chancen, weitere progressive Kräfte aus einer linken, antiautoritären Bewegung aufzunehmen.

Wie gesagt
wirst du nicht verhindern können, das Mitglieder beider
Institutionen auch in deiner neuen Partei wieder Fuß fassen.

Und ebenfalls wiegesagt: Dagegen habe ich wenig.
Gruß,
Branden