Teilantwort
> Was „macht“ eigentlich Philosophie?
Interessante Frage!
> Die Frage klingt möglicherweis etwas verschroben oder gestelzt, …
Albert Einstein: »Es ist wichtig, dass man niemals aufhört zu fragen.«
> geht aber u.a. an all diejenigen, die hier (gemeint ist das Forum „Philosophie“) permanent mit Physik und Mathematik daherkommen und meinen, man müsse der „Philosophie“ mal klar machen, dass man sie eigentlich gar nicht brauche. Es sei denn, sie bestätigt das, was man in der Physik für richtig und gut hält.
Das habe ich noch nie gehört, das ist verwerfliche ewigvorgestrige Dogmatik.
De omnibus dubitandum - An Allem ist zu zweifeln.
> Was „macht“ eigentlich Philosophie?
Philosophie im modernen Sinne ist das logische Denken über das Denken an sich. Nicht im neurlogischen Sinne - wie funktioniert Denken im Hirn, sondern darüber warum wir Informationen nutzen können und wie wir daraus Schlüsse ziehen dürfen - oder eben auch nicht.
Ein Begriff dürfte „Erkenntnistheorie“ sein.
Oder ganz allgemein: Ein Werkzeugkasten für logische Schlüsse.
Also z.b.: Wenn ich einen beobachtbaren/messbaren Zusammenhang zwischen Vorgängen finde (Korrelation), heisst das nicht, dass es zwischen diesen Vorgängen einen Zusammenhang (Ursache-Wirkungs-Verbindung) gibt. Für eine Hypothese (Fragestellung) muss ich auch eine Verbindung darstellen.
Es gibt zwar eine Korrelation zwichen der abnehmenden Zahl von Klapperstörchen in Deutschland. Aber es gibt keine Ursache-Wirkungs-Verbindung zwischen Klapperstörchen und Geburten von Menschen. Hmm. Und jetzt ist es eben auch keine naturwissenschaftliche Theorie (temporäre anwendbare Erklärung - bis jemand was besseres entdeckt) zu sagen „es gibt keinen Zusammenhang“. Eben die Frage, ob Nicht-Aussagen auch Aussagen sind. Also auch „Theorien“, „negativen Theorien“ genannt werden können/dürfen/müssen.
Es gibt Menschen, die glauben, es gäbe einen Zusammenhang zwischen Geburtenrate und Mondphasen.
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Es gibt keine physikalischen Zusammenhänge, deren Wirkungen stark genug wären um so etwas beim Menschen zu bewirken (zu geringer Einfluss der Gravitation auf "Körperflüssigkeiten, nicht-nachweisbarer Einfluss des nächtlichen Mondlichts auf menschliche Körpervorgänge).
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Die Datenlage (es gibt tatsächlich eine Auswertung) gibt nicht dazu her; es gibt mehr Geburten an Freitagen (vorverlegt durch Medikamente) und Montagen (verzögert durch andere Medikamente).
Darf ich daraus eine klare verneinende Aussage machen: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Mondphasen und der menschlichen Geburtenrate?
> Diese Frage ist eine Einladung an ihre Verächter, sich selbst einmal reflexiv den Kopf darüber zu zerbrechen, wozu Philosophie da ist. Kann man sie wunderbar benutzen als negative Projektionsfläche? Freut man sich über „Steilvorlagen“, an denen man sich so richtig, d.h. „naturwissenschaftlich“ abarbeiten kann?
Ich sehe Philosophie als so etwas wie die Mathematik für Wissenschaften. Ein Werkzeugkasten, den man nutzen kann. Mehr auch nicht. Für die physikalischen Erkenntnisse von Newton war die Differentialrechnung wichtig - es gab sie damals nicht, also hat er dieses Werkzeug (zeitgleich mit Gottfried Wilhelm Leibniz - mit dem er einen erbitterten lebenslangen Streit hatte) erfunden.
Einstein hatte es danach einfacher, die Lorenz-Transformation gab es schon und die anderen Werkzeuge der Mathematik um seine Gedanken in eine Form zu fassen aus der man Vorhersagen ableiten kann. D.h. konkrete Aussagen berechnen (eben vorhersagen) kann.
In der psychologischen und medizinischen Forschung sind die Statistik nötige Werkzeuge um aus dem Rauschen (Toleranz, Ungenauigkeit) der Ergebnisse (Zahlen) erst einmal nur Korrelationen zu erkennen und danach in weiteren Fragen die Ursache-Wirkungs-Verbindungen zu suchen. Und auch dann wieder wegen der großen Ungenauigkeiten der Lebewesen Aussagen näher zu kommen. Und an diesen schwammigen Grenzen setzt wieder die Philosophie ein. Können/dürfen/müssen wir solche (aus der sicht der exakten Naturwissenschaften) schwammigen Ergebnisse nutzen. Z.B. zum Wohl der leidenden Patienten, die auf ein (nicht für jeden) hilfreiches Medikament warten.
> Oder gibt es Erwartungen an die Philosophie
Meine Erwartung wäre z.B. eine saubere Trennlinie zwischen „Moral“ und „Ethik“. Also eine klare und nützliche Definition.
Liest sich alles sehr schwammig, aber der einzige Philosoph, von dem ich Bücher gelesen habe ist der forschende Philosoph Daniel Dennett (er forscht z.B. über das Bewusstsein).
Peter Singer steht auf meiner Liste für die Zukunft.
Ich muss diesen Werkzeugkasten nicht in aller Tiefe nutzen. Ich bin keine Forscher.
Gruß
Stefan