Physikstudium aufgeben und endlich wieder Leben?

Hallo,

ich bin 20, Physikstudent im 3. Semester und schon wieder stehe ich vor dem inneren Konflikt, das Studium zu wechseln. Schon Ende des zweiten Semesters hatte ich keine Motivation mehr, doch ich wollte die Sommerferien nutzen um einen klaren Kopf zu bekommen. Zur kurzen Vorgeschichte: Im Abitur hab ich mich kaum um die Schule gekümmert und war auch eig immer mit etwas anderem Beschäftigt. Dadurch bekam ich natürlich keine allzu guten Noten und was das Lernen angeht, hab ich auch nicht unbedingt viel mitgenommen. Nach den bestandenen Prüfungen musste ich mich nun entscheiden, was ich gerne Studieren möchte. Ich hatte das Weihnachten vor dem Abitur eine Nahtoderfahrung und folge dessen, eine sehr tiefgreifende Erfahrung gemacht, die mein Denken veränderte. Seit dem bin ich ein total anderer Mensch geworden, offener, wissbegieriger und auch sehr disziplinierter. Nunja, ich sah eines Tages eine DVD von Harald Lesch über unser Universum und ab da an, began mein Interesse an unserer Welt. Ich wollte wissen was die Welt im innersten zusammenhält, aus was Alles besteht und generell wollte ich mein Leben der Wissenschaft widmen, da wie ich dachte, das das Absolut höchste ist, womit sich ein Mensch beschäftigen kann. Ich fing an zu Studieren und fragte Leute aus meinem Semester, was der Grund für das Studium sei. Immer kamen die Antworten: „Weil das Fach mir in der Schule lag“, oder „Weiß auch nicht, konnte mich für nichts Anderes entscheiden“. Da ich in der Schule Physik ab der 10. Klasse abgewählt hatte und ich Mathe gerade so bestanden habe, war mein einziges Motiv: Ich will die Welt verstehen und bin auch bereit alles dafür zu geben!
Nunja, das tat ich auch das erste/zweite Semster. Ich tat sogar auch nichts Anderes mehr, weil ich soviel nachholen musste, dass mir für andere Sachen keine Zeit mehr blieb. Zusätzlich bekam ich heftige familiäre Probleme (Mutter schon seit über 10 Jahren alkoholkrank, den Kontakt hielt ich, damit ich meinen Dad trösten konnte, doch mit der Zeit wurde die Situation immer schlimmer) und dann doch in noch fast allen Prüfungen durchgefallen. Hmm die folgenden Ferien verbachte ich damit durchzulernen, um die Nachklausuren zu bestehen (alle außer Algebra gepackt). Auf gings also ins zweite Semester. Nach den ersten paar Wochen wurde mein Blinddarm rausoperiert und ich fehlte in den Vorlesungen, also hieß es wieder Nacharbeiten! Es kam die erste Welle einer Depression auf und ich überlegte abzubrechen, zog es aber weiter durch. Mit GROSSER Hilfe eines guten Freundes, bestand ich die TM und Ana2 bestand ich in der Nachklausur. Das zweite Semester war rum, Sommerferien fingen an, doch iwie war ich nicht mehr ich Selbst. Total leise, unkreativ, desinteressiert und der Urlaub mit meinen Eltern war die Hölle auf Erden. Ich sah, wie kaputt meine „Famillie“ ist und bekam kaum Wörter herraus. Ich wusste wie hart ein solches Studium ist und was man, gerade an meiner Stelle alles einstecken musste. Mir war klar, dass ich für die nächste Jahre kaum Zeit für mich selber haben werde und ich, auch wenn ich mal keine Lust habe, mich dazu motivieren muss. So fing die erste Woche im 3. Semester auch ganz motivierend an, doch nun habe ich schon wieder Zweifel an allem. Sollte ich mich weiter Durchboxen, oder alles einfach hinschmeißen und mir einen Wechsel überlegen?

Ich bin mir einfach unsicher, und das ist das was mich daran hindert, konzentriert zu arbeiten…

(P.S. Meine Einschätzung von den Leistungen, die ich erbrachte, könnte ich so formulieren: Also mathematsich hab ich viel gelernt, die Zusammenhänge in der Analysis hab ich teils durchdrungen, die Algerba höre ich gerade nochmal. Zur Physik: Ich denke, ich habe kein Talent. Physikalische Sachverhalte kann ich nicht gut erklären, im Praktikum hab ich ohne Ausnahme die Verusuche von Komillitonen aus den höheren Semstern abgeschrieben, teils auch aus Zeitmangel und generell hab ich mich im Praktikum immer ganz schön blöd angestellt…)

hallo.

ein studium ist kein zuckerschlecken. schon gar nicht, wenn man so gut wie keine „vorbelastung“ hat.

dein hang zur wissenschaft ist löblich. und du scheinst ja auch einiges erreicht zu haben, worauf du zu recht stolz sein kannst.

aber physik zu verstehen ist mehr als prüfungen bestehen.
und um später geld zu verdienen, reicht „vier gewinnt“ nicht mehr aus.

bevor du ein schlechter physik-bachelor (oder master, oder ingenieur) wirst, wäre es vielleicht besser, sich um einen ausbildungsplatz (z.b. physiklaborant) zu bemühen.
die anforderungen sind nicht so hoch, du bringst aus dem grundstudium schon einiges mit, und wirst für’s lernen auch noch bezahlt.
auf dieser basis solltest du etwas ruhiger leben und dich neu ausrichten können.

ein erfolgreiches studium (von was auch immer) scheint mir in deiner momentanen verfassung jedenfalls nicht möglich zu sein.
im jetzigen stadium abzubrechen ist aber keine schande. und es hindert dich ja niemand, es später nochmal zu versuchen.

gruß

michael

Hallo,

ich versuche mich mal an einer nicht allzulangen Antwort, die dein Geschriebenes etwas aufdröselt und versucht zu ordnen.

Zuerst fällt mir deine Motivation für dein Studium auf: Die Wissenschaft als höchstes Ziel im Leben und die Suche nach dem großen Ganzen. Das sind hehre Ziele, denen aber meiner Ansicht nach jeder Realitätssinn fehlt. Denk an dieser Stelle mal konkreter und vor allem realitätsbezogener nach: Wie stellst du dir dein Leben in 10, 20, 30 Jahren vor? Was soll drin vorkommen? Familie, ein Haus, Reisen, irgendwelche Hobbys, Karriere? Wie gedenkst du, dahin zu kommen?

Als Motivation für ein Studium eignet sich immer etwas dann sehr gut, wenn man sich vorstellen kann, in diesem Themenfeld sein restliches Leben unterwegs zu sein. Wenn man Spaß an dem hat, was man da inhaltlich tut und das Studium und später der Beruf möglichst keine Last darstellt. Wenn du dich jetzt schon quälst und dein Studium ansich nur hast, weil da dieses hehre Ziel des „alles begreifens“ drüber steht, wirst du damit - denke ich - ins Leere laufen. Dein Ziel ist für ein Menschenleben zu hoch gesteckt und damit wird dir der Alltag zur Quälerei. Du titelst ja selbst „oder endlich wieder leben“, was darauf schließen lässt, dass du im Moment nicht das Gefühl hast, dass du lebst. Deshalb: Was erwartest du vom Leben, was möchtest du (in realistisch formulierten Zielen) erreichen?

Zu Zweiten: Deine 180-Grad-Wendung im Leben… hm. Ich bin 25, also nicht viel älter als du. Ich hatte in meinem Leben auch schon Phasen, da hatte ich den Eindruck, quasi von gestern auf heute einen Riesensatz in Sachen Selbst- und Weltverständnis getan zu haben, genau zu wissen, was ich will und ich war mir felsenfest sicher, dieser Zustand würde sich nie wieder ändern. Nicht nur ins positive, es gab durchaus auch negative Situationen, da hätte ich Stein und Bein geschworen, dass ich die nie wieder loswerde. Da nichts davon in der anfänglichen Größenordnung bis zum heutigen Tag überlebt hat, gehe ich mal davon aus, dass Veränderung das einzige ist, was es immer geben wird :wink: Deshalb der gut gemeinte Rat: Mach das, was du meinst zu sein, nicht an einem einzigen Ereignis und einer Art Gedankenblitz fest. Du bist die Summe deiner Erfahrungen seit Beginn deines Lebens und damit ergeben sich im Verlauf deines Lebens immer wieder auch andere Sichtweisen und Ziele. Lass dich nicht so hundertprozentig von nur einem einzigen Höhen- bzw. Tiefflug leiten.

Was den Umgang mit deiner Familie und ihrer Vorgeschichte (Alkoholkrankheit usw.) angeht, kann ich keinen fundierten Beitrag leisten.

Zusammengefasst würde ich dir raten, nochmal mit realistischem Blick zu überprüfen, was die grobe Richtschnur für dein Leben sein soll und nicht wild entschlossen einen Gedankenblitz zu verfolgen, wenn du selbst schon merkst, dass du kaum Nutzen im Sinne von Erfolgen bzw. Freude daraus ziehst, dafür aber unendlich viel Energie investierst.

Gruß

Hallo,
ich schließe mich Michael an.

Mein Sohn hat auch nach 2 Jahren festgestellt, dass „die Wissenschaft“ (in seinem Fall Mathematik) nichts für ihn ist und hat dann lieber eine Ausbildung begonnen. Damit scheint er nun viel glücklicher zu sein.
Es ist keine Schande, noch rechtzeitig zu merken, dass man den Pfad lieber wechseln sollte…

Alles Gute Beatrix

Hallo,

leider erzählst du sehr viel über die Dinge, die du nicht kannst und möchtest.
Es wäre ja schön zu wissen, was du dir denn eigentlich für deine Zukunft vorstellst.

Nunja, ich sah eines Tages eine
DVD von Harald Lesch über unser Universum und ab da an, began
mein Interesse an unserer Welt. Ich wollte wissen was die Welt
im innersten zusammenhält, aus was Alles besteht und generell
wollte ich mein Leben der Wissenschaft widmen, da wie ich
dachte, das das Absolut höchste ist, womit sich ein Mensch
beschäftigen kann.

Das ist ja sehr lobenswert. Trotzdem erstaunt es mich wie du dann ausgerechnet auf das ‚staubtrockene‘ Physikstudium gekommen bist…

Ich fing an zu Studieren und fragte Leute
aus meinem Semester, was der Grund für das Studium sei. Immer
kamen die Antworten: „Weil das Fach mir in der Schule lag“,
oder „Weiß auch nicht, konnte mich für nichts Anderes
entscheiden“. Da ich in der Schule Physik ab der 10. Klasse
abgewählt hatte und ich Mathe gerade so bestanden habe, war
mein einziges Motiv: Ich will die Welt verstehen und bin auch
bereit alles dafür zu geben!

Nun, Physik in der Schule abgewählt, Mathe mit Ach und Krach bestanden - es wundert mich immer mehr…

Es gibt doch so viele wissenschaftliche Studiengänge - warum Physik???

Das zweite Semester war
rum, Sommerferien fingen an, doch iwie war ich nicht mehr ich
Selbst. Total leise, unkreativ, desinteressiert…

Du bist eigentlich extrovertiert, kreativ und vielfältig interessiert?

So fing die erste Woche im 3. Semester auch ganz motivierend
an, doch nun habe ich schon wieder Zweifel an allem. Sollte
ich mich weiter Durchboxen, oder alles einfach hinschmeißen
und mir einen Wechsel überlegen?

Ich kenne dich ja nicht, aber alles was ich hier lese passt so gar nicht zu einem Physikstudium.

Ich bin mir einfach unsicher, und das ist das was mich daran
hindert, konzentriert zu arbeiten…

Auch nicht gerade die besten Voraussetzungen…

Meine Einschätzung von den Leistungen, die ich
erbrachte, könnte ich so formulieren: Also mathematsich hab
ich viel gelernt, die Zusammenhänge in der Analysis hab ich
teils durchdrungen, die Algerba höre ich gerade nochmal.

Also Mathe so mittel…

Zur Physik: Ich denke, ich habe kein Talent.

Sagt das nicht schon alles???

Physikalische Sachverhalte kann ich nicht gut erklären, im Praktikum :hab ich ohne Ausnahme die Verusuche von Komillitonen aus den höheren
Semstern abgeschrieben, teils auch aus Zeitmangel und generell
hab ich mich im Praktikum immer ganz schön blöd angestellt…

Was ja die Annahme bestätigt, das Physik so gar nicht zu dir passt.

Die Frage ist: Was passt eigentlich zu dir?

Ich wollte wissen was die Welt im innersten zusammenhält,
aus was Alles besteht…

Wie wäre es mit einem Mix der verschiedenen Naturwissenschaften? Fächerübergreifend und mit viel Bezug zum realen Leben?
Wo man kreativ sein darf und vielseitig?
Wo man die Natur erforscht und den Dingen auf den Grund geht?

Vielleicht kann dir diese Seite weiter helfen: http://www.studieren-studium.com/

Fächerübergreifend Naturwissenschaftlich sind übrigens z.B. Ökologie-Studiengänge…

Vielleicht schaust du mal…

Physik ist es für dich anscheinend nicht.

Ein altes Sprichwort sagt: Wenn das Pferd tot ist, soll der Reiter absteigen ;o)

Viel Erfolg bei deiner Suche

wünscht Yvisa