Hallo,
Ich zitiere:
„ich denke, das kommt darauf an, was man unter „politisch“
versteht. Die Love Parade war bis Mitte/Ende der 90er Auswuchs
einer Gruppe junger Menschen, für die Musik und Party Ausdruck
einer gewissen Lebenseinstellung war.“
Es ist ein Unterschied, ob etwas „politisch ist“ (auch apathisches Nichtstun einer ganzen Gruppe von Menschen ist politisch) oder ob jemand „vorgibt, ein Verhalten sei politisch“.
Ein unpolitisches Verhalten kann politische Auswirkungen haben.
Aber diejenigen, die sich unpolitisch Verhalten sollen dann bitte nicht kommen und behaupten, sie täten nichts, als Ausdruck und Aktion ihrer Politik.
Ich weiß nicht genau, was Du meinst. Gerade 1985-1995 ist in
der Hinsicht doch viel passiert, eben weil Teile der
Bevölkerung dafür einsetzten. Die globalen Probleme wird man
mit Jute-Taschen und Happenings zwischen toten Tannen nicht
lösen können.
Dein letzter Satz hier ist die Stammtischversion „Abqualifizierung“ mit pseudo-intellektuellem Anstrich.
Nur weil in dem Zeitraum viel passiert ist, kann man doch nicht sagen, dass die, die sich dann auf Musik&Feiern bzw. auf individuelle Fortbildung zurückziehen, damit diese Entwicklungen unterstützen.
Und ich rede auch nicht davon, daß die Einstellung der
Generation uneingeschränkt großartig war oder die Gesellschaft
vorangebracht hätte. Aber es war nun einmal die Zeit, in der
man zum Feiern nach Berlin oder London reisen konnte (erstes
eigenes Geld, billige Flüge, gefallene Mauer), wo man DJs
erlebte, Lightshows, die mit Computern gesteuert wurden usw.
Alles ungefragt ja: aber das ist immer noch nicht politisch aktiv sein.
Wie ich bereits mehrfach schrieb, ist die Frage, ob eine LP
jemals eine politische Veranstaltung war, abhängig davon, wie
man den Begriff „politisch“ auslegt.
Deshalb habe ich versucht den Unterschied zu machen zwischen „politisch aktiv sein“ und „politsch verstanden werden“.
So wirr sie teilweise
auch waren, so waren die Reden von Dr. Motte z.B. immer auch
politische Statements und ich bin mir ziemlich sicher, daß
nicht wenige der Anwesenden im Kern mit dem, was er da sagte,
einverstanden war.
Politische Statements im Sinn von: lasst uns alle in Ruhe, damit wir machen können, was wir wollen?
Aber nicht politisch im Sinn von: wir möchten uns einbringen, in eine Verbesserung der Gesellschaft/Lebensumstände.
Genau hier ist aber meine Kritik.
Ansonsten bin ich mir auch ziemlich sicher, daß Woodstock von
vielen auch als politische Veranstaltung verstanden wird.
Nein. Woodstock war ein Happening, das nur damals so stattfinden konnte. Das wurde später politisch interpretiert und war sicher Ausdruck der Zeitströmung. Aber es war nicht politisch, hatte keine politischen Absichten.
Zugegebenermaßen waren die Texte der vorgetragenen Stücke
inhaltlich gehaltvoller, aber die meisten dürften damals auch
eher wegen der Party dagewesen sein als wegen der politischen
Aussage der Veranstaltung.
Natürlich HAT Woodstock eine politische Aussage. So wie das Münchener Oktoberfest eine politische Aussage hat. Aber es war niemals als politische Veranstaltung gedacht. Genausowenig wie die Loveparade jemals eine politische Veranstaltung war.
Gruß
Elke