Drei Formen des ´Wissens´
Hi.
Die Beantwortung auch dieser Nachfrage hängt vom Kontext ab, ebenso ob diese Frage überhaupt eine Relevanz hat.
Danke, dass du den von mir ins Spiel gebrachten Kontext-Begriff so fleißig ins Feld führst.
Im Judentum, Christentum und Islam ist dieses bspw. die Erschaffung des Menschen als solchen durch Gott. usw.
Wird behauptet wohlgemerkt.
Nein, in diesem Kontext wird dieses eben nicht behauptet, sondern gewusst.
Hier gebrauchst du den Wissensbegriff aber deutlich zu großzügig. Wie auch immer man die Beziehung eines Anhängers der abrahamitischen Religionen zum Wahrheitsgehalt der Geschichte einer Menschenschöpfung durch „Gott“ nennen mag - mit Wissen im eigentlichen Sinne hat das nichts zu tun.
Es gibt drei Wissenskategorien:
- Das exakte (theoretische) Wissen:
Das ist das mathematische und das logische Wissen. Es gründet allerdings auf unbeweisbaren Axiomen. Auf religiöse Aussagen ist es nicht anwendbar.
- Das empirische Wissen:
Das ist ein durch Erfahrung verifiziertes und wiederholt nachprüfbares Wissen. Auch von einem solchen Wissen kann im Kontext der Genesisgeschichte keine Rede sein. Sicher hat noch nie ein gläubiger Anhänger der Tora behauptet, beim Schöpfungsakt zugegen gewesen zu sein oder in irgendeiner Form empirisch wahrgenommen zu haben, dass „Elohim“ Himmel und Erde und die Menschen schuf.
- Die sog. gerechtfertigte Meinung im Sinne von Platon:
Das ist eine Meinung, die wahr sein kann oder auch nicht, die aber nicht auf Wissen beruht, sondern auf einer Überzeugung. Es ist also ein Für-wahr-Halten ohne zureichende empirische Begründung. Bezogen auf die Schöpfungsgeschichte würde das bedeuten, dass jemand, der sagt: „Ich weiß, dass diese Geschichte wahr ist“, eine Überzeugung von etwas äußert, das er nicht erfahren hat, für das er aber Gründe anführt, die seiner Ansicht nach die Überzeugung bekräftigen, z.B. „Es steht in der Tora, also ist es wahr“. Er kann aber nicht wissen, dass es wahr ist, da ihm empirische Argumente fehlen. Für den Status der „gerechtfertigten Meinung“ (also einer nicht zureichend begründbaren Überzeugung) fehlt der Aussage „Elohim hat die Welt und die Menschen so geschaffen, wie es in der Tora steht“ allerdings die Voraussetzung, dass rein theoretisch die Möglichkeit besteht, dass sie wahr ist. Im gegebenen Falle sprechen diverse wissenschaftliche und weithin anerkannte Theorien gegen diese Möglichkeit (Theorien über Entstehung des Alls und der Spezies Mensch).
Fazit:
Die Aussage „Elohim hat die Welt und die Menschen geschaffen“ fällt weder in die theoretische Kategorie des Wissens noch in die empirische und auch nicht in die Meinungs/Überzeugungs-Kategorie, letzteres nicht, weil zu viele harte Argumente (aus der Wissenschaft) dagegen sprechen.
Es handelt sich also um einen Glaubensakt, der die Kriterien von Wissen, Meinung und Überzeugung nicht einmal im Ansatz erfüllt.
Chan