- ach, ein letztes Episödchen noch, um den Kreis zurück nach Spanien zu schlagen und gleichzeitig den Wert von Sprachkenntnissen zu unterstreichen - ich war nämlich schon mit 16 mal in einem Hotel zur Übernachtung gewesen:
Ich kam ungefähr eineinhalb Jahre nach dem Tod des Caudillo zum ersten Mal nach Spanien, es hatte sich in dieser Zeit nicht so sehr viel geändert im Vergleich zu dem jahrzehntelangen vielfältigen Stillstand. Ich fuhr dort hin mit dem Hochmut meiner sechzehn Jahre und meinte, mit guten Latein- und passablen Französischkenntnissen könnte man doch wohl Spanisch verstehen. Stand morgens in Irún auf dem Bahnhof vor den beiden Tafeln mit Salidas und Llegadas. Es kam mir so vor, als könnte „llegada“ etwas mit „legatum“ zu tun haben und fand, das würde gut zu „Abfahrt“ passen. Sah dann kurz darauf den einzigen durchgehenden Talgotren nach Madrid grade noch von hinten.
Nach einer ziemlich zusammengestoppelten Fahrt kam ich dann endlich abends gegen elfe nach Madrid. Dort hatte noch jedes Viertel seinen Nachtwächter, abenteuerliche Gestalten in schweren dunklen Mänteln, mit großen schwarzen Schlapphüten, Knotenstöcken und riesigen Schlüsselbunden am Koppel - für jede Haustür im Zuständigkeitsbezirk einen. Mit der Geste „zwei zusammengelegte Hände am Ohr, geneigter Kopf“ deutete ich einem von den Gesellen an, dass ich ein Nachtquartier suchte. Der schlurfte mir voran zu einem Haus in einer Seitenstraße, sperrte auf und stieg mit mir zusammen nach oben in den dritten oder vierten Stock, wo eine Fonda untergebracht war. Ich hatte vorher nie etwas von der spanischen (insbesondere städtischen) Pyjama-Kultur gehört - der Schlafanzug war für sehr viele Leute eben auch Hausanzug - und darum völlig verblüfft und entgeistert, als auf das Klopfen des Nachtwächters gleich mehrere kichernde mehr oder weniger junge Geschöpfe in Nachthemden zur Tür kamen - im selben Moment war ich sicher, der Nachtwächter hätte meinen Wunsch verkehrt aufgefasst und trat Hals über Kopf die Flucht an…
Ein paar Häuser weiter fand ich dann die Fonda, die ich oben im Ferien-Aufsätzlein verarbeitet habe, mit dem Nachtportier, der mich op jood Kölsch begrüßte.
Umso besser dann, dass ich wußte, wo ich hinkonnte, als ich zur erneuten großen Überraschung am anderen Tag erfuhr, dass ich selbstverständlich nicht bei der Familie übernachten könnte, deren Tochter mich eingeladen hatte …
Schöne Grüße
MM