Staatliche 'Nachbarschaftshilfe'?

Guten Tag,

in Dänemark fordert der Staat die Bürger auf, informelle Erkenntnisse, welche auf Sozialbetrug deuten könnten, zu melden. Sog. Denunzieren oder auf deutsch gesagt das nachbarschaftliche Anscheißen.
http://www.bild.de/BILD/politik/wirtschaft/2010/10/1…

Ist das was für Deutschland?
Wie könnte das gestaltet werden?

Hätte das gesellschaftliche Auswirkungen auf das Leben der Bürger miteinander? -Traue niemanden, dann klappt’s auch mit dem Nachbarn-

Wofür könnte man dieses Prinzip noch einsetzen?
Könnte man Fangprämien ausloben? Also sog. Kopfgeld.

Hallo,

den Begriff Denunziation würde ich hier nicht benutzen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Denunziation

Es geht doch um die Anzeige einer Straftat - nichts Anderes ist Sozialbetrug.
Niemand würde zögern mit einer Anzeige, wenn z.B. sich der Nachbar an kleine Mädchen heranmacht. Warum dann Zurückhaltung bei einer anderen Straftat? Oder wo würdest Du die Grenze ziehen? Wie ist es mit Fahren ohne Führerschein oder im Suff?

Der Schwarzarbeiter betrügt seine Nachbarn und lacht ihnen dabei noch ins Gesicht, weil er weiß, daß die stillhalten. Das kann es doch nicht sein.

Ich muß doch nicht „aus guter Nachbarschaft“ akzeptieren, daß man mich und andere bescheißt. Warum soll ich jemanden, der mich bescheißt, als guten Nachbarn behandeln?
Und wenn die Trefferquote wie in Dänemark bei 90% liegt, heißt das doch auch, daß vor einer Anzeige man sich doch ziehmlich sorgfältig informiert hat.

Die Anonymität der Anzeige schützt im übrigen den Anzeigenden vor der Rache des Erwischten.

Gruß
Cassius

Steuern hinterziehen = Sozialbetrug
Hallo,

Es geht doch um die Anzeige einer Straftat - nichts Anderes
ist Sozialbetrug.

Genau:
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2010-06/steue…

Gruß
Spatzi

Hallo,
abgesehen von extremen Einzelfällen würde ich mich schämen, von so etwas Gebrauch zu machen. Angesichts der hahnebüchenden Debatte um 5 EUR mehr für „Harz-Vierler“, der Weigerung der Einführung von Mindestlöhnen und „Rabattkarten für Harz-Vier-Kinder“ auf der einen und Banken-Boni, „Hotelier“-Lobbytum und mangelnder Einsicht, Studiengebühren abzuschaffen auf der anderen Seite grenzt das an Zeiten, als eine gewisse Stasi ähnliche Methoden anwandt, nur mit anderen „Anreizen“…

Abgesehen davon gibt es längst die Möglichkeit, entsprechende Formen des Betrugs der Arge oder dem nächsten Staatsanwalt anzuzeigen. Genauso darf man aber auch schon längst Steuerhinterziehung und Inanspruchnahme von Schwarzarbeit zur Anzeige bringen :wink:

Wenn man jedem eine faire Chance auf Beschäftigung gäbe und die angeblichen Leistungsträger in genauso breiter Masse eine gewisse soziale und gesellschaftliche Verantwortung übernehmen würde, kann man darüber reden, vorher nicht. Das schürt nur die gesellschaftspolitische Spaltung der BRD.

Gruß vom
Schnabel

p.s. wundert mich es, dass ein gewisses „Foto-Druckerzeugniss ohne nennenswerten geistigen Inhalt“ das verbreitet ? :wink:

Hallo,
beachte bitte, dass in dem Ursprungsartikel nur und ausschliesslich von Sozialbetrug die Rede war, nicht von Steuerhinterziehung oder Schwarzarbeit :wink: … diese Anzeigen wollen die Dänen dann wohl doch auch wieder nicht, oder stehts da ? :wink:

Gruß vom
Schnabel

Moin,

deine Frage war ketzerisch, zumal, wenn als Quelle die BILD genannt ist, die Artikel auch gern mal durch weglassen aufwertet.

In dem Artikel ist auch keine Rede von Kindesmissbrauch, Raub und Mord, dennoch sollte allen klar sein, dass das ebenso (noch mehr verboten geht nicht, aber sonst wäre es so) verboten ist.

Schwarzarbeit war lange Jahre gesellschaftlich akzeptiert (ist es zum Teil heute noch), erst in den letzten Jahren ist manchem klar geworden, dass hier (insgesamt) Milliarden am Sozialsystem vorbei gehen. Ob manche Hausbauten entstanden wären ohne Schwarzarbeit, wird keiner eindeutig sagen können.

Sozialbetrug ist häufig moralisch abgesichert, „die haben ja nichts“, so dass kaum einer wagt, Sozialbetrug zu melden. Der (sogenannte) Protest der schweigenden Mehrheit in der Richtung wurde erst in letzter Zeit offener, als es um die ALG2 Sätze ging, dabei insbesondere um den Anteil von Genussmitteln.
Natürlich gibt es Leute, die alles abgreifen, was sie beantragen können. Da wohnen Paare plötzlich getrennt, Vermögen ist plötzlich nicht mehr da. Umgekehrt sind viele ALG2 Bezieher sehr zurückhaltend in dem Beantragen der ihnen zustehenden Bezüge, z. B. weil sie sich schämen oder nicht wissen, was ihnen zusteht.

Und wieder haben wir hier ein Problem, das wir schon in der Integration haben. Man versucht, die ganzen Bandbreite in einen Topf zu werfen.

Wenn jemand in ALG2 lebt und ein großes, teures Auto fährt, sollte man mal überprüfen, wie er die Tankfüllungen finanziert. Meist prahlt er auch damit, wie einfach es ihm fällt, sich ohne Steuern zu finanzieren. Natürlich ist Neid da der entscheidende Antrieb, ist in dem Fall aber auch durchaus legitim.

Wenn eine Familie mit vier Personen in drei Zimmern lebt und bei der Angabe der qm-Zahl (mit Einverständniss des Vermieters) 3-5 qm nach unten korrigiert, dann halte ich das auch für legitim.

Das sind so die zwei Grenzbereiche, die mir einfallen.

Der Haken ist, wann jemand für sich die Grenze für notwendige Schwindelei zum moralisch verwerflichen Betrug zieht.

Ein Beispiel: Eine Horde von „glatzköpfigen Bombenlegern“, die einen Fiat Panda mit einer türkische Flagge am dem hinteren Fenster diverse Beulen treten, will man gern hart bestrafen. Einem jungedlichen Punk, der das gleiche mit einer S-Klasse im Halteverbot macht, sieht man das eher nach? Beides ist sachlich die gleiche Tat.

Auch wenn ich vielen Kommentatoren in den Tageszeitungen momentan widersprechen möchte, stelle ich fest, dass sich die Bevölkerung separiert. Und das tun sie eben nicht an den Grenzen der Parteien entlang sondern zum einen an dem gefühlten persönlichen Leben, zum anderen aber auch an dem von der Presse (und da schließe ich Blogs bewusst mit ein) neu aufgehobenen Gräben.

Dänen sind erst mal simpel gestrickt, sie haben eine eigentlich geniales Sozialsystem, verbunden mit den Gewerkschaften, dass geradezu perfekt Fortbildung und Unterstützung verbindet. Daher ist das auch nicht übertragbar.

Und nu?

ALex