Stuttgart 21 - was ist demokratisch ?

Hallo,

ich will jetzt ganz neutral und objektiv eine Frage stellen - und hoffe, daß ich darauf eine neutrale und bitte nicht wertende Antwort bekomme.

Bei der Entscheidung, Stuttgart 21 in der Praxis umzusetzen, wird von den Befürwortern immer wieder ins Feld geführt, daß die Entscheidung dazu ‚demokratisch‘ zustande gekommen ist und daß die Gegner von Stuttgart 21 nun mit ihren Demos diesen untergraben und wissentlich torpedieren - nur weil ihnen die Entscheidung nicht passt.

Was genau ist damit gemeint, denn soweit ich weiß, haben ja die Bürger nicht darüber abstimmen dürfen, sondern die Entscheidungen wurden über politische Gremien, Entscheidungsträger, Behörden und die Gerichte gefällt. Ist das mit ‚demokratisch‘ gemeint - oder wie ist das zu verstehen ?

Ich frage nicht mit wertendem Unterton, es geht mir nur um die reine Information.

Danke für eine Antwort und Gruß,
Stefan

Hallo

Schon Winston Churchill sagte ja, das stärkste Argument gegen die Demokratie sei ein kurzes Gespräch mit einem Durchschnittswähler.

Aus dieser nicht nur Churchill eigenen Erkenntnis hat sich in unserem riesenhaft komplexen Gemeinwesen das Prinzip der Arbeitsteilung auch bei der politischen Entscheidungsfindung durchgesetzt - in Form der repräsentativen Demokratie: Entscheidungen werden im wesentlichen von Spezialisten vorbereitet, geplant und schließlich umgesetzt - nach Prüfung durch die Verwaltung und nach Genehmigung durch die Fachausschüsse der politischen Gremien und die Volksvertretungen selbst, das alles unter Kontrolle durch die Öffentlichkeit und die Medien.

Entscheidungen werden aber so letztlich stellvertretend für die Allgemeinheit von Leuten getroffen, die - im Gegensatz zu ihr - fachlich kompetent sind, auch komplexe Sachverhalt angemessen zu beurteilen.

Der Gegenentwurf der direkten Demokratie ist denkbar, dürfte aber nur in relativ kleinen politischen Einheiten funktionieren, wo nicht die politische Willensbildung auch ihrerseits primär über die Medien erfolgt, sondern im persönlichen Gespräch - und auch da nur bei Themen, die nicht zu schwierig sind.

Insofern ist z. B. Stuttgart 21 natürlich repräsentativ-demokratisch beschlossen worden. Es wäre ja 15 Jahre Zeit für das Volk gewesen, mehr Information zu fordern und in diversen Land- und Kreistagswahlen eventuell Parteien zu wählen, die sich einen Stopp des Projekts auf die Fahnen geschrieben haben. Da dies nicht (in dazu ausreichendem Maße) erfolgte, waren wohl andere, dem Wähler wichtigere Überzeugungen für die Zusammensetzung der Parlamente ausschlaggebend.

Demokratie, ob repräsentativ oder direkt, führt halt immer zu Kompromissen, die keinem zu 100 % passen, das haben sie so an sich. Wer es anders regeln will, muss sagen, wie.

smalbop

Was genau ist damit gemeint, denn soweit ich weiß, haben ja
die Bürger nicht darüber abstimmen dürfen, sondern die
Entscheidungen wurden über politische Gremien,
Entscheidungsträger, Behörden und die Gerichte gefällt. Ist
das mit ‚demokratisch‘ gemeint - oder wie ist das zu verstehen

Hallo,

ich verkürze jetzt enorm stark. Demokratie bedeutet:
Das Volk legitimiert durch Wahl Repräsentanten, die für eine gewisse Zeit zur Machtausübung autorisiert sind. Diese wiederum wählen eine Regierung. Will heißen:
Mit dem Kreuz auf dem Wahlzettel beauftragt der Wähler einen Repräsentanten damit, politische Entscheidungen für ihn zu treffen.

Heutzutage wird allerdings oftmals von einem Verständnis der Demokratie ausgegangen, welches eher der Form der unmittelbaren Demokratie oder gar der Ochlokratie zuzurechnen wäre. Solche wäre aber weder machbar, da schon rein logistisch nicht für jede Entscheidung das Plazet von 80 Mio. Bürgern eingeholt werden kann, noch wäre sie zielführend, da die Gefahr der schlichten Opportunitätsentscheidung groß wäre.

MFG Cleaner

Hallo zurück,

na, das klingt doch schon mal recht objektiv würde ich sagen.

Kurz ausgedrückt: das (Wahl)Volk wählt seine Volksvertreter. Diese entscheiden rechtlich legitim und mit den üblichen demokratischen Mitteln, daß Stuttgart 21 gebaut wird. Bis zum Startschuß wäre es (über einen Zeitraum von 15 Jahren) dem mündigen Wähler/Bürger möglich gewesen, rechtliche Mittel legitim zu nutzen, um dagegen anzugehen.

Dies wurde nicht oder nicht ausreichend gemacht, daher wurde nun final entscheiden, daß tatsächlich gebaut wird.

Konsequente Frage: ist die Art Protest, wie sie gestern im Schloßgarten durchgeführt wurde, nicht dann per se eine Art ‚jetzt endlich wehre ich mich, da ich durch den Bau nun wachgerüttelt werde …‘ ?

Zynisch gesagt: Ihr hattet Euere Chance, habt sie nicht ausreichend genutzt - und nun rebelliert Ihr plötzlich gegen eine Entscheidung, die vollkommen ok ist - und das nur, weil sie Euch nicht passt ?

Ist nicht wertend, ich will einfach nur spezifizieren …

Kurz und bündig - und sehr verständlich, das wars, was ich wissen wollte.

Wäre nur noch zu fragen, ob die Bürger alle demokratischen Mittel ausgeschöpft haben, die ihnen zur Verfügung standen, um die Entscheidung der Politiker zu ‚canceln‘ …

Gab es z.B. einen Volksentscheid, ein Bürgerbegehren etc. bzw. wäre das hier überhaupt erlaubt ?

Hallo,

Hallo,

ich will jetzt ganz neutral und objektiv eine Frage stellen -
und hoffe, daß ich darauf eine neutrale und bitte nicht
wertende Antwort bekomme.

Am Ende der Antwort wird aber eine Wertung nötig sein, da es um Vorgänge geht, die letztendlich von jedem individuell bewertet werden müssen.

Bei der Entscheidung, Stuttgart 21 in der Praxis umzusetzen,
wird von den Befürwortern immer wieder ins Feld geführt, daß
die Entscheidung dazu ‚demokratisch‘ zustande gekommen ist und
daß die Gegner von Stuttgart 21 nun mit ihren Demos diesen
untergraben und wissentlich torpedieren - nur weil ihnen die
Entscheidung nicht passt.

Was genau ist damit gemeint, denn soweit ich weiß, haben ja
die Bürger nicht darüber abstimmen dürfen, sondern die
Entscheidungen wurden über politische Gremien,
Entscheidungsträger, Behörden und die Gerichte gefällt. Ist
das mit ‚demokratisch‘ gemeint - oder wie ist das zu verstehen

Das ist schon ungefähr der Kern der Debatte.

Die Befürworter des Projektes argumentieren ungefähr so:
-Das Projekt wurde vor 15 Jahren vorgestellt, seitdem war Möglichkeit zur Diskussion
-Alle beteiligten Gremien haben ihre Entscheidungen in dem jeweils vorgesehenen Prozedere getroffen, es gab keine Formfehler.
-Ein beantragter Bürgerentscheid wurde letztinstanzlich unanfechtbar als unzulässig verworfen.
-Aufgrund der abgeschlossenen Planungsprozesse sind mittlerweile bindende Verträge geschlossen worden, die nur mit erheblichem Schaden für die öffentlichen Haushalte wieder rückgängig gemacht werden können. Das Projekt ist somit unumkehrbar.
-Die Proteste sind illegitim (nicht illegal), weil sich ein Großteil der Protestierenden erst nach dem Abschluß des Planungs- und Entscheidungsprozesses zu Wort gemeldet haben.

Die Gegner des Projektes argumentieren ungefähr so:
-Es gab keinen kontinuierlichen Diskussionsprozess, da das Projekt zwischenzeitlich (2000/2001)von der DB AG offiziell beendet war.
-Potentielle Gegner wurden mit Angaben zu finanziellen Höchstgrenzen des Projektes beruhigt. Diese Höchstgrenzen wurden im Verlauf der Planung mehrfach überschritten, ohne daß die versprochenen Konsequenzen (Stopp) durch die politisch Verantwortlichen gezogen wurden.
-Aufgrund dieser ständigen Änderungen der Projektvorraussetzungen war es nicht möglich, rechtzeitig ein evtl. zulässiges Bürgerbegehren in Stuttgart und/oder einen Volksentscheid in Ba-Wü zu initiieren.
-Im OB-Wahlkampf 2004 hat der OB Dr. Schuster bei Überschreiten bestimmter neuerlicher Kostensteigerungen einen Bürgerentscheid versprochen und dieses Versprechen später wegen Unzulässigkeit des Bürgerentscheides zurückgezogen.
-Es ist ein legitimes demokratisches Recht, parlamentarische Entscheidungen auch nach den entsprechenden abschließenden Abstimmungen diese kritisch in Frage zu stellen. Dies hat es in der Republik bereits (erfolgreich) mehrfach gegeben, auch dann, wenn bereits Baurecht vorlag oder der Bau begonnen war(zB AKW Wyhl, WAA Wackersdorf, „Schneller Brüter“ Kalkar, diverse Strassenprojekte).

Dies sind einige (notwendigerweise unvollständige) Argumentationslinien beider Seiten bezüglich des demokratisch-parlamentarischen Prozesses. Da es in dieser Frage schon lange keine neutrale bzw. objektive Darstellung mehr gibt, mußt Du selbst über die Gewichtung und Bewertung dieser und ggfs. noch zusätzlicher Argumente entscheiden.
Zur Gewichtung und Bewertung gehört sicher auch, daß Dir dieses Posting von einem S21-Gegner geschrieben wurde.

Stefan

&Tschüß
Wolfgang

Hallo,

der Bürgerwille kann auf drei Arten geäußert werden:

  • Wahlen. Finden alle paar Jahre statt. Ist erst einmal eine Art Generalvollmacht - wenn du eine Partei wegen ihrer Ansicht zu einem Thema wählst, wählst du auch die Ansichten dieser Partei zu allen anderen Themen. (Darum - wertend - lehne ich reine Themenparteien, wie die Piratenpartei ab.)

  • Volksentscheide. Gibt es auf Bundesebene nicht, auf Landesebene manchmal. Wurde in letzter Zeit hier auch diskutiert. Hat Vor- und Nachteile; geeignete und ungeeignete Anwendungsfälle.

  • Demonstrationen. Ist rechtlich nicht verbindlich, soll Meinung einkippen, ohne aber die Entscheidungsbefugnis der Volksvertreter rechtlich einschränken zu können.

Damit: Die von dir angesprochene Chance war die letzte Landtagswahl. S21 war aber vermutlich im Wahlkampf nicht so entscheidend. Hier gilt aber das, was ich oben schrieb: Die Beauftragten dürfen über alle Themen entscheiden, auch wenn Lieschen Müller nur ein Thema berücksichtigte, als sie ihre Wahlentscheidung traf.
Das Demonstrationsrecht gilt aber trotzem. Über den Erfolg kann man spekulieren …

Gruß Bombadil2

Hallo Cleaner,

naja, Pöbelherrschaft wäre nun doch ein wenig stark übertrieben, denn es denken ja nicht alle Demonstranten nur an sich und ihr Eigenwohl.

Bin kein Stuttgarter und noch dazu Neu-Württemberger, aber kann das ‚Gefühl‘ der S21-Gegener schon irgendwie nachvollziehen. Es wird etwas gebaut, das Unsummen an (Steuer)Geld verschlingt, dessen unmittelbarer Nutzen nur bedingt an den Bürger weitervermittelt werden konnte und kann, wozu ein tiefer Eingriff in die städtische Struktur von Stuttgart vorgenommen wird - und wo der Gegner das Gefühl hat, ‚wehrlos‘ zusehen zu müssen. Aus diesem Frust heraus kann natürlich dann so manches passieren, was zwar vordergründig undemokratisch sein mag, hintenrum aber eigentlich ein stellvertrendes Ventil ist für vieles, das die Politik falsch angeht und umsetzt.

Tja, trotz Protesten, das wirds dann wohl gewesen sein, oder ? :frowning:

Hallo Cleaner,

naja, Pöbelherrschaft wäre nun doch ein wenig stark
übertrieben, denn es denken ja nicht alle Demonstranten nur an
sich und ihr Eigenwohl.

Pöbelherrschaft ist nur eine der möglichen Übersetzungen. Je nachdem, welchem der verschiedenen Staatstheoretiker man nun folgen will, kann man zu unterschiedlichen Ansätzen und Interpretationen kommen - so auch zu Massenherrschaft.

Hinsichtlich der Motivationslage der Demonstranten erschließt sich mi vieles nicht. Und so muß ich den eindruck gewinnen, dass zumindest mancher Teilnehmer nicht aus ausschließlich altruistischen Motiven demonstriert.

MFG Cleaner

Was die Leute wohl auch so stinkig macht:
-Es wurden keine Alternativkonzepte offen geprüft.

  • Der Stuttgarter OB hat zugsagt, bei erheblichen Kostensteigerungen für die Stadt einen Volksentscheid herbeiführen zu wollen, als der dann 2007 eingeleitete werden sollte, lehnte der Stadtrat (und er selber) ab, obwohl die Kostensteigerungen immens sind… aber für den OB wohl noch nicht immens genug.
  • Wirtschaftlichkeitsrechnungen etc werden durch die Bahn auch gegenüber der gewählten Volksvertreter zurückgehalten, was bei einem im wesentlichen aus Steuermitteln (also unserer Kohle) finanziertem Unternehmen schlichtwegs absurd ist.
  • Die Betreiber reden von 4 Mia Kosten, der Rechnungshof von 5,3 Mia… und vieleicht wird das ganze dank der komplexen Geologie im Bereich der Tunnelbauten noch teurer. Geologische Gutachten, die Gegen die annahmen sprachen, wurden unter Verschluß gehalten.
    (Der Engelbergtunnels, der durch den Gipskeuper läuft und aufwändig saniert werden muß, ist nur ein Beispiel, was auf die Tunnelbauer zukommen kann
    http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.engelbe… )

Vieleicht sind es die Bürger einfach leid, die Katze im Sack zu kaufen!

Hallo,

Gab es z.B. einen Volksentscheid, ein Bürgerbegehren etc. bzw.
wäre das hier überhaupt erlaubt ?

Das hat Wolfgang oben schon geschrieben. Ein Bürgerentscheid (da wären nur die Stuttgarter gefragt worden) wurde als nicht zulässig erklärt. Ob ein Volksentscheid (der muß in ganz BW stattfinden) zulässig ist, ist noch nicht klar. Hauptfrage wird sein, ob es nicht „ums Geld“ geht, denn über den Haushalt sind Volksentscheide nicht zulässig.
Außerdem hätte ein Volksentscheid (dauert locker 1 Jahr - in BW wird man da kaum schneller sein, als in Bayern) keine aufschiebende Wirkung (und das ist imo gut so - ganz unabhängig worum er geht).

Cu Rene

Hallo

-Es wurden keine Alternativkonzepte offen geprüft.

Der Bauherr plant halt und lässt prüfen das, was er für richtig hält.

  • Der Stuttgarter OB hat zugsagt, bei erheblichen
    Kostensteigerungen für die Stadt einen Volksentscheid
    herbeiführen zu wollen, als der dann 2007 eingeleitete werden
    sollte, lehnte der Stadtrat (und er selber) ab, obwohl die
    Kostensteigerungen immens sind… aber für den OB wohl noch
    nicht immens genug.

Darum ging es nicht. Es ging um die fehlende gesetzliche Möglichkeit.

  • Wirtschaftlichkeitsrechnungen etc werden durch die Bahn auch
    gegenüber der gewählten Volksvertreter zurückgehalten, was bei
    einem im wesentlichen aus Steuermitteln (also unserer Kohle)
    finanziertem Unternehmen schlichtwegs absurd ist.

Nein, die Wirtschaftlichkeitsberechnungen des Bauherrn ergeben, dass das Projekt für ihn wirtschaftlich ist.

  • Die Betreiber reden von 4 Mia Kosten, der Rechnungshof von
    5,3 Mia… und vieleicht wird das ganze dank der komplexen
    Geologie im Bereich der Tunnelbauten noch teurer. Geologische
    Gutachten, die Gegen die annahmen sprachen, wurden unter
    Verschluß gehalten.

Das Geheimnis der Geologie kommt in dem alten Bergmannsspruch zum Ausdruck: „Vor der Hacke ist es duster.“ Gutachten enthalten nie apodiktische Aussagen, sonmdern immer nur mehr oder weniger unverbindliche Hinweise und allgemeine Aussagen. Baugrundaufschlüsse sind ja auch nur nadelstiche, keiner weiß mit Sicherheit, was dazwischen ist, am wenigsten der Rechnungshof. Will man diese Unsicherheit nicht akzeptieren, darf man überhaupt nicht mehr bauen, denn jedes Bauwerk ruht auf dem Untergrund.

(Der Engelbergtunnels, der durch den Gipskeuper läuft und
aufwändig saniert werden muß, ist nur ein Beispiel, was auf
die Tunnelbauer zukommen kann

Warum sind eigentlich alle möglichen Metzger, Friseurinnen, Dolmetscher, Ärzte, Lehrer, Journalisten und Botaniker so nett, sich über diese Frage andauernd den Kopf der Geotechniker und Verkehrsplaner zu zerbrechen?!

Vieleicht sind es die Bürger einfach leid, die Katze im Sack
zu kaufen!

Genau. Plant und baut eure Häuser, Schulen, Krankenhäuser, Flughäfen, Bahnhöfe, Straßen, Tunnels, Kanäle, Schleusen, Staudämme, Häfen, Brücken, Kraftwerke, Kanalisationen und Klaräanlagen doch in Zukunft einfach selber, wenn ihr alles besser wisst…

Wir Bauingenieure belehren euch dafür dann bei eurem Job.

smalbop

  1. Die DB ist ein Bundesunternehmen. Gehört als in der Realität der Bundesrepublik, und ist somit im Endeffekt dem Steuerzahler verantwortlich.
    Wenn ein Häuslebauer sein Geld zum Fenster rausschmeißt, ist mir das wurscht, wenn die Bahn meine Steuerknete zum Fenster rauswirft, ist mir das nicht wurscht.

Das Geheimnis der Geologie kommt in dem alten Bergmannsspruch
zum Ausdruck: „Vor der Hacke ist es duster.“ Gutachten
enthalten nie apodiktische Aussagen, sonmdern immer nur mehr
oder weniger unverbindliche Hinweise und allgemeine Aussagen.
Baugrundaufschlüsse sind ja auch nur nadelstiche, keiner weiß
mit Sicherheit, was dazwischen ist, am wenigsten der
Rechnungshof. Will man diese Unsicherheit nicht akzeptieren,
darf man überhaupt nicht mehr bauen, denn jedes Bauwerk ruht
auf dem Untergrund.

  1. You fail
    Ein Blick auf meine Vika könnte dir eventuell klarmachen, dass ich in der Frage der Baugrundsicherheit im Gipskeuper zumindest über geringfügige Grundkenntnisse verfügen könnte. Ausserdem brauchst Du mir NIX, ABER AUCH GAR NIX über Geologie erklären.

(Der Engelbergtunnels, der durch den Gipskeuper läuft und
aufwändig saniert werden muß, ist nur ein Beispiel, was auf
die Tunnelbauer zukommen kann

Warum sind eigentlich alle möglichen Metzger, Friseurinnen,
Dolmetscher, Ärzte, Lehrer, Journalisten und Botaniker so
nett, sich über diese Frage andauernd den Kopf der
Geotechniker und Verkehrsplaner zu zerbrechen?!

Als Geologe darf ich das also schon, oder? :smile:

Vieleicht sind es die Bürger einfach leid, die Katze im Sack
zu kaufen!

Genau. Plant und baut eure Häuser, Schulen, Krankenhäuser,
Flughäfen, Bahnhöfe, Straßen, Tunnels, Kanäle, Schleusen,
Staudämme, Häfen, Brücken, Kraftwerke, Kanalisationen und
Klaräanlagen doch in Zukunft einfach selber, wenn ihr alles
besser wisst…

Komisch, gelle, dass es anscheinend nicht möglich ist, die angesprochenen Problemstellungen auszuräumen, sondern dass man sich gerne mit „Ihr wisst es ja eh nicht besser und seit zu dumm, es zu verstehen“ auf das ach so überlegene Expertenwissen zurückzieht.
Im übrigen war es schon immer so, dass „Es vor der Hacke finster war“ und dass man meist auf die UNANGENEHMEN (=teuren) Überraschungen beim Vortrieb gestossen ist. Egal ob beim Bohren, beim Tunnelbau oder bei sonstigen Großprojekten.

Das Geheimnis der Geologie kommt in dem alten Bergmannsspruch
zum Ausdruck: „Vor der Hacke ist es duster.“ Gutachten
enthalten nie apodiktische Aussagen, sonmdern immer nur mehr
oder weniger unverbindliche Hinweise und allgemeine Aussagen.
Baugrundaufschlüsse sind ja auch nur nadelstiche, keiner weiß
mit Sicherheit, was dazwischen ist, am wenigsten der
Rechnungshof. Will man diese Unsicherheit nicht akzeptieren,
darf man überhaupt nicht mehr bauen, denn jedes Bauwerk ruht
auf dem Untergrund.

  1. You fail

Inwiefern ist vorstehendes falsch?

Ein Blick auf meine Vika könnte dir eventuell klarmachen, dass
ich in der Frage der Baugrundsicherheit im Gipskeuper
zumindest über geringfügige Grundkenntnisse verfügen könnte.
Ausserdem brauchst Du mir NIX, ABER AUCH GAR NIX über Geologie
erklären.

Nö, aber über Geotechnik im allgemeinen und Tunnelbau im besonderen schon. Und insofern auch über Baugrundsicherheit. Und die Details bespreche ich am liebsten mit Dr. Rogowski vom geologischen Landesamt, denn der weiß am meisten über die bisherige Probleme im Stuttgarter Baugrund.

(Der Engelbergtunnels, der durch den Gipskeuper läuft und
aufwändig saniert werden muß, ist nur ein Beispiel, was auf
die Tunnelbauer zukommen kann

Warum sind eigentlich alle möglichen Metzger, Friseurinnen,
Dolmetscher, Ärzte, Lehrer, Journalisten und Botaniker so
nett, sich über diese Frage andauernd den Kopf der
Geotechniker und Verkehrsplaner zu zerbrechen?!

Als Geologe darf ich das also schon, oder? :smile:

Sagen wir mal, deine Meinung wird mit ins Protokoll aufgenommen.

Vieleicht sind es die Bürger einfach leid, die Katze im Sack
zu kaufen!

Genau. Plant und baut eure Häuser, Schulen, Krankenhäuser,
Flughäfen, Bahnhöfe, Straßen, Tunnels, Kanäle, Schleusen,
Staudämme, Häfen, Brücken, Kraftwerke, Kanalisationen und
Klaräanlagen doch in Zukunft einfach selber, wenn ihr alles
besser wisst…

Komisch, gelle, dass es anscheinend nicht möglich ist, die
angesprochenen Problemstellungen auszuräumen, sondern dass man
sich gerne mit „Ihr wisst es ja eh nicht besser und seit zu
dumm, es zu verstehen“ auf das ach so überlegene
Expertenwissen zurückzieht.

Du gerierst dich doch grade selbst als der beleidigte Experte.
Ich darf aber noch daran erinnern, dass du eben nicht davon gesprochen hast, dass Fachleute die Katze im Sack kaufen sollen, sondern dass die Bürger sie kaufen sollen. Und das ist halt nun mal so, wenn man nichts davon versteht…

Im übrigen war es schon immer so, dass „Es vor der Hacke
finster war“ und dass man meist auf die UNANGENEHMEN (=teuren)
Überraschungen beim Vortrieb gestossen ist. Egal ob beim
Bohren, beim Tunnelbau oder bei sonstigen Großprojekten.

Sage ich ja genau. Der Weiterentwicklung der menschlichen Zivilisation hat das aber keinen Abbruch getan und der Weiterentwicklung der Bautechnik auch nicht. Und deshalb gibt es keinen Grund, bei S 21 nun von ganz anderen Voraussetzungen auszugehen als bei den ander bisher in Stuttgart erfolgreich hergestellten 40 km Tunnel und Stollen.

smalbop

Hallo smallbop,
deine Antwort ist leider gesperrt.

Der Bauherr plant halt und lässt prüfen das, was er für richtig hält.

Wir sind heutzutage einen Schritt weiter. Der Bauherr plant halt und lässt prüfen das, was die Gegenseite für richtig hält. Über Mittelsmänner, um das gewünschte Ergebnis zu erhalten.

Das Ergebnis bleibt unter Verschluss. Es bestimmt lediglich die weitere Vorgehensweise (s. gestern) und Argumentation (s. heute http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,720…).

Das alles liegt nicht im Interesse vieler demokratisch denkender Wähler.

Die bestehende „Problematik“, dass aufgrund der Sachlage keine Lösung, kein gemeinsamer Mittelweg denkbar scheint, kann nur von den Befürwortern gelöst werden. Weil sie mit akribischer Hintergrundarbeit, finanzieller Unterstützung, wenig Öffentlichkeitsarbeit (s. letzte Landtagswahl) die Dinge und deren Lauf zu ihren Gunsten geregelt haben. Demokratisch, wie sie es nennen.

Sie, nur sie, sind am Zug, wenn Veränderung und Annäherung in der Sache anstehen könnten.

Ich bin sehr skeptisch angesichts der gestrigen Auseinandersetzungen vor Ort. Die Befürworter haben nicht nur die nächsten Wahlen zu verlieren.

Franz

Hallo Franz

deine Antwort ist leider gesperrt.

Ja, die Fachdiskussion dort war auch abgeschlossen, die Argumente ausgetauscht.

Der Bauherr plant halt und lässt prüfen das, was er für richtig hält.

Wir sind heutzutage einen Schritt weiter. Der Bauherr plant
halt und lässt prüfen das, was die Gegenseite für richtig
hält. Über Mittelsmänner, um das gewünschte Ergebnis zu
erhalten.

Das musst du mir mal näher erläutern.

Das Ergebnis bleibt unter Verschluss. Es bestimmt lediglich
die weitere Vorgehensweise (s. gestern) und Argumentation (s.
heute
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,720…).

?

Das alles liegt nicht im Interesse vieler demokratisch
denkender Wähler.

Ich habe, obgleich Befürworter von S 21, keinen Zweifel an den subjektiv als ehrenwert empfundenen Motiven der Mehrzahl der Demonstranten gestern. Ob das genügt, Nötigung und Widerstand gegen die Staatsgewalt zu legitimieren, bezweifle ich aber nach wie vor.

Die bestehende „Problematik“, dass aufgrund der Sachlage keine
Lösung, kein gemeinsamer Mittelweg denkbar scheint, kann nur
von den Befürwortern gelöst werden.

Da bin ich völlig deiner Meinung. Die Öffentlichkeitsarbeit der Bahn bestand jahrelang im wesentlichen darin, ein paar Infos im Internet bereitzuhalten und eine (zugegeben für Laien beeindruckend umfangreiche) Ausstellung im Stuttgarter Bahnhofsturm bereitzustellen. Es wäre aber auch Aufgabe der Politik gewesen, das Projekt den Bürgern verständlich zu machen und für mehr Konsens zu sorgen. Dazu hätte es einer offenen Diskussion bedurft, auch über die Befürchtungen, die erst in den letzten Monaten von den Gegnern massiv öffentlich thematisiert wurden, als der Zug sprichwörtlich abgefahren war. Das Problem ist und bleibt aber, dass die Masse der Wähler überhaupt nicht in der Lage ist, S 21 (oder K 21) in seiner Komplexität angemessen zu beurteilen. Ein generelles Problem in der immer komplizierteren Welt. Und ein generelles Gefühl der Ohnmacht beim Wahlvolk, besonders beim demokratisch interessierten. Die Folge ist (leider) eine relativ undifferenzierte Ablehnung all dessen, was vermeintlich von „denen da oben am Bürger vorbei“ beschlossen wird. Und nun trifft es halt gerade S 21. Auf anderen Gebieten, auf denen ich kein Experte bin, kenn ich dieses Gefühl selbst ja auch.

Weil sie mit akribischer
Hintergrundarbeit, finanzieller Unterstützung, wenig
Öffentlichkeitsarbeit (s. letzte Landtagswahl) die Dinge und
deren Lauf zu ihren Gunsten geregelt haben. Demokratisch, wie
sie es nennen.

Es ist halt repräsentative Demokratie. Eine Demokratieform, bei der im wesentlichen Spezialisten für die Allgemeinheit entscheiden. Wie ich schon anderenorts sagte: Wer das nicht will, muss sagen, wie es sonst mit der selbständigen Meinungsbildung und sachgerechten Entscheidungsfindung des Wählers oberhalb der Einwohnerzahl und der Komplexität, sagen wir mal, eines gallischen Dorfes funktionieren soll.

Sie, nur sie, sind am Zug, wenn Veränderung und Annäherung in
der Sache anstehen könnten.

Sieh mal, ich habe für mein geplantes Haus den roten Punkt. Mein Nachbar ist darüber ehrlich gesagt nicht so glücklich, weil er nämlich meint, meine Garage beschatte sein Wohnzimmerfenster. Er hat dem Bauantrag darum widersprochen, das Bauamt hat den Einwand geprüft, festgestellt, dass ich alle Bauvorschriften einhalte und den Bau daher trotzdem genehmigt. Was muss ich mir deiner Meinung nach für ein Entgegenkommen überlegen, wenn der Nachbar nun auf meinem Grundstück ein Zelt aufschlägt und bewohnt, um den Bau trotzdem noch zu verhindern?

Ich bin sehr skeptisch angesichts der gestrigen
Auseinandersetzungen vor Ort. Die Befürworter haben nicht nur
die nächsten Wahlen zu verlieren.

Die Gegner haben den internationalen Ruf Baden-Württembergs als einen verlässlichen und lohnenden Investitionsstandort zu verlieren.

In ihrer Wut übersehen die Bürger etwas: Das ganze ist überhaupt nicht mehr in der Hand der Politik. Mappus gibt nur den Prügelknaben. Es ist nur noch in der Hand der Bahn, entweder freiwillig einen Schritt innezuhalten oder den Rechtsstaat - und damit die Politik - zu zwingen, auch weiterhin jeglichen Widerstand zu brechen, um ihr verbrieftes Baurecht durchzusetzen. Der nächste Landtag, die nächste Volksabstimmung, so sie kommt, wird daran nichts ändern können. Eine Genehmigung ist eine Genehmigung ist eine Genehmigung.

Die CDU wird (in der Opposition) vor das Landesverfassungsgericht ziehen, die Bahn notfalls vor den Verwaltungsgerichtshof. Einstweilen ist die Aussetzung der Baugenehmigung ausgeschlossen und bis die Gerichte entschieden haben, ist S 21 fertig.

Ich bin nicht böse drum, weil ich das Projekt für richtig halte. Aber ich bedaure, dass in der hysterisch-aufgeheizten Atmosphäre keine objektive Fakten mehr kommuniziert werden können. Und diese Atmosphäre war von den Leitwölfen unter den Gegnern schon vor der gestigen Demo herbei-agitiert worden.

smalbop

Der Bauherr plant halt und lässt prüfen das, was er für richtig hält.

Wir

Wer ist denn „wir“?

sind heutzutage einen Schritt weiter. Der Bauherr plant
halt und lässt prüfen das, was die Gegenseite für richtig
hält. Über Mittelsmänner, um das gewünschte Ergebnis zu
erhalten.

Ach so, jetzt verstehe ich: du willst eine weitere Verschwörungstheorie installieren.

Das Ergebnis bleibt unter Verschluss. Es bestimmt lediglich
die weitere Vorgehensweise (s. gestern) und Argumentation (s.
heute
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,720…).

Ja nee, schon klar.

Das alles liegt nicht im Interesse vieler demokratisch
denkender Wähler.

Ich vermute, dass auch dich für einen solchen hältst.

Die bestehende „Problematik“, dass aufgrund der Sachlage keine
Lösung, kein gemeinsamer Mittelweg denkbar scheint, kann nur
von den Befürwortern gelöst werden. Weil sie mit akribischer
Hintergrundarbeit, finanzieller Unterstützung, wenig
Öffentlichkeitsarbeit (s. letzte Landtagswahl) die Dinge und
deren Lauf zu ihren Gunsten geregelt haben. Demokratisch, wie
sie es nennen.

Lass mich raten: du selbst bist sicher, dass du „richtig“ demokratisch bist.
Stimmt’s?

Sie, nur sie, sind am Zug, wenn Veränderung und Annäherung in
der Sache anstehen könnten.

Ich bin sehr skeptisch angesichts der gestrigen
Auseinandersetzungen vor Ort. Die Befürworter haben nicht nur
die nächsten Wahlen zu verlieren.

Nicht schlecht gemacht, am Ende so eine Art „Drohung“ mitschwingen zu lassen.
Andererseits aber auch nicht gut genug, weil schon sattsam bekannt und damit weitestgehend unwirksam.

TL

Hallo,

Wir

Wer ist denn „wir“?

Politik, Wirtschaft, allgemein Gesellschaft

Ach so, jetzt verstehe ich: du willst eine weitere
Verschwörungstheorie installieren.

Was sollte dies mit Verschwörungstheorie zu tun haben?

Es ist in politischen oder unternehmerischen Kreisen völlig üblich, sich Informationen jeglicher Art über den politischen Gegner oder Mitbewerber direkt dort zu holen, wo sie herkommen. Und dies macht man möglichst unverdächtig und schlecht nachvollziehbar. Ein Gutachten des Bauherrn zu Risiken bei einem Projekt wie S21 holt man sich über Dritte (werden dann als Berater in den Büchern verschwinden), die relativ unbedarft (weil sie mit Bauherr nicht in Verbindung gebracht werden können, vorerst zumindest) anfragen können. Ein Unternehmer wird sich konkrete Preisinformationen/Lieferanten/Hersteller eines Mitbewerbers über Anfragen durch Dritte holen.

Wie sie die Informationen verarbeiten, verwenden, ist eine ganz andere Frage.

Lass mich raten: du selbst bist sicher, dass du „richtig“
demokratisch bist.
Stimmt’s?

Ich bin zumindest kritisch hinsichtlich gewisser Automatismen und Vorgänge. Egal ob ich Befürworter oder Gegner bin.

Wenn du die einzelne Punkte der Chronik von S21 genauer unter die Lupe nimmst, z.B. Planfeststellungsverfahren (Widersprüche der Bürger, Klage des BUNDs und Ablehnungsbegründung) und Bürgerentscheid (Ablehnungsbegründung) mit vielen Nebengeräuschen, dann kann man durchaus geteilter Meinung sein zu Begriffen wie „Rechtmäßigkeit der Verfahren“ und „Unrechtmäßigkeit von Demonstrationen“.

Franz

Google mal nach Juchtenkäfer (owT)
Franz