Viel Wesens/Wind machen / Viel Aufhebens machen / Genitiv "s"

Hallo

ich suche andere Beispiele mit dem „Genitiv-S“. Ich verstehe nicht, warum man in diesen Ausdrücken überhaupt ein „Genitiv-S“ benötigt. Ich gehe aber davon aus, dass dieses „S“ ein Überbleibsel aus den vergangenen Zeiten ist, das sein Zweck nicht mehr erfüllt. Aber welchen Zweck hatte dieses „S“ in der Vergangenheit?

Viel Wesens machen
Viel Aufhebens machen
Kennt ihr andere Beispiele?

Danke Sehr

Hi Nadja,

wie in jeder Sprache, wie ja sicher auch in deiner Muttersprache, gibt es feststehende Ausdrücke, deren Entstehungsgeschichte sich nicht mehr nachvollziehen läßt. Oft scheinen sie grammatisch nicht korrekt zu sein.

Zu diesem Beispiel findet sich in einem der ältesten Wörterbücher aus dem 19 Jhdt. von Johann Christoph Adelung (1732-1806) die Vermutung, dass der Genitiv zu ursprünglichen Adverbien „viel“ bzw. „wenig“ gehörte: → Der Genitiv kann nur alsdann Statt finden, wenn die Beywörter viel oder wenig vorher gehen.

Das Grimmsche Wörterbuch (DWB) hat diese Formulierung von Adelung übernommen:

Wir haben einen solchen Genitiv ja auch noch in der Form „zu viel des Guten“.

Gruß
Metapher

2 Like

Hallo Metapher,

beim Lesen von Nadjas Frage hatte ich irgendwo in der Rumpelkammer meines Hinterkopfs die Erinnerung, dass es einen Teilungsgenitiv (oder so ähnlich) gebe. Ich weiß aber nicht mehr, ob sich das aufs Deutsche bezog oder auf eine andere Frage.
Im Lateinischen gibt es ihn, soviel weiß ich, hier wird munter über den deutschen Teilungsgenitiv diskutiert: https://forum.wordreference.com/threads/jede-menge-geschenke.1218161/

Ist es nicht denkbar, dass sich in diesen Wendungen der mittlerweile recht ungebräuchliche Teilungsgenitiv erhalten hat?

Viele Grüße,

Jule

1 Like

Hi Jule,

Es dürfte sich tatsächlich in den Beispielen „viel Aufhebens“ oder „zuviel des Guten“, „des Guten genug“, auch bei „guter Dinge sein“ um den partitiven Genitiv handeln. Auch Grimm im DWB kommentiert das ja so („Erlkönig hat mir ein Leids getan!“) unter → Leid Punkt „d)“:

„die form leides oder leids ist ein versteinerter genitiv, der von dem mhd. theilungsgenitiv nach zahl- oder mengenbegriffen ausgeht“

Auch canoonet bringt viele Beispiele für den partitiven Genitiv, der bei der partitiven Apposition ohne Kasusangleichung gebräuchlich ist. Bezeichnet ihn aber als veraltet in Phrasen, wenn das Bezugswort der Apposition im Singular steht. Ich finde aber den Ausdruck „eine Flache guten Weines“ durchaus als nach wie vor standardsprachlich (aber nicht umgangssprachlich) korrekt.

Allerdings sind abgesehen davon die Beispiele oben („das ist des Guten zuviel“) ja keine Appositionen, sondern Prädikative. Aber dennoch sind es wohl Teilungsgenitive.

Btw: In der interessanten Diskussion in deinem verlinkten Forum haben sie es sich unnötig schwer gemacht mit „jede Menge“ und „eine ganze Menge“: „jede“ ist ja hier kein Indefinitpronomen und „ganze“ kein Adjektiv. Beides sind in den Beispielen vielmehr (modale) Abtönungspartikel.

Schönen Gruß
Metapher

Hallo Metapher!

ist „jede“ eine Abtönungspartikel? Würdest du bitte noch ein paar Beispiele schreiben/nennen, wo „jeder, jede, jedes“ Abtönungspartikel und nich Indefinitivpronomen sind?

Ich danke Dir

„jeder, jede, jedes“ ist selbstverständlich Indefinitpronomen: Der Mann, jede Frau, jedes Buch.

Aber es ging ja in dem Link um die (umgangsprachlichen) Ausdrücke „jede Menge Geschenke“, „eine ganze Menge Geschenke“ …