Vor- und Nachname seit wann ?

Hallo, seit wann ungefähr sind im deutschen Sprachraum systematisch Vor- und Nachnamen eingeführt worden ? Für mich erkennbar waren im späten Mittelalter schon solche Namen vorhanden (Albrecht Dürer, Adam Kraft), davor kenne ich nur Adelsnamen wie Heinrich der Löwe oder Sophie von Brabant etc. Gab es eine Art Verwaltungsakt, also eine Art Gesetzgebung z.B. von Karl dem Großen ?
Bedanke mich für Aufklärung.
Udo Becker

Hallo,

schon bei den Wikingern und vielen anderen germanischen Völkern war die Namensgebung Erik Svenson = Erik, Sohn von Sven üblich. Und ganz allgemein hatten die Römer Familiennamen und die Karthager auch, z.B. Hannibal Barkas.

Genauer (Zitat aus Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Namensrecht_(Deutschland))

Römisches Recht
Das Namensrecht wurde im Römischen Reich erstmals als Bestandteil des allgemeinen Rechts und insofern als Grundrecht eines Bürgers erwähnt. Der gemeinrechtlichen Geltung der römischen Vorschrift nach blieb die Wahl des Vornamens und des Familiennamens in das Belieben des Einzelnen gestellt. Diese Regelung blieb bis zum Spätmittelalter unverändert.

Mittelalter
Während der Völkerwanderung in Europa kehrte man zur Einnamigkeit zurück. Ab dem 8. Jahrhundert wurden in Deutschland Beinamen zum Rufnamen eingeführt. In der Regel gaben diese Beinamen, die späteren Nachnamen, die Herkunft, die Wohnstätte, den Beruf, das Amt oder die Aufgabe, körperliche oder geistige Fähigkeiten oder besondere Schwächen an. Ab dem 15. Jahrhundert wurden die Familiennamen dann nur noch vererbt und der Nachname war nun nicht mehr das individuelle Kennzeichen einer besonderen Eigenschaft, Fähigkeit oder eines Berufes.

Neuzeit bis Erster Weltkrieg
Am 12. März 1677 wurde durch den Ferdinand Maria, Kurfürst von Bayern, per Mandat im Heiligen Römischen Reich die allgemeine Namensfreiheit abgeschafft. …

Ende Zitat Wikipedia

Gruss Reinhard

Vielen Dank, Reinhard, super. Auf die Idee, nach dem Begriff NamensRECHT zu suchen, wäre ich nicht gekommen.
Udo Becker

Hallo,

Familiennamen, also eine Zweinamigkeit, wurde im Mittelalter erforderlich, da die Bevölkerung, vor allem in den Städten, stark zunahm.

So konnte es vorkommen, dass ein Fremder in einer Stadt den Hans suchte.
Nur welchen Hans denn nun?
Hans den Schmid, Hans den Sohn des Konrad, Hans den Einarmigen oder Hans der am Bach wohnt?

Der noch wichtigere Grund war aber die richtige Beurkundung zur Festsetzung von Besitzansprüchen oder Erbansprüchen.

Familiennamen in heutiger Form kamen zuerst im 9. Jahrhundert in Venedig auf, dessen politische Struktur schon frühzeitig die genaue Registrierung vieler amtierender Personen verlangte.
Von dort breiteten sie sich nordwärts über Norditalien und Südfrankreich nach Deutschland aus, wo sie im 11. bis 12. Jahrhundert in den süddeutschen Städten ankamen.

Familiennamen in Deutschland etablierten sich zuerst eher im Süden als im Norden und eher in den Städten als auf dem Land.
Die Zweinamigkeit erscheint, wie sich aus alten Urkunden ergibt, Anfang des 12. Jahrhunderts in Süddeutschland. Im 13. Jahrhundert wird sie üblich und im 15. Jahrhundert ist sie dort vollständig vollzogen.

Entscheidend ist dabei auch die Fortschrittlichkeit der Landesfürsten.
So folgen Kaiserslautern oder Saarbrücken, trotz ähnlicher Rahmenbedingungen, erst 2-3 Generationen nach Worms oder Speyer.

Viele ländliche Gegenden schlossen die Zweinamigkeit erst im 17./18. Jahrhundert ab, Friesland gar erst im 19. Jahrhundert.

Auch soziale Gruppen entwickelten sich unterschiedich. So bekommen zuerst Adelige, dann Beamte und Patrizier Familiennamen.
Erst später folgen Handwerker, Bauern, Tagelöhner.

Anfangs konnten Familiennamen noch gewechselt werden, sei es, weil ein Bauer einen bestimmten Hof bewirtschaftete, weil ein Adeliger neue Besitzungen erwarb oder einfach weil es ihnen so gefiel (Johannes Gutenberg* hieß ursprünglich Gensfleisch).

Seit dem 17. Jahrhundert erfolgten behördliche Verordnungen, die einen Wechsel des Familiennamens unterbanden, die Zweinamigkeit vorschrieben oder die Schreibweise eines Namens festlegten.

Gruß
Lawrence

* und beim Stichwort Gutenberg hier die Fußnote, dass die meisten der Aussagen meines Postings aus dem DTV-Atlas Namenskunde stammen.