Um nach zahlreichem Geplänkel über „Sinn und Unsinn von Religion im Allgemeinen“ nochmal zu deiner Frage zurückzukommen:
Wie kommst du denn zu diesem seltsamen Rundumschlag?
Mani, aus einem parthischen (arsakidischen) Elternhaus, von seinem Vater zu seinem Leidwesen in elkesaidischem Ritus traktiert, aber jedenfalls in Ablehnung des im 3. Jhdt. griechisch orientierten Christentums aufgewachsen, hat sich früh aufgemacht, durchaus leicht größenwahnsinnig sein eigenes Ding aufzuziehen. Dabei hat er alles, was ihm zu Lebzeiten zugänglich war, in seine Lehre zu einem Amalgam verschmolzen. Vor allem ein radikaler Dualismus (gut-böse, Licht-Finsternis) aus dem im späteren sasanidischen Persien verbreiteten Zervanismus (einer zeitweiligen Seitenlinie des Zarathustrismus), und viele Elemente seiner Heilslehre aus der in Ägypten und Palästina ausgebreiteten Gnosis, und, ja, auf seinen Ost-Reisen hat er auch zumindest buddhistisches Vokabular eingebaut…
Aber wie kommst du auf „buddhistische Elemente ins Christentum?“. Welche Elemente sind das denn deiner Meinung nach? Und was hat das mit Manichäismus zu tun? Die Elemente, die Augustinus in seinen sehr zahlreichen Abhandlungen gegen die Manichäer aufführt, komman sämtlich aus Denkweisen, die im sasanidischen Persien, in Griechenland, in Anatolien, in Palästina, in Syrien usw. schon lange geläufig waren und hatten nichts mit Buddhismus zu tun. Vorstellungen von Reinkarnation waren in Griechenland ebenso vorhanden wie auch im nachexilischen Judentum, und Totenauferstehung sowie die Erwartung eines zukünftigen Welt-Erlösers gab es vor Ort im persischen klassischen Zarathustrismus.
Allerdings hat sich der Manichäismus vor allem nach Osten, unter (buddhistischen) Turkvölkern, mongolischen und chinesischen Völkern enorm ausgebreitet und dabei sind tatsächlich manichäisch-buddhistische Synkretismen entstanden.
Aber zu der Hauptfrage nach buddhistischen Elementen im Christentum: Die im 5 Jhdt. entstandene christliche Strömung des Nestorianismus, zunächst Hauptsitz u.a. in Antiochien und im persischen Edessa und Ktesiphon, wurde ebenfalls (zuerst vor allem durch → Alopen), vor allem über die Seidenstraße, intensiv in asiatische Regionen verbreitet, wo es oft lokal zu buddhistischen und vor allem (im China der Tang-Zeit) daoistischen Synkretismen kam. Berühmtestes Beispiel sind die 1907 in Dunhuang gefundenen Jingjao Dokumente (sog. „Jesus Sutras“), von denen Martin Palmer nachweisen konnte daß sie im Kloster Lou Guan Tai (in der Nähe der damaligen Provinzhauptstadt Xi-An) im 7. Jhdt. verfasst wurden (Das Kloster wurde im 16. Jhdt geschlossen und versiegelt, Palmer hat es 1998 wiederentdeckt) Sie werden unter dem Namen „Taoistische Evangelien“ diskutiert, weil sie ein erstaunliches Amalgam aus daoistischem und nestorianisch-chrstlichem Gedankengut enthalten.
Ok, nicht buddhistisches, aber daoistisches, also ebenfalls nicht-theistisches Gedankengut, das zeigt, daß es sehr wohl reibungslose enge Verbindungen zwischen Christentum und anderen, in den Basis-Strukturen sehr verschiedenen Religionen gab.
Gruß
Metapher