Hallo!
Sachlage: Alleinerziehende Mutter, Vater hat keine Elternrechte (bei der Scheidung übergeben an Mutter), Vater ist depressiv in betreutem Wohnen (vermutlich weiterhin geschäftsfähig); Mutter hat notariell ein Testament verfasst, dass das Kind an die Großeltern im Falle der Fälle übergeben werden soll. Großeltern leben in Nicht-EU-Ausland. Kind hat nur die Deutsche Staatsbürgerschaft.
Frage: was passier in diesem Fall mit dem Kind (Schritt nach Schritt), sollte die Mutter sterben?
allgemein: haben zwei Elternteile das gemeinsame Sorgerecht, geht nach dem Tode des einen Elternteils die Sorge auf das verbliebene Elternteil. Steht das Sorgerecht einem Elternteil allein zu, so wird das Gericht das alleinige Sorgerecht dem hinterbliebenen erteilen, wenn dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
Vgl. § 1680 BGB.
Gibt es tatsächlich eine testamentarische Verfügung, wird das Gericht davon nur abweichen, wenn wirklich wichtige Gründe dagegen sprechen. Im geschilderten Fall: schwierig. Gesetz schlägt Testament, prinzipiell, und nur weil der Vater depressiv ist, heißt das ja nicht automatisch, daß das Kindeswohl gefährdet ist, wenn es zu ihm kommt.
Ich kann mir vorstellen, daß das Gericht auch ein Thema damit hat, das Kind (erst recht in dieser Situation) aus seinem sozialen Umfeld zu reißen und in ein Nicht-EU-Land zu expedieren. Wenn das Gericht eine Unterbringung beim Vater verwirft, wird wahrscheinlich eher noch eine andere Lösung vor Ort gesucht werden (andere Familienmitglieder, Pflegefamilie).
Wenn der Vater dauerhaft in einer betreuten Einrichtung lebt, dann wird er keine Chance haben, das Kind bei sich aufzunehmen und rein praktisch das Sorgerecht umfassend auszuüben. Wenn der Kontakt zwischen Kind und Vater aber ansonsten gut ist, dürfte es dem Kindeswohl nicht entsprechen, das Kind vollständig vom Vater zu trennen, indem man es ins Ausland ziehen lässt. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass ein Umzug ins Ausland natürlich für ein Kind eine ganz enorme Herausforderung darstellt. Angefangen von Sprache (wenn das Kind die nicht gerade schon fließend spricht) über ein anderes Schulsystem bis hin zur Frage, inwieweit die rechtlichen und sozialen Standards dort überhaupt mit dem Kindeswohl in Einklang zu bringen sind.
Vor diesen Hintergründen würde ich mir gut überlegen, ob es nicht eine alternative Möglichkeit vor Ort geben könnte, damit das Kind im Falle des Falles bestmöglich im heimischen Umfeld verbleiben und den Kontakt zum Vater halten könnte, bevor ein Gericht sich dann der testamentarischen Lösung verschließt, und von sich aus dann eine entsprechende Lösung bei komplett Fremden in Form einer Pflegefamilie sucht.