Was spricht gegen ein zweites Brexit Referendum?

Eigentlich spricht nichts dagegen - außer vielleicht, dass so einige Bürger inzwischen wach geworden sind und die eine oder andere Lüge pro Brexit entlarvt wurde. Vielleicht könnte man ja sogar soweit gehen und die Leute, die von einem Brexit betroffen sind gleich mit abstimmen lassen: die in anderen EU Ländern lebenden Briten durften das letzte mal afair nicht.

Oder man geht dahin und hält im HoC eine erneute Abstimmung zu den ganzen Möglichkeiten ab (hattenwajaschonma) erlaubt den Abgeordneten aber nur 1 Stimme, die sie sinnvoll einsetzen mögen. Der Vorschlag mit den meisten Stimmen ist angenommen.

Obwohl, was mache ich dann, der tägliche Brexit wird mir in meiner arbeitstechnischen Morgens-Pflichtlektüre wohl ein wenig fehlen.

Ein zweites Referendum würde ein paar Monate der der Vorbereitung bedürfen. Aber der Termin wurde schon einmal verschoben und die EU hat bereits signalisiert, dass sie in dem Fall einer erneuten Verschiebung wohl zustimmen würde.

Klar wäre eine Teilnahme der Briten an der kommenden EU Wahl etwas merkwürdig, aber das sollte doch angesichts der Umstände eher von nachrangiger Bedeutung sein.

Laut Wikipedia durften sie abstimmen, falls sie nicht länger als 15 Jahre im Ausland lebten. Ausgeschlossen waren aber Britische Bürger in den Britischen Überseegebieten. Die haben aber auch nur ca. 280.000 Einwohner…

Das Thema dürfte wohl durch sein. Völlig egal, wie die Sache ausgeht, der Gesichtsverlust ist unabwendbar, weil schon da.

Mein Eindruck ist, die Briten (May) wollen den Brexit durch die stümperhaften Vertragsverhandlungen an einem 2. Votum vorbei verhindern.

Accepting the government’s Brexit agreement or remaining in the EU

… hielte ich für eine Fragestellung, die wenig bringt, weil sie „unlogisch“ ist, u.a. indem sie gerade die Position, die offenbar eine parlamentarische Mehrheit haben dürfte (Nein, zum May-Deal, aber auch Nein zum Verbleib in der EU) ausschließt.

Das würde wohl nicht zur „Befriedigung“ des Landes beitragen, wenn den Brexiteers so seine ungute binäre Alternative vorgesetzt wird.
Und es würde die Dolchstoßlegende beflügeln, die der User „AuWeia“ hier schon vorgebracht hat. Das kann nicht Sinn eines Referendum sein.

Ich sehe es wie Corbyn, dass Neuwahlen besser wären als ein zweites Referendum.

Gruß
F.

Mir fiel da eben noch ein Zitat aus der großartigen Serie „Yes (Prime) Minister“ ein, das ich zwar nicht mehr wörtlich zusammen bekam, dann aber zum Glück bei Wikipedia wiederfand:

Sir Humphrey: Minister, Britain has had the same foreign policy objective for at least the last five hundred years: to create a disunited Europe. In that cause we have fought with the Dutch against the Spanish, with the Germans against the French, with the French and Italians against the Germans, and with the French against the Germans and Italians. Divide and rule, you see. Why should we change now, when it’s worked so well?

Hacker: That’s all ancient history, surely?

Sir Humphrey: Yes, and current policy. We had to break the whole thing [the EEC] up, so we had to get inside. We tried to break it up from the outside, but that wouldn’t work. Now that we’re inside we can make a complete pig’s breakfast of the whole thing — set the Germans against the French, the French against the Italians, the Italians against the Dutch… The Foreign Office is terribly pleased; it’s just like old times.

Hacker: But surely we’re all committed to the European ideal?

Sir Humphrey: [chuckles] Really, Minister.

Hacker: If not, why are we pushing for an increase in the membership?

Sir Humphrey: Well, for the same reason. It’s just like the United Nations, in fact; the more members it has, the more arguments it can stir up, the more futile and impotent it becomes.

Hacker: What appalling cynicism.

Sir Humphrey: Yes… We call it diplomacy, Minister.

Moin,

zu dem Kasperltheater kann man prinzipiell nichts mehr sagen…
Meine Kristallkugel sagt folgendes:
Neues Referendum: „wir wollen doch in der EU bleiben“ als knappes Ergebnis.
Aber dann?

  • Die Herde der „wir wollen raus“ halte ich für „militanter“ bis hin zu Unruhen. Wer sollte das verantworten?
  • Wie sollten danach Verhandlungen mit der EU aussehen? Status Quo 2017? Keine Ahnung, was da ein Juncker zu sagen würde und gerade der „Urheberschutz“ wird auch weiter spalten…
  • die Volksvertreter sind gewählt und würden das wohl auch nicht vollgas durchsetzen, was denn da gefordert wird - also auch da wieder K®ampf
  • die Unzufriedenheit wächst auf beiden Seiten. Alle würden dies auch wieder für einen faulen Kompromiss halten

Aber eine Lösung hätt’ ich da in Petto: Schottland und Nordirland bleiben in der EU, Südengland mit Enklave Manchester/Liverpool gehen eigene Wege…

Naja… der Stein rollt - und wie mir scheint, kracht der gegen das Great Britain… das Ergebnis: aus der EU aber keinen Plan, wie es weitergeht

LG
Ce

Die Abstimmung seinerzeit pro Referendum und Bürgerentscheid hatte fast schon absolutistische Züge:

Bei der zweiten Lesung des EU Referendum Act am 9. Juni 2015 stimmten die Mitglieder des House of Commons mit 544 gegen 53 zugunsten des Gesetzes zur Durchführung des Referendums. Nur Mitglieder der Scottish National Party stimmten gegen das Gesetz.

Das ist nicht „Gewöhnung“, sondern reale Zustimmung zu einem Gesetz.
Wie viel mehr an Demokratie soll es neben 544 gegen 53 denn noch sein?
100%?

awM

Imho gibt es aktuell nur drei wahrscheinliche Szenarien: Mays Plan, Remain oder harter Brexit. Letzteres will aber so gut wie keiner und mit obiger Fragestellung wären wir mehr oder weniger wieder beim Ausgangspunkt, nur dass man jetzt wirklich über etwas Konkretes abstimmen kann.

Das kann man genausogut über das erste Referendum sagen. Zudem spielte da in nicht unwesentlichem Ausmaß auch der innerparteiliche Machtkampf bei den Torries eine Rolle womit hier Dinge vermischt wurden, die nicht vermischt werden dürfen. Mich erinnert das ziemlich stark an Kreisky und Zwentendorf…

Ein Referendum war der Anstoß des Ganzen also wieso sollte es nicht auch der Abschluss sein?

Nur was soll das bringen? Glaubst du wirklich, Corbyn würde ein (für die Briten) besseres Verhandlungsergebnis erzielen können als May? Und wieso sollte sich die EU darauf (alles zurück auf Anfang) überhaupt einlassen? Und wie man an den Abstimmungen von letzter Woche sehen konnte, verlaufen Fronten gerne mal innerhalb der Parteien.

Ich persönlich glaube mittlerweile, dass der Brexit (welcher auch immer) die bessere Lösung ist. Andernfalls haben wir das gleiche Theater in naher Zukunft wieder am Tisch.

Afaik war das tatsächlich einer der Gründe, wieso GB 2004 für die Osterweiterung war.

Wenn man über Konkretes abstimmen wollte, dann müsste man zwei Referenden oder ein zweistufiges Referendum machen:

Mays Plan:
( ) ja
( ) nein

Wenn nein:
( ) kein Austritt
( ) anderer Plan für Austritt

Ein Referendum der Art
( ) Ja zu Mays Plan
( ) Nein zum Austritt

wirkt aber ziemlich „unfair“ den bisherigen Brexit-Befürwortern gegenüber.

Ja, richtig, das Brexit-Referendum hat stark gespalten.
Gerade darum sollte ein zweites Referendum das nicht noch weiter vertiefen, sondern „befriedend“ wirken. Wenn sich die Brexit-Befürworters des ersten Referendums aber schon bei der binären Fragestellung verarscht fühlen, dann finde ich das recht ungut.
.

Damals bin ich noch in Windeln rumgehüpft :wink:
Mittlerweile weiß ich natürlich auch als Bayer, wer oder was ein Zwentendorf ist :wink:

Das mein ich ja.
Wenns wirklich „befriedend“ sein kann, dann kanns ein Abschluss sein.
Das fänd ich ganz in Ordnung, egal wie es ausgeht.
Aber so ist doch zu erwarten, dass sich bei dieser obigen Fragestellung eine Mehrheit pro „remain“ finden würde, die Minderheit aber keinen Strich darunter ziehen könnte.

Nein, ich glaube aber, dass der Wahlkampf (anders als ein zweites Referendum) a) eine sinnvolle Wiederaufnahme des Brexit-Diskurses wäre, weil die Parteien sich auch intern „reinigen“ müssten, und vor allem b), dass es neue Mehrheitsverhältnisse im Parlament geben könnte, die das Patt beenden. Die gegenwärtige Konstellation zerrissene Tories + DUP + Minderheitsregierung + May ist halt eine ganz miserable Konstellation, damits in eine Richtung voran gehen könnte.

Gruß
F.

Aber wie wir wissen, ist das in der Realität nicht machbar :wink:

Naja, war das erste Referendum denn ‚fair‘ für die Brexitgegner?

Ich bezweifle, dass es in dem Fall überhaupt möglich wäre, dass die unterlegene Seite ‚einen Strich darunter zieht‘. Aber das ist halt eines der Kernprobleme der Demokratie. 50+1 bestimmen und der Rest kann Sch… gehen.

Ok, aber glaubst du, die EU würde da mitspielen?

Die Fragestellung schon.

Ich denke halt, dass es ein „faires“ Referendum, und da gehört halt vor allem eine un-tendenziöse Fragestellung (wie die simple Ja/Nein-Frage im ersten Referendum) dazu, weit besser ermöglicht, eine Niederlage hinzunehmen als ein „unfaires“.

Aber eh klar, dass sich die ganzen Gräben bei dem Thema nicht so schnell zu wieder zuschütten lassen. So oder so nicht.

Bei einem zweiten Referendum auf jeden Fall, weil die EU da nur gewinnen kann.
Entweder gibts eine Remain-Mehrheit oder eine Leave-Mehrheit, die dann einen Gewinn an Klarheit bringt, und die Position der EU zumindest kein bisschen schwächt.

Gruß
F.

Aber die Umstände drumherum nicht :wink:

Ich bezog mich hier aber auf deine präferierte Option. Ich halte Neuwahlen unter anderem deswegen für untauglich, da ich davon überzeugt bin, dass die EU deswegen keinen Aufschub gewähren wird.

Neuwahlen sind indiskutabel, weil sie bis zum Austrittstermin nichts bringen. Dass Corbyn sie will, liegt auf der Hand. Aber damit käme nicht der Verbleib in der EU. Den strebt er auch nicht an. May wäre dumm, wenn sie Neuwahlen zustimmen würde, da sie nach wie vor in anderen Fragen die Parlamentsmehrheit hinter sich hat.

Nicht nur ist die Fragestellung unlogisch, sondern soll ganz gezielt den Brexit verhindern. Hinter den Umfragen steht btw auch eine finanzierende Gruppe, die dies offen anstrebt. https://en.wikipedia.org/wiki/Best_for_Britain

Last not least ist diese Fragestellung erst vor wenigen Tagen im Unterhaus hörbar krachend gescheitert.

Gruß
vdmaster

Hinter welchen Umfragen soll diese Gruppe genau stehen?

Daran kann ich mich gar nicht erinnern. Wo und wann genau soll das passiert sein?

Kommt hier eigentlich noch etwas oder handelte es sich um

:no_mouth:

Schau Dir Deinen eigenen Link an.

Vielleicht bin ich zu doof, aber ich sehe da keine Antworten auf meine Fragen. Geht’s ein wenig genauer? Und wenn du gerade dabei bist, könntest du du vielleicht auch noch deine Quelle zur schottischen Unabhängigkeitsbewegung beilegen.