Welches Testament gilt?

Hallo Freunde,
meine Bekannte hat widersprüchliche Auskünfte zu einer möglichen Erbschaft erhalten. Sie ist Rumäniendeutsche und kennt sich mit der juristischen Amtssprache nicht gut aus, deshalb versuche ich, Klarheit in ihren Fall zu bringen, da ich als „echter“ deutscher Ingenieur mit „gesundem“ Menschenverstand etwas bessere Chancen habe. Es geht um folgenden Fall:
Die alleinstehende, geschiedene Bekannte hat sich einen ziemlich alten „Freund“ geangelt, der ihr sein Haus vermachen will. Der „Freund“ hat altersbedingt eine geringere Lebenserwartung als meine Bekannte, und sie will ihn bis zum Ende in seinem Haus pflegen, das sie erben möchte. Ihm wurde notariell bescheinigt, noch rechtsfähig zu sein. Dummerweise hat er aber ein lockeres Leben geführt und sein Erbe in mehreren Testamenten anderen überschrieben.
1.Testament: die 1.Ehefrau und das gemeinsame Kind hatten natürlich Pflichtansprüche, sind aber verstorben.
2.Testament: die 2.Ehefrau war geschieden und brachte 2 Kinder mit in die Ehe. Die Frau ist verstorben, die beiden Stiefkinder leben noch – bei ihrem leiblichen Vater im Ausland. Sie waren als Erben eingesetzt.
3.Testament: Wegen der neuen Bekanntschaft wurden die beiden Kinder enterbt und die neue Bekannte als Alleinerbe dokumentiert.

Nach meinem Verständnis ist der Fall sonnenklar: das letzte Testament gilt. Die Bekannte sorgt sich, weil der RA/Notar die Gültigkeit des letzten Testaments anzweifelt, weil ihr „Freund“ einmal das selbst ererbte Haus ausgeschlagen und beim darauffolgenden Widerruf die 6-Mon-Frist in Unkenntnis überschritten hatte.
Ich habe ein RA-Notar-Schreiben gesehen, in dem er seinen eigenen Zweifel beschreibt und eine Feststellungsklage befürwortet. Das kann sich meine „Bekannte“ aber nicht leisten. Im Erbfall ist jetzt ein Rechtsstreit zu befürchten, weil diese Rechtsunsicherheit besteht. Wie könnte ich da helfen?
Gruß!
Friedrich

Hallo !

Bekannte soll einen Grundbuchauszug beschaffen aus dem der Eigentümer des Hauses hervorgeht.

Denn das mit der Ausschlagung (Erbe des Hauses ?) ist doch seltsam. Und wenn Frist zum Widerruf verpasst wurde dann wäre das so und nicht heilbar.
Man fragt sich dabei aber, müsste sich der wirkliche Erbe nicht mal rühren und sein Erbe/Haus einfordern ?
Auf welcher Grundlage wohnt der Mann denn überhaupt dort ?

Zu den Testamenten ? Sind das alles Testamente des Mannes ? keine Gemeinschaftstestamente der jeweiligen Eheleute ? Und wenn letzteres, durfte der Überlebende Ehepartner neu testieren ?

Beim der 2. Ehe fällt mir auch auf, das die Kinder nach dem Tod der Mutter mind. einen Pflichteilanspruch ( auf das Erbe der Mutter !) gehabt haben.
Selbst wenn sie als Schlusserben durch den Mann eingesetzt waren.

Es ist so gar nix klar und übersichtlich.

mfG
duck313

Das letzte gültige Testament gilt. Pflichtteilansprüche bleiben bestehen, wenn kein Grund für eine komplette Enterbung bestehen. Für Stiefkinder existiert meines Wissens kein Pflichtteilanspruch, die anderen möglichen Erben mit Pflichtteilanspruch sind tot.

Wurde das dritte Testament auf eine der möglichen gültigen Weisen erstellt?
Dann gilt es.

Es besteht nun nur die Frage, ob der Herr überhaupt Eigentümer des Hauses ist, welches er vererben möchte.
Wenn er das Erbe voreilig ausgeschlagen hat und der Widerruf nicht fristgerecht erfolgte, dann stellt sich die Frage: Wer ist Eigentümer? Ein anderer Erbe, oder der Staat?
Warum wohnt der Herr dort?

Haloo Friedrich,

wo ist denn der Wohnsitz oder der dauernde Aufenthalt des Erblassers?

Danach richtet es sich, ob die ganze Chose sich überhaupt nach deutschen Recht beurteilen lässt oder nicht.

Schöne Grüße

MM

Danke erstmal für die Argumente.
Tatsächlich ist der 89 Jahre alte Freund im Grundbuch als alleiniger Eigentümer eingetragen, so daß er über das Haus frei verfügen kann. Ich habe gelesen, daß Stiefkinder, die ja nicht mit dem Erblasser verwandt sind, sondern von einem fremden Mann stammen, keinen Pflichtanspruch haben. Er hat sie daher im Ausschlagungsdokument gleichzeitig explizit zu seinen Erben erklärt. Die aktuelle Bekannte war damals noch nicht im Gespräch.
Mein laienhafter Wissensstand sagt mir, daß
1.die Ausschlagung wegen des mißlungenen Widerrufs Gültigkeit hat, andererseits
2.die begünstigten Stiefkinder noch kein Besitzrecht haben, weil der Erblasser noch lebt.
3.Wenn Pkt. 1 stimmt, hat der Freund kein Besitzrecht mehr an dem Haus und kann es somit auch nicht vererben. Im Erbfall müßte ein Gericht darüber urteilen, ob der Unkenntniseinwand des Freundes wirksam ist oder nicht.
Nb: Haus, Freund und Bekannte leben hier in D in meiner Nähe, die beiden Stiefkinder möglicherweise in Polen.
Friedrich

Stimmt.
Springender Punkt ist doch aber ob er das Testament zugunsten der Stiefkinder ändern durfte.
Wenn es nur seines war, dann jederzeit. War es ein Gemeinschaftstestament des Ehepaares dann nur wenn das ausdrücklich vereinbart war.

Aber das mit dem Ausschlagen ist immer noch seltsam. Von wem hatte er es denn mal geerbt, ausgeschlagen( warum eigentlich ?) und dann die Ausschlagung widerrufen ?
Und zwischendurch wurde er im GB eingetragen ?

Ist bekannt wer nach Ausschlagung erben sollte ?
Er musste ja auch einen Erbschein beantragen und erhalten haben, damit das Haus auf ihn eingetragen werden konnte. Das geht nicht ohne Kenntnis der übrigen (gesetzlichen) Erben.

MfG
duck313

Also: der Freund hat das Haus von seinem Vater geerbt, als er mit der 1.Frau verheiratet war und 1 Kind mit ihr hatte. Beide sind inzwischen verstorben, keine weiteren Nachkommen.
Die Ausschlagung wurde dem Hausbesitzer vom Notar bzw. RA empfohlen - sehr seltsam. Da hätten die begünstigten Stiefkinder eigentlich sofortigen Zugriff gehabt? Wenn er kein Besitzrecht mehr hatte, könnte auch keine weitere testamentarische Verfügung mehr gelten?!

Um auf Nummer sicher zu gehen, könnte sich die Bekannte auch ein „lebenslanges Nießbrauchrecht“ ins Grundbuch eintragen lassen. Das würe ihr zumindest sehr schnell, sehr rechtssicher und sehr billig ein lebenslanges Wohnrecht in dem Haus garantieren !

Wenn später die Eigentumsverhältnisse zu ihren Ungunsten entschieden würden, so bliebe dieses Nießbrauchrecht dennoch in jedem Falle erhalten !

In der Regel hätte mit so einem Eintrag im Grundbuch auch kein Dritter außerhalb der Familie (z.B. Investor) ein Interesse die Immobile zu erwerben, weil man kann die Frau dann nicht rausklagen !
Zum Weiterverkauf ist so ein Objekt komplett uninteressant, und was nach ihrem Tod mit dem Haus geschieht kann ihr villeicht auch egal sein…

Kaum zu glauben! Das Eintragungsrecht hat m.E. nur der eingetragene Eigentümer; der hatte das Erbe leider ausgeschlagen und beim Widerruf die 6-Wochen-Frist überschritten. Das erschwert die Umsetzung des Vorschlags.
Trotzdem danke! Man kann es ja versuchen.
Friedrich

@Dr_Bogdan,
darf ich nochmal auf deine Antwort vom 9.1.2019 zurückkommen? Der Vorschlag mit dem Nießbrauch wird z.Z. favorisiert und verhandelt. Der Notar sagt, daß ca. 60.000,-- Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer sofort fällig werden. Das paßt gar nicht zu deiner Aussage „sehr billig“ und könnte ein ernsthaftes Hindernis sein; denn meine Bekannte hat nicht soviel Geld.
Gruß!
Friedrich

Das Eintragungsrecht hat m.E. nur der eingetragene Eigentümer<<

Ja, das ist selbstverständlich so ! Sonst könnte sich ja irgendwer in einer beliebigen Immobilie ein Nießbrauchrecht eintragen lassen und diese dann quasi kostenlos nutzen…
Die Eintragung eines Nießbrauchsrechts ins Grundbuch ist sehr billig. Andere Kosten hatte ich nicht berücksichtigt, bzw. keine Kenntnis davon.

Der Notar sagt, daß ca. 60.000,-- Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer sofort fällig werden.<<

Die Erbschaftssteuer hat nichts mit dem Nießbrauchsrecht zu tun. Das ist ein getrennter Vorgang.
Wer soll denn diese Steuer zahlen, bzw. an wen soll der Steuerbescheid ergehen ?
Normalerweise gibt es bei Erbschaften (insb. bei selbst genutzten Immobilien) auch recht hohe Freibeträge, bis zu deren Höhe überhaupt keine Steuer fällig ist.

Für die derzeitige Frau an seiner Seite gerade mal 20.000€ alles was darüber liegt wird mit 30% versteuert! ramses90