Wie finde ich heraus, ob eine Einzelnorm dem privaten, oder dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist?

Hallo!

Ich bin Studentin eines nicht-rechtlichen Fachs und lerne ein Semester lang Rechtsgrundlagen für mein Wissensgebiet. Nun stellt sich mir seit längerem eine Frage, mit der ich nicht weiterkomme (weder durch Lesen noch durch googeln, noch über das, was in meinen Gesetzessammlungen steht noch unser Skript, noch die staatliche Gesetzessammlung im Internet, … ) Es scheint für unsere Klausur aber wichtig zu sein, also:
Wenn ich eine Einzelnorm habe (z.B. das ArbSchG), wo steht es verbindlich geschrieben, welchem Rechtsgebiet es zugehört, also öffentlichem R. oder Privatrecht? Gibt es da irgendwo eine Liste, Datenbank, …?

Das ArbSchG habe ich als Beispiel genommen, weil dort m.E. Regelungen drinstehen, die Beziehungen zwischen AG und AN regeln und somit privatrechtlich sein müssten. Es stehen aber auch Regelungen drin, die ö.R. sind, und ich habe auch für diese Norm auf einer Webseite gelesen, dass sie zum ö.R. gehört.
Nur würde ich das gern verbindlich wissen, ohne es jedesmal auf irgendwelchen Webseiten googeln zu müssen. Also wo steht so etwas?

Danke schonmal und Liebe Grüße.

Hallo,

vielleicht helfen dir die beiden Wikipedia-Artikel weiter?


Gruß
Christa

In dem Artikel vom Öffentlichen Recht, das du gerade gepostet hast, steht, dass es strittig ist, wie die Gesetze in ö.R. und Privatrecht getrennt werden sollen. Das war einer der Gründe, warum ich die Frage gestellt habe, weil ich dachte, der Gesetzgeber hätte es dann einfach zugeordnet und es gäbe eine Liste hierzu.

Aber ich glaube, ich verstehe langsam: größere Rechtsgebiete werden zugeordnet (z.B. Arbeitsrecht zum Privatrecht, die Sozialgesetzbücher zum Öffentlichen Recht, …), und Einzelnormen sind nirgends zugeordnet, sondern werden im Einzelfall, falls man die Zuordnung braucht, anhand der unten aufgelisteten Theorien zugeordnet- und das ist oft strittig.

Stimmt das?

Na ja, aber im nachfolgenden Text wird das dann doch präzisiert, zumindest auf Deutschland bezogen …
„Die herrschende Lehre in Deutschland folgt der modifizierten Subjektstheorie“

und

Nach der so genannten modifizierten Subjektstheorie
– auch Sonderrechtstheorie oder Zuordnungstheorie genannt – ist
öffentliches Recht immer dann gegeben, wenn die betroffene Gesetzesnorm ausschließlich einen Träger hoheitlicher Gewalt berechtigt oder verpflichtet. Ansonsten liegt Privatrecht vor.

Es gibt auch noch einen extra Artikel zur modifizierten Subjektstheorie:

Ich habe zwar im Studium Recht als Nebenfach gehabt, aber erstens ist das schon ein paar „Tage“ her (in den 90ern), und zweitens war das eben auch nur ein Nebenfach und kein Studium der Rechtswissenschaften, ich kann mich nicht erinnern, dass wir so eine Aufteilung wie von dir gefragt benötigt haben.

Vielleicht kann aber @Wiz mehr dazu schreiben. Aber wenn das

stimmt, würde ich einfach den Prof oder seinen WiMi fragen. Eine solche Liste/Datenbank wie von dir gesucht ist mir jedenfalls nicht bekannt.

Genau, das sage ich mit dem was ich geschrieben habe ja: solange es nur eine „herrschende Lehre“ gibt, und keine vom Gesetzgeber festgelegte Liste von Einzelgesetzen, in denen steht welche Einzelgesetze welchem Rechtsgebiet zuzuordnen ist, stehe ich als Anfänger da und muss es jedesmal umständlich neu rausfinden bzw. habe immer die Unsicherheit.
In meinem Beispiel, dem ArbSchG, ist das ja nicht trivial- denkt man doch zuerst an Arbeitsrecht, und letztlich liest man, dass es zum ö.R. gehört. Der Schreiber der Webseite weiß es ja auch irgendwoher?!

Weiß das vielleicht jemand? Ich hab inzwischen echt lang recherchiert, und finde nicht mal raus, ob ich die Worte „Einzelnorm“ und „Einzelgesetz“ als Synonyme(?) richtig benutze, und ob ich generell irgendeinem Denkfehler aufsitze, denn sonst wird diese Frage wie es aussieht im Internet auch nicht groß gestellt.

Meinen Prof kann ich nicht fragen, dass das prüfungsrelevant ist, weiß ich seit der letzten Vorlesung- und das war die letzte vor der Prüfung. Die anderen Studenten verstehen es auch nicht.

Aber auch wenn ihr keine Vorlesung mehr bei ihm habt, muss es doch möglich sein, Kontakt zu ihm oder seinem Assistenten aufzunehmen, entweder telefonisch oder über das Sekretariat.

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Nein. Das ist eines der Sachen, bei denen wir am Anfang des Semesters gedacht haben, das haben wir lang genug versucht herauszufinden, also stellen wir es hintenan und werden es schon irgendwannn verstehen. Danach schien es nicht wichtig zu sein. Jetzt ist es kurz vor der Prüfung, und es wird plötzlich wichtig. Bei dem Dozenten (der die Prüfung auch selbst korrigieren wird), werde ich mich nun nicht mit scheinbar dummen SEHR grundliegenden Fragen unbeliebt machen. Auch wenn es m.E. der Fehler des Dozenten ist: denn keiner von uns hat in Erinnerung, dass es besprochen wurde, und keiner kriegt es raus.

Hallo,

mit dem Versuch einer wie auch immer gearteten Aufzählung von Vorschriften, die den jeweiligen Rechtskreisen (öffentl. Recht, Zivilrecht, Strafrecht) zuzuordnen sind, wirst Du nicht weiterkommen, denn diese ist faktisch unmöglich.
Wie Du selber anhand des ArbSchG festgestellt hast, gibt es Gesetze, die Vorschriften aus mehr als einem Rechtskreis enthalten. Du wirst vielmehr feststellen, daß dies schon fast die Regel ist.
Außer den Dir schon genannten Definitionen gibt es weitere Gesichtspunkte, die den Rechtskreis der jeweiligen Vorschrift konkretisieren.
So ist es zB wichtig, ob die Verletzung eines Gesetzes mit Bußgeld oder Strafe bewehrt ist.
Auch die Zuständigkeit der Gerichte, definiert durch die jeweiligen Gerichtsgesetze, ist ein wesentliches Kriterium dafür, welchem Rechtskreis ein Gesetz zuzuordnen ist. Das kann dann auch zu Überraschungen führen, die nicht immer logisch nachvollziehbar sind. Hierzu ein Beispiel aus meinem Arbeitsbereich:
Die Rechte der Personalvertretungen im öffentlichen Dienst sind dem öffentlichen Recht zuzuordnen, es entscheiden die Verwaltungsgerichte. Für die Schwerbehindertenvertretungen gilt das durch entsprechenden Verweis im SGB IX grundsätzlich auch.
Die wichtigsten Beteiligungsrechte der Schwerbehindertenvertretungen allerdings (§§ 178, 179 SGB IX) sind durch eine Vorschrift im Arbeitsgerichtsgesetz (§ 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG) den Arbeitsgerichten zugewiesen, sie sind somit Teil des Zivilrechts.
Deswegen ist auch die Aussage, daß das gesamte Sozialrecht der einzelnen Bücher des SGB der Zuständigkeit der Sozialgerichte und somit Teil des öffentlichen Rechts ist, nur eine „Faustformel“, von der es wesentliche Ausnahmen gibt.

So wirst du nicht umhin kommen, anhand diverser Kriterien jeweils prüfen zu müssen, welchem Rechtskreis eine Vorschrift zuzuordnen ist.

&Tschüß
Wolfgang