Wohnraumknappheit in einigen Städten

Außerhalb der S-Bahn-Reichweite sind aber gerade die Gebiete zu finden, in denen es noch halbwegs günstigen Wohnraum zu finden gibt.

Dabei gibt es noch ein zusätzliches Problem: die ÖPNV-Anbindung als solche. Zumindest hier im Raum Freiburg, der drittteuersten Stadt Deutschlands, was das Verhältnis von Miete zu Einkommen angeht (noch vor München - siehe hier) sind die Mietpreise im gut angebundenen Speckgürtel kaum niedriger als in der Stadt selbst. Die Orte, in denen es derzeit überhaupt noch Wohnungen gibt, die sich ein Geringverdiener leisten kann, sind praktisch vom ÖPNV abgehängte Schwarzwalddörfer, in denen unter der Woche zweimal ein Bus hält und am Wochenende keiner. Die alleinerziehende Friseurin und der ungelernte McDoof-Brater können sich aber auch kein Auto leisten, um zur Arbeit zu kommen. Es gibt deshalb zwei Möglichkeiten: Entweder wird dafür gesorgt, dass es auch in den Städten wieder mehr bezahlbaren Wohnraum gibt oder es wird der ÖPNV im Umland massiv ausgebaut und bezuschusst.

Abgesehen davon ist m.E. eine gute Durchmischung der Städte ohne ausgeprägte „Parallelgesellschaften“ jedweder Art wichtig für den sozialen Frieden.

Der Verkäufer zahlt es lieber als an 20 Arbeitstagen den Sprit für 120 Kilometer (Hin- und Rückweg zusammen). Ausserdem spart er massiv bei der Miete und weiteren Lebenshaltungskosten. Und am Ende regelt es der Markt. Wenn er nämlich seinen Arbeitsplatz nicht mehr besetzen kann, verdient das Unternehmen keinen Cent. Da wird es sich sehr schnell überlegen, ob es sich nicht lieber an den Fahrtkosten beteiligt oder sie ganz übernimmt. Mit fehlendem Verkaufsangebot würde der zurückbleibende Wohnende ein Minus an Attraktivität spüren, was sein Verlangen in München zu wohnen schmälert. Früher oder später wandert er ab, wenn man ihm weder Haare schneidet noch Nahrungsmittel oder sonstige Artikel anbietet. Damit sinken die Mieten vor Ort. Womit der Kreislauf Stadt->Land->Stadt fortwährend weiterläuft. Es ist eben nicht alles ein Biotop wie Freiburg.

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Nun stehen Häuser aber etwas länger, als sich die Märkte verändern und am Ende kommt sowas dabei raus, wenn die Heuschrecken weitergezogen sind und alles zugebaut haben.

Also nur, daß ich das richtig verstehe: innerhalb des S-Bahn-Bereiches wohnen nur Besserverdienende und außerhalb des S-Bahn-Bereiches kann man mindestens aus Kostengründen gar pendeln.

Ich sprach von Geringverdienern - bei einem Nettomonatsverdienst von € 1200 ist weder eine Monatskarte für € 200 noch Pendeln mit dem Auto drin, von den eher nicht ÖPNV-freundlichen Arbeitszeiten, die viele Geringverdiener haben, einmal ganz abgesehen.

Anders sieht es bei mittleren Einkommen aus - es gibt ja diverse Gründe, warum die Mittelklasse gerne in die Orte rund um Großstädte zieht. Einer davon ist, dass sich für diese Schicht das Pendeln rechnet, da die Kostenersparnis beim Wohnen und die verbesserte Lebensqualität draußen im Grünen die Kosten für das Pendeln wettmachen.

Darauf wollte ich ja hinaus. Deiner Theorie nach dürften im Großraum München (so im Umkreis von 100 km) keine Geringverdiener wohnen, die in München oder Umgebung arbeiten.

Wie kommst du denn darauf? Noch gibt es ja selbst in München und Freiburg preiswerte Wohnungen, wenn auch deutlich zu wenige, was sich beispielsweise in Überbelegung der Wohnung, prekären Zwischenmieten und verdeckter Wohnungslosigkeit äußert.

Eine grundsätzliche Frage ist doch, ob es sinnvoll ist, die Bevölkerung nach Einkommensklassen zu segregieren.

Sollten attraktive Städte mit all ihren Vorteilen hinsichtlich Freizeit, Kultur und Bildung Wohlhabenden vorbehalten sein? Was macht das mit den Menschen, die sich davon abgehängt fühlen? Und sollte Wohnungspolitik nicht dazu beitragen, dass keine Parallelgesellschaften jedweder Art entstehen? Was macht das mit der Gesellschaft, wenn die Kinder des Arztes und des Anwalts niemals den Kindern der Verkäuferin und des Fabrikarbeiters begegnen?

Da muß ich noch einmal nachfragen: das heißt also, daß außerhalb des Innenstadtbereichs kein Geringverdiener wohnt, weil die Fahrtkosten zu hoch sind? Und was den einen Fall der Familie auf 25 Quadratmetern betrifft: es war doch der Vermieter, der das beanstandet hat und nicht die Familie selber. Die fand es anscheinend nicht nur OK, zu zweit in der Wohnung zu wohnen, sondern auch noch zweimal Nachwuchs in die Welt bzw. diese Wohnung zu setzen. Oder waren die Leute zu arm, um sich Verhütungsmittel zu beschaffen? Oder gingen die davon aus, daß die Kinder alsbald ein Einkommen jenseits des Kindergeldes zur Haushaltskasse beisteuern, um dann in eine größere Wohnung zu ziehen?

Um es anders zu formulieren: natürlich gibt es auch in den Großstädten Wohnungen, die sich Geringverdiener leisten können, nur sind die oft nicht so groß oder so gut ausgestattet oder von bescheidener Lage. Und selbst wenn es mehr größere, besser ausgestattete Wohnungen gäbe, die für Geringverdiener erschwinglich wären, blieben die bisherigen Wohnungen ja nicht unbewohnt. Es zögen dort andere Geringverdiener ein oder Leute, die vorher woanders (= in einer anderen Stadt oder in den Vororten) wohnten oder Kinder, die bis dato bei den Eltern wohnen. Ganz sicher zögen dort aber keine Obdachlosen ein.

So, und nun kommt mein kapitalistischer Standpunkt: ich bin nicht der Ansicht, daß man Steuergelder dazu verwenden sollte, um die Verstädterung voranzutreiben oder dafür zu sorgen, daß einige Leute schöner, größer oder besser wohnen, während andere dann dort wohnen „müssen“, wo die anderen vorher wohnten. Mal abgesehen davon, daß ich das nicht für die Aufgabe des Staates halte, führt das nur zu einer Verschärfung des Problems, weil die fraglichen Städte dann wieder attraktiver werden, was wieder zu mehr Zuzug führt und die Preise wieder in die Höhe treibt.

Wenn man will, daß mehr Wohnungen entsteht, muß man die Schaffung von Wohnraum vereinfachen und dazu gehört eben auch, daß man es den Vermietern nicht mit jedem Gesetz, jedem Gerichtsurteil und jeder Bauordnung schwerer macht, Wohnraum zu schaffen, der sich am Ende rentiert.

Die heutigen Probleme waren vor 25 Jahren schon vorhersehbar und jede Stärkung der Mieterrechte, jede Begrenzung der Mieten, jeder rückwirkender Eingriff in die Rechtslage (Spekulationsfrist, Mietpreisbegrenzung auch bei öffentlich gefördertem Wohnraum), jede Verschärfung der Bauvorschriften führt dazu, daß es sich immer weniger rechnet, Wohnraum im allgemeinen und billigen Wohnraum im speziellen zu schaffen. Bei staatlich gefördertem Wohnraum gibt es darüber hinaus erhebliche Fehlanreize (z.B. die Fehlbelegungsabgabe, die dazu führt, daß Leute in einer geförderten Wohnung auch wohnen bleiben können, auch wenn sie die Kriterien nicht mehr erfüllen; am Ende zahlen sie immer noch weniger als auf dem Markt und andere, bedürftige Menschen bleiben außen vor).

Niemand käme in Deutschland auf den Gedanken, die Produktionskosten von Lebensmitteln per Gesetz zu erhöhen, gleichzeitig den Verkauf zu erschweren und dann zu erwarten, daß mehr Lebensmittel für einen günstigeren Preis auf den Markt kommen. In Diktaturen macht man das bisweilen - mit dem Ergebnis, daß die Bevölkerung am Schluß hungert oder sich auf dem Schwarzmarkt eindecken muß und/oder der Staat am Ende pleite ist, weil er Lebensmittel, Gas und Strom subventionieren muß, damit die Leute etwas zu essen und eine warme Hütte haben. Wobei neulich ein neues Konzept entdeckt worden ist: Venezuela erhöht die Einkommen per Federstrich und wundert sich anschließend darüber, daß die Inflation schneller steigt als man sie berechnen kann - und daß die Leute in Scharen das Land verlassen, weil sie trotzdem nichts zu essen bekommen bzw. es nicht bezahlen können.

Auch wenn das obenstehende möglicherweise lustig klingt: staatliche Eingriffe in Märkte ab einer gewissen Größe funktionieren nicht, sondern führen im Regelfall zum genauen Gegenteil dessen, was man erreichen will. In Deutschland haben wir das mit dem Wohnungsmarkt in einigen Regionen schon sehr eindrucksvoll hinbekommen. Die Idee, noch mehr in die Märkte einzugreifen und sich davon einen Erfolg zu versprechen, halte ich für mutig bis fragwürdig.

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Die Frage ist ja auch, wie viel Wohnraum der Staat schaffen will. Düsseldorf wächst jährlich um 3000-5000 (gemeldete) Einwohner und das sind ja allein die, die Wohnraum finden, den sie bezahlen können. Wenn die Stadt Wohnungen in der Größenordnung baute, kämen ja im Zweifel noch mehr, die dann bezahlbaren Wohnraum finden. Düsseldorf ist bei der Einwohnerzahl (den gemeldeten wohlgemerkt) um 10% in den letzten 12 Jahren oder so gewachsen. Wo soll das hinführen, was Schulen, Kindergärten, Parkraum und andere Infrastruktur angeht? Und Düsseldorf hat ja im Gegensatz z.B. zu Berlin noch das Geld, um Schulen & Co. auszubauen (auch wenn die aktuelle Regierung daran arbeitet, das zu ändern). Es kann doch nicht Sinn der Übung sein, daß der Stadt die Verstädterung vorantreibt.

Da gefällt mir die Idee schon besser, bspw. Landesbehörden ins Umland umzusiedeln, wie das meiner Erinnerung nach in Bayern schon gemacht wurde. So bekommt die Behörde im Zweifel mehr qualifiziertes Personal, was dann von seinem Einkommen auch noch mehr hat.

Gruß
C.

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Hallo,
auch dies eine Ursache fuer knappen Wohnraum

Die „grundsätzliche Frage“ ist von mir natürlich mit einem Nein zu beantworten, aber m.E. geht es beim Threadthema bei weitem nicht um so etwas Grundsätzliches.
Das grundsätzliche Auseinanderdriften wird in der Wirtschafts-, Arbeitsmarkt-, Steuerpolitik usw. entschieden.
Wenn da ein paar Städte mehr oder minder zu „Single- und Reichenghettos“ werden, halte ich das an sich für kein großes Problem, v.a. auch für keines, das einigermaßen effizient durch Wohnungspolitik gelöst werden könnte.

Gruß
F.