Faktenlage
Hi!
Schwierige Entscheidung.
Mein Hintergrund dazu: Ich bin evangelisch getauft und in der Kirchengemeinde groß geworden. Flötenspielen im Advent, Mitgestaltung von Gottesdiensten, Kindergruppe der Gemeinde, Konfirmation, später Urlaube mit dem CVJM.
Das alles habe ich als etwas Positives erlebt, keine Frage.
(Das einzig Negative war, dass z.B. meine Schwester vom Rektor der Grundschule als „Heidin“ betitelt wurde, weil sie evangelisch war - und nicht katholisch, wie der Rest der Oberpfalz. Mit dem Katholizismus habe ich auch ein Riesenproblem, das nur am Rande.)
Irgendwann habe ich aber festgestellt, dass ich gar nicht an so einen Gott glaube und bin folgerichtig aus der Kirche ausgetreten, da bin ich konsequent
Was mich nämlich total nervt ist Heuchelei: Menschen, die sich als Christen bezeichnen und alles andere leben als christliche Werte.
Bei Kind und Hochzeit (in dieser Reihenfolge) war das natürlich nochmal Thema: Mit einem evangelischen Mann (passiv evangelisch nenne ich das
, also ihm war das Thema gelinde gesagt „wurst“) und „weil man das so macht“. Zum Glück lebten wir im Nordosten Deutschlands, da war der gesellschaftliche Druck fast gleich null, die Familie weit weg. Also nur standesamtlich getraut und das Kind nicht getauft.
Hier in Bayern auf dem (überwiegend evangelischen) Land kommt das Thema natürlich immer wieder auf, gerade werden ringsrum alle Kinder konfirmiert. Und wir immer wieder darauf angesprochen. Mein Sohn will nicht. Wir hatten noch eine Art Jugendweihe in Erwägung gezogen, aber es besteht kein Interesse seinerseits.
In der Schule besuchte er wechselweise den Ethikunterricht und den evangelischen Religionsunterricht, das entscheidet er selbst (profanerweise schlicht an der Lage der Unterrichtsstunden
)
ich würde gerne eure Ansichten und Erfahrungen dazu erfahren,
wie man wohl am besten mit dem Thema Religion/Kirche verfahren
kann, wenn zwei Elternteile hierzu unterschiedlicher Meinung
sind.
In der Stadt (wo ich immer gelebt habe) ist ja normalerweise
sowas wie Taufe, Erstkommunion, Kirche usw. nicht so wichtig,
man ist anonym, wird als Kind nicht ausgeschlossen, wenn man
nicht im Kirchenchor usw. ist.
Man kann auch in den Kirchenchor gehen, wenn man nicht getauft ist… Also in den meisten Gemeinden zumindest. Man könnte ja, wenn man derlei „Service“ in Anspruch nimmt, eine regelmäßige Spende vereinbaren…
Nun gerieten mein Freund und ich sehr aneinander, weil er
meint, am Land könne, nein, dürfe man sein Kind nicht aus der
Gemeinschaft ausschließen, indem man es nicht an den
kirchlichen Aktivitäten teilnehmen lässt. Seiner Ansicht nach
solle ich mich dann wohl alibihalber taufen lassen, um dem
Kind Erstkommunion usw. zu ermöglichen, sollten wir am Land
(bzw. dort, wo er wohnt) leben.
So eine Aussage und die damit verbunden Einstellung würde für mich, ganz ehrlich, die ganze Partnerschaft in Frage stellen. Egal was, irgendetwas „alibihalber“ zu tun kommt für mich grundsätzlich und überhaupt nicht in Frage. Etwas zu machen, weil „man das halt so macht“ ruft bei mir quasi automatisch Abwehrmechanismen auf. Das betrifft ja die gesamte Lebensgestaltung, deshalb könnte ich mit einem Menschen mit so eine Einstellung gar nicht zusammen leben und Kinder erziehen. Das hat für mich etwas mit Rückrat zu tun und mit Werten, die ich meinem Kind mitgeben möchte: Nämlich eigene Entscheidungen zu treffen anstatt auf die anderen zu schielen.
Am Rande würde ich noch anmerken: Überlege Dir gut, ob Du aufs Land ziehen möchtest mit diesem Mann. Ob Du da glücklich wirst in der „Enge“, wenn Du es anders gewöhnt bist? Ich will nicht unken, aber der Gedanke drängt sich mir auf. Und der beruht noch dazu auf eigener Erfahrung in Stadt und Land.
Wir entscheiden so viel für unsere unmündigen Kinder, weil wir es ja ständig müssen. Beim Thema Religion meine ich aber, dass wir das nicht entscheiden müssen, ich sehe da keine akute Notwendigkeit.
Andererseits tut eine Taufe in der Tat nicht weh und ich habe selber als Kind und Jugendliche in der Gemeinde nur Positives erlebt (Allerdings nur indirekt, also nicht im Glauben selber). Das widerum kann man sich (vor allem in der Stadt) ja auch woanders für die Kinder holen.
Deshalb in der Ausgangsfrage: Keine klare Empfehlung, tut mir leid 
Klar, das ist alles hypothetisch, weil ich ja keine Kinder
habe! Aber über dieses Thema haben mein Freund und ich jetzt
einige Male geredet, jedesmal mit ziemlich großer Aufregung
meinerseits und Abwehr seinerseits verbunden.
Vielleicht ist das das Problem, die Emotionalität. Vielleicht könnt ihr ja noch öfter drüber sprechen und die Diskussion wird dadurch ruhiger.
Für mich wäre der eigentliche Punkt: Alibitaufe - niemals, nicht für die Kinder und auch nicht für mich. Für einen gläubigen Christen finde ich diesen Anlauf ziemlich armseelig, er widerspricht ja eigentlich der kirchlichen Grundüberzeugung. Aus Überzeugung Deines Mannes - für die Kinder: vielleicht.
Und es gibt viele Kompromisse: Zieht doch erstmal hin, heiratet erst einmal (da ist das Thema ja auch relevant) bbekommt doch erstmal Kinder. Man muss die auch nicht sofort taufen, kann man ja auch später machen. Ein Schritt nach dem anderen. Meinungen ändern sich ja auch mal mit den Umständen, manches wird klarer beim Tun.
Grüße
kernig