IS-Verbrechen genauso vor deutschen Gerichten (o. in DenHaag) verhandelbar wie serbische/ruandische?

Hallo und Guten Tag, 

es wurden und werden ja unter anderem sowohl vor dem internationalen Gerichtshof in Den Haag Kriegsverbrechen verhandelt, die im ehemaligen Jugoslawien begangen wurden, siehe z.B.: http://www.spiegel.de/thema/uno_kriegsverbrechertrib… , als auch solche, die 1994 in Ruanda begangen wurden ( http://derstandard.at/1308680689249/Den-Haag-Lebensl… ) - aber auch vor deutschen Gerichten sind solche Prozesse möglich, für Taten, die 20 Jahre zuvor und 10.000 Kilometer entfernt stattfanden: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/voelkermor…Das ist grundsätzlich ja auch gut und begrüßenswert.

Nur jetzt meine Frage: Wären solche Prozesse im Prinzip auch für Täter des „Islamischen Staates“ möglich, die ja ganz offen ihre Enthauptungen und ähliche Gräueltaten ins Internet stellen und sogar damit prahlen? 

Oder wird da doch eine Doppelmoral praktiziert, mit zweierlei Maß gemessen?

Ich meine: Wird wirklich jeder Täter auf der Welt, der verantwortlich ist für  Gräuel, und dessen man wo auch immer habhaft werden kann oder könnte, für seine Taten vor Gericht gestellt, wie das u.a. bei Serben und Ruandern der Fall ist?

Könnte ein IS-Anhänger, der kein deutscher Staatsbürger ist, der im Gebiet des „Islamischen Staates“ Verbrechen wie Enthauptungen begangen hat, deshalb in Deutschland vor Gericht kommen? Oder in Den Haag? Eben so wie das bei Serben oder Ruandern der Fall war und ist?Ich habe da, wie gesagt, ein sehr unangenehmes Gefühl, dass in dieser Hinsicht mit zweierlei Maß gemessen wird, dass man beispielsweise über die Untaten in Ruanda oder im ehemaligen Jugoslawien „empörter“ ist als über die Verbrechen im Gebiet des IS.

Ist das so, oder irre ich mich?

Wird überhaupt grundsätzlich bei solchen Verbrechen überall auf der Welt und für jeden einzelnen Erdenbürger nach dem gleichen Standard vorgegangen, ohne, dass da ein irgend ein Unterschied gemacht wird?

Auch, wenn z.B. ein US-Amerikaner, Russe oder Chinese für Gräueltaten verantwortlich wäre? 

Vielen Dank im Voraus für Antworten,

Jasper

Hallo und Guten Morgen

Die bei einem rechtsstaatlichen (!) Gerichtsverfahren gegen Anhänger des „IS“ jeweils zu beachtenden bzw. zu berücksichtigenden Details wären zu umfangreich, um sie (meinerseits) für beide Einrichtungen hier zu erörtern, zudem hätten beide jeweils zweierlei Recht, mit denen sie, wie in der Vergangenheit bereits geschehen, (einäugige) Willkür-Urteile fällen könnten. Vielleicht solltest Du Dich bzw. sollten wir uns auf eine der beiden Institution zur Klärung der Sachlage einigen?

Die Rechtsgrundlagen für Verfahren in Deutschland wären eventuell:

StGB § 6 „Auslandstaten gegen international geschützte Rechtsgüter“
Das deutsche Strafrecht gilt weiter, unabhängig vom Recht des Tatorts, für folgende Taten, die im Ausland begangen werden:
[…]
2. Kernenergie-, Sprengstoff- und Strahlungsverbrechen in den Fällen der §§ 307 und 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 2 und des § 310;
[…]
4. Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung und zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft sowie Förderung des Menschenhandels (§§ 232, 233 und 233a);
[…]
9. Taten, die auf Grund eines für die Bundesrepublik Deutschland verbindlichen zwischenstaatlichen Abkommens auch dann zu verfolgen sind, wenn sie im Ausland begangen werden.

StGB § 7 „Geltung für Auslandstaten in anderen Fällen“
(1) Das deutsche Strafrecht gilt für Taten, die im Ausland gegen einen Deutschen begangen werden, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt.
(2) Für andere Taten, die im Ausland begangen werden, gilt das deutsche Strafrecht, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt und wenn der Täter
1. zur Zeit der Tat Deutscher war oder es nach der Tat geworden ist oder
2. zur Zeit der Tat Ausländer war, im Inland betroffen und, obwohl das Auslieferungsgesetz seine Auslieferung nach der Art der Tat zuließe, nicht ausgeliefert wird, weil ein Auslieferungsersuchen innerhalb angemessener Frist nicht gestellt oder abgelehnt wird oder die Auslieferung nicht ausführbar ist.

Das „deutsche Strafrecht“ hätte aber im Zusammenhang mit einem tatsächlich islamischen „Islamischen Staat“ zwei Stolperfallen, die es lahmlegen würde:
A Ein Relikt aus der Nachkriegszeit, aufgrund der Haager Landkriegsordnung von 1907 (Art. 43 und 46), des Kontrollratsgesetzes Nr. 1 von 1945 der alliierten Siegermächte und der Frankfurter Dokumente von 1948 (Vorgaben der Militär-Gouverneure der Amerikanischen, Britischen und Französischen Besatzungszone in Deutschland für eine Verfassung) im Grundgesetz Art. 1, Abs. 3 und Art. 4, Abs. 2 verankerten Unantastbarkeit religiös motivierter Handlungen (hier betreffend natürlich nur die drei (!) von den Nazis in Deutschland verfolgten Religionen)
B Die Schlussakte der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) von 1975 betreffend religiöse Minderheiten in Deutschland.

Gruß
Semsi

Nachtrag

Da allgemein nahezu unbekannt oder einfach abgeleugnet …

Zitat (2. Absatz im Schreiben): „Im übrigen gehören mehrere Juden zur Gesellschaft. Die Gesellschaft war insbesondere in den Jahren 1933/34 Unterschlupf und Absteigequartier für Kurfürstendammjunden.“

Falls eine Verbindung zum Koran (hier speziell die Pflicht zur Hilfeleistung, Sure 9,6) nicht erkennbar sein sollte, bitte hier im Fachbrett „Islam“ nachfragen!

Hilfe? Gibt es Probleme?

KSZE-Schlussakte v. Helsinki (1975) - Zitat:

[…]

VII. Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Einschließlich der Gedanken-, Gewissens-, Religions- oder Überzeugungsfreiheit

Die Teilnehmerstaaten werden die Menschenrechte und Grundfreiheiten Einschließlich der Gedanken-, Gewissens-, Religions- oder Überzeugungsfreiheit für alle ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der Sprache oder der Religion achten.
Sie werden die wirksame Ausübung der zivilen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen sowie der anderen Rechte und Freiheiten, die sich alle aus der dem Menschen innewohnenden Würde ergeben und für seine freie und volle Entfaltung wesentlich sind, fördern und ermutigen.
In diesem Rahmen werden die Teilnehmerstaaten die Freiheit des Individuums anerkennen und achten, sich allein oder in Gemeinschaft mit anderen zu einer Religion oder einer Überzeugung in Übereinstimmung mit dem, was sein Gewissen ihm gebietet, zu bekennen und sie auszuüben.
Die Teilnehmerstaaten, auf deren Territorium nationale Minderheiten bestehen, werden das Recht von Personen, die zu solchen Minderheiten gehören, auf Gleichheit vor dem Gesetz achten; sie werden ihnen jede Möglichkeit für den tatsächlichen Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewähren und werden auf diese Weise ihre berechtigten Interessen in diesem Bereich schützen.
Die Teilnehmerstaaten anerkennen die universelle Bedeutung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Achtung ein wesentlicher Faktor für den Frieden, die Gerechtigkeit und das Wohlergehen ist, die ihrerseits erforderlich sind, um die Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen und der Zusammenarbeit zwischen ihnen sowie zwischen allen Staaten zu gewährleisten.
Sie werden diese Rechte und Freiheiten in ihren gegenseitigen Beziehungen stets achten und sich einzeln und gemeinsam, auch in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen, bemühen, die universelle und wirksame Achtung dieser Rechte und Freiheiten zu fördern.
Sie bestätigen das Recht des Individuums, seine Rechte und Pflichten auf diesem Gebiet zu kennen und auszuüben.
Auf dem Gebiet der Menschenrechte und Grundfreiheiten werden die Teilnehmerstaaten in Übereinstimmung mit den Zielen und Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen und mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte handeln. Sie werden ferner ihre Verpflichtungen erfüllen, wie diese festgelegt sind in den internationalen Erklärungen und Abkommen auf diesem Gebiet, soweit sie an sie gebunden sind, darunter auch in den Internationalen Konventionen über die Menschenrechte.

[…]

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (1948) - Zitat:

[…]

Artikel 18

Jeder hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht schließt die Freiheit ein, seine Religion oder seine Weltanschauung zu wechseln, sowie die Freiheit, seine Religion oder seine Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Kulthandlungen zu bekennen.

[…]

Artikel 28

Jeder hat Anspruch auf eine soziale und internationale Ordnung, in der die in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten voll verwirklicht werden können.

[…]