Wie sah es im Maschienraum der Titanic aus?

Guten Tag,
ich bin eine nautische Null und stehe ratlos vor den Beschreibungen des Maschinenraums der Titanic. 18 Kessel, jeder 5,20m hoch, 126 Feuerungen, das habe ich recherchiert, aber keine Ahnung, was Kessel, was Öfen, was Maschinen sind. Kann mir das jemand deppensicher erklären? Vielen Dank!

Moin

ich bin eine nautische Null und stehe ratlos vor den
Beschreibungen des Maschinenraums der Titanic.

Das macht nichts, viele Nautiker sind nicht so fit mit Technik, aber man muss kein Nautiker sein um Technik zu verstehen :smile:

18 Kessel,
jeder 5,20m hoch, 126 Feuerungen, das habe ich recherchiert,
aber keine Ahnung, was Kessel, was Öfen, was Maschinen sind.
Kann mir das jemand deppensicher erklären? Vielen Dank!

Zum einstimmen schau dich hier mal um http://www.dampf-eisbrecher-stettin.de/maschine.html

Die Stettin hat zwar nur 2 Kessel und eine (Haupt)-Maschine und ist auch etwas kleiner als die Titannic, aber ein Besuch des Museumseisbrechers hilft Dir sicherlich weiter. Bei einer Mitfahrt erlebst Du Dampf hautnah und die Leute an Bord können Dir viele Fragen beantworten.

Gruß
heavyfuel

finster, staubig, laut, heiß und eng - trotz der Größe.
Hier ein Bild: http://2.bp.blogspot.com/_FfetiF7C9vo/SRnPCimYOHI/AA…

Gruß
Eckard

Hallo,
also, mit nautischer Erfahrung hat das tatsächlich nicht viel zu tun.

Der Maschinenraum ist im Allgemeinen die Bezeichnung der Räumlichkeit im Schiff, in dem die Antriebsmaschine eingebaut ist.

Begonnen hat das mit nichts anderem wie Dampfmaschinen, daher auch noch die deutsche Bezeichnung Maschinenraum. Heute sind es Motoren, aber Maschine hat sich wohl traditionell durchgesetzt. Bei den Kraftfahrzeugen aber im Gegensatz dazu Motorraum, Motorhaube etc.

Bevor modernere Diesel oder Schwerölmotoren zum Einsatz kamen, hatten die Schiffe zuallererst neben ihren normalen Masten und Segeln Dampfmaschinen zur Unterstützung oder wenn kein Wind war als Alternativantrieb, meist mit seitlichen Schaufelrädern, der sich allerdings bei Seegang als nicht besonders wirkungsvoll erwies, da diese durch die Schiffsbewegungen immer wieder aus dem Wasser ragen können, Im Binnenbereich auf Flüssen und Seen jedoch wiederum praktischer, da dort wenig Seegang herrscht und ein geringer Tiefgang von Vorteil ist. Jeder kennt z.B. die Missisippidampfer, manche auch den heute wieder verkehrenden Schaufelraddampfer Hohentwiel auf dem Bodensee.

Mit steigender Leistung und Zuverlässigkeit der Maschinen und dem Einsatz des tiefer unter Wasser liegenden Schrauben-/Propellerantriebs konnten die Segel weggelassen werden, das reine Dampfschiffahrtszeitalter begann.

Im Prinzip war der Schiffsantrieb nichts anderes wie eine auf dem Land eingesetzte Dampfmaschine.
Sozusagen so erklärt: im Kessel wird Wasser bis zum Kochen erhitzt, dabei entsteht Dampf und im geschlossenen System ein Überdruck, der über Rohrleitungen einem Zylinder mit innenliegendem Kolben zugeführt wird. Ähnlich wie noch bei heutigen Verbrennungsmotoren, bei denen das explodierende Luft-Treibstoffgemisch den Kolben nach unten bewegt, wurde der Kolben damals mit Dampfdruck bewegt. Clevererweise konnte durch eine Umschaltung der Dampfzuführung der Kolben in beide Richtungen gedrückt werde.

Durch eine Kurbelwelle (war ohne Getriebe direkt die Antriebswelle zur Schiffsschraube) und Pleuelstangen wurde die Längsbewegung des Kolbens in eine Drehbewegung umgesetzt, ist heute noch so bei Verbrennungsmotoren (außer Wankelmotoren).

Je mehr und größere Zylinder, umso mehr Leistung mit entsprechend höherer Geschwindigkeit ist möglich. Aber dazu wird auch mehr Dampf benötigt. Statt eines schwierig zu heizenden und beherrschbaren, einzelnen riesigen Kessels, erfolgt die Aufteilung in mehrere kleinere Kessel. So kann auch die Leistung stufen-(Kessel)weise erhöht werden oder an einzelnen Wartungsarbeiten durchgeführt werden.

Durch die Dampferzeugung verringert sich logischerweise auch die Wassermenge im Kessel, so dass regelmäßig permanent oder nach Bedarf Wasser nachgetankt werden muss. Man kennt das auch aus Westernfilmen, bei denen die Dampfloks aus großen, aufgestelzten Wasserfässern „nachtanken“.

Unter dem Kessel ist der Ofen, in dem zum Wassererhitzen Holz bzw. später die effizientere Kohle eingesetzt wurde, die Bezeichnung Feuerung bezieht sich, wie ich jedoch nur annehme, auf die Befeuerungsklappe, also die Ofentür zum Einwurf der Kohle. Um bei einem Ofen mit gewisser Größe die Kohle gleichmäßig zu verteilen, sind sinnvollerweise mehrere Befeuerungen sinnvoll.

Die Leistungen von Dampfmaschinen in Schiffen hatten am Ende der Entwicklung mehrere tausend PS.

Die angegebene Kesselhöhe bedeutet wohl nichts anderes wie die Höhe von der Bodenfläche bis zur Oberkante Kessel.

Der Kessel ist nicht immer nur ein zylindrischer Behälter, in dem das kochende Wasser umher schwappt. Es wurde relativ früh erkannt, dass eine größere Kontaktoberfläche der Feuerhitze zum Wasser die Wärmeübergabe beschleunigt, so dass Röhren in den Kesseln waren, durch die entweder das Wasser floss oder die Hitze durch geleitet wurde bis dann zum Kamin. Das Prinzip kennt man heute noch bei Wärmetauschern, ein Beispiel ist der Kühler im Auto, bei dem die Kühlwassertemperatur durch viele „Röhrchen“ und angeschweißten Blechen eine sehr große Oberfläche ergeben. Oder auch bei Kühlrippen etc.

Trotzdem konnte so ein großes Dampfschiff nicht wie heute auf Knopfdruck losfahren, nach dem Abkühlen der Gesamtanlage waren durchaus 12 Stunden Heizen zum Hochfahren der Wassertemperatur erforderlich. Bei kurzen Liegezeiten im Hafen wurden die Feuer nie gelöscht, sondern das Wasser mehr oder weniger unter dem Siedepunkt gehalten.

Zur Geschwindigkeitsregelung wurde sozusagen einfach das Dampfrad (Ventil) wie am Wasserhahn etwas mehr auf- oder zugedreht und die Hitze in den Öfen angepasst.

Wenig Dampf=geringe Geschwindigkeit, viel Dampf = hohe Fahrt, zuviel Dampf=Bumm (ohne Sicherheitsventil, das gab‘s damals nicht unbedingt.
Es gab auch Kesselexplosionen, meist sehr unangenehm für das heizende Personal. Bei Schiffsuntergängen mit Wassereintritt in den Maschinenraum waren Kesselexplosionen sehr wahrscheinlich, da zum einen das Meerwasser in die heiße Glut strömen ließ und schlagartig selbst verdampft bzw. der Temperaturschock Risse in der Kesselwand entstehen ließ.

Nebenbei, die damaligen Heizer in einem Schiffsmaschinenraum haben nie gefroren, zum einen durch das Schaufeln von mehreren Tonnen Kohle am Tag und durch die Umgebungshitze von locker 50 Grad, durchaus mit Saunabedingungen zu vergleichen.

Im Prinzip funktionieren unsere heutigen Kohlekraftwerke genauso, nur dass der Dampf nicht in Kolben, sondern in Turbinen ihre Kraft in eine Drehbewegung umsetzen und damit Generatoren antreiben. An den Kühltürmen tritt dann vereinfacht gesagt, der durch die Turbinen geleitete Dampf aus, also nicht der Rauch vom beheizen, sondern nur Dampf.

Die Turbinen kann man sich vorstellen wie Düsentriebwerke, mehrere hintereinanderliegende Schaufelräder, die durch den durchströmenden Dampf ins Rotieren kommen.

Ach ja, unsere Atomkraftwerke und z.B die atomgetriebenen Flugzeugträger funktionieren auch nach dem Prinzip, nur dass die Hitze bzw. der Dampf durch die Brennstäbe erzeugt wird.

Mit der Erfindung und Verbesserung der Dampfmaschine wurde letztendlich das Industriezeitalter begonnen, da damit neben Lokomotiven für den logistischen Transport von Material und Rohstoffen auch in Fabriken leistungsfähige Maschinen angetrieben worden sind. Sogar in der Landwirtschaft wurden sie als Zug- oder Dreschmaschinen eingesetzt, im Bauwesen als dampfbetriebene Seilbagger oder Straßenwalzen.

Letztendlich ersetzt durch Elektromotoren und die kompakteren Otto- und Dieselmotoren, die durch die höhere Energiedichte und sofortige Einsatzbereitschaft neue Möglichkeiten schufen.

Hoppla, ich glaub ich bin etwas vom Thema abgeschweift, alles klar?
Grüße
Peter