Servus,
nein, in Frankreich werden nicht mehr benötigte Dörfer sukzessiv aufgegeben, übrigens schon eine ganze Weile. - ein recht instruktives (aber beileibe nicht das einzige Exempel dafür) ist Oppède-le-Vieux, dessen letzte bewohnte Häuser erst im letzten Jahrhundert aufgegeben worden sind. Es gibt dort übrigens einen Platz, an dem unter freiem Himmel und ohne dass ein bewohntes Haus in der Nähe wäre, haufenweise Briefkästen hängen - in F braucht man eine zustellfähige Adresse, um Sozialhilfe oder allocations irgendwelcher Art zu bekommen.
In Frankreich wird in den letzten Jahren versucht, in ländlichen Orten in relativ dicht besiedelten Gebieten, die früher die Funktion von Zentren hatten, die Verwahrlosung etwas zu bremsen, indem man den sterbenden Einzelhandel mit zinsverbilligtem Geld und wohl auch direkten Subventionen für irgendwas versorgt. Da geht es dann aber bereits um Orte von der Größenordung von Saverne, und auch in Städten wie Belfort macht sich bereits Mottenfraß und Untergang bemerkbar: Wenn man dort vom Bahnhof durch den Faubourg de France zum Zentrum marschiert, kommt man durch eine blitzblank herausgeputzte, mit Konjunktur- und Strukturfördermitteln richtig teuer ausgestattete und dekorierte Fußgängerzone, die an lauter leeren Schaufensterhöhlen vorbeiführt, bei denen man an manchen noch sehen kann, dass zuletzt 1-Euro-Asia-Läden und sowas drinne waren, die dann aber zuletzt auch das Licht ausgemacht haben.
Ich hab es schonmal hier erzählt, aber an dieser Stelle nochmal ein ziemlich gruseliges Erlebnis in Métzéral: Der Ort ist nicht besonders groß, knapp 1.100 Einwohner, hatte aber alle Funktionen eines Zentrums für das obere Fechttal und die Umgebung bis zu den Crêtes und den Ballons hinauf. Wir saßen abends noch ein bissele nach dem Essen auf der Terrasse vom Soleil d’Or, gegenüber ist die Mairie, das Feuerwehrhaus und die ehemalige Schule, als Alarm für die Freiwillige Feuerwehr gegeben wurde. Nach ziemlich kurzer Zeit kamen eine junge Frau, ein junger Mann und ein älterer Mann zum Feuerwehrhaus, und die Freiwillige Feuerwehr Metzeral rückte mit einem Land Rover Defender aus. Die nächstgelegene Berufsfeuerwehr sitzt übrigens in Colmar, und sie braucht alleine für die Anfahrt mindestens eine halbe Stunde.
Ich sagte zu dem Wirt, der auch herausgekommen war: „Voilà un village moribond!“ - der fuhr zuerst auf, man sah, dass er etwas erwidern wollte, dann sank sein Gesicht herunter und er meinte: „Oui - c’est dommage, mais vous avez raison!“
Wenn man in Frankreich irgendwas gegen den Verfall einzelner Häuser auf dem Land unternehmen wollte, wäre das nicht einmal bezahlbar, wenn man zu diesem Zweck Zürich im Handstreich nähme und die dortigen Banken und Privatvermögen der Regie des französischen Staates zuführte.
Schöne Grüße
MM