100%-iges Roggenbrot

Hallo,

heute habe ich mir in einer fremden Bäckerei Brot gekauft, das mir die Verkäuferin als 100 % Roggenbrot angeboten hat. Jetzt frag ich mich: ist das möglich?

Da in meiner Küche eine Getreidemühle steht, habe ich auch schon mal versucht, ein Brot aus reinem Roggenmehl zu backen. Doch das konnte ich nicht schneiden, weil es dabei zerfallen ist. In einem Backbuch habe ich gelesen, dass die Kleie aus den Weizenkörnern als Bindemittel dient und das Brot zusammenhält. Deshalb müsste man auch mindestens 30% Weizenmehl zum Roggenmehl zugeben, damit das Brot nicht zerfällt.

Doch was hat mir die Bäckerei da heute verkauft? Haben die ein künstliches Bindemittel verwendet? Oder wie schaffen die es, ein reines Roggenbrot zu backen.

Vielen Dank für Eure Bemühungen
Ebi

Hallo

ich esse fast ausschliesslich 100% Roggenbrot.

Ist es ein Sauerteigbrot? Die Sauerteigenzyme machen den Roggen backfähiger.

Gruss, Sama

Hallo Ebi,

die haben in der Bäckerei ganz schlicht einen klassischen Sauerteig geführt. Roggen enthält das Ferment α-Amylase, das Stärke zu kurzerkettigen Sacchariden abbaut und damit die Struktur des Teigs zerstört, aber im sauren Milieu nicht wirkt. Man kann Roggen pur also aufhelfen, wenn man ihn als mehrstufig geführten Sauerteig verbäckt.

„Mehrstufig geführt“: Der vom letzten Backtag aufgehobene Sauer wird nacheinander für 24 Stunden mit jeweils einem Drittel des Roggenmehls oder -schrotes angesetzt - mit dem letzten Drittel bleibt er weniger lang, dann geht er besser auf. Durch die mehrstufige Führung ist gewährleistet, dass der Teig immer sauer genug ist, um die Wirkung der Amylase zu hemmen.

Schöne Grüße

MM

Ist es ein Sauerteigbrot?

Das wußte die Verkäuferin nicht, aber dem köstlichen Geschmack nach wohl schon.

Das Roggenbrot, das ich selber mal gebacken hatte, war ein Sauerteigbrot. Es bestand nur aus Rogenmehl, Sauerteig, Salz und Wasser. Den Sauerteig habe ich dabei natürlich auch aus Roggenmehl selbst gemacht. Ich habe es mehrmals versucht, aber ohne Weizenanteil ist es immer zerfallen.

Vielen Dank für die ausführliche Antwort. Wenn ich das richtig verstanden habe, würde es dann wohl 3 Tage dauern, bis das Brot in den Backofen geschoben werden kann.

Ich habe es natürlich auch mehrmals geführt, aber immer nur jeweils 3 oder 4 Stunden. Da ist man mit dem Brotbacken ja auch schon vom frühen Morgen bis zum späten Abend beschäftigt.

Der Geschmack eines selbst gemachten Sauerteigbrotes ist einfach grandios und wiegt so manche Mühe auf. Deshalb würde mich das schon interessieren. Kennst Du vielleicht irgendwo im Internet ein Rezept, wie man ein echtes Roggenbrot aus selbstgemachtem Sauerteig herstellen kann?

Servus,

das klingt mit den 2 * 24 h und 1 * 6 h viel aufwändiger, als es ist: Teig, der irgendwo steht, braucht ja keine Betreuung und macht keine Arbeit. Man muss halt die Zeit ein bissle planen.

ein Rezept, wie man ein echtes Roggenbrot aus selbstgemachtem Sauerteig herstellen kann?

Wie viel Wasser, kann ich nicht angeben - die Anpassung vor dem Kneten mache ich nach Gefühl. Vielleicht noch wichtig: Auseinanderfallen konnte ich nicht beobachten, aber Roggen pur braucht eine Form (Kasten), weil Roggen kein Klebergerüst macht und ohne Form ziemlich flach auseinanderläuft.

Mit Pumpernickel als dem „Roggen pur“-Brot, für das ich Punkt für Punkt nach Rezept vorgehen müßte, habe ich mich noch nicht aus der Nähe beschäftigt (außer essenderweise).

Schöne Grüße

MM

Struktur von Roggenbrot
Hallo nochmal,

hier bin ich in einer Leseprobe zu einer Fachpublikation über die wahrscheinliche Ursache gestolpert: http://www.behrs.de/media/catalog/product/3/1/312_le…

Kurzer Sinn: Dass man Roggenbrot ohne jeden Weizenanteil so gut wir nur in Vollkornbäckereien findet (und dass z.B. ich die von Dir beschriebenen Schwierigkeiten mit Krumenriss nicht feststellen konnte), hat mit der chemisch ganz anderen Struktur von Roggenteig zu tun (Pentosane haben die Funktion des Klebereiweiß bei Weizen), die bei höheren Ausmahlungsgraden ungünstig wird und Krumenriss begünstigt. Zwar sollte das übliche 1150er Roggenmehl nach den Angaben in diesem Aufsatz nicht so sehr riskant sein, aber probier doch mal für Spaß, ob das Problem bei Verwendung von 1800er Roggenmehl auch auftritt.

Falls ja, könnte ich mir (spekulativ!) auch noch eine mechanische Komponente vorstellen: Es könnte sein, dass Roggenbrot mit einem höheren Anteil von Grieß und Schrot weniger leicht reißt als solches, das nur aus Mehl gemacht ist. Das wäre auch noch einen Versuch wert.

Schöne Grüße

MM

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Vielen Dank,

da ich das Mehl ja immer frisch aus ganzen Roggenkörnern mahle, kenne ich auch nicht den Typ meines Mehls. Aber die Idee mit der Beimengung von Schrot werde ich mal ausprobieren. Das leuchtet mir ein.

Hausmüllerei
Servus,

gemahlen aus ganzen Körnern ist „Vollkorn“ = 1800er Mehl.

Wenn Du oft bäckst, kannst Du Dir überlegen, ob Du Dir eine Steinmühle (z.B. Hawo’s) leisten möchtest und kannst - da lässt sich die Feinheit der Mahlung stufenlos regulieren und entsprechend Grieß- und Schrotanteile in einem Gang gleich mit mahlen, und - das ist allerdings eine ganz andere Baustelle - das Mahlgut wird beim Mahlen kaum warm oder gar heiß, so dass es besser Wasser aufnehmen kann.

Schöne Grüße

MM

Hallo,

ich habe eine Steinmühle, die seit fast 30 Jahren täglich im Einsatz ist. Sie ist von der Fa. Schnitzer und hat mal ungefähr 2000 DM gekostet. Das Brotbacken habe ich zwar inzwischen aus Zeitmangel aufgegeben, aber das Schrot für das tägliche Müsli wird damit nach wie vor gemahlen. Da ich demnächst mein Geschäft verkaufe, werde ich auch das Brotbacken wieder anfangen. Es gibt einfach kein vergleichbar geschmackvolles Brot zu kaufen als selbstgemachtes Sauerteigbrot.